Andrea Camilleri, Die Farben der Sonne, Kindler 2010, 120 Seiten, ISBN 978-3-463-40532-2
Am 18. Juli vor 400 Jahren ist der geniale Meister des italienischen Frühbarock Caravaggio gestorben. Zu diesem Anlass liegen nicht nur viele prächtige Bildbände praktisch von allen renommierten Kunstverlagen
vor, sondern der deutsche Leser bekommt auch einen belletristischen Leckerbissen von Andrea…mehrAndrea Camilleri, Die Farben der Sonne, Kindler 2010, 120 Seiten, ISBN 978-3-463-40532-2
Am 18. Juli vor 400 Jahren ist der geniale Meister des italienischen Frühbarock Caravaggio gestorben. Zu diesem Anlass liegen nicht nur viele prächtige Bildbände praktisch von allen renommierten Kunstverlagen vor, sondern der deutsche Leser bekommt auch einen belletristischen Leckerbissen von Andrea Camilleri präsentiert. Bei Kindler ist sein in Italien schon 2007 erschienener, kunstvoll konstruierter Roman über Caravaggio, in diesem Frühjahr verlegt worden.
Und so wie der gewitzte Kriminalist aus Porto Empedocle in seinen Montalbano-Romanen seine Figuren gerne auf anderen, wenig ausgetretenen Spuren suchen und wandeln lässt, so hat er sich auch hier dem Revolutionär der Kunst auf eine sehr ungewöhnliche Weise genähert.
Michelangelo Merisi, später wurde er Caravaggio genannt nach seinem Geburtsort östlich von Mailand, war ein für seinen Jähzorn und seine ausufernde Gewalt bekannter Maler, dessen abenteuerliches Leben im Alter von gerade mal 38 Jahre früh zu Ende ging. Seine letzten Lebensjahre lagen bisher weitgehend im Dunklen, geradezu ein „Fressen“ für Camilleri, der sich dieser Zeit auf verschlungenen Wegen auch in Sizilien nähert.
Der Schriftsteller selbst wird eines Tages bei einem Besuch auf seiner Heimatinsel quasi gezwungen, sich dem streitlustigen Genie des Frühbarock zu widmen. Mit verbundenen Augen wird er im Auto von einem Unbekannten auf ein einsames Landgut gebracht, wo dieser ihn mit Originalmanuskripten Caravaggios aus dessen letzten Lebensjahren konfrontiert. Wegen eines Mordes hatte Caravaggio aus Rom fliehen müssen, wanderte in Malta in den Kerker und tauchte dann nach einer gelungenen Flucht irgendwann auf Sizilien auf.
Durch diese Dokumente kann Camilleri aufklären , was es mit der „schwarzen Sonne“ auf sich hat, die der langsam im Wahnsinn versinkende Maler sieht, dessen kranken Augen das Tageslicht nicht ertragen. Aus dem romanhaften Tagebuch des Malers, der in seinen letzten Jahren seine besten Bilder malte, von denen Camilleri zur Veranschaulichung einige im Buch abgedruckt hat, zitiert er eine Stelle, die erklären soll, was es mit den dunkeln Bildern der letzten Schaffensperiode Caravaggios auf sich hat:
„Ich habe angefangen, an der ‚Enthauptung Johannes des Täufers’ zu arbeiten, und das schwarze Licht der schwarzen Sonne verließ mich nimmer. Für mich gibt es keinen Unterschied mehr zwischen Tag und Nacht.“
Das Buch ist intelligent konstruiert und spannend geschrieben und kann den Krimiautor in Camilleri nicht verleugnen. Aber in kunsthistorischer Hinsicht ist die kleine Auftragsarbeit bedeutsam.