Großartiger, vielfältiger, spannender und abwechslungsreicher Historienroman, so bunt und gewaltig wie ein Renaissance-Gemälde, realistisch, authentisch, so komisch wie traurig – kurzum: so facettenreich, wie ich schon lange keine Geschichte mehr gelesen habe. Jede Figur mit vielschichtiger, sehr
eigener Persönlichkeit ausgestattet und in bildhafter Sprache verfasst, die einen sofort in die…mehrGroßartiger, vielfältiger, spannender und abwechslungsreicher Historienroman, so bunt und gewaltig wie ein Renaissance-Gemälde, realistisch, authentisch, so komisch wie traurig – kurzum: so facettenreich, wie ich schon lange keine Geschichte mehr gelesen habe. Jede Figur mit vielschichtiger, sehr eigener Persönlichkeit ausgestattet und in bildhafter Sprache verfasst, die einen sofort in die Geschichte hineinzieht. Ist man erst einmal eingetaucht, gibt es kaum ein Herauskommen, ich geriet förmlich in einen Sog und lebte dermaßen mit als wäre ich dabei. Die zwei Handlungsstränge um Elias und Ranghild verlaufen lange Zeit parallel nebeneinander, jede für sich autark und fesselnd und komplett aus der Sicht des jeweiligen Hauptprotagonisten erzählt. Dementsprechend fokussieren sich die Beschreibungen der Handlung, des Erlebens und des Seelenlebens in diesen Passagen, die sich über mehrere Kapitel erstrecken können, denn auch auf die jeweilige Hauptfigur. Sind die anderen Charaktere auch stark herausgearbeitet, so kreisen sie doch, hat man den Eindruck, um den jeweiligen Stern und bilden so ihren Teil der Weiterentwicklung für Elias und Ranghild.
Formal ist die Geschichte in drei Bücher mit fortlaufenden Kapiteln unterteilt und erstreckt sich über einen Zeitraum von etwa fünfzehn Jahren. Eingerahmt durch einen Prolog und Epilog, wobei ersterer einige Fragen aufwirft, die letzterer wunderbar auflöst. Der Autor bedient sich einer eingängigen Sprache und hat einen sehr gut zu lesenden Stil, der ausgezeichnet in die Zeit passt, in der seine Geschichte angesiedelt ist. Die vielen Begriffe, die man heute eventuell nicht mehr kennt, werden dankenswerterweise in einem ausführlichen Glossar erklärt, ebenso wie ein hilfreiches Personenregister vorangestellt ist.
In den zwei Handlungssträngen verfolgt man den Lebensweg Elias' und Ranghilds ab etwa deren 13. Lebensjahr. Bei Elias steht hierbei sein Streben, den Schleier seiner Herkunft zu lüften, im Vordergrund, Ranghilds Leben ist geprägt vom Streben nach – medizinischem – Wissen und dem Wunsch, Menschen zu heilen. Beide haben sehr ausgeprägte und eigene Charakterzüge, wobei bei beiden die herausragende Intelligenz, der Überlebenswillen und die Hilfsbereitschaft heraussticht. Interessant fand ich die sehr unterschiedlichen Lebenswege und wie sie mit schwierigen Situationen umgehen und sich als junge Menschen in einer ihnen nicht immer wohlgesonnen Gemeinschaft behaupten. Besonders Elias hat es zunächst nicht gut getroffen und muss mehr kämpfen, wird verfolgt und verhöhnt. Ranghild als Frau ist gezwungen, sich in einer Männerwelt zu behaupten und mitunter ist sie machtlos gegen rohe männliche Gewalt. Beide müssen oftmals reagieren, werden durch äußere Umstände zu Taten gezwungen oder müssen weiterzuziehen. Mir schien aber doch Elias aktiver sein Schicksal in die Hand zu nehmen, zum Beispiel als er sich gegen seinen Peiniger durchsetzt. Durch seine Hitzköpfigkeit reitet er sich allerdings gerne in Zwangslagen hinein, während Ranghild durch Argumente und Diplomatie zu überzeugen versucht. Erwähnt sei auch, dass beide das Glück haben, an wohlgesonnene Menschen zu geraten, die sehr prägend sind für ihr Weiterkommen und die ihnen helfen, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Toll fand ich außerdem, dass man als Leser einen tiefen Einblick in mittelalterliches Wissen bekommt, aber auch in das Alltagsleben der Menschen in unterschiedlichen Regionen. Beider Weg führt uns vom Schwarzwald in die wichtige Reichs- und Handelsstadt Regensburg und sogar nach Salerno, wo Medizingeschichte geschrieben wurde.