Bei "Jäger“ handelt es sich um den vierten Band aus der Reihe um die Polizeipsychologin Marina Esposito. Bereits der Prolog hat es in sich. Ein Junge erwacht in seinem Elternhaus mit einer Schrotflinte in seiner Hand. Um sich herum Blut – viel Blut. Es ist das Blut seiner Eltern und das seiner
beiden Halbgeschwister. Der Täter kannte keine Gnade und hat sie alle rücksichtslos erschossen. Der Junge…mehrBei "Jäger“ handelt es sich um den vierten Band aus der Reihe um die Polizeipsychologin Marina Esposito. Bereits der Prolog hat es in sich. Ein Junge erwacht in seinem Elternhaus mit einer Schrotflinte in seiner Hand. Um sich herum Blut – viel Blut. Es ist das Blut seiner Eltern und das seiner beiden Halbgeschwister. Der Täter kannte keine Gnade und hat sie alle rücksichtslos erschossen. Der Junge prägt sich die Gesichter derer ein, die er seine Familie nannte, Trauer empfindet er nicht. Und doch setzt er sich, steckt sich den Lauf der Flinte in den Mund, und noch bevor er abdrücken kann, bemerkt er, dass er sich nicht alleine in dem verwüsteten Haus befindet. Ein Fremder taucht vor ihm auf, kann ich von seinem Vorhaben abbringen und bietet ihm seine Hilfe an.
Wer hat dieses Blutbad angerichtet? Der Fremde? Der Junge, dessen Distanz zu seinen Angehörigen so groß ist, dass er bei dem Anblick der toten Körper nichts empfinden kann? Mit dieser Frage wird der Leser ein paar Jahre weiter in ein anderes Geschehen geworfen.
Marina Esposito verbringt ein Wochenende mit ihrer Familie am Meer. Bei einer Explosion jedoch geht das Cottage in Flammen auf. Jemand hindert Marina noch daran, in das brennende Haus zu laufen. Als sie kurz darauf im Krankenhaus wieder wach wird, teilt man ihr mit, dass ihr Schwiegervater bei dem Brand ums Leben gekommen ist und ihr Mann Phil im Koma liegt. Von ihrer 3-jährigen Tochter Josephina fehlt jede Spur, bis Marina einen Anruf erhält, in dem ihr mitgeteilt wird, man habe ihre Tochter entführt. Die einzige Chance, sie lebend wiederzusehen, ist mit der Bedingung verknüpft, dass die Psychologin dabei hilft, die Unschuld eines vor Jahren verurteilten Mörders zu beweisen.
Es ist schnell klar, dass zwischen diesen Szenen eine Verbindung besteht und dass der Mann, dessen Unschuld Marina beweisen soll, der Mörder der erschossenen Familie ist. Mehr Informationen bekommt der Leser nicht und tappt damit genauso im Dunklen wie Marina Esposito. Diese versucht ihre Tochter im Alleingang zu finden, was angesichts der Tatsache, dass sie als geschulte Psychologin eigentlich wissen müsste, wie sie sich zu verhalten hat, zunächst etwas unlogisch erscheint. Aber kann man als Mutter noch logisch handeln, wenn das eigene Kind entführt wird? Mit der nötigen Distanz bei anderen Betroffenen mag das gehen, aber ist man selber in dieser Situation, kann niemand rationales Denken und Handeln erwarten.
Die Geschichte ist zunächst noch etwas verwirrend und Tania Carver lässt sich beim Entwirren der Zusammenhänge sehr viel Zeit. Der Schreibstil erzeugt Spannung, was nicht zuletzt auch an den relativ kurz gehaltenen Kapiteln und den vielen Szenenwechseln liegt. Trotz der kurzen Kapitel hat das Autorenpaar sehr viel Wert auf eine detaillierte Beschreibung der Charaktere gelegt. Ich habe viel über die Gefühle oder die Denkweise der einzelnen Figuren erfahren, was zwangsläufig dazu führte, dass ich versuchte, mich in sie hineinzuversetzen. Ob die Handlungen immer so logisch sind, lasse ich mal dahingestellt. Es gab auf jeden Fall ein oder zwei Charaktere, die mir gar nicht zugesagt haben und deren Handlungen ich oft nicht nachvollziehen konnte.
Das Buch ist zusätzlich zum Prolog und zum Epilog in vier Teile eingeteilt. Der Zeitraum der Handlung erstreckt sich von Karfreitag bis Ostermontag. Das Cover ist, wie ich finde, sehr gelungen. Von den Farben her dezent, die Augen, die durch einen schmalen Spalt in der Wand gucken, machen neugierig. Nur den Titel des Buches mag ich nicht so recht in Verbindung mit der Geschichte bringen. Alles in allem ist "Jäger“ ein solider Thriller und ich vergebe vier Sterne.