Über ein Leben zwischen Ruinen
Trümmerkinder erinnern sich in diesem Buch an die unmittelbare Nachkriegszeit der Jahre 1945 bis 1952. Die Kinder erdulden nach dem Krieg Hunger und Kälte und es fehlt ihnen am Kleidung. Sie lernen in überfüllten Schulklassen und spielen oft zwischen Trümmern. In den
zerstörten Städten herrscht große Wohnungsnot, Lebensmittel müssen auf Hamsterfahrten organisiert…mehrÜber ein Leben zwischen Ruinen
Trümmerkinder erinnern sich in diesem Buch an die unmittelbare Nachkriegszeit der Jahre 1945 bis 1952. Die Kinder erdulden nach dem Krieg Hunger und Kälte und es fehlt ihnen am Kleidung. Sie lernen in überfüllten Schulklassen und spielen oft zwischen Trümmern. In den zerstörten Städten herrscht große Wohnungsnot, Lebensmittel müssen auf Hamsterfahrten organisiert werden.
Die meisten Mütter müssen, wie schon während des Krieges, allein für die Familie sorgen. Viele Väter sind gefallen, verschollen oder befinden sich in Kriegsgefangenschaft. Kindern hat der Zweite Weltkrieg nicht nur ihre Familienangehörigen, Freunde und Nachbarn geraubt, sondern auch ihre unbeschwerte Kindheit und ihr vertrautes Zuhause zerstört.
Sie sind damit die späten Opfer des Krieges. Zwar müssen sie nun keine Angst mehr vor Bombenangriffen haben, aber der Krieg geißelt die Menschen nun mit Krankheiten wie Diphterie und Typhus.
Groß ist der Wunsch, sich einmal richtig satt zu essen. Inken Drozd beschreibt in ihrer Geschichte "Die Hungerjahre", wie sie und ihre Geschwister versuchen, den Mangel mit "Brot lutschen" spielerisch zu überlisten. Allein wer in bäuerlichen Haushalten aufwächst, hat eine Chance, täglich satt zu werden.
Der "Henkelmann" gehört in der Nachkriegszeit zu den gebräuchlichsten Utensilien der Schulkinder. Die meisten gehen vor allem wegen der Schulspeisung gern zur Schule, aber auch, um der häuslichen Enge oder der schweren Mitarbeit auf Hof und Feld zu entfliehen.
Denn um zu überleben, müssen auch die Jüngsten schon ordentlich mit anpacken. Sie sammeln Ähren, Bucheckern und Eicheln oder machen Altpapier und Lumpen zu Geld. Für Naturalien oder ein kleines Taschengeld helfen die Kinder im Sommer bei der Obsternte und erledigen kleine Gefälligkeiten für Nachbarn.
So erfahren wir in der Geschichte "Trümmerspiele", wie für Berliner Kinder die Ruinen der Stadt zu Abenteuerspielplätzen werden. Kinderbanden schlagen hier Schlachten im Steinewerfen, es wird geklettert, geforscht und in ausgebombten Wohnungen Familie gespielt.
Doch die Spiele in den einsturzgefährdeten Trümmerlandschaften sind nicht ungefährlich, auch Munitionsreste geraten dabei in Kinderhände, häufig mit bösen Folgen.
Wenn Gudrun Henjes von einer Notgemeinschaft mit Flüchtlingen auf ihrer Wohnungsetage erzählt, dann hören wir neben der Anteilnahme an den Schicksalen der neuen Mitbewohner auch die Freude über die vielen neuen Spielgefährten heraus. Man improvisiert und macht halt das Beste aus der schwierigen Situation.
Heute staunen die Menschen dieser Generation oft, wie sie ihre Kindheit trotz aller Entbehrungen letztlich mehr oder weniger gut überstanden haben. So grotesk es klingen mag: Für die damaligen Kinder war dieses Leben mit all seiner Not "normal", die Jüngeren kannten es kaum anders. Denn Kinder verfügen über die wunderbare Gabe, sich rasch eine eigene kleine Welt aufzubauen.
Prädikat: Ein sehr lesenswertes, nachdenklich machendes Buch.