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Olga Bach erzählt mit leise durchtriebenem Humor und luzidem Blick von drei ungleichen Freund:innen, die durch das Theater zueinanderfinden, von einem scheinbar simplen Auftrag, der grandios zu scheitern droht, und von der emanzipatorischen Kraft der Kunst.
Zur Eröffnung eines Museums sollen der Regisseur Orhan und die Dramatikerin Irina eine Performance entwickeln, in der sie sich mit den vielfältigen Identitäten der Berliner Nachwende-Generation auseinandersetzen. Schnell getan, gut bezahlt, denken sie sich. Da die Museumsleitung »Ost-Biografien« vertreten sehen will, bitten sie ihre…mehr

Produktbeschreibung
Olga Bach erzählt mit leise durchtriebenem Humor und luzidem Blick von drei ungleichen Freund:innen, die durch das Theater zueinanderfinden, von einem scheinbar simplen Auftrag, der grandios zu scheitern droht, und von der emanzipatorischen Kraft der Kunst.

Zur Eröffnung eines Museums sollen der Regisseur Orhan und die Dramatikerin Irina eine Performance entwickeln, in der sie sich mit den vielfältigen Identitäten der Berliner Nachwende-Generation auseinandersetzen. Schnell getan, gut bezahlt, denken sie sich. Da die Museumsleitung »Ost-Biografien« vertreten sehen will, bitten sie ihre Freundin Maria, mitzumachen. Als Jugendliche lernten sie sich am Theater kennen, durchstreiften die sich rasant wandelnde Stadt und realisierten erste gemeinsame Projekte - bis zu einer Auftragsarbeit vor sieben Jahren, die alles veränderte.

Beim Schreiben der Texte versucht Irina nun zu verstehen, was damals geschehen ist, zu ordnen und zusammenzuhalten, was ihr in der Gegenwart zu entgleiten droht. Denn während die Eröffnung aufgrund der Pandemie immer wieder verschoben wird, die Museumsleitung mehr und mehr inhaltliche »Vorschläge« macht und ihr exzentrischer Vater das Gedächtnis verliert, bringt die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit lang unterdrückte Konflikte ans Licht.
Autorenporträt
Olga Bach wurde 1990 in Berlin geboren. Während des Jurastudiums schrieb sie ihr erstes Theaterstück 'Die Vernichtung', das für den Mülheimer Dramatikerpreis nominiert und in der Inszenierung von Ersan Mondtag zum Berliner Theatertreffen eingeladen wurde. Das Magazin Theater Heute wählte sie zur 'Nachwuchsautorin des Jahres 2017'. Ihre Stücke waren seitdem u.a. am Theater Basel, HAU Berlin und den Münchner Kammerspielen zu sehen. Derzeit ist sie Rechtsreferendarin am Kammergericht Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Anregend und anstrengend ist der erste Roman der Theatermacherin Olga Bach, so Rezensentin Christiane Lutz. Erzählt wird, erfahren wir, auf drei Ebenen: Erstens protokolliert das Buch das Scheitern eines Kunstprojekts über die Wiedervereinigung, das die Hauptfigur Irina gemeinsam mit Orhan und Maria realisieren will; zweitens wird die Jugend dieser drei erzählt; und drittens schiebt Bach auch noch Szenen eines fiktiven Theaterstücks ein, das Irina schreibt, nachdem das Projekt scheitert. Das ist viel Stoff, findet Lutz, und hinzu kommt noch, dass Bach Fiktives und Reales vermischt, zum Beispiel hinsichtlich Parallelen zwischen ihr selbst und Irina oder ihrem Real-life-Kollaborateur Ersan Mondtag und Orhan. Herausgekommen ist laut Rezensentin das teils auch klischeegesättigte Porträt einer selbstbewussten, aber auch selbstbezogenen Künstlergeneration.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.11.2023

Du mit deinen Kunstleuten
Wie man das Theater lieben kann und trotzdem nicht verrückt dabei wird:
„Kinder der Stadt“, das Romandebüt der Dramatikerin Olga Bach.
Da stehen sie nun, Irina und Orhan, ziemlich zerstritten mit ihrer Freundin Maria, und schauen dumm aus der Wäsche. Das gut finanzierte Kunstprojekt, das die drei zusammen machen sollten, ist gescheitert. Denn Maria hat keine Lust, die „Quoten-Ossi“ zu geben, wie man es dafür von ihr erwartet. Zu klischeehaft.
Das Berliner „Museum für Identität und Wiedervereinigung“ wollte mit dem Projekt eine „erinnerungspolitische Lücke“ schließen: Eine Westdeutsche, eine Ostdeutsche und ein Sohn türkischer Migranten aus Kreuzberg, alle um die Wende herum geboren, sollten erzählen, was es heute bedeutet, „Identität, kollektiv und individuell, vereinigt, aber doch differenziert in einer Stadt wie Berlin zu verorten“. Es ist November 2019 und noch ahnt niemand, dass im Frühjahr 2020 die Pandemie kommt. Das Projekt scheitert.
So schließt die Dramatikerin Olga Bach mit ihren Mitteln die „erinnerungspolitische Lücke“. Sie nimmt durch die Perspektive ihrer Protagonistin Irina den himmelschreiend konstruierten Auftrag des Museums ernst und erzählt in ihrem Romandebüt „Kinder der Stadt“ selbst von jenen um die Wende herum Geborenen, von Maria, dem Regisseur Orhan und der Dramatikerin Irina.
Olga Bach, 1990 in Berlin geboren, ist eine der spannendsten Dramatikerinnen im deutschen Theater. Zusammen mit dem Regisseur Ersan Mondtag hat sie seit dem Stück „Die Vernichtung“ 2016 einige verstörend bis grenzgeniale Theaterprojekte realisiert. Sie, so wirkt es immer, der analytische Kopf, er, der Impulsgetriebene. Derzeit arbeitet Bach aber als Rechtsreferendarin, Jura hat sie auch noch studiert.
In „Kinder der Stadt“ greift sie mehrere Geschichten auf verschiedenen Erzählebenen auf. Die Gegenwart um den Start des Kunstprojekts ist aus der Ich-Perspektive von Irina erzählt, ein parallel laufender Strang ist in der dritten Person geschrieben und führt durch die Teenagerzeit der Freunde. Es geht um Beziehungen zwischen Kindern und ihren Eltern, um den Theaterbetrieb, um das Ende der Beziehung von Irina und ihrem Freund, um die Pandemie. Und dann sind da noch die eingeschobenen Szenen jenes Stücks, das Irina für das Museumsprojekt schreiben will.
Das ist viel Stoff. Olga Bachs Ideenreichtum wirkt in ihrem Roman, wie in ihren Dramen, enorm. Was die Lektüre aufregend, aber auch anstrengend macht. Die Szenen-, Zeit- und Genrewechsel ähneln einer Ideensammlung für ein, nun ja, Kunstprojekt. Und das ist dann die alles zusammenhaltende Klammer: Indem sie als Romanautorin selbst zur Kuratorin ihres Kunstprojekts wird, behält Olga Bach die Deutungshoheit über ihre Generation und deren Geschichte, statt sie einer, wenn auch fiktiven, Stiftung zu überlassen.
Wobei naheliegend ist, dass die Autorin Realität und Fiktion bewusst vermischt. Bach und Mondtag hatten selbst einst ein Projekt mit der Bundesstiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ geplant und sich mit dieser überworfen. Die Dramatikerin Irina, die auch Jura studiert, kann als Alter Ego von Bach gelesen werden, Orhan erinnert an Ersan Mondtag. Der Roman vollendet, was die Kunstprojekte nicht vermochten. Olga Bach darf mit genau den Klischees spielen, die ihre Figuren so fürchten. Und manche Dinge sind eben so wie ihr Klischee. Maria jedenfalls, die Ostdeutsche in dem Trio, tritt der Linken bei, Irinas Großeltern sind einst aus der DDR geflüchtet, leben nun in Dahlem und fahren Mercedes. Orhans Eltern sind Gastarbeiter aus der Türkei, die bei jeder Premiere ihres Sohnes dabei sind, ohne richtig zu verstehen, was er da macht. Überhaupt wirken die Eltern in diesem Roman verlorener als ihre Kinder, die Vertreter einer selbstbewussten Generation sind, die weiß, was sie will.
Das Theater bleibt das alle verbindende Element. Der Ort, an dem die drei sich als Jugendliche kennenlernen und Halt finden. Der Jugendclub als Ersatzfamilie. So liebevoll Olga Bach die übertrieben ernsten Proben der Teenager schildert, so durchtrieben von ironischem Humor ist ihr Blick in die Theaterblase, wo jetzt genau jene um die Wende geborenen Künstlerinnen und Künstler am Ruder sind.
Theaterleute stehen spät auf, trinken Kaffee ohne Ende, schleppen „Die Wohlgesinnten“ von Jonathan Littell mit sich herum. Menschen, die um sich selbst kreisen und oft gar nicht mitzubekommen scheinen, was in der Welt passiert. Orhan ist ein exzentrischer Regisseur, nicht ganz ernst zu nehmen in seinen Allüren, der wiederum Leute nicht ernst nimmt, die sich nicht für Theater interessieren.
Auch Irinas Freund Gabriel, ein sympathischer Arzt, hat im ersten Teil des Buches bis auf ein paar kümmerliche Auftritte in Form von SMS keinerlei Platz in ihrem Leben. Es ist nur konsequent, dass sie ihn später gegen einen Künstler austauscht. „Du hast mir von Anfang an das Gefühl gegeben, nicht dazuzugehören“, sagt Gabriel. „Wenn du mit deinen ganzen Kunstleuten zusammen warst, dann wurde ich für dich unsichtbar.“
Das lässt sich als Kritik an der Branche und ihrer Generation verstehen. Dass es am Ende immer das Leben ist, aus dem sich das Theater speist und nicht umgekehrt, das müssen die Figuren erst noch lernen.
CHRISTIANE LUTZ
Theaterleute
stehen spät auf,
trinken Kaffee
ohne Ende,
schleppen „Die
Wohlgesinnten“
von Jonathan
Littell mit
sich herum
Olga Bach, geboren 1990, wurde vor allem durch ihre Theaterstücke
bekannt.

Foto: Bahar Kaygusuz
Olga Bach:
Kinder der Stadt.
Roman.
Kiepenheuer & Witsch,
Köln 2023.
346 Seiten, 22 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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»Olga Bach hat einen packenden Roman über das Lebensgefühl von heute geschrieben.« Christhard Läpple ZDF heute journal 20240218