Cormac McCarthy ist wie Faulkner der Meinung, dass eine Landschaft ihre Menschen prägt. Während die Gesichter im bunten Licht der Städte verschwimmen, absichtlich unkenntlich gemacht werden, graben sich die Furchen der Niederlagen und Sehnsüchte in einem weiten Land erst Recht ein. McCarthys Romane
fußen auf der Weite, die seine Helden Freiheit und Einsamkeit umso deutlicher verspüren lassen, so…mehrCormac McCarthy ist wie Faulkner der Meinung, dass eine Landschaft ihre Menschen prägt. Während die Gesichter im bunten Licht der Städte verschwimmen, absichtlich unkenntlich gemacht werden, graben sich die Furchen der Niederlagen und Sehnsüchte in einem weiten Land erst Recht ein. McCarthys Romane fußen auf der Weite, die seine Helden Freiheit und Einsamkeit umso deutlicher verspüren lassen, so dass sie seltsam stoisch wirken. Es ist deswegen nicht verwunderlich, dass Cormac McCarthy einem Killer wie Chigurh besondere Aufmerksamkeit schenkt. Die rücksichtslose Brutalität, mit der Chigurh durchs Leben schreitet, äußert sich in zwei Dialogen mit seinen Opfern, in denen er sie vorbehaltlos spüren läßt, dass sie sterben werden, egal was sie tun, egal was sie sagen. Er erinnert an den Tod selbst, der seine Aufträge ohne Ansehen auf Personen ausführt. Über seinen spannenden Drogenthriller hinaus, wirft Cormac McCarthy dabei zutiefst menschliche Fragen auf. Da ist die Sehnsucht nach dem großen Geld, das Moss befällt, da ist die Hoffnung auf Gerechtigkeit, in die sich der Ich-Erzähler in eigenen Kapiteln widmet, da ist die Aussichtslosigkeit, dass Gewalt nur neue Gewalt säht, und da sind die Opfer, die schuldlos angespült und zurück gelassen werden. Jemand wie Bell, als stiller Held gezeichnet, kann sich in einer solchen Welt nur abnutzen. Selbst in der texanischen Wüste ist Leben, Verzweiflung, Liebe und McCarthys Menschen driften darin herum und suchen Halt. Egal wohin sich flüchten, sie werden aufgespürt, kein Therapeut nimmt sich ihrer an. Der Autor beschreibt sie in seinem meisterhaften Stil zu, der ihm schon für Die Straße den Pulitzer-Preis einbrachte: Knappe Dialoge, an Beschreibung nur das, was unbedingt notwendig erscheint. In Kein Land für alte Männer benutzt McCarthy das ureigene amerikanische Genre der Spannung, um seine Geschichte zwischen Western und Thriller anzusiedeln, und erzählt doch weiter vom Ende der Menschheit.