Ake Edwardson, Der letzte Winter, Ullstein 2010, 520 Seiten, ISBN 978-3-550-08713-4
Nun hat auch er die magische Zahl Zehn erreicht. So wie die beiden großen Vorbilder Sjöwall/Wahlhöö in den Siebzigern und der Zeitgenosse Edwardsons Arne Dahl ( dessen Bücher noch nicht alle ins Deutsche
übersetzt sind) hat Ake Edwardson die lange Reise durch fast zwei Jahrzehnte mit seinem Kommissar Erik…mehrAke Edwardson, Der letzte Winter, Ullstein 2010, 520 Seiten, ISBN 978-3-550-08713-4
Nun hat auch er die magische Zahl Zehn erreicht. So wie die beiden großen Vorbilder Sjöwall/Wahlhöö in den Siebzigern und der Zeitgenosse Edwardsons Arne Dahl ( dessen Bücher noch nicht alle ins Deutsche übersetzt sind) hat Ake Edwardson die lange Reise durch fast zwei Jahrzehnte mit seinem Kommissar Erik Winter und seinem Team in Göteborg beendet.
Der neue Roman „Der letzte Winter“ überrascht zunächst mit der relativen Gesundung fast aller seiner Protagonisten. Über den neunten Band, der unter dem Titel „Toter Mann“ erschien, schrieb ich in einer Rezension:
„Wieder einmal geht es bei Edwardson um die lange nachhaltige Wirkung von Schuld. Darum, wie etwas, was in der Vergangenheit geschehen ist, und nur mühsam an die Oberfläche der Erinnerung und Erkenntnis gelangt, das Leben von Menschen in der Gegenwart, eben auch das der Polizisten, berührt, beeinflusst und beeinträchtigt, das sie an den Rand ihrer körperlichen und seelischen Kraft bringt. Und in Einzelfällen auch um ihr Leben...
Ake Edwardson hat in meisterhaft geschriebenen, manchmal quälend zu lesenden Dialogen, die Unfähigkeit beschrieben, wirklich miteinander zu kommunizieren. Und weil diese Kommunikation nicht mehr gelingt, bleibt der Fall beinahe ungelöst und gehen die Beziehungen und Familien von Winter, Halders und Bergenhem fast in die Brüche. Das Leben der Protagonisten verliert immer mehr, mit jedem Band mehr, an Sinn, Tiefe und Qualität. Ausdruck eines pessimistischen Autors oder Beschreibung erlebter Realität ?“
Nun, einige Zeit später ist Bergenhem tot und fehlt insbesondere Erik Winter an allen Ecken und Enden. Doch er selbst hat sich erholt, die quälende Migräne kehrt nicht mehr zurück, auch wenn die Belastungen, denen er in seinem letzten Fall ausgesetzt ist, fast unmenschlich sind.
Der Roman beginnt mit zwei für Ake Edwardsons Stil ganz typischen Szenen. In der ersten befindet sich Erik Winter mit seiner Familie an seinem eigenen Strand ( die Stammleser erinnern sich: er wollte eigentlich ein Haus dorthin bauen) und wirft mit fast traumtänzerischer Leichtigkeit mit seinen Töchter flache Steine ins Wasser und lässt sie hüpfen. Da sieht er etwas Helles auf den Strand zutreiben – eine Leiche wird angeschwemmt. Das ist neu, dass das Verbrechen in seine Privatsphäre einbricht und Winter und seine Frau halten das für keinen Zufall. Die Leiche und die Personen der zweiten Szene, die das spannende Buch einleitet, scheinen zunächst nichts miteinander zu tun zu haben. Da wacht ein junger Mann morgens auf und entdeckt im Bett neben sich seinen tote Frau: erstickt.
Die Spuren der Ermittlung, in die sich Winter derart engagiert stürzt, als wüsste er zu Beginn schon um das Ende seiner Polizeitätigkeit, führen nach Spanien, nach Nueva Andalucia, in die direkte Nachbarschaft des Hauses, in dem Winters Eltern gewohnt haben. Und es kommt eine lange Schuldgeschichte zu Vorschein, wie im letzten Buch auch.
Eine einfache Streifenpolizisten, die aus der DDR ins Land gekommene Gerda Hoffner spielt in dem Buch eine wichtige Nebenrolle, in der Edwardson wieder einmal meisterhaft die Einsamkeit der Menschen in einer Großstadt beschrieben hat.
Das Buch ist ein meisterhafter Abschluss einer Krimireihe, die den Vergleich mit den großen Vorbildern nicht scheuen muss, ganz im Gegenteil. Von Buch zu Buch hat Ake Edwardson seine Kunst verfeinert, die langweilige Wirklichkeit in ein Mysterium zu verwandeln, ohne sie zu verlassen.
Man wird mit großer Spannung dem nächsten Buch von Edwardson entgegensehen, denn er ist mit Sicherheit noch nicht fertig mit seiner einmaligen Kunst.