„Der Gang nach Canossa“ ist das zweite Buch des Hamburger Journalisten Dennis Gastmann, der auch für das Fernsehen arbeitet und für den NDR in einer sehr unterhaltsamen Sendung „Mit 80000 Fragen um die Welt“ reist. Dadurch kennt man ihn auch schon als Reporter, der sich fremden Dingen auf eine
sympathische Art, sehr charmant und mit fast kindlicher Neugier annähert, was großen Spaß beim Zusehen…mehr„Der Gang nach Canossa“ ist das zweite Buch des Hamburger Journalisten Dennis Gastmann, der auch für das Fernsehen arbeitet und für den NDR in einer sehr unterhaltsamen Sendung „Mit 80000 Fragen um die Welt“ reist. Dadurch kennt man ihn auch schon als Reporter, der sich fremden Dingen auf eine sympathische Art, sehr charmant und mit fast kindlicher Neugier annähert, was großen Spaß beim Zusehen macht.
In seinem neuen Buch bleibt er zur Abwechslung in unserem Kulturkreis und begibt sich auf die Spuren von König Heinrich IV., der im Dezember 1076 von Speyer aus nach Canossa aufbrach, um den Papst dazu zu bewegen, den Kirchenbann gegen ihn aufzuheben. Dieser Bußgang ist vielen sicher noch aus dem Geschichtsunterricht bekannt. Allerdings geht es Dennis Gastmann nicht darum, dem Papst oder der katholischen Kirche zu gefallen, sondern mehr um die Herausforderung diese Strecke zu bewältigen und darum, eine Art Pause einzulegen und dem Stress für einige Zeit zu entfliehen.
Während Heinrich IV. damals wohl zu Pferd unterwegs war, wie Dennis Gastmann von einem Historiker im Laufe seiner Reise aufgeklärt wird, nimmt sich der Journalist vor, die ziemlich genau 1000 Kilometer von seinem Wohnort Hamburg bis ins italienische Canossa zu Fuß zu bewältigen und das, obwohl er bisher nicht besonders viel Sport getrieben hat. Diese Tatsache, kleinere Verletzungen, schlechte Wanderwege und Schnee im Gebirge sorgen dann aber immer mal wieder dafür, dass er seinem Vorsatz kurz untreu wird und auf den Bus oder Zug ausweicht. Dennoch bewältigt er in den drei Monaten insgesamt einen Großteil der Strecke, inklusive einer Alpenüberquerung, zu Fuß und geht dabei wirklich an seine körperlichen Grenzen, wie der Leser immer wieder miterlebt, sodass die kleineren „Schummeleien“ dem Ganzen keinen Abbruch tun.
Im Verlauf der Reise kommt es immer wieder zu interessanten und manchmal zugleich amüsanten Begegnungen mit mehr oder weniger alltäglichen Menschen. So trifft er in Frankfurt einen Börsenexperten und unterhält sich mit Mitgliedern der Occupy-Bewegung, diskutiert mit einem katholischen Priester in Speyer und die Zeugen Jehovas wollen ihn genauso anwerben, wie die Produzenten einer trashigen neuen Fernsehsendung. Er übernachtet in den verschiedensten Unterkünften, von einfachsten französischen SB-Hotels, über Herbergen mit Familienanschluss in Italien oder dem luxuriösen Hotel Beau Rivage in Genf, wo man recht wenig begeistert auf ihn und sein Wanderoutfit reagiert.
Dadurch, dass Dennis Gastmann sehr anschaulich schreibt und mit seiner ihm eigenen Neugier auch auf dieser Wanderung an alles herangeht, kann man sich sehr gut in viele der Situationen hineinversetzen und als Leser hautnah dabei sein. Unterstützt wird dies zudem durch gelegentlich eingefügte Fotos. Es fällt auch auf, dass er beim Niederschreiben des Buches nach seiner Rückkehr aus Canossa auch noch viele Fakten und Details recherchiert und hinzugefügt hat. Immer wieder finden sich auch teils ironische, mal mehr, mal weniger offensichtliche Anspielungen zu aktuellen Themen, wie den Rücktritt von Christian Wulff oder der Wirtschaftskrise. Alles in allem ist dieses Buch eine sehr abwechslungsreiche, unterhaltsame und zugleich informative Lektüre, die sich zudem angenehm flüssig lesen lässt.