Der erste Roman von Alex Lake ist ein tiefgründiges Buch. Hier wird ein Konflikt geschildert, der in kleinen Schritten immer weiter eskaliert. Schon während der Entführung der Tochter ist in der kleinen Familie die Hölle los – und nach der Rückkehr des Kindes ist nichts mehr wie vorher. Der Autor
nutzt zwei Erzähl-Perspektiven. Neben der Sicht von Julia ist auch früh die Tätersicht zu lesen, der…mehrDer erste Roman von Alex Lake ist ein tiefgründiges Buch. Hier wird ein Konflikt geschildert, der in kleinen Schritten immer weiter eskaliert. Schon während der Entführung der Tochter ist in der kleinen Familie die Hölle los – und nach der Rückkehr des Kindes ist nichts mehr wie vorher. Der Autor nutzt zwei Erzähl-Perspektiven. Neben der Sicht von Julia ist auch früh die Tätersicht zu lesen, der Entführer führt ein Selbstgespräch.
Ansonsten geht es vor allem um Julia, der Autor gibt tiefe Einblicke in das Seelenleben einer Mutter, die verzweifelt um ihr Kind kämpft. Sie ist sogar bereit, ihr eigenes Leben einzusetzen - und ihre Schwiegermutter ist ein echter Alptraum für Julia.
Alex Lake hat einen eigenwilligen, aber interessanten Erzählstil. Der Schwerpunkt liegt nicht auf der Jagd nach dem Täter, sondern es darum, was Julia Crowne erdulden muss, nachdem ihre Tochter wieder aufgetaucht ist. Die Ehe mit Brian ist gescheitert, schon lange vor der Entführung. Jetzt hagelt es gegenseitige Vorwürfe, und der öffentliche Druck setzt Julia enorm zu. Brian ist ein Muttersöhnchen, kann sich gegen Edna nicht durchsetzen, sondern wird von ihr manipuliert. Er denkt nicht mal im Ansatz daran, Verständnis für seine Ehefrau aufzubringen. In der Geschichte spielt er nur eine Nebenrolle, und eine eher traurige dazu.
Julias Antagonistin ist vielmehr Edna, ein Alptraum von einer Schwiegermutter. Sie als arrogant zu bezeichnen ist eine viel zu schwache Charakterisierung. Ihre psychopathischen Züge werden immer weiter enthüllt – und Julias Verzweiflung wächst.
Die Ermittlungsarbeit der Polizei spielt in diesem Roman keine Rolle. Interessant ist dagegen, wie hier die Rolle der Medien beleuchtet wird, vor allem die Wirkung der sozialen Netzwerke. In dieser Hinsicht ist Alex Lake mit seinem Buch voll auf der Höhe der Zeit. Wenn Kinder vermisst werden, wird in den sozialen Netzwerken sofort heftig debattiert. Es wird wild spekuliert, und es werden vernichtende moralische Urteile gefällt.
Die Reporter und auch die Reaktionen im Internet, einschließlich das Verdrehen oder Erfinden von angeblichen Fakten, wird überzeugend geschildert. Mir erscheint es mehr als realistisch, wie das Leid der Familie ausgeschlachtet wird. Die heutige Form der Berichterstattung, und vor allem die Echtzeit-Kommunikation im Internet könnte den einen oder anderen Leser zum Nachdenken bringen.
Es beginnt am siebten Tag ist kein Thriller im üblichen Sinne. Alex Lake hat hier vielmehr ein spannendes und fesselndes Psycho-Drama vorgelegt. Die knisternde Spannung, die man als Leser erwartet, wenn ein Buch als Thriller deklariert wird, wird hier nicht entwickelt. Wer stärker mit Julia Crowne, der gequälten Protagonistin, mitfühlt, wird das möglicherweise anders sehen. Nicola Engeln macht als Sprecherin einen guten Job - dieses Buch lässt man sich daher gerne vorlesen.