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Was wird aus der ganz großen Jugendliebe - Jahrzehnte später? Ein Schriftsteller hat einen Roman über die ganz große Liebe seiner Jugend geschrieben. Nach der Lesung steht eine Frau vor ihm, die er nicht erkennt. Aber sie ist es trotzdem. Ein junges Mädchen wie damals ist sie natürlich nicht mehr, aber der Erzähler ist ja auch nicht mehr der leidenschaftliche, etwas naive junge Mann, der so unsterblich in sie verliebt war. Er ist jetzt Autor, und sie ist seine Romanfigur geworden - und ganz offensichtlich eine interessante, attraktive und verheiratete Frau. Navid Kermani schreibt einen…mehr

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Produktbeschreibung
Was wird aus der ganz großen Jugendliebe - Jahrzehnte später?
Ein Schriftsteller hat einen Roman über die ganz große Liebe seiner Jugend geschrieben. Nach der Lesung steht eine Frau vor ihm, die er nicht erkennt. Aber sie ist es trotzdem. Ein junges Mädchen wie damals ist sie natürlich nicht mehr, aber der Erzähler ist ja auch nicht mehr der leidenschaftliche, etwas naive junge Mann, der so unsterblich in sie verliebt war. Er ist jetzt Autor, und sie ist seine Romanfigur geworden - und ganz offensichtlich eine interessante, attraktive und verheiratete Frau.
Navid Kermani schreibt einen Liebesroman anderer Art und erzählt von Menschen, die alles über sich zu wissen glauben, und plötzlich ahnen, dass sie sich nicht kennen.
Autorenporträt
Navid Kermani, geboren 1967 in Siegen, lebt in Köln. Für sein literarisches und essayistisches Werk erhielt er u. a. den Kleist-Preis, den Joseph-Breitbach-Preis, den Friedenspreis des deutschen Buchhandels 2015, den ECF Princess Margriet Award for Culture 2017, den Staatspreis des Landes NRW 2017, den Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg 2020 und den Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels 2021. Zuletzt erschien bei Argon sein Werk Das Alphabet bis S.

Christian Brückner, geboren 1943 in Schlesien, wuchs in Köln auf. Engagements am Theater, kontinuierliche Arbeit für Funk und Fernsehen. 1990 erhielt er den Grimme-Preis Spezial in Gold. Schwerpunkt seiner Arbeit heute: öffentliche Literaturlesungen, oft eingebunden in einen musikalischen Zusammenhang. 2000 Gründung des Hörbuchverlags parlando mit seiner Frau Waltraut. 2005 Auszeichnung des gesamten Programms mit dem Deutschen Hörbuchpreis. 2012 wurde Christian Brückner der Sonderpreis für sein Lebenswerk verliehen, 2017 erhielt er den Ehrenpreis der Deutschen Schallplattenkritik und 2018 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.
Trackliste
CD 1
1Sozusagen Paris00:09:52
2Sozusagen Paris00:10:40
3Sozusagen Paris00:09:39
4Sozusagen Paris00:06:02
5Sozusagen Paris00:06:18
6Sozusagen Paris00:09:59
7Sozusagen Paris00:11:57
8Sozusagen Paris00:07:47
9Sozusagen Paris00:07:32
CD 2
1Sozusagen Paris00:08:02
2Sozusagen Paris00:06:50
3Sozusagen Paris00:07:08
4Sozusagen Paris00:08:42
5Sozusagen Paris00:08:25
6Sozusagen Paris00:06:46
7Sozusagen Paris00:11:09
8Sozusagen Paris00:07:14
9Sozusagen Paris00:07:50
10Sozusagen Paris00:07:24
CD 3
1Sozusagen Paris00:07:28
2Sozusagen Paris00:10:13
3Sozusagen Paris00:07:24
4Sozusagen Paris00:09:28
5Sozusagen Paris00:06:15
6Sozusagen Paris00:08:14
7Sozusagen Paris00:09:56
8Sozusagen Paris00:08:34
9Sozusagen Paris00:09:37
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2016

Ein Buch wie eine Mehrzweckhalle

Liebe in groben Zügen: Warum Navid Kermanis Roman "Sozusagen Paris" vollkommen misslungen ist.

Wie man eine gute Geschichte über einen Schriftsteller erzählt, der nach einer Lesung einer früheren Geliebten begegnet, das hat John Updike in dem Meisterstückchen "Sein OEuvre" gezeigt. Wie man es nicht macht, zeigt Navid Kermani in seinem neuen Roman "Sozusagen Paris".

Bei Updike geht es natürlich viel um Sex. Bei Kermani geht es angeblich um Liebe - aber man hat immer eher das Gefühl, einer Soziologievorlesung über die moderne Partnerschaft beizuwohnen als einen Liebesroman zu lesen. Wenn man Updikes Geschichte in ein Wort fassen sollte, wäre es: Schlafwagensex. Bei Kermanis Roman wäre es: Mehrzweckhalle.

In einer solchen nämlich findet die besagte Lesung des in Ich-Form erzählenden Schriftstellers statt, und ungefähr so erotisch wie das Wort Mehrzweckhalle sind die fast dreihundert folgenden Seiten Umstandskrämerei. Der erotische Höhepunkt besteht bei diesem Roman in einem einseitigen Wikipedia-Zitat zum Stichwort "Tantra".

Aber auch strukturell passt der Begriff Mehrzweckhalle zum Buch, denn Kermani will einfach zu viel: nämlich einen literaturgeschichtlichen Essay über die Bildnisthematik beim Sichverlieben schreiben, angereichert um ellenlange Zitate und Interpretationen von Proust, Balzac, Maupassant und anderen, die bestimmt ein Drittel des Texts ausmachen. Er will eine Metafiktion schreiben mit einem Dichter-Erzähler, der dauernd den Leser anspricht, beim Schreiben schon die Reaktion seines Lektors antizipiert oder von dieser berichtet. Er will zusätzliche Intertextualität erreichen, indem er den Roman als Fortsetzung seines Romans "Große Liebe" (2014) anlegt oder besser gesagt als Nachklapp dazu. Denn das Buch, aus dem der Ich-Erzähler hier vorliest, muss "Große Liebe" sein, Kermanis Roman über die erste Begegnung mit jener Frau, die nun bei der Lesung auftaucht und nach der sich der Erzähler des vorliegenden Buches, wie er sagt, dreißig Jahre lang gesehnt hat. Kermani spielt vielfach mit Andeutungen, die ihn selbst mit diesem Erzähler gleichsetzen, zieht die Sache aber auch wieder in Zweifel.

Am Anfang denkt man noch ganz kurz, das könnte ja spannend werden: Diese Stimmung nach der Lesung, in der der Erzähler schon vollkommen fixiert ist auf die wiedergesehene Frau, seine Schulhofliebe, sich aber erst noch mit zahlreichen anderen Leuten abgeben muss, klingt witzig und verheißungsvoll: Er polstert sich "die Wirklichkeit mit weichem Plüsch aus, während der Kulturdezernent die Fahrtkosten in das Abrechnungsformular einträgt", und malt sich bereits eine Nacht im Hotelzimmer oder ihrer Wohnung aus, nach der er in ihrem Arm aufwacht.

Doch es kommt anders. Er und die Frau, die er Jutta nennt, landen zwar in ihrer Wohnung, doch der Ehemann ist zu Hause, und es gibt Streit über Chipstüten und Kindererziehung. Des Gatten Rückzug ermöglicht es dem Erzähler immerhin zu bleiben, doch aus dem plüschigen Traum wird ein platonisches Sofagespräch, das die ganze Nacht dauert und in dem - wie er leider selbst früh verrät! - "nichts Spektakuläres" passieren wird.

Nun muss es ja in Romanen nicht zwingend zu Techtelmechteln kommen, die Ereignislosigkeit ist bei manchen literarisches Programm, und auch aus dieser Situation hätte man bestimmt noch eine interessante Geschichte machen können - aber der Erzähler schafft es einfach zu keiner Zeit, auch nur einen Anflug von Anmut oder reizvoller Interaktion zwischen zwei Menschen zu vermitteln. Stattdessen gibt er in einer Art Gesprächsprotokoll Juttas Ehegeschichte wieder und erzählt seine eigene noch dazu, beides aber wie auf dem Katasteramt. Somit "kehre ich zum Biographischen zurück, das für den Leser wenigstens kursorisch abgehandelt werden muss", sagt er einmal - das ist eigentlich eher das, was man von einem Klappentext erwartet.

Die weibliche Hauptfigur, die eine Entwicklung von einer überzeugten Hippie-Linken zur Realo-Politikerin durchgemacht hat, von der idealistischen Helferin in Südamerika zur Bürgermeisterin eines deutschen Städtchens, und die es nun mit Mülltrennung zu tun hat, wird bei dieser Art der Beschreibung für den Leser nicht im mindesten attraktiv. Was hängenbleibt, sind eher mühsam in die Fiktion gezwängte Meinungsäußerungen über die Sexualisierung der Gesellschaft.

Kurios ist, dass der Erzähler an dieser Jutta ständig ihre Sprache kritisiert, ihren "Politikerton" - selbst dann aber auch keinen anderen findet: Es bleibt rätselhaft, was ein Satz wie "Im Übrigen spricht sie ihr Geschlechtsleben auf Bundesebene ebenfalls ganz offen an" eigentlich bedeuten soll, warum ein derart unliterarischer Satz in einem Roman stehen kann und ob man angesichts dessen lachen oder weinen soll.

Die meisten Berührungen in diesem Roman bleiben hypothetisch und münden in Hirnzergliederung oder literaturgeschichtliche Exkurse. Leider traut der Erzähler sich selbst offenbar nicht genug zu - denn wenn er mal eine gute Beobachtung macht, folgt doch am Ende unweigerlich die Frage, was Proust dazu gesagt hätte.

Die Liebesarmut des Textes wird durch die besagten Exkurse, die manchmal auch ins Politische ausgreifen, nicht wettgemacht. Man stelle sich "Tristram Shandy" ohne Humor vor oder einen Roman von Thomas Mann ohne Ironie. "Poeta doctus" ist noch arg untertrieben für diesen professoralen Märchenopi von einem Erzähler, der im Gespräch mit seiner Angebeteten einmal feststellt: "Leider verfängt der Bildungsprotz bei ihr nicht." Beim Leser leider auch nicht.

Wenn die Nacht der Erzählung sich ihrem Ende zuneigt, ist man zu müde, um sich auch noch anzuhören, was der Bildungsprotz über Neil Young denkt. Man weiß einiges mehr über französische Romane, aber bleibt doch angesichts des folgenden Satzes einigermaßen leidenschaftslos: "Nicht zu fassen: Malaria, Depression, Krebs, alles in zwanzig Jahren, und wie schnell man die Krankheiten auch wieder vergisst." Glücklich immerhin, wer so reden kann.

Es mag fast ein bisschen banal sein, hilft aber nichts: Dieser Roman ist wirklich nur "sozusagen Paris", er verharrt in der Bewunderung großer literarischer Vorbilder, anstatt seinen eigenen Ton zu finden. Dieses Buch ist eine lange Tantra-Übung ohne jegliche Erfüllung, bei der einfach nur sehr, sehr viel geatmet wird.

JAN WIELE.

Navid Kermani: "Sozusagen Paris". Roman.

Carl Hanser Verlag, München 2016. 288 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2016

Zu
müde
für
Lust
und
Liebe
In Navid Kermanis
Roman „Sozusagen Paris“
obsiegt der Alltag über die
Sehnsucht – und Treue ist nur
eine Folge von Zeitmangel
VON MEIKE FESSMANN
Eine Liebesnacht hat er sich ausgemalt, der Erzähler von Navid Kermanis neuem Roman, doch dann berichtet ihm die einstmals Angebetete stundenlang von ihrem Ehe- und Familienleben. Er könnte enttäuscht sein, doch so schlecht findet er das gar nicht. Denn er ist Schriftsteller. Er wittert neuen Stoff und schaltet von erotischer Erwartung aufs Zuhören um. Statt in einem Hotel landen die beiden bei ihr zu Hause. Das ist ohnehin praktischer in einem Provinzstädtchen, als dessen Bürgermeisterin sie sich entpuppt. Außerdem kann er dann gleich noch ihren Mann kennenlernen, der sowieso immer spät schlafen geht.
  Eine erotische Szenerie sieht anders aus, und der Erzähler lässt uns auch nicht lange im Zweifel, was wir in dieser Hinsicht zu erwarten haben. Schon früh proklamiert er, dass es keine Bettszene geben wird, nicht einmal einen Kuss. Und das, wo es sich bei der Frau um jene Abiturientin handelt, die er in dem Roman, aus dem er gerade im Gemeindezentrum gelesen hat, Jutta nannte: um die „Schönste des Schulhofs“ also, wie Kermani-Leser aus seinem letzten Roman „Große Liebe“ wissen. Natürlich sollen wir hinter dieser Konstruktion das echte Leben wittern. Der 1967 in Siegen geborene Schriftsteller liebt das Spiel mit der autobiografischen Suggestion – und auch die Koketterie, sie als literarisches Mittel zu exponieren.
  An der Geschichte ändert das nichts. Was immer in einem Roman steht, hat der Schriftsteller zu verantworten und nicht das Leben. „Sozusagen Paris“ ist als die andere Seite des Flügelaltars konstruiert, den Navid Kermani mit „Große Liebe“ begann. Darin erzählte er vom Liebestaumel eines Fünfzehnjährigen, dessen erwachsen gewordenes Ich ihm mit persisch-arabischer Liebesmystik bei der Verklärung seiner Erfahrung assistierte. Es war ein schwungvoller, von Begeisterung und glücklichen Einfällen getragener Roman. Bis hinein in seine essayistischen Ausflüge leichthändig, konnte er dem Leser plausibel machen, dass nur die erste Liebe einen solchen Furor auszulösen vermag.
  In „Sozusagen Paris“ ist die Konstellation umgekehrt. Mit den kümmerlichen Resten enttäuschter Erwartung sitzt der Schriftsteller im Wohnzimmer seiner immer noch attraktiven ersten Liebe und muss dabei zusehen, wie sie alles demontiert: nicht nur das Bild, das er sich von ihr gemacht hat, sondern gleich auch noch ihr Familienleben. Dessen liebenswerte Komponenten sind für den Geschiedenen offensichtlich: die Chipstüten auf dem Sofa, die verstreuten Spielsachen, die Art, wie ihr Mantel über der Jacke ihres Mannes hängt und die anmutige Geste, mit der sie sich die Pumps von den Füßen streift.
  War sie gerade noch die umworbene Bürgermeisterin, die beim Abendessen, das der Kulturdezernent eigentlich zu seinen Ehren gab, alle Aufmerksamkeit auf sich zog, so ist ihr Charme plötzlich erloschen. Dabei war sie nur kurz im Arbeitszimmer ihres Mannes. Er ist Arzt und sitzt noch über der Abrechnung. Offenbar hat er sich darüber beklagt, dass sie den Kindern nichts zu essen gekocht hat, bevor sie das Haus verließ. Ist also alles noch wie in den düsteren Zeiten von Charles und Emma Bovary?
  Während sein Blick über das Bücherregal schweift, dessen Schwerpunkt auf der französischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts liegt, beginnt die frühere Geliebte von den letzten dreißig Jahren zu erzählen. Auch sie ist Medizinerin und hat ihren Mann in Ecuador kennengelernt. Geheiratet haben sie nur, um gemeinsam im katholischen Gemeindehaus übernachten zu können. Nicht einmal ihre Eltern wussten davon. Alles also ganz modern und pragmatisch. Als die Kinder kamen, es wurden drei, gingen sie nach Deutschland zurück. Während Jutta eine Flasche Wein nach der anderen leert und auf der Terrasse kifft, bleibt der Erzähler vergleichsweise nüchtern. Er schaltet in den „Aufnahmemodus“ und hört vor allem zu.
  In einer Art doppeltem Präsens erzählt der Roman, was sich in der Villa und im Präsens des Schreibvorgangs ereignet. Einwürfe des Lektors erhalten ebenso Raum wie ausführliche Referate über die einschlägige Literatur, von Flaubert über Zola, Stendhal, Balzac bis zu Julien Green und Proust. Das schadet eher, als es nützt. Denn es bringt nicht nur die ohnehin mühsam voranschreitende Handlung weiter ins Stocken. Es schiebt sich auch vor die Wahrnehmung des Erzählers.
  Der meint, den entscheidenden Wandel des Familienmodells darin zu erkennen, dass heute das Wohl der Kinder eine entscheidende Rolle spiele, während sich Emma Bovary kaum um ihre Tochter kümmerte. Dabei beschreibt er eigentlich, wie die doppelte Berufstätigkeit in Kombination mit der Kinderbetreuung dem Paar so zusetzt, dass es den Alltag nur als Zone ständiger Reibungsverluste erlebt. Die Krankheiten sind gemeinsam überstanden – „Malaria, Depression, Krebs“ –, aber es gibt nichts in ihrem Leben, das nicht durchorganisiert ist. Selbst der Sex wird in Tantra-Kursen perfektioniert.
  Der Erzähler ist Protokollant einer fremden Ehe. Mit dem Blick desjenigen, der eine Scheidung hinter sich hat, sieht er die Vorteile gemeinsamer Häuslichkeit. Zugleich wirkt er aber so interesselos, dass sein Erzählen nicht so recht in Gang kommt. Zwar glaubt er zunächst, für die frühere Geliebte die Sehnsucht nach Aufbruch zu verkörpern – und nennt das in Anspielung auf einen Roman Maupassants „sozusagen Paris“. Doch ihre Lebensgeschichte erschöpft ihn so sehr, dass er erst wieder in Fahrt kommt, als er sich auf dem Klo über ein Schild ärgern kann, das ihn zum Sitzen zwingt.
  Als er zurückkommt, hört Jutta mit wippendem Oberkörper Musik auf dem Smartphone und reicht ihm einen Kopfhörer. So wippen sie gemeinsam zu Neil Youngs Song „Ramada Inn“, in dem sich ein „ganzer Eheroman“ versteckt. Zum ersten Mal beleben Emotion und Imagination den Erzählfluss. In seinem Mammutwerk „Dein Name“ hat Navid Kermani gegen die Scheidung als vorschnelle Lösung von Ehekrisen polemisiert. Es scheint, als wolle er mit „Sozusagen Paris“ für das Festhalten an einer Ehe plädieren, in der sich die Frau zwar unglücklich fühlt, ein unbeteiligter Beobachter aber wechselseitige Liebe erkennen kann. Schade, dass er das Anliegen so unentschieden ausführt. Dass es auch anders geht, hat vor einigen Jahren Arno Geiger mit „Alles über Sally“ bewiesen, einem Abenteuerroman über die beständige Liebe. Wenn keiner mehr träumt und Treue dem Zeitmangel entspringt, siegt der Pragmatismus auf ganzer Linie. Womöglich gibt es Ehen, die das überleben. Liebesromane überstehen das nicht.
                          
Navid Kermani: Sozusagen Paris. Roman. Carl Hanser Verlag, München 2016. 284 Seiten, 22 Euro. E-Book 16,99 Euro.
Ist in der Ehe der früheren
Angebeteten noch alles so wie
bei Charles und Emma Bovary?
Das Bücherregal schiebt sich vor
die Wahrnehmung des Erzählers,
die Handlung gerät ins Stocken
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Als Liebesgeschichte umwerfend, weil sich die Realitäten wie im Traum ineinanderschieben. ... Kermani bringt alles zum Schweben - so wie die Liebe in ihren besten Momenten. Brigitte WIR