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Astrid Lindgren hat unsere Kindheit geprägt. Mit Pippi Langstrumpf und Wir Kinder aus Bullerbü hat sie unseren Blick auf die Welt verändert. Ihre Geschichten handeln von Mut, Hoffnung, Liebe und Widerstand. Bevor diese Bücher entstanden, schrieb sie ihre Gedanken über das dunkelste Kapitel des 20. Jahrhunderts nieder: den Zweiten Weltkrieg. In ihren Tagebüchern schildert sie, nachdenklich und betroffen, aber auch mit dem so unverwechselbaren Tonfall, wie Europa von Faschismus, Rassismus und Gewalt vergiftet wird. Das persönliche Zeitdokument einer sehr klugen Frau, die schon immer den Blick für das große Ganze hatte.…mehr

Produktbeschreibung
Astrid Lindgren hat unsere Kindheit geprägt. Mit Pippi Langstrumpf und Wir Kinder aus Bullerbü hat sie unseren Blick auf die Welt verändert. Ihre Geschichten handeln von Mut, Hoffnung, Liebe und Widerstand. Bevor diese Bücher entstanden, schrieb sie ihre Gedanken über das dunkelste Kapitel des 20. Jahrhunderts nieder: den Zweiten Weltkrieg. In ihren Tagebüchern schildert sie, nachdenklich und betroffen, aber auch mit dem so unverwechselbaren Tonfall, wie Europa von Faschismus, Rassismus und Gewalt vergiftet wird.
Das persönliche Zeitdokument einer sehr klugen Frau, die schon immer den
Blick für das große Ganze hatte.
Autorenporträt
Eva Mattes kam 1954 am Tergernsee zur Welt. Schon als Schülerin wandte sie sich der Medienwelt zu, allerdings nicht als Schauspielerin. Sie beschäftigte sich mit Sprech- und Atemtechnik und trat zunächst als Synchronsprecherin für Kinderrollen in Erscheinung. So lieh sie dem "Lassie"-Protagonisten Timy ihre Stimme aber auch "Pippi Langstrumpf" und "David Copperfield". Neben Theatererfahrungen am Schauspielhaus Hamburg arbeitete sie in den 70er Jahren in zahlreichen Filmprojekten mit, u.a. unter der Regie von Rainer Werner Fassbinder, der sie entdeckte. Nach seinem Tod verkörperte sie ihn in dem Film "Ein Mann wie Eva" (1983). Eva Mattes war zudem unter internationalen Größen wie Margarethe von Trotta, Percy Adlon und Werner Herzog im Kino zu sehen und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1978 in Cannes die "Goldene Palme" als beste Nebendarstellerin in dem Film "Woyzeck". Unter Peter Zadek spielte sie in den 80er Jahren erfolgreich Theater. Eva Mattes ist eine der kraftvollsten deutschen Schauspielerinnen auf Leinwand und Bühne mit einer sensiblen und gleichzeitig energischen Präsenz. Als "Starke Stimme" hat sie von Christine Brückner "Jauche und Levkojen" sowie von Terézia Mora "Alle Tage" gelesen."Sams der Film". Für ihre Rolle der Frau Rotkohl dem erfolgreichen Kinderfilm erhält sie 2001 den Deutschen Filmpreis.

Astrid Lindgren, die bekannteste Kinderbuchautorin der Welt, wurde 1907 auf Näs im schwedischen Smaland geboren, wo sie im Kreis ihrer Geschwister eine überaus glückliche Kindheit verlebte. Für ihre mehr als siebzig Bilder-, Kinder- und Jugendbücher, die in über siebzig Sprachen übesetzt worden sind, wurde sie u.a. mit folgenden Preisen ausgezeichnet: Friedenspreis des Deutschen Buchhandels - Alternativer Nobelpreis - Internationaler Jugendbuchpreis - Hans-Christian-Andersen-Medaille - Große Goldmedaille der Schwedischen Akademie - Schwedischer Staatspreis für Literatur - Deutscher Jugenditeraturpreis - Prämie.

Angelika Kutsch, geb. 1941 in Bremerhaven, ist Autorin mehrerer Kinder- und Jugendbücher und Übersetzerin aus dem Schwedischen. Für beides wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Angelika Kutsch lebt in Hamburg und Schweden.

Dr. Gabriele Haefs studierte in Bonn und Hamburg Sprachwissenschaft. Seit 25 Jahren übersetzt sie u.a. aus dem Dänischen, Englischen, Niederländischen und Walisischen. Sie wurde dafür u.a. mit dem Gustav- Heinemann-Friedenspreis und dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet, 2008 mit dem Sonderpreis für ihr übersetzerisches Gesamtwerk. 2011 wurde Gabriele Haefs als Königlich Norwegische Ritterin des St.Olavs Ordens in der Norwegischen Botschaft in Berlin ausgezeichnet u.a. für ihre Übersetzungen, für die Vermittlung von norwegischen Büchern nach Deutschland sowie für das Knüpfen von Kontakten im Kulturbereich ganz allgemein.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

"Gestern Nachmittag saßen Elsa Gulander und ich im Vasa-Park. (…) Wir schimpften ganz gemütlich auf Hitler und waren uns einig, dass es wohl keinen Krieg geben würde. Und dann das." Am 1. September 1939, als Deutschland Polen überfiel, begann Astrid Lindgren mit 32 Jahren Tagebuch zu führen. Wenn ihre kleine Tochter krank war, erzählte sie ihr Geschichten von Pippi Langstrumpf. In ihren Tagebüchern hält sie Truppenbewegungen, weltpolitische Entwicklungen und Alltagsbeobachtungen fest - oft schockiert angesichts des harten Gegensatzes zwischen dem satten Leben im neutralen Schweden und den Verhältnissen im Rest Europas. Über die war Lindgren besser informiert als der Durchschnittsbürger: Während des Krieges arbeitete sie für den Geheimdienst, saß in der Briefzensur-Zentrale und las Briefe aus oder nach Deutschland. Ihr Ton ist unverwechselbar. Manchmal maßregelt sie Generäle und Politiker mit Worten, die später Linus-Idas werden sollten. Mattes synchronisierte als Schülerin Pippi in der Serie mit Inger Nilsson. Als Stimme von Lindgren ist sie unglaublich treffsicher, einfühlsam, exakt in Stimmung und Betonung.

© BÜCHERmagazin, Elisabeth Dietz (ed)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.11.2015

Der Weltkrieg der Reptilien

In Briefen, Kriegstagebüchern und einer Biographie zeigt sich eine bislang unbekannte Astrid Lindgren.

Von Tilman Spreckelsen

Die Briefe kamen säckeweise, jedes Jahr wurden es mehr. Wildfremde Menschen baten Astrid Lindgren um Rat, manche auch um Geld, oder sie machten ihr Heiratsanträge. Die zwölfjährige Sara, die 1971 an die damals schon weltberühmte Autorin schrieb, hatte ein anderes Ziel: Sie wollte unbedingt Schauspielerin werden, und da auch Astrid Lindgrens Werke verfilmt worden waren, könnte sie bestimmt ein gutes Wort für Sara einlegen - "willst du mich glücklich machen?" war der Brief überschrieben, und am Ende stand, dass er von einem "sehr einsamen Mädchen" stamme.

Astrid Lindgren antwortete zwar, aber nicht wie erwünscht, so dass die junge Empfängerin den Brief zerriss und in der Toilette herunterspülte. Unter anderem fragte Lindgren Sara, die ihren Bewerbungsbrief mit dem Hinweis versehen hatte, wie schlecht alle Kinderschauspieler der Lindgren-Verfilmungen seien, ob sie sich eigentlich nicht vorstellen könnte, warum sie so einsam sei?

Der Briefwechsel, der trotzdem darauf folgte und am Ende etwa achtzig Schreiben umfasste, zeigt ein labiles, zwischen Arroganz und dem Gefühl eigener Wertlosigkeit schwankendes Mädchen und eine Autorin, die sich ihrer so einfühlsam und besorgt annimmt, als wären sie enge Freundinnen oder Verwandte - obwohl sie sich nie getroffen haben. Sie ringt um Sara, warnt sie vor Alkohol und Drogen, beschwört sie, die Schule nicht abzubrechen, und trifft den richtigen Ton. Vor allem aber kommentiert Lindgren die Eröffnungen Saras gern mit dem Hinweis auf eigene Erfahrungen im selben Alter. Und fragt die Dreizehnjährige sogar: "Kann ich Dir alles schreiben, was mir einfällt?"

Lindgrens Briefwechsel mit Sara Schwardt ist nur eines von drei jüngst erschienenen Büchern, die den Namen der berühmteste Kinderbuchautorin der Welt im Titel tragen. Weil keines von ihnen fiktional ist, versprechen sie einen neuen Blick auf die Frau, die "Pippi Langstrumpf" oder "Michel aus Lönneberga" schrieb, und das Interesse der erwachsenen Leser ist so groß, dass zwölf Jahre nach Lindgrens Tod wieder eines ihrer Bücher auf den Bestsellerlisten steht.

Es handelt sich um die Edition der sogenannten "Kriegstagebücher", die sie zwischen 1939 und 1945 führte - Notizen, die den Alltag der jungen Familie Lindgren ebenso wie die politischen und militärischen Ereignisse schildern. Ein drittes kommt hinzu: Astrid, seit 1931 mit dem Automobilclub-Funktionär Sture Lindgren verheiratet, sorgte nicht nur für ihre beiden Kinder Lasse und Karin, sondern arbeitete für eine schwedische Behörde, die den Postverkehr mit dem Ausland überwachte. Was sie dabei über die Verhältnisse in Europa lernte, die vielen deprimierenden und schockierenden Nachrichten etwa aus den von Hitler besetzten Gebieten, ergänzte die Zeitungsberichte, die in Schweden kursierten (F.A.Z. v. 13. Mai). Einige dieser Artikel und Fotos schnitt Lindgren aus und klebte sie ins Tagebuch. Sie schrieb Gedichte ab, referierte Nachrichten aus Stalingrad oder von der afrikanischen Front und notierte persönliche Katastrophen wie das Geständnis ihres Mannes, dass er eine Geliebte hätte und sich scheiden lassen wolle. Dazu kam es nicht, die familiären Verhältnisse wurden 1945 entschieden besser, und überhaupt fällt das Kriegsende zusammen mit dem rasanten Beginn einer beispiellosen Schriftstellerinnenkarriere: Lindgren gewann einen Literaturpreis für ein Jugendbuchmanuskript und reichte nun ein weiteres beim Verlag ein. Es enthielt die Abenteuer einer gewissen Pippi Langstrumpf, Geschichten, die Lindgren 1941 am Bett ihrer kranken Tochter Karin spontan erzählt und in den Folgejahren weiter ausgesponnen hatte. Auch in sie ist die Zeitgeschichte eingegangen - etwa in der Beschreibung eines Zirkusbesuchs, als Pippi im Ringkampf gegen den "starken Adolf" antritt und den aufgeblasenen Athleten im Nullkommanichts besiegt. Sehr zum Missvergnügen des Zirkusdirektors, der einen deutschen Akzent hat.

Nachzulesen ist das jetzt auch in Jens Andersens Astrid-Lindgren-Biographie, dem gewichtigsten unter den drei Bänden. Andersen zeichnet das Bild eines rebellischen Mädchens, geboren 1907, das in der Kleinstadt Vimmerby in der schwedischen Provinz Småland aufwächst - später wird das Bild dieser Gegend um die Welt gehen, liebevoll beschrieben von Lindgren in den "Bullerbü"- und "Michel"-Büchern und anderen mehr. Einen Aufsatz der Dreizehnjährigen legt ihr Lehrer dem Besitzer und Chefredakteur der lokalen Tageszeitung vor, der den Text druckt, später dessen Verfasserin als Volontärin einstellt und noch später eine Liebesbeziehung mit der dreißig Jahre Jüngeren beginnt. Astrid Ericsson wird schwanger, bringt das Kind in Dänemark zur Welt und verlässt dessen Vater, der sie gern geheiratet hätte. Ihr Sohn Lasse aber verbringt die ersten Jahre getrennt von der Mutter in Kopenhagen, und in einer gespenstischen Szene beschreibt der Biograph, wie Lasse, als er schon wieder bei seiner Mutter lebt, diese auffordert, dänisch mit ihm zu sprechen und so zu tun, als sei sie seine Pflegemutter.

Andersen betont, wie traumatisch Astrid Lindgren die Trennung von ihrem Sohn erlebt hat, und kaum zufällig wimmelt es im Werk dieser Autorin von vaterlosen Kindern. Explizit geht Andersen diesen Verbindungslinien aber nicht nach, so wie er sich insgesamt gern auf die Darstellung der Biographie zurückzieht, ohne sich in der Interpretation des Werks zu verlieren. Offensichtliches wird geschildert, aber nicht weiter ausgedeutet, etwa Lindgrens Bild vom Nationalsozialismus und vom Kommunismus als zwei urzeitliche Reptilien, die sich bekämpfen, in ihren Kriegstagebüchern - dreißig Jahre später kehrt das verwandelt in "Die Brüder Löwenherz" wieder, und vor dem Hintergrund der frühen Ausformung gewinnt der späte Märchenroman auf einmal eine politische Dimension.

Ein Beispiel für viele. Wer jedenfalls Lindgrens Werk weiter ausleuchten wollte, fände zahlreiche Ansätze dazu in Andersens materialreicher Biographie, Wegzeichen, denen der sonst so fleißige Autor offenbar nicht sehr viel weiter nachgehen wollte. Eine künftige Astrid-Lindgren-Forschung jedenfalls müsste exakt hier ansetzen: mit der Frage, welchen Anteil die erlebte Zeitgeschichte an der Gestaltung von Bullerbü, von Lönneberga, von Saltkrokan oder auch dem zum "Land der Dämmerung" umgeformten Stockholm einnimmt.

Jens Andersen: "Astrid Lindgren". Ihr Leben.

Aus dem Dänischen von Ulrich Sonnenberg. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2015. 448 S., geb., Abb., 26,99 [Euro].

Astrid Lindgren/Sara Schwardt: "Deine Briefe lege ich unter die Matratze". Ein Briefwechsel 1971-2002.

Aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer. Oetinger Verlag, Hamburg 2015. 240 S., geb., 19,99 [Euro].

Astrid Lindgren: "Die Menschheit hat den Verstand verloren". Tagebücher 1939-1945.

Aus dem Schwedischen von Angelika Kutsch und Gabriele Haefs. Ullstein Verlag, Berlin 2015. 576 S., geb., 19,99 [Euro].

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