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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 18.12.2021
Mord auf dem Eis
Maly, Beate

Mord auf dem Eis


sehr gut

Schon die Gestaltung des Buches weist auf die Zeit in der Beate Malys historische Krimis spielen. Reinstes Art Déco auf dem Umschlag und die passende Schrift bei Titel und Kapitelüberschriften. Da macht es gleich besondere Freude, das Buch aufzuschlagen.

Wieder lässt die Autorin ihr Ermittlerpaar Anton und Ernestine auftreten. Antons Enkelin trainiert fast täglich auf der Eisbahn und natürlich lassen es sich die beiden nicht nehmen, ebenfalls viel Zeit dort zu verbringen. Aber als eine junge Eiskunstläuferin ermordet wird, gibt es für Ernestine kein Halten mehr. Natürlich muss sie ihre Nase in den Fall stecken, auch wenn Antons Schwiegersohn als Kriminalkommissar davon nichts hält.

Ich kenne schon ein – zwei Folgen aus der erfolgreichen Serie der Autorin und weiß daher, was mich erwartet: ein gemütlicher Krimi mit einer Wiener Miss Marple und ihrem Verehrer Anton Koch als Mr Stringer an ihrer Seite. Dazu kommt immer viel Wissenswertes über die Schauplätze und ihre Geschichte, also genau richtig für einen grauen Wintertag.

Beate Maly schreibt sehr unterhaltsam und Setting und Zeit bei diesem Krimi passen ganz hervorragend in die Adventszeit und haben mich nicht enttäuscht. Auch wenn mir schon sehr früh klar war, in welche Richtung sich der Krimi entwickeln wird, hat das die Unterhaltung nicht geschmälert. Sehr gut gefiel mir, dass die Autorin die Probleme ihres Kommissars, der immer deutlicheren antijüdischen Ressentiments ausgesetzt ist, so passend in ihre Geschichte eingebettet hat. Damit wird auch die andere Seite der 20ger Jahre sichtbar, die Armut der einfachen Leute, die schlimme Wohnsituation, die sich erst allmählich durch die Gemeindebauten bessern wird und der immer im Hintergrund lauernde Antisemitismus.

Ihre Figuren – allen voran natürlich Ernestine und Anton – sind liebenswert gezeichnet und man lässt sich gern in die Nebenhandlungen ziehen. Trotzdem habe ich dieses Mal ein klein wenig den Pep vermisst, ein bisschen mehr an Spannung hätte mir gut gefallen.

Aufgerundete 3,5 Sterne

Bewertung vom 13.12.2021
Was die Hoffnung verspricht / Die Dorfschullehrerin Bd.1
Völler, Eva

Was die Hoffnung verspricht / Die Dorfschullehrerin Bd.1


sehr gut

Helene nimmt 1961 eine Stelle als Lehrerin in einem kleinen nordhessischen Dorf an. Unweit davon die Grenze und die ganze Gegend als Zonenrandgebiet abgehängt. In der Schule herrschen schlimme Zustände, große Klassen, unfähige Lehrer und ständiger Personalwechsel haben die Kinder verunsichert. Mit großer Empathie geht Helene die Aufgabe an und gewinnt bald nicht nur die Herzen der Kinder, sondern auch den Respekt der Dorfbewohner. Auch der Arzt Tobias fühlt sich sehr zur Lehrerin seines Sohnes hingezogen. Aber niemand ahnt die wahren Gründe von Helene, sich ausgerechnet an diesen Ort versetzen zu lassen.

Helene wollte mit ihrem Mann und ihrer Tochter aus der DDR fliehen, doch der Versuch ging schief. Die Tochter wird ihnen weggenommen und sie kommen in Haft, die Helenes Mann nicht überlebt. Mit dieser Wunde lebt Helene und sie sucht wenigstens eine räumliche Nähe zu ihrem Kind, auch wenn die Grenze dazwischen ist.

Die Autorin fängt das Jahr 1961 sehr lebendig ein. Da ist auf der einen Seite das westdeutsche Wirtschaftswunder und damit verbunden die etwas „von oben herab“ Sicht auf die Brüder und Schwestern im Osten. So bekommt Helene auch nur eine befristete Aushilfsstelle, denn ihr Studium wird nicht anerkannt. Gleichzeitig spürt man aber besonders in den Grenzgebieten die Angst vor dem kalten Krieg und der Eskalation. Es gibt Spitzel auf beiden Seiten.

Die Hauptfigur, Helene Werner, ist eine unglaublich sympathische Person. Sie vereinigt alle guten Charaktereigenschaften und sieht dazu noch sehr nett aus. Ihr Umgang mit den Schulkindern lassen ihr die Herzen zufliegen. Da fehlt nur noch ein Heiligenscheinchen. Die Zeichnung der Figuren hätten vielleicht ein paar Facetten mehr verdient, so wirkte es mir zu sehr schwarz und weiß – gut oder böse ohne Zwischentöne. Aber es ist ein Roman, der unterhalten will und seine LeserInnen fesseln und das ist der Autorin auch außerordentlich gut gelungen. Sie schreibt mit Verve und die eingestreuten hessischen Dialektpassagen geben der Geschichte Bodenhaftung und Authentizität.

Ich habe die Geschichte verschlungen und mich von ihrer Emotionalität rühren lassen.

Es ist eine Fortsetzung geplant und darauf freue ich mich schon.

Bewertung vom 12.12.2021
Schwedische Familienbande / Ein Pfarrer-Samuel-Williams-Krimi Bd.1
Cedervall, Marianne

Schwedische Familienbande / Ein Pfarrer-Samuel-Williams-Krimi Bd.1


gut

Statt der gewünschten Stelle als Domkaplan sieht sich Pfarrer Samuel Williams ins nördliche Schweden, ins Örtchen Klockvarvik versetzt. Als er in der Adventszeit im tief verschneiten Ort ankommt, macht er gleich eine schreckliche Entdeckung: an einem Kreuz auf dem Friedhof findet er eine Leiche. So hat er sich seinen Dienstbeginn nicht vorgestellt.

Der jungen Polizistin Maja-Sofia Rantatalo passt die Einmischung des Pfarrers in ihre Ermittlungsarbeit überhaupt nicht, obwohl sie zugeben muss, dass er ihr manchmal einen Schritt voraus ist. Der anfängliche Widerwille wandelt sich bald in eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Vor allem, da Pfarrer Williams durch seine Gemeindemitgliederviel über familiäre Hintergründe erfährt.

Der schwedische Krimi mit weihnachtlichen Bezügen ist ganz klassisch aufgebaut. Wir haben einen Kirchenmann als neugierigen Schnüffler und eine junge Polizistin, die eigenwillig die Vorgaben ihrer Vorgesetzten interpretiert. Die ist wiederum die ganz typische bornierte Chefin, die außer ihren Vorverurteilungen keine andere Meinung akzeptiert und im „Dorfdeppen“ sofort den Täter ausmacht. Genau deshalb fühlt sich Pfarrer Williams auch zur Einmischung berufen.

Marianne Cedervall hat einen passenden, klassischen Stil für den Krimi gewählt, trotzdem bleibt die Geschichte sehr spannend und durch die menschlichen Tragödien auch tiefgründig.

Wie ein Roter Faden ziehen sich die Zwiegespräche von Pfarrer Williams mit seinem „Boss“ durch die Handlung, was mich ein wenig an den unsterblichen Don Camillo erinnerte. Dieser schwedische Krimi ist so ganz anders als düsteren und harten Skandinavien-Krimis sonst und erinnerten mich eher an die Bücher der schwedischen Autorin Maria Lang, die sogar einmal zitiert wird.

Der Fall wird noch vor dem Weihnachtsfest sehr schlüssig aufgelöst und es gelingt der Autorin mit einem kleinen Cliffhanger die Neugierde auf eine Fortsetzung hoch zu halten.

Bewertung vom 11.12.2021
Die Enkelin
Schlink, Bernhard

Die Enkelin


gut

Mitte der 60ger Jahre lernt der Westberliner Student Kaspar bei einem Pfingstjugendtreffen die Ostberliner Studentin Birgit kennen und verliebt sich in sie. Er ist bereit für sie in den Osten zu gehen, doch Birgit will die Freiheit des Westens erleben und so verhilft Kaspar ihr zur Flucht.

Sie leben ein gemeinsames, nicht immer einfaches Leben, geprägt durch Birgits Alkoholsucht und Unstetigkeit, das durch Birgits Tod, vielleicht sogar ein Suizid, endet. Erst jetzt erfährt Kaspar aus Birgits Aufzeichnungen, dass sie damals ein Kind in der DDR zurückgelassen hatte und nicht mehr die Energie aufbrachte, nach der Tochter zu suchen. Auch spürt er, dass es viele Leerstellen in ihrem gemeinsamen Leben gab, vielleicht ahnte er es und wollte es doch nicht wahrhaben.

Kaspar beginnt nach der Tochter zu suchen und macht sie und gleich auch noch eine Enkelin ausfindig. Aber Svenja und ihre Tochter Sigrun leben in einer völkischen Gemeinschaft, am tiefbraunen, rechten Rand unserer Gesellschaft. Unter dem Deckmantel von dörflichen Gemeinschaften, die ökologisch und auf althergebrachte Weise Landbau betreiben wollen, breitet sich diese Szene vor allem in den von Landflucht betroffenen Dörfern der ehemaligen DDR aus.

Wie kann Kaspar eine Verbindung zu seiner Stiefenkelin aufbauen ohne seine Werte zu verraten?

Es ist eigentlich ein Generationenroman um die drei Frauen, gleichzeitig auch eine Geschichte der unterschiedlichen deutschen Staaten und umfasst auch ganz aktuell die rechten Strömungen.

Schlink hat sich in seinem Buch schwierigen Themen auf eine sensible Weise angenähert. Auch wenn mir seine Figuren nicht immer realistisch erschienen – Kaspar blieb mir in seinen Gedanken und Handlungen weitgehend unverständlich – hat mich sein Roman immer wieder mitgenommen. Die Dialoge scheinen nicht unbedingt die Stärke des Autors zu sein. Sie wirken hölzern und besonders die Gespräche Kaspars mit Enkelin Sigrun geraten schon mal unfreiwillig komisch. Außerdem greift Schlink häufig zu Zufällen um seine Geschichte voranzutreiben.

War mir der erste Teil im Erzählton noch sehr kühl erschienen, hat mir der weitere Verlauf besser gefallen. Dennoch hat mich das neue Buch des Autors nicht völlig überzeugen können.

Bewertung vom 05.12.2021
Mord in Bad Vöslau
Ruhrhofer, Norbert

Mord in Bad Vöslau


gut

Im Debüt von Norbert Ruhrhofer vereinigt sich Krimi und Geo Caching auf originelle Weise.

Das Kurstädtchen Bad Vöslau im Speckgürtel Wiens ist der Schauplatz. Beim alljährlichen Kurstadtlauf gibt es einigen Aufruhr gegen den örtlichen Bauunternehmer der das altehrwürdige Thermalcafé abreißen und stattdessen einen Appartmentkomplex hochziehen will. Es fliegen faule Eier und Tomaten. War diese Aufregung für den herzkranken Waldemar Lieblich zu viel? Er stürzt mit einem Herzinfarkt aus dem Rollstuhl, selbst die engagierten Reanimierungsversuche des Nachbarn Schöberl, der neben dem Ehepaar Lieblich stand, sind erfolglos.

Alle glauben an einen natürlichen Tod, allerdings will die Dorfklatschtante Katzinger blauer Funken gesehen haben und sie animiert das Ehepaar Pokorny zu privaten Ermittlungen.

In diesem Regionalkrimi gibt es fast nur ausgesprochen skurrile und schrullige Figuren. An ihrer Spitze die Frau Katzinger, die Penetranz und Neugierde zu ihrem Markenzeichen machte. Die Revierleiterin Ottilia Wehli, meist nur als O-Weh bezeichnet, vereinigt Ignoranz und Dummheit und macht damit dem Inspektor Sprengnagl das Leben schwer.

Mir sind die Figuren zu abgedreht ausgefallen. Ich liebe Schrulligkeit in einem Regionalkrimi, das ist oft das Salz in der Suppe, aber hier war es zu überzeichnet. Und das wurde auch durch die Wiederholungen nicht origineller, dass Pokorny ein Freund von Lebensmitteln ist und deshalb mit seinem Übergewicht und seinem E-Bike kämpft, muss nicht in jedem Kapitel erwähnt werden. Ignorante Vorgesetzte sind ja fast schon ein Muss im Krimi, aber die Dummheit der O-Weh ist zu übertrieben geraten.

Ansonsten fand ich die Beschreibungen von Bad Vöslau sehr schön, man kann sich gleich ein Bild der Örtlichkeiten machen und witzig fand ich, dass es alle erwähnten Schauplätze gibt. Wer Spaß am Geo-Caching hat, kann sich gleich mit auf Schatzsuche begeben.

Ein unterhaltsamer Regionalkrimi der mit österreichischen Charme punktet, ich liebe dialektgefärbte Dialoge und finde es schön, dass nicht alles „eingedeutscht“ wird.

Bewertung vom 30.11.2021
Sehnsucht nach Shanghai
Lingyuan, Luo

Sehnsucht nach Shanghai


sehr gut

„Wann immer sich mir die Gelegenheit bot, habe ich unbewusst den Weg eingeschlagen, der ins Ungewisse führte.“

Dieses Zitat der amerikanischen Journalistin Emily Hahn beschreibt ihr Lebensmotto. Eine selbstbewusste, Abenteuer liebende Frau, neugierig auf fremde Kulturen und Menschen ist. Das Shanghai der 30ger Jahre ist das Ziel einer Reise, die sie mit ihrer Schwester Helen unternimmt. Shanghai hatte zu dieser Zeit den Beinamen „Paris des Ostens“ trägt. Luxuriöse Einkaufsmeilen und Hotels locken die Reichen aus dem Westen an. Eine Landmarke ist das Cathay Hotel, in dem die beiden Damen die erste Zeit logieren und Emily mit dem Besitzer Victor Sassoon eine besondere Verbindung haben wird.

Aber schon bald möchte Emily das wahre Shanghai kennenlernen und sucht sich eine Wohnung inmitten der Stadt. Sie hat inzwischen den chinesischen Verleger und Schriftsteller Zau Sinmay kennengelernt und sich in den verheirateten Mann verliebt. Als Helen in die Staaten zurückkehrt, bleibt Emily in Shanghai und beginnt ihre Reportagenreihe für das amerikanische Magazin „The New Yorker“. Sie wird eine Institution in der Stadt, immer mit ihren kleinen Gibbons unterwegs, sieht man sie auf den angesagten Festen. Ihre Affäre mit Zau Sinmay verleiht ihr einen verruchten Nimbus. Ihr Wunsch nach einem gemeinsamen Kind bleibt unerfüllt. Selbst als die Situation in Shanghai durch den Überfall der Japaner bedrohlich wird, harrt sie dort aus und steht der Familie Sinmays zur Seite.

Die Romanbiografie der Schriftstellerin Luo Lingyuan hat mich mit dieser außergewöhnlichen Frau bekannt gemacht. Das wird von der Autorin sehr bildhaft in inszeniert. Obwohl ich anfangs nicht viel Sympathie für Emily Hahn entwickelt habe, fand ich diesen Roman eines Lebens spannend und mitreißend erzählt. Shanghai ist eine prächtige Kulisse und die Beschreibungen der Stadt sind großartig. Sehr informativ waren die Beschreibungen der unterschiedlichen Kulturen, die in der Stadt aufeinander prallen. Die Denkweise der Chinesen die sich komplett von den westlichen, meist amerikanischen Bewohnern unterscheiden und Emily als Grenzgängerin mittendrin.

Eine farbige und lebhafte Schilderung, bei der ich viel über den chinesisch-japanischen Konflikt erfahren habe und den Beginn der chinesischen Revolution. Da hätte ich sogar gerne noch mehr erfahren.

Ein fundiertes Nachwort hat mich angeregt mehr über Emily Hahn und ihre Zeit zu erfahren.

Bewertung vom 26.11.2021
Das Geschenk
Bronsky, Alina

Das Geschenk


sehr gut

Schlechtes Gewissen, Mitleid – es nicht ganz klar, wieso Kathrin die Weihnachtseinladung von Klaus annimmt. Sie waren befreundet, hatten Kinder im gleichen Alter und damals viel gemeinsam unternommen. Aber seit Almut vor vier Jahren verstarb, haben sie keinen Kontakt mehr gepflegt. Es war mehr eine Freundschaft zwischen Kathrin und Almut, die die Paare verband.

Nun eben keine stillen Weihnachtstage ohne die erwachsenen Kinder an der Nordsee. Statt dessen ein kleines Kaff in Nordhessen in einem etwas heruntergekommenen Ferienhaus. Aber es sollte alles anders werden. Schon als die Tür geöffnet wird und Sharon, eine Blondine mit rosa Strähnen und Handtaschenhündchen im Arm dasteht, sind geschockt. Noch mehr, als sich Sharon als recht einfach gestrickte Person herausstellt. Für Kathrin ist es fast ein Sakrileg, dass ihre belesene, kluge Freundin Almut durch diese Frau ersetzt wurde.

Wie immer versteht es die Autorin Alina Bronsky ihre Figuren mit wenigen Worten zu beschreiben und zu sezieren. Sie dringt schnell unter die Oberfläche und legt die Schwächen, Ängste und Vorurteile ihrer Protagonisten bloß. Dazu genügen ihr einige pointierte Dialoge und Beschreibungen. Bronsky ist eine Meisterin der hintergründigen Beobachtungen.

Ich habe diese kurze Erzählung mit Vergnügen gelesen, sie hätte für mich auch noch bissiger sein können. Die Verlagsankündigung von schwarzem Humor hat die Geschichte nicht ganz erfüllt.

Es war eine Weihnachtsgeschichte der anderen Art, so ganz ohne Lichterglanz, auch wenn Sharon in ihrer Dekorationswut keine Geschmackslosigkeit ausließ. Und zum Schluss sieht man alle Beteiligten in einem anderen Licht.

Bewertung vom 24.11.2021
Die Kommissarin und der Metzger - Auf Messers Schneide
Ohle, Bent

Die Kommissarin und der Metzger - Auf Messers Schneide


sehr gut

Als im münsterländischen Kleinstädtchen Horstmar eine Leiche auftaucht – zerstückelt und den Schweinen zum Fraß vorgeworfen – liegt es nahe, dass die Münster Dienstelle Kommissarin Tanja Herholte in ihren Heimatort zur Ermittlung schickt. Tanja lebt mit Bruder Rudi und der Mutter auf einem Hof. Sie züchten im Nebenerwerb die berühmten Wagyu-Rinder und Rudi arbeitet als Schlachter, während die Mutter ein Auge auf den Hofladen hat. Die reinste Idylle also, wenn es keine Leiche gäbe und gleichzeitig der Tierarzt vermisst würde.

Weil Tanja nicht allzu viel Vertrauen in den jungen Gerichtsmediziner setzt - er selbst in sich übrigens auch nicht - steht der mit Zerlegung versierte Schlachter Rudi der Pathologie gern zur Seite, was natürlich der Chef auf keinen Fall erfahren darf.

Ein regionaler Landkrimi wie aus dem Bilderbuch. Sehr genretypisch erzählt, mit vielen skurrilen Figuren und Szenen, die den Humor nicht zu kurz kommen lassen. Aber auch einem spannenden und durchaus realistischem Fall, bei dem es Spaß macht mitzuraten.

Tanja und Rudi sind ein witziges Ermittlerpaar, Tanja ist taff und geerdet, ihr kann man so schnell nichts vormachen. Rudi darf dafür in einigen besonders witzigen Szenen glänzen.

Eine gelungene Mischung, die mir viel Spaß gemacht hat.

Bewertung vom 22.11.2021
Mission Kolomoro oder: Opa in der Plastiktüte
Blesken, Julia

Mission Kolomoro oder: Opa in der Plastiktüte


sehr gut

Ein langweiliger Ferientag, Katja, Zeck, Fridi, Mustafa, Polina und Jennifer treffen sich ganz zufällig. Sie sind noch keine Freunde, kennen sich eher vom Sehen und aus der Schule. Jenni möchte unbedingt den letzten Wunsch des Opas erfüllen und seine Asche in seiner Parzelle im Schrebergarten verstreuen. Die Kinder machen das zu ihrer Mission und erleben einen Tag voller Abenteuer, neuer Erkenntnisse und Freundschaft.

Die Kinder sind ganz unterschiedlich, Polina und Fridi sind überaus behütet aufgewachsen, Jenni ist viel allein, weil die Mutter lange in Schicht arbeiten muss, Mustafa hat sein Weltbild aus einer TV-Thriller-Serie, Katja lebt mit ihren beiden Vätern und fühlt sich manchmal ungerecht behandelt, dann muss sie sich mit ihren Stiften Luft machen. Keine Wand, kein Pflasterstein bleibt verschont, wenn sie ihre Ratten zeichnet, die in der Geschichte noch eine ganz besondere Bedeutung bekommen. Und dann ist ja noch Zeck, ziemlich abgeklärt und vernünftig für sein Alter, genau was die Kinder nun brauchen.

Eine abenteuerliche Geschichte um Freundschaft und Zusammenhalt. Die Autorin lässt ihre kindlichen Figuren aus verschiedenen Gesellschaftsschichten zusammenkommen. Sie transportiert damit Diversität und eine bunte Gesellschaft. Im Lauf des abenteuerlichen Tages treffen die Kinder auf Armut und auf Obdachlosigkeit, sie lernen Leute in einer Suppenküche kennen und versuchen sich mit Containern. Immer ist es Zeck, der ihnen den Hintergrund erklärt und Gemeinschaft und Zusammenhalt vorlebt. Es kommen alle Probleme unserer Zeit zur Sprache und werden im kindlichen Kosmos eingebunden.

Aber neben diesem pädagogischen Aspekt kommt Abenteuer und Spannung auch nicht zu kurz. Und wenn am Ende des Tages die Mission Kolomoro abgeschlossen ist, sind neue Freundschaften entstanden.

Die witzigen Zeichnungen von Barbara Jung runden dieses Kinderbuch gelungen ab.

Bewertung vom 19.11.2021
Bretonische Idylle / Kommissar Dupin Bd.10
Bannalec, Jean-Luc

Bretonische Idylle / Kommissar Dupin Bd.10


sehr gut

Eine Leiche wird in Concarneau angespült, ein bekannter Schafszüchter und Großgrundbesitzer von der Belle-Île. Das bedeutet wieder die ungeliebten Bootsfahrten für Dupin. Aber die Insel ist schon etwas Besonderes. Dupin kann sich ihrem Zauber nicht entziehen, das hochsommerliche heiße Wetter taucht die Insel und das Meer in ein ganz besonderes Licht, die Farbspiele sind betörend, so dass sich Dupin fast darin verliert. Aber Dank reichlich Petit Cafés kommt er noch rechtzeitig in der Wirklichkeit an.

Der Tote war wohl der meistgehasste Mann der Insel, krankhaft geizig und boshaft war es nur sehr schwer mit ihm auszukommen. Seine Angestellten, seine Ex-Frau, seine Mieter wissen alle ein Lied davon zu singen. Aber selbst wenn in der Bretagne die Uhren anders gehen, die Alibis von Dupins Verdächtigen sind erstmal hieb- und stichfest.

Ich habe die ersten Bände von Bannalecs Krimis – auch wenn das Pseudonym nun gelüftet ist, bleibe ich bei dem Namen – verschlungen und sie haben mich zu Reisen in die Bretagne verführt. Dann habe ich eine Pause eingelegt und nun beim zehnten Band wieder einmal zugeschlagen. Der Autor hat eine unnachahmliche Art in die Landschaft einzutauchen und seine Beschreibungen der Licht- und Farbspiele der Insel sind wunderschön.

Der Krimi entwickelt sich ganz routiniert, die Rollen von Dupins Mitarbeiter sind festgelegt, man weiß, wie Kadeg tickt und was Nolwenn alles ans Licht bringt. Dazwischen gibt es den regelmäßigen Koffein-Notstand von Dupin und seine Entdeckung toller Restaurants und Bars, wo er seinen Durst und Hunger stillen kann. Wie meist, wirkt Dupin ein wenig hektisch und seine Zustände, wenn er in ein Boot steigen muss, sind schon zu oft beschrieben worden, als dass sie noch überraschen. Das ist inzwischen auch etwas störend beim Lesen, man kennt Dupin und und die wiederholten Beschreibungen seiner Marotten beginnt zu langweilen.

Ich kann verstehen, dass der Autor inzwischen als „Mécène de Bretagne“ ausgezeichnet wurde. Seine Krimis sind großartige Liebeserklärungen an die Bretagne, die er so faszinierend beschreibt. So konnte ich fast vergessen, dass der Krimiplot nicht sonderlich spannend oder neu ist.

Deshalb runde ich auch auf 4 Sterne auf.