Mit der Angst leben
Die Autorin Ille Ochs wurde als kleines Mädchen von ihrem Vater missbraucht. Diese traumatischen Erlebnisse verdrängte sie jahrelang, bis sie in einem langen und mühevollen Prozess der Aufarbeitung an ihre eigenen Grenzen stößt. Der Weg zu Heilung und Befreiung von der
Dunkelheit ist jedoch hart und steinig.
Dies ist zweifellos eins von jenen Büchern, die mich wirklich…mehrMit der Angst leben
Die Autorin Ille Ochs wurde als kleines Mädchen von ihrem Vater missbraucht. Diese traumatischen Erlebnisse verdrängte sie jahrelang, bis sie in einem langen und mühevollen Prozess der Aufarbeitung an ihre eigenen Grenzen stößt. Der Weg zu Heilung und Befreiung von der Dunkelheit ist jedoch hart und steinig.
Dies ist zweifellos eins von jenen Büchern, die mich wirklich emotional tief berührt haben. Vieles daraus klingt immer noch in mir nach und lässt mich nicht los. Was die Autorin geleistet hat, ist bewundernswert und war bestimmt alles andere als leicht. Sexueller Missbrauch ist in gewisser Weise immer noch ein Tabuthema, welches hier jedoch klar und deutlich thematisiert wird. Dadurch macht Ille sich aber auch sehr verletzbar, doch dieses Risiko geht sie ganz bewusst ein. Und gerade das ist es, was mich so bewegt hat. Mit einer schockierenden Offenheit erleben auch wir die Auswirkungen dieses prägenden Lebensabschnittes. Dadurch, dass alles komplett im Präsens geschrieben ist, wirkt es sehr präsent und real, sodass ich das Gefühl hatte, viel näher an der Autorin als Mensch dran zu sein, als das normalerweise möglich ist. Eine sehr schöne Erfahrung beim Lesen.
Es ist wirklich beschämend, wie auch ihr eigener Bruder im Vorwort schreibt, dass wir so wenig Ahnung davon haben, wie gravierend die Auswirkungen nach einem sexuellen Missbrauch sind. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Käfig der Angst, aus dem sich wohl die wenigsten herauskämpfen können. Ille Ochs ist auf einem sehr guten Weg dazu, aber es braucht enorm viel Mut, diesen Weg zu gehen.
Hinzu kommt die Ambilvalenz zwischen ihrer vermeintlich heilen und gläubigen Familie, die nicht nur die Worte Jesu gepredigt, sondern wirklich danach gelebt hat, und der Schuld ihres Vaters. Sehr schön beschreibt sie in dem Buch, dass sie gelernt hat, beide Bilder von ihrem Vater gleichwertig nebeneinander stehen zu lassen, ohne über das eine das andere zu vergessen.
Dieses Buch geht weit über das Thema „Sexueller Missbrauch“ hinaus, auch wenn dieses Thema ständig präsent ist. Es fordert uns selbst auf, uns auf den Weg der Heilung zu begeben und stupst uns immer wieder sanft, aber sehr nachdrücklich in diese Richtung. Ein Buch, was unter die Haut geht. Sehr, sehr stark!