Karen Engelmann führt ihre Leser sehr langsam in die Geschichte ein. So wie das Oktavo – eine Art Tarot – Zeit benötigt, gelegt zu werden, so lässt die Autorin sich auch Zeit, ihre unterschiedlichen Akteure in die Geschichte einzuführen. Was ich jedoch selten als störend empfand, da man hierdurch
die einzelnen Mitwirkenden sehr gut kennenlernt, wobei man sich bei einigen aber auch bis zum Schluss…mehrKaren Engelmann führt ihre Leser sehr langsam in die Geschichte ein. So wie das Oktavo – eine Art Tarot – Zeit benötigt, gelegt zu werden, so lässt die Autorin sich auch Zeit, ihre unterschiedlichen Akteure in die Geschichte einzuführen. Was ich jedoch selten als störend empfand, da man hierdurch die einzelnen Mitwirkenden sehr gut kennenlernt, wobei man sich bei einigen aber auch bis zum Schluss nicht ganz sicher sein kann, auf welcher Seite sie nun stehen: Unterstützen sie den Monarchen, sind sie auf Seiten der Revolutionäre oder gehen sie ihren ganz eigenen Interessen nach? Der Roman strotzt geradezu vor Intrigen, Ränkespielchen, Machtgerangel und der Liebe.
Ihr Protagonist Emil Larsson erzählt die Geschichte des Stockholm-Oktavos zumeist aus seiner Sicht, da der junge Sekretär jedoch nicht bei allen Ereignissen mit eingebunden ist, stellt die Autorin jedem Kapitel die Quellen der Informanten voran, sodass man vor Beginn jeden Kapitels bereits sieht, mit welchen Teil der Geschichte die Ereignisse in Stockholm weitererzählt werden. Der Sprachstil von Karen Engelmann ist farbenprächtig und bildhaft, wodurch man schnell eine Vorstellung von Stockholm selbst, dem Leben der Adligen wie auch der bürgerlichen Bevölkerung erhält. Ausschweifend beschreibt sie die Kunst der Fächer, welchen Einfluss diese zur damaligen Zeit in der gehobenen Gesellschaft hatten, die Damen und jungen Mädchen damit mit ihren Reizen spielten, Signale aussandten oder ihren Missmut kundtaten.
Entsprechend der geschichtlichen Zeit ist auch der Schreibstil der Autorin und wirkt durchweg etwas gediegen und altmodisch und ist somit genau dem ausgehenden 18. Jahrhundert angepasst. Dabei bleibt Karen Engelmann aber zumeist äußerst unterhaltsam in ihren Erzählungen. Eine gewisse Spannung kommt jedoch erst nach gut der Hälfte des Buches auf, nachdem man einen sehr ausführlichen Einblick in das Leben von Emil Larsson und seinen acht Personen des Oktavo erhalten hat, wodurch die Geschichte manchmal etwas ins Stocken gerät. Doch zum Ende hin spitzen sich die Ereignisse zu, die von Anfang an sehr komplex angelegte Geschichte nimmt merklich an Tempo zu und wird zum Schluss hin durchweg sehr fesselnd erzählt.
Die Charaktere sind bis in die kleinste Nebenrolle ausgereift und facettenreich angelegt und entwickeln sich durch die Geschehnisse im Roman entsprechend weiter. Im Fokus steht natürlich der Erzähler Emil Larsson, ein junger Sekretär, der von seinem Vorgesetzten genötigt wird, endlich zu heiraten, ansonsten würde seine Stelle anderweitig vergeben werden. Der eher leichtfertige, lebensfrohe Larsson genießt allerdings sein Singledasein mit nächtlichen Umtrünken und Kartenspielen bis in die frühen Morgenstunden sehr und seine Ambitionen, eine geeignete Ehefrau für sich zu finden, sind somit eher gering. In seinem Oktavo sieht Larsson dann jedoch die Möglichkeit, dem Wunsch seines Vorgesetzen nachkommen zu können und schon bald wähnt er in Carlotta seine zukünftige Ehefrau. Doch scheinbar hat sein Oktavo in dieser Hinsicht etwas anderes für ihn vorgesehen.
Eine weitere Hauptakteurin ist die Französin Madame Sparv. Die geheimnisvolle ältere Dame betreibt einen angesehen Salon in Stockholm, in dem die höhere Gesellschaft gerne zum Kartenspielen kommt und sich von der Wahrsagerin die Zukunft voraussagen lässt. König Gustav III. gehört zu ihren engsten Freunden. Die zweite mächtige Frau des Romans ist die Baroness Uzanne. Die Gesellschaftsdame betritt nach der Trauerzeit um ihren Mann Henrik wieder die politische Bühne und ist eine Anhängerin von Herzog Karl, der mit den Reformen seines Monarchen nicht einverstanden ist. Die Uzanne, wie sie ehrfürchtig genannt wird, ist eine Meisterin der Fächerkunst und der Intrigen und wird bald eine maßgebliche Rolle in Larssons Oktavo spielen.