Schon der Titel „Tu dir weh“ weist darauf hin, dass man hier keine idyllische Liebesgeschichte erwarten sollte. Die Kurzbeschreibung und die italienischen Pressestimmen geben einen weiteren Vorgeschmack darauf, was den Leser erwartet. Somit war mir klar, dass es sich hier um ein relativ extremes
Buch handelt, das polarisiert. Gerade das reizte mich, den kompletten Roman der Italienerin Ilaria…mehrSchon der Titel „Tu dir weh“ weist darauf hin, dass man hier keine idyllische Liebesgeschichte erwarten sollte. Die Kurzbeschreibung und die italienischen Pressestimmen geben einen weiteren Vorgeschmack darauf, was den Leser erwartet. Somit war mir klar, dass es sich hier um ein relativ extremes Buch handelt, das polarisiert. Gerade das reizte mich, den kompletten Roman der Italienerin Ilaria Palomba, die selbst erst Mitte 20 ist, zu lesen.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die 19-jährige, sehr hübsche Philosophiestudentin Stella. Über ihr bisheriges Leben erfährt man wenig, sie wuchs recht behütet auf, lebt immer noch bei ihren Eltern, glänzte bisher durch gute Noten und ist seit zwei Jahren mit dem Archäologie-Studenten Donato, den sie den „Freak“ nennt, zusammen. Irgendwie scheint sie aber an einem Punkt angekommen zu sein, an dem sie mehr erleben will, als das. Auf einer Party trifft sie dann Marco, der sie sofort fasziniert und nimmt außerdem zum ersten Mal chemische Drogen. Die beiden haben Sex im Auto, bevor sie überhaupt wissen, wie der jeweils andere heißt. Gepaart mit dem Drogenrausch und der damit verbundenen Euphorie bewirkt dieses Erlebnis bei Stella, dass sie mehr davon will. Sie macht alles Mögliche um Marco zu gefallen, egal wie erniedrigend, schmerzhaft und gefährlich es für sie ist und gerät so immer mehr in einen Strudel, der sie nach unten zieht.
Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Buch im doch recht katholisch geprägten Italien viel Aufsehen erregt hat. Es ist noch extremer, als ich es sowieso erwartet hatte. Was die Sex-, Drogen- und auch Gewaltszenen im Buch angeht, wird wirklich kein Blatt vor den Mund genommen, sondern alles ist schonungslos brutal geschrieben, sodass es teilweise beim Lesen schon weh tut. Es ist auch nicht möglich, sich mit der Protagonistin Stella zu identifizieren und ihr Handeln nachzuvollziehen, man möchte sie höchstens wachrütteln, damit sie endlich merkt, in welche Gefahr sie sich begibt, was kein Mann der Welt wert ist. Stella hat aber durchaus eine vielschichtige Persönlichkeit. Sie wirkt nie dumm und naiv, sondern kann Personen eigentlich relativ gut einschätzen und weiß, was gut für sie ist und was nicht. Nur ihre Handlungen stehen im Gegensatz zu dem, was ihr Verstand ihr sagt. Der Leser kann beides mitverfolgen, da ihre Gedankengänge jeweils in kursiver Schrift und aus der Ich-Perspektive vor dem stehen, was sie dann in Wirklichkeit sagt oder tut. Diese Erzähltechnik hat mir sehr gut gefallen, da sie den Widerspruch in Stellas Inneren sehr gut verdeutlicht. Die Handlung insgesamt wird von einem auktorialen Erzähler wiedergegeben, was für eine gewisse Distanz gerade bei der Beschreibung von extremen Situationen sorgt. Ansonsten ist der Schreibstil von sehr vielen kurzen Sätzen geprägt, was zum Tempo der Geschichte passt und es finden sich natürlich auch viele umgangssprachliche und oft recht derbe Begriffe, was für Authentizität sorgt. Meiner Meinung nach ist Stellas Geschichte, obwohl sie so krass wirkt, nicht vollkommen unrealistisch, ich kann mir durchaus vorstellen, dass Menschen in der Lage sind, sich so an einen Abgrund zu manövrieren, wenn mehrere ungünstige Aspekte zusammenkommen. Und dies aufzuzeigen ist Ilaria Palomba gut gelungen. Es handelt sich hier um einerseits interessante, andererseits aber auch sehr verstörende Einblicke in die Welt einer eigentlich ganz normalen Studentin, die sich von einem Mann abhängig machen lässt. Das Buch ist sicher kein Wohlfühlbuch, das den Leser in einer positiven Stimmung zurücklässt, aber es vermag dennoch zu fesseln, da man wissen möchte, ob Stella irgendwann doch noch der Absprung gelingt. Daher gibt es von mir knapp 5 Sterne, die sich ausschließlich auf die Arbeit der Autorin beziehen, die meiner Meinung nach ein Buch abgeliefert hat, das in sich rund ist. Dass die Dinge, die im Buch beschrieben werden, auf jeden Fall alles andere als nachahmenswert und oft menschenverachtend sind, steht für mich außer Frage.