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Die Aufnahmen sind ebenso schockierend wie faszinierend. Um die Jahrhundertwende 1900 revolutionierte die noch junge aufkommende Fotografie die Aufklärung von Kriminalfällen. Exakt und detailreich, ohne Emotion auf Spurensuche - die Tatortfotografie hatte zu dokumentieren, was vorgefallen war. Angehörige der Opfer, Täter und die beteiligten Ermittler sind verstorben und die Akten vernichtet. Zu einigen Fotografien finden sich Notizen. Wilfried Kaute recherchierte in den Pressearchiven die Umstände der jeweiligen Kriminalfälle. Ein Datum, ein Ort oder der Name eines Opfers halfen bei der Suche…mehr

Produktbeschreibung
Die Aufnahmen sind ebenso schockierend wie faszinierend. Um die Jahrhundertwende 1900 revolutionierte die noch junge aufkommende Fotografie die Aufklärung von Kriminalfällen. Exakt und detailreich, ohne Emotion auf Spurensuche - die Tatortfotografie hatte zu dokumentieren, was vorgefallen war. Angehörige der Opfer, Täter und die beteiligten Ermittler sind verstorben und die Akten vernichtet. Zu einigen Fotografien finden sich Notizen. Wilfried Kaute recherchierte in den Pressearchiven die Umstände der jeweiligen Kriminalfälle. Ein Datum, ein Ort oder der Name eines Opfers halfen bei der Suche nach der Geschichte der Fotos. Die Artikel lesen sich wie Kriminalromane. Mit ihrer spannenden und authentischen Berichterstattung ergänzen sie die Dramatik der Fotografien. Ein Buch, das keinen kaltlässt, das aufwühlt und in den Bann zieht.
Autorenporträt
Wilfried Kaute, 1948 in Duisburg geboren, lebt als Kameramann, Filmproduzent und Autor in Köln. Die Entdeckung dieses einzigartigen Fotoarchivs hat ihn nicht mehr losgelassen. In unzähligen Stunden hat er das Fotomaterial aus ca. 30 000 Bildern und die dazugehörigen Artikel ausgewählt und zusammengestellt. Jed Rubenfeld, geboren 1959 in Washington, D.C., ist Jurist, Juraprofessor an der Yale University und Bestsellerautor, unter anderem des Buchs 'The Interpretation of Murder'.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.11.2015

Die Stadt und
ihre Morde
Bei der Renovierung des ehemaligen Polizeihauptquartiers der Stadt New York wurden Hunderte großformatige Glasnegativplatten gefunden, darunter Tatortfotografien aus der Zeit zwischen 1910 und 1920. Keines der Bilder sollte je veröffentlicht werden. Und auch eine Autorenschaft, eine Haltung der Fotografen war ausdrücklich unerwünscht. Die Fotografien sollten möglichst emotionslos und genau den Ort und die Spuren eines Verbrechens ablichten. Üblicherweise wurden zwei Motive aufgenommen: einmal der ganze Raum mit dem Opfer, dazu eine Nahaufnahme des Toten, für den die Kamera auf einem Stativ über dem Körper platziert wurde.
  Gerade weil den Bildern jede künstlerische Absicht fehlt, verstört die Gewalt, die ganz unmittelbar aus ihnen spricht. Diese Tatorte wirken grauenhaft echt und gleichzeitig surreal – wie man sich ja manchmal „in einem schlechten Film“ wähnt, wenn etwas überwältigend Schreckliches passiert. „Wenn es Nacht wird. Verbrechen in New York 1910–1920“ (Hrsg.: Wilfried Kaute, mit einer Einführung von Joe Bausch, aus dem Englischen von Henning Dedekind, Emons Verlag, Köln 2015, 240 Seiten, 39,95 Euro) zeigt die banale, schmutzige Realität des Verbrechens: tödlich verlaufenden Ehestreit, Mord aus Habgier oder Rache, Bandenkriminalität. Dabei wirken die schmuddeligen, ärmlichen Zimmer, die zerwühlten Betten und dunklen Treppenhäuser wie inszeniert, als ob die Anwesenheit einer Leiche einen fiktionalen Raum aus den realen Tatorten machte. Und weil der Band nicht nur Tatortfotografien versammelt, sondern auch andere Fundstücke aus dem Archiv der Stadt, Straßenszenen und Zeitungsausschnitte, die Informationen zu den Verbrechen liefen, formt sich das illusionsfreie Bild einer aufstrebenden Metropole: ihrer Härte, ihres unerbittlichen Kampfes um ein bisschen Mehr.
KNO
Foto: aus „Wenn es Nacht wird“/Emons Verlag
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.12.2015

Mord und Totschlag in New York

Können Verbrechen etwas Nostalgisches haben? Es wäre einem ja lieber, es wäre nicht so und man könnte sagen, da werde natürlich das allgemein Menschliche und so weiter gezeigt. Aber am Ende spielt sich eben doch alles im Kontext seiner Entstehungszeit ab, auch die Tatortfotos aus einer Epoche, in der die Polizeifotografie gerade erst entstand. Und da liegt ein Mann, dem die Kehle durchgeschnitten wurde, mit verdrehten Gliedmaßen in einem weißlackierten Eisenbett, wie es heute von Ikea für Mädchenzimmer angeboten wird, zwischen historistischem Plunder und Spitzendeckchen und blutet das Laken voll. Eine Szene wie aus einem Historienfilm, ein bisschen rührend und so weit weg wie das Spitzenblusenporträt der Urgroßmutter im Silberrahmen. Andere Tatorte wiederum sind nüchterner abgelichtet und einem dadurch seltsamerweise gleich viel näher. Dazwischen schauen schnurrbärtige Männer in die Polizeikamera, und Stadtlandschaften mit stählernen Hochbahntrassen bilden den Hintergrund des Geschehens: die schnell wachsende Stadt, in der Erzbischöfe Giftmorden zum Opfer fallen, Leichen in Whiskeyfässern gefunden werden und sich Russen und Waliser zu Tode prügeln, weil einer behauptet, Jiu-Jitsu zu können und der andere das nicht glauben will. Der Herausgeber des Buches hat nicht nur das New Yorker Stadtarchiv sowie die Library of Congress nach alten Glasnegativen durchsucht, sondern auch Zeitungsartikel dazugestellt, die sich mit den abgebildeten Einzelfällen sowie der Polizeiarbeit im Allgemeinen beschäftigen. Dass alles die Zeiten überlebte, ist ein Glück: Beinahe wären die Glasnegative in der Hudson Bay versenkt worden, doch die ordnungsgemäße Vernichtung wurde schlicht vergessen. So lagerten sie in einem Nebenraum des ehemaligen Polizeihauptquartiers von New York, bis sie bei der Renovierung entdeckt wurden. Sie waren nie für die Öffentlichkeit bestimmt - und erzählen nun eine dunkle, untergründige Geschichte der Stadt.

dien.

"Wenn es Nacht wird.Verbrechen in New York 1910-1920" herausgegeben von Wilfried Kaute, mit einer Einführung von Joe Bausch. Emons Verlag, Köln 2015. 240 Seiten, etwa 200 Schwarzweißfotografien und originale Zeitungsartikel. Gebunden, 39,95 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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