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Das O von Ousia sei ein Kreis. Zeichen einer Periode, in welcher die Vorkommnisse, vor allem Kommen und Gehen, vielleicht reine Wiederkehr waren. Was ist nun mit den Vorkommen der Erde? Werden die Menschen je in ihr aufgehoben sein? Werden sie flüchten? Wer besitzt das glitzernde wieder und wieder sich selbst gebärende Öl, Wasser oder Gletscherland? Diese goldenen Schleifen Besitz. Die Besitzerin, dass ich nicht lache, verkauft sie als kringelnde Ornamente. So vieles entschlüpft der Mutter im Denken, Nahendes dreht ihre Kinder in unüberblickbare Ringe. Para dies, Flößerei, Der schwarze Fluss:…mehr

Produktbeschreibung
Das O von Ousia sei ein Kreis. Zeichen einer Periode, in welcher die Vorkommnisse, vor allem Kommen und Gehen, vielleicht reine Wiederkehr waren. Was ist nun mit den Vorkommen der Erde? Werden die Menschen je in ihr aufgehoben sein? Werden sie flüchten? Wer besitzt das glitzernde wieder und wieder sich selbst gebärende Öl, Wasser oder Gletscherland? Diese goldenen Schleifen Besitz. Die Besitzerin, dass ich nicht lache, verkauft sie als kringelnde Ornamente. So vieles entschlüpft der Mutter im Denken, Nahendes dreht ihre Kinder in unüberblickbare Ringe. Para dies, Flößerei, Der schwarze Fluss: Die Trias einer Flusslandschaft, die seit Jahrhunderten für die Gegend um das oberösterreichische Molln
unterschiedlichste Bedeutung hatte. Vom Flößen der Stämme aus hintersten Gebirgen über den Antrieb großer Schaufelräder bis zur Abgrenzung des gesamten Verlaufs als Schutzgebiet, ein Beobachten und Nachdenken über Geheimnis und Kräfte des Fließens, über die Kindheitslandschaft hinaus. Tetsu-Sen, ein Zyklus über eine die Erde
verlassende Gesellschaft, die auf eine andere Fläche übersetzt, hin zu einem anderen Ankommen, einem vielleicht völlig anderen Aufgehobensein. Hummingbird als ringförmiger Text, der sich von der Gewalt innerhalb einer Diktatur in ein Reich
pflanzlicher Würde auflösen möchte, um dann wieder in brutalen Handlungen gegenüber sich frei fühlenden Frauen zu gefrieren. Nicht minder kaltblütig der chinesische Zauberer, der im Reigen Laterne der wechselnden Köpfe nach einem neuen Kopf für seine Ehefrau sucht, weil ihm der alte nicht mehr gefällt. Und alles Getrennte, das später wieder zusammenfinden will, zu Einem, einer vielleicht unveränderlichen Anwesenheit. Nennt es Ousia - das in tausend Stücke zerbrochen und nun wieder zusammengesetzt wird.
- Verena Stauffer
Autorenporträt
Stauffer, Verena
Verena Stauffer, geboren 1978 in Oberösterreich, studierte Philosophie an der Universität Wien. Sie veröffentlichte den Gedichtband "Zitronen der Macht", hochroth 2014, und den Roman "Orchis", Kremayr & Scheriau 2018. Für ihre Arbeiten erhielt sie u.a. Projektstipendien des österreichischen Bundeskanzleramtes 2015/2016 und 2018/2019 sowie den manuskripte Förderungspreis der Stadt Graz 2017. Verena Stauffer lebt in Berlin, Wien und Moskau.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.10.2020

Sie hat Habe
Und was haben wir? Zu den Gedichten von Verena Stauffer

Einmal wird es eine Dichterin gegeben haben. Sie wird über achtzig und die Doyenne wenigstens der österreichischen Dichter sein. Im Lauf von fünfzig Jahren wird sie acht oder neun Gedichtbände veröffentlicht und von ihren besten Gedichten immer etwas zurückgestellt haben, als Notration für strenge Winter. Immer wird sie es so halten, noch vierzig Jahre lang.

Hoffnungsvoll sagten neulich die Herausgeber der Zeitschrift "Krachkultur" über Lyrik: "Ihre Widerstandskraft bleibt unübertroffen, das Gespräch nicht nur über Räume, sondern über Zeiten hinweg." Freilich lösten dort bis auf ein Gedicht von Marcel Beyer nur ein paar vorabgedruckte "Gedichte, die uns ersetzen" von Verena Stauffer diese Erwartung ein. "Hass" heißen zwei davon. Mit ihnen zeigt die Dichterin ihre geschliffenen Krallen. Das ist nicht der hochhackige Sprachfetischismus von Dagmara Kraus; nicht die tieräugige Neugier von Uljana Wolf; schon gar nicht hat es mit den Männern zu tun, von denen brauchbare Gedichte am wenigsten zu erwarten sind.

Nach einem ersten Gedichtband von Verena Stauffer beim Verlagsprojekt hochroth in Wien 2014 ("zitronen der macht") ist nun ein zweiter bei kookbooks in Berlin erschienen, der auch die Gedichtsequenz aus der "Krachkultur" enthält. Er trägt einen griechischen Namen, der sich scherenschnittartig über den Einband legt.

Ousia - das könnte am Bug eines Fischerboots stehen, neben das Auge gemalt, das es besitzt, falls es ein altgriechisches ist. Der Name ist ein durchschlagender theologischer Begriff. Dabei kommt er im Neuen Testament nur an einer Stelle vor, aber im Gleichnis vom verlorenen Sohn, das so mächtig gewirkt hat wie kaum eine andere Stelle in den Evangelien. In der Lutherübersetzung heißt sie so: "Ein Mensch hatte zwei Söhne. Und der jüngste unter ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir, Vater, das Teil der Güter, das mir gehört. Und er teilte ihnen das Gut. Und nicht lange darnach sammelte der jüngste Sohn alles zusammen und zog ferne über Land; und daselbst brachte er sein Gut um mit prassen." Luther übersetzt "Ousia" mit "Gut", während das Wörterbuch zum Neuen Testament "Vermögen", "Habe" als Bedeutungen nennt. Habe hört sich ungefestigter an.

Das passt zur Dichterin. Deren Habe sind ihre Gedichte und das Material, aus dem sie erst noch welche fertigen wird, "als nackte Montur"; geschriebene und ungeschriebene, veröffentlichte und unveröffentlichte; zum Beispiel die über einen Fluss, den sie gut kennt und immer wiederfindet:

Felskugeln liegen mitten im Fließgewässer:

gestürzte Wolken. Tannen wachsen aus ihnen, Moospölster

zarte Gräser, Flechten und Farne,

aufgebrochene Nussschalen

Miniaturglockenblumen, Leimkraut,

Ästchen . . .

Betrachtet man den Band, der den Namen "Ousia" trägt, als Boot, das aufs Meer hinausfährt, so ist auch das ein Gleichnis. Entscheidend ist die Unbedingtheit, mit der diese Ausfahrt zustande kommt, unabhängig von guten oder allzu guten Ratschlägen der Verlegerin, von guten oder schlechten Freunden, die auch mitgenommen werden wollen und nicht weiter schaden. Denn allein mit sich kann niemand seine Gedichte abmachen.

Die können wie Schwimmflügel sein, mit denen die Dichterin das Schwimmen lernt, ohne es noch lernen zu müssen. Manche bleiben. Mit diesen bleibenden Gedichten verhält es sich andererseits wie im Gebirge. Gipfel gibt es dort nur, weil der Frost die Oberflächen sprengt und Steine sich lösen und am Abhang vorläufig liegen bleiben, als Sprachgeröll, aus dem immer noch Gedichte werden können. Wer zu den Gipfeln vordringen will, kann dabei ins Rutschen kommen, aber bequem muss die Dichterin es den Lesenden nicht machen.

Kein Philosoph kann dem Denken von Verena Stauffer folgen, das ganz unbekümmert um Gendervorschriften doppelt unvorschriftsmäßig ist, sowohl auf die ungeschlechtliche Fortpflanzung des Denkens unter Männern bezogen, als auch auf eine alles Geschlechtliche im Denken verbietende Haltung, wie sie uns gerade blüht. Auch deshalb lohnt es sich, diese Dichterin in den kommenden vierzig Jahren nicht aus den Augen zu verlieren.

G. H. H

Verena Stauffer:

"Ousia". Gedichte.

Verlag kookbooks,

Berlin 2020. 120 S., br., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ousia bedeutet dem Wörterbuch zum Neuen Testament zufolge so viel wie "Vermögen" beziehungsweise "Habe", weiß der als G. H. Holländer zeichnende Rezensent. Den Gedichtband der österreichischen Schriftstellerin Verena Stauffer empfiehlt er in jedem Fall als "Notration für strenge Winter". Denn hier entdeckt der Kritiker widerständige Lyrik, dringlich und unbedingt, von der Dichterin mit scharfen "Krallen" aus "Sprachgeröll" zusammengekratzt. Philosophen können dem Denken der Dichterin nicht folgen, meint der Rezensent. Das wird manchem Leser seiner Kritik nicht anders gehen.

© Perlentaucher Medien GmbH