Eine Idylle auf dem Land – oder vielleicht doch nicht so ganz?
Die Bücher von Kremayr & Scheriau lese ich immer besonders gerne, weil sie immer etwas anders sind. Und so darf man sich als Leser natürlich auch nicht erwarten, hier leichte Kost zu bekommen. Am Cover ein Dorf, Berge, der Kirchturm
und der Titel „Toni und Moni oder: Anleitung zum Heimatroman“ – damit assoziiert man gleich mal…mehrEine Idylle auf dem Land – oder vielleicht doch nicht so ganz?
Die Bücher von Kremayr & Scheriau lese ich immer besonders gerne, weil sie immer etwas anders sind. Und so darf man sich als Leser natürlich auch nicht erwarten, hier leichte Kost zu bekommen. Am Cover ein Dorf, Berge, der Kirchturm und der Titel „Toni und Moni oder: Anleitung zum Heimatroman“ – damit assoziiert man gleich mal sämtliche Klischees, wie ein idyllisches Dorf, gemütliche Menschen, Zusammenhalt und einen bösen Quertreiber gegen den sich alle solidarisieren, eine große Liebe und natürlich ein Happy-End, bei dem alle Dorfbewohner zur Hochzeit bei strahlendem Sonnenschein geladen werden. Das diese Erwartung nicht erfüllt wird, dem muss man sich bewusst sein, wenn man dieses Buch zur Hand nimmt.
Die Autorin Petra Piuk schreibt ungewöhnlich, fordernd und provokant. Sie lässt den Leser schmunzeln, auch mal Lachen bevor es ans Eingemachte geht und der Leser nicht genau weiß – soll man überhaupt weiterlesen oder das Buch zuklappen. Besonders gelungen finde ich die Fußnoten, in denen die Dialoge zwischen der Autorin und der Lektorin eingebunden sind und so die Entstehung der Geschichte mitbeeinflusst wird.
Während man am Anfang noch vermehrt schmunzelt ob der satirischen Herangehensweise und der Aufarbeitung von Klischees, bleibt dem Leser oft das Lachen im Hals stecken und man kann nur mehr den Kopf schütteln was sich in Schöngraben an der Rauscher alles so abspielt. Doch dieses fiktive Dorf kann für jede Gemeinschaft stehen, die nach außen hin versucht Idylle zu zeigen, in deren Inneren aber nichts so läuft wie es sollte. Und so konfrontiert uns die Autorin mit vielen Themen, die eine Herausforderung beim Lesen sind, unter anderem kommen hier Fremdenhass im Zusammenhang mit Fremdenverkehr zur Sprache („Den Fremdenverkehr schätzen wir im Gegensatz zu den Fremden nämlich sehr.“). Weiter geht es mit geduldeter Gewalt, Alkoholproblemen, Sexismus, Missbrauch, Massentierhaltung … Untermalt wird das Ganze von einer Großcousine aus der Stadt, die dem idyllischen Landleben ganz schön aufmischt, bis hier die Solidarität der Familie durchgreift.
Alles in allem ist es keine „Nebenbei-Literatur“, sondern ein forderndes Buch, das nachhallt, das man am liebsten an die Wand klatschen würde – und doch fasziniert ist. Die Themen sind nicht von weit hergeholt und verfehlen die Wirkung nicht, dass man nachdenklich wird. Vielleicht wird dies durch den lapidaren Plauderton unterstützt, vielleicht durch die kurzen prägnanten Absätze oder auch durch die Zeitungsmeldungen (bei denen man nicht weiß ob real oder fiktiv) oder auch durch die nicht ausgesprochenen Ergänzungen, die man nur zwischen den Zeilen wahrnimmt.
Es ist eine bitterböse Satire mit schwarzem Humor, der sicherlich nicht für jedermann/frau geeignet ist und so ist es ein ziemlich polarisierendes, ungewöhnliches Buch.
Warnung: Nicht für zartbesaitete Leser geeignet!