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Kristall86
Wohnort: 
an der Nordsee

Bewertungen

Insgesamt 2151 Bewertungen
Bewertung vom 17.03.2024
Das unsichtbare Band
Al-Sayegh, Haneen

Das unsichtbare Band


sehr gut

Klappentext:

„In den Bergen des Libanon wächst die junge Amal in der strengen, patriarchalischen Religionsgemeinschaft der Drusen auf. Sie will nur eines: die Schule besuchen und studieren, doch Mädchen haben dort keine Rechte. Der Großvater lässt zwischen sich und seiner Frau eine Mauer errichten, aber die Mutter darf immerhin Brot backen, und damit bezahlt sie das Schulgeld ihrer Töchter.



Als Amal, die jüngste, mit fünfzehn verheiratet wird und das Elternhaus verlässt, schweigt die Mutter. Unbeirrt, wenn auch gegen viele Widerstände, geht die junge Frau ihren Weg und beginnt zu begreifen, was es heißt, selbstbestimmt zu leben und wahrhaftig zu lieben.



Ein poetischer, anrührender Text über Freiheit, Tradition, die Ambivalenz der Gefühle und das Band, das die Frauen der arabischen Welt verbindet und für eine gerechtere Gesellschaft kämpfen lässt.



In ihrem Debütroman beschreibt Haneen Al-Sayegheine Kindheit und Jugend in der

ultrastrengen Religionsgemeinschaft der Drusen in den Bergen des Libanon. Eine Frau begehrt auf und geht ihren eigenen Weg.“



Haneen Al-Sayegheines Debüt ist besonders. Warum? Ihre biografische Geschichte wird von Protagonistin Amal erzählt. Der Buchtitel zeigt es bereits an und genau so auch das rote Tuch: der rote Faden der Geschichte ist die Selbstbestimmung einer Frau, die nur eines will, ihr Leben leben. Man könnte jetzt meinen diese Geschichte ist eine unter vielen aber das stimmt nicht. Durch Amal lernt der Leser regelrecht das wahrlich extrem harte Leben der Frauen in den tiefen Bergen des Libanon kennen. Es ist grausam, fast menschenverachtend, menschenunwürdig, zumindest wenn man weiblichen Geschlechts ist. Die Männer bauen eine besondere Wand zwischen ihren eigenen Ehefrauen auf und zwischen allen anderen weiblichen Familienmitgliedern. Diese Abschirmung ist fast unerträglich zu lesen und es kommt immer und immer wieder die Frage auf nach dem warum. Warum tun sich diese Menschen das an? Wo steckt darin der Sinn? Es ist eine völlig andere Kultur als die die wir kennen. Liebe und Ehe haben bei uns andere Stellenwerte und gehören zusammen. In Amals Welt ist das komplett anders. Die Drusen sind eine ultrastrenge Religionsgemeinschaft. Ihre Lehre ist im Vergleich zu anderen Glaubensrichtungen noch recht jung. Amals Erzählungen sind äußerst emotional und trotz allem sieht man als Leser dieses unsichtbare Band was sie trotz allen Widerständen mit ihrer Familie an sie bindet. Ist das verwerflich? Ich sage klar nein. Blut ist dicker als Wasser und diese Bande bestand auch zwischen Amals Großeltern wenn man genau hinsieht. Amal entwickelt sich als eine starke Frau. Ihr Weg dahin war äußerst beschwerlich aber sie hatte gute Lehrer. Durch diese extreme Strenge und die Abschirmung hat sie gelernt sich selbst zu sehen und man könnte meinen, je stärker und schlimmer alles wurde, umso stärker wurde Amal. Die arrangierte Ehe ist der Wendepunkt in Amals Leben aber das müssen Sie schon selbst erlesen. Die Geschichte geht jedenfalls unter die Haut und der Schreibstil Al-Sayegheines ist beeindruckend und durchdringend. Sie schreibt klar und ohne Schnörkel, sie schreibt realistisch ohne abzuschweifen. Sie nimmt den Leser dennoch sanft an die Hand und wir dürfen ihrer Geschichte ruhig lauschen. Die zarten Zeilen zwischen all den anderen Zeilen sind bezeichnend und regen selbst das eigene Kopfkino an. Wie würde man selbst agieren in so einer Familie? Schließlich ist man doch Familie! Aber ist es das alles wert? Sie merken schon, dass ist kein leichtes Buch aber ein eindringliches welches ich gern mit 4 sehr guten Sternen bewerte.

Bewertung vom 17.03.2024
Wort für Wort zurück ins Leben
Miller, Beth

Wort für Wort zurück ins Leben


gut

Klappentext:

„Die 52-jährige Pearl lebt mit ihrem fürsorglichen Mann Danny abgeschieden in den Wäldern Frankreichs. Ihr Tagesablauf ist sicher und vorhersehbar, bis eine Nachricht aus Großbritannien alles durcheinanderbringt: Pearls Vater Francis liegt im Sterben.



Obwohl sie seit über 30 Jahren entfremdet sind, hinterlässt Francis seiner Tochter ein ungewöhnliches Vermächtnis: seine in Kurzschrift verfassten Tagebücher, die – zum Leid der anderen Familienmitglieder – nur Pearl lesen kann.



Durch Francis' berührende Berichte lernt Pearl nicht nur ihren Vater besser zu verstehen. Sie wird auch mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert, vor der sie sich nicht länger verstecken kann. Wird sie es schaffen, sich ihrem Leben neu zu stellen?“



Momentan sind auf dem Buchmarkt mehr als reichlich Bücher zu finden, die alle den selben roten Faden vorweisen: ein Elternteil oder Großelternteil liegt im sterben und plötzlich tun sich auf dem Sterbebett ungeahnte Geheimnisse auf oder Wahrheiten kommen ans Licht, von denen bisher keine Kenntnisse herrschte. So geht es auch mit diesem Buch. „Wort für Wort zurück ins Leben“ erzählt uns eine ähnliche Geschichte. Dadurch das Tochter und Vater über so lange Zeit keinen Kontakt pflegten, bringt der Leser automatisch Mitleid auf. Man müsste natürlich die Hintergründe dieser langen Schweigephase kennen um genauer damit umzugehen aber diese bleiben doch recht verschwommen zurück. Die ominösen Tagebücher von Pearls Vater bringen also Licht ins Dunkel. Die Neugier bei Pearl siegt und sie studiert diese Schriften und dabei kommt sie laut Buchtitel Wort für Wort zurück ins Leben. Klingt kitschig? Ist es auch. An vielen Stellen zog sich die Geschichte, hier und da fehlten Zusammenhänge aber auch an sich fehlte der Geschichte einfach der richtige Flow. Über all die Jahre hatte auch Pearl ihren Seelenrucksack zu tragen aber selbst dieser bleibt dem Leser mehr als blass zurück. Und Francis? Von dem lernen wir erst durch seine Tagebücher mehr kennen. Dennoch verzettelt sich die Autorin für meine Begriffe zu oft in Längen und unnützen Phrasen. Man erwartet als Leser irgendwie die große Wendung zwischen Pearl und und ihrem Vater aber die ist vergebens. schließlich ist Francis bereits in einer anderen Welt. In der Geschichte wuseln viel zu viele ungeklärte eigene Geschichten mit und somit ging mir der Fokus auf das Wichtigste verloren.

Der Schreibstil von Autorin Beth Miller hatte ganz gute Züge aber hat mich auch nicht gefesselt. Wie schon gesagt, verfiel sie oft in zu vielen Geschichten und somit war der Lesefluss mehr schlecht als recht gegeben. Ich vergebe hier 2,5 neutrale Sterne. Der Roman wir sicherlich seine Leser finden aber ich gehöre nicht dazu.

Bewertung vom 13.03.2024
Ich träume von einem Cottage Garten
Bolton, Mark

Ich träume von einem Cottage Garten


gut

Klappentext:

„ENDLICH WIRD ER WAHR – DER TRAUM VON EINEM MALERISCHEN COTTAGE GARTEN, der zu jeder Jahreszeit seine eigene zauberhafte Geschichte erzählt! Dieses Callwey Buch ist eine Einladung in die Welt der Cottage Gärten, die von Frühling bis Winter ihre Blütenpracht entfalten. Schritt für Schritt lernen wir, den eigenen Cottage Garten zu gestalten und richtig zu pflegen. Dabei werden die Geheimnisse der richtigen Anordnung von Blumen, Stauden und Sträuchern, die das ganze Jahr über blühen, gelüftet. Neben den saisonalen Ratschlägen und Tipps werden eine Fülle von Informationen über die Auswahl der richtigen Pflanzen, die Gestaltung von Wegen, Zäunen und Sitzbereichen, sowie praktische Hinweise zur Pflege und Instandhaltung des Cottage Gartens geliefert. In einer sorgfältig ausgewählten Inspiration von deutschen Cottage Gärten wird garantiert jeder Stil und Geschmack getroffen, um den eigenen Garten in ein Paradies zu verwandeln!“



Ich kann den Autor nur zu gut verstehen: auch ich hatte den Traum eines Cottagegardens und ja, ich habe ihn mir erfüllt! Die Mischung aus Natur sowie gezielter Bepflanzung ist eine echte Herausforderung. Jeder soll sich im Garten wohlfühlen. Von der Biene bis hin zum Menschen. In diesem Buch dürfen wir erlesen wie das geht mit diesem Gartenstil. In 6 Kapiteln reisen wir u.a. durch die Jahreszeiten bis hin zu formvollendeten Cottage-Gärten. Warum und wie sind solche Görten entstanden? Was machen sie aus? Wie fängt man an? Da ich diesen Weg selbst gegangen bin, kann ich bei diesem Buch klar sagen: es gibt nur sehr bedingt Tipps, es frohlockt eher mit schönen Bildern und Ideen aber die Umsetzung dessen wird recht mau beschrieben. Wer wirklich Pläne oder intensives Wissen dazu sucht, ist hier falsch und sollte in der englischen Gartenliteratur fündig werden. Diese ist diesbezüglich enorm groß und sehr hilfsbereit!

Was ich ganz nett in diesem Buch fand: egal wie groß oder klein das eigene Grundstück ist (ja, dieses braucht man schon dafür), es werden Anregungen dazu gegeben, mehr aber auch nicht. Die Bilder die hier gezeigt werden, zeigen immer fertige Gärten. Aber wie man dahin kommt und sie lange dieser Weg dauert, das wird nicht beschrieben. Leider. Ich darf seit über 10 Jahren so einen Garten mein Eigen nennen und glauben Sie mir, ich bin auch heute noch nicht fertig und werde es wohl auch nie sein. Das ist dieser englische Gartenvirus, der sich fest in die Gärtnerseele bohrt und einen nicht mehr lost lässt. Dieses Buch hier ist nett anzusehen aber keine große praktische Hilfe. 3 Sterne vergebe ich für die tolle Qualität des Buches und die netten Fotos aber der Inhalt ist wenig hilfreich. Auch da irrt der Titel wieder wie ein Irrlicht umher.

Bewertung vom 10.03.2024
Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge
Tsokos, Anja;Tsokos, Michael

Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge


weniger gut

Klappentext:

„Heinz Labensky hat auch nach der Wende den Osten Deutschlands nie verlassen und sitzt in einem Seniorenheim die Zeit ab. Bis eines Tages ein Brief die Tristesse unterbricht und Licht ins Dunkel des größten Rätsels seines Lebens bringt: Das Verschwinden seiner Jugendliebe Rita. Er steigt in den Flixbus nach Warnemünde, um der Sache auf den Grund zu gehen. Auf der Fahrt animieren den mit blühender Fantasie gesegneten Labensky die verschiedensten Mitfahrenden zu einer Reise durch die eigene Vergangenheit und er erzählt eine haarsträubende Geschichte nach der anderen. Doch am Meer angekommen, muss Labensky eine Entscheidung treffen. Will er die Wahrheit erfahren und die Realität so akzeptieren, wie sie ist? Oder will er weiter in seiner selbst geschaffenen Fantasiewelt leben?“



Ganz ehrlich, dieses Buch hätte ich mir sparen können. Trotz so einiger witziger Stellen (genau dafür gab es auch die 2 Sterne) ist diese Geschichte einfach zu wirr, zu verpeilt und zu hanebüchen.

Wir fahren also im Reisebus mit und dürfen den Anekdoten des Heins Labensky „lauschen“ und dem was die anderen Mitfahrer so dazu zu sagen haben wenn sie denn etwas zu sagen haben. Die ganzen Geschichten rund um die ehemalige DDR sind einfach überspitzt, langatmig und keineswegs glaubwürdig. Da ich selbst aus dem Osten komme, in der DDR geboren und aufgewachsen bin, kann ich klar sagen: dieses Buch ist reinster Klamauk. Labensky wird hier als alter Greis dargestellt, der nicht nur noch in der alten Zeit lieber hängen bleibt, sondern auch sich darin wohler fühlt. Warum so etwas aufs Korn nehmen? Früher war definitiv nicht alles schlecht, zwar sehr vieles aber nicht alles, in der DDR aber es dann so durch den Kakao zu ziehen finde ich unpassend. Labensky bekommt als Protagonist ebenfalls sein Fett weg. Egal ob direkt oder indirekt - es wird kein gutes Haar an ihm gelassen. Aber warum eigentlich? Weil er noch so an früher hängt? Oder wegen Rita? Der Ton hätte hier die Musik gemacht aber das ist für meine Begriffe nicht gelungen. Hierfür gibt es keine Leseempfehlung von mir.

Bewertung vom 10.03.2024
Krummes Holz
Linhof, Julja

Krummes Holz


gut

Klappentext:

„Es ist ein drückend schwüler Sommer, in dem Jirka an den Hof seiner Eltern im Krummen Holz zurückkehrt. Mehrfach hat er die Bitte seiner älteren Schwester Malene ignoriert, ihr gegen den Vater beizustehen. Als Jirka jetzt auf dem heruntergewirtschafteten Gutshof eintrifft, scheint keiner mehr auf ihn zu warten. Vom Vater findet sich keine Spur, und von seiner dementen Großmutter und seiner unversöhnlichen Schwester schlägt ihm eine Wand des Schweigens entgegen. Nur einer spricht mit ihm – Leander, der Sohn des letzten Verwalters. Doch obwohl die Feindseligkeit seiner Schwester kaum auszuhalten ist, lässt sich mit Leanders Nähe noch schwerer umgehen. Zu intensiv sind die Erinnerungen, die sich mit jedem neuen Tag in den Vordergrund drängen. »Krummes Holz« erzählt mit flirrender Intensität von der Kraft eines Geschwisterbandes in einer glücklosen Kindheit und darüber, wie zwischen all den enttäuschten Hoffnungen die Liebe zu finden ist.“



„Krummes Holz“ ist der Debüt-Roman von Autorin Julja Linhof. Das Cover suggeriert es bereits ein wenig und in den Buchzeilen können wir es fast spüren: die Hitze und Schwüle eines Sommers weht einem hier entgegen. Aber nicht nur das. Hauptprotagonist Jirka nimmt uns mit in seine Heimatwelt. Der alte Gutshof ist nicht mehr das was er mal war. Die Jahre haben ihn mürbe gemacht. Oder lag es doch an den Menschen die dort leben und gelebt haben? Linhof zeichnet eine wirklich bildhafte Gestaltung diesbezüglich und ihre Schilderungen sind eindringlich. Man hat fast das Gefühl mit Jirka zusammen auf dem Hof zu stehen und die Grasballen rollen wie in einem alten Western durch die verlassene Geisterstadt. Das Aufeinandertreffen mit den deren Bewohnern bleibt ebenfalls geisterhaft. Durch Zeitenwechsel erfährt der Leser das Gestern und Heute des Hofs. Ich muss zugeben, diese waren nicht immer gleich erkennbar und einzuordnen und so fiel jeder Wechsel schwer. Zudem war es mühsam die Erkenntnisse zu sammeln und in die richtigen Bahnen zu bringen. Linhofs Schreibstil war einfach zu eckig und nicht unbedingt stimmig. Dafür ist ihr die Wortwahl recht treffend gelungen: ihre Beschreibungen, und wenn man dann die Zeit erkannt hat, waren bildhaft, realistisch, emotional und auf gewisse Weise fesselnd. Sie zeigt auf vielseitige Weise wie die Liebe aussehen kann. Sie hat unterschiedliche Farben und Formen und diese aber dann dabei zu erkennen, dass ist hier die Kunst.

Ich vergebe hierfür 3 gute Sterne da nicht alles rund und formvollendet war für meine Begriffe. Dennoch hat der Roman jede Menge Potential und ich bin neugierig was Julja Linhof als nächstes schreiben wird!

Bewertung vom 10.03.2024
Mühlensommer
Bogdahn, Martina

Mühlensommer


ausgezeichnet

Klappentext:

„Ein drückend heißer Sommertag. Mit ihren beiden Töchtern macht sich Maria auf den Weg in ein langes Wochenende fern von Stadt, Stress und Schule. Doch dann ruft Marias Mutter an: Der Vater hatte einen Unfall und liegt im Krankenhaus. Die Mutter ist bei ihm, und auf dem Bauernhof der Familie müssen Schweine, Kühe und Hühner versorgt werden – aber auch die demente Großmutter.



Maria fährt sofort zum Hof. Doch da erwartet sie nicht nur die seit Stunden schon Äpfel schälende Oma, sondern auch die Erinnerung an ein fast vergessenes Leben zwischen Schulbus und Schweinestall, Dreimeterbrett und Kirchenbank, an den Duft von frischem Holzofenbrot und an endlose Hopfenernten, starre Traditionen und lauter kleine Freiheiten.



Als am Tag darauf die Mutter aus dem Krankenhaus heimkehrt und plötzlich auch Marias Bruder Thomas auf dem Hof steht, ist die Familie versammelt. Sie eint die stille Sorge um den Vater. Bis Thomas das Schweigen bricht und endlich zur Sprache kommt, was sie alle lang verdrängt haben …“



Autorin Martina Bogdahn hat „Mühlensommer“ verfasst. Durch einen tragischen Umstand muss Maria wieder auf den elterlichen Hof. Dort angekommen holen sie in Sekundenschnelle alte Gedanken und Erinnerungen wieder ein. Sie riecht den Duft des Hofes, welcher einen als Leser fast durch die Buchseiten zu strömen scheint, und blickt zurück auf das was war. Maria bleibt aber nicht lange allein mit ihren Gedanken denn auch ihr Bruder kommt auf den Hof. Die gedankenschwere Trance wird durchbrochen als Thomas Dinge anspricht, die schon längst keiner mehr auf dem Schirm hatte da gekonnt verdrängt. Bogdahn nimmt uns brillant mit ihren Figuren mit über den Hof. Es gibt viel zu entdecken. Vieles scheint wie großes Abenteuer aber es gibt auch Unausgesprochenes bzw. wunde Stellen. Durch gekonnte Zeitenwechsel die in Form von Marias Erzählungen bzw. Gedankengängen daher kommen, dürfen wir erleben wie es für Maria früher auf dem Hof war. Bogdahn geht dabei äußerst bildhaft und emotional vor. Maria scheint sich gern daran zu erinnern und die Tatsache wieder auf dem Hof zu sein, ist wohl dieses „Heimat-Gefühl“. Dennoch war nichts alles wie im Bilderbuch. Es gab auch trübe Zeiten aber nach Regen folgt bekanntlich der Sonnenschein. Die Tatsache, dass sie auf dem Hof sind, lässt Streitereien mit sich bringen aber auch Versöhnungen und Familienliebe aufkommen. Alles wirkt hier authentisch ohne Kitsch und Klischee. Durch Bogdahns Schreibstil ist der Leser schnell in der Geschichte gefangen und es darf leise und still mitverfolgt werden wie es mit den Personen weiter geht. Bigdahn wird hier und da etwas philosophisch nachdenklich da es auch darum geht, warum man eigentlich diese vermeintliche Idylle verlassen hat. Warum ist Maria gegangen? Ist sie in ihrer Welt glücklicher? Was ist Heimat? Kann diese vergehen? Viele Fragen tauchen auf, die auch nachhallen aber wir werden gekonnt Antworten erhalten und es bleibt genügend Raum für eigene Gedankenzüge! 5 Sterne für diese wirklich lesenswerte Debüt!

Bewertung vom 06.03.2024
Fahrenheit 451
Bradbury, Ray

Fahrenheit 451


gut

Klappentext:

„Es ist eine Horrorversion des digitalen Zeitalters, die Bradbury vorausgesehen hat: Lesen ist geächtet, Wissen nicht erwünscht, auf Buchbesitz steht Strafe, und die Menschen werden mit Entertainment und Dauerberieselung kleingehalten. Der ›Feuermann‹ Guy Montag, der an den staatlich angeordneten Bücherverbrennungen beteiligt ist, beginnt sich nach einem traumatischen Einsatz zu widersetzen und riskiert dabei sein Leben.“



„Fahrenheit 451“ ist mittlerweile ein echter Klassiker in der Buchwelt. Autor Ray Bradbury hat sich damit irgendwie unsterblich gemacht. Und da man Klassiker lesen sollte, tat ich dieses! Ich muss zugeben kein Fan von Dystopien zu sein, vielleicht tat ich mich deshalb auch wieder ein wenig schwer mit der Geschichte. Bradbury beschreibt in seinem Buch eine Welt in der Bücher und Wissen verboten ist. Bücher werden konsequent verbrannt. All das gab es bereits in unserer Weltgeschichte und zieht bis heute Spuren nach! Bradbury zeigt uns mit seiner Figur des „Feuermann‘s“ (man beachte bitte die Bezeichnung!) Guy auf, wie es ist Wissen zu vernichten. Er muss Bücher verbrennen und dies soll gründlich von statten gehen. Eines Tages lernt er Clarisse kennen. Mit dieser Begegnung ändert sich für Guy alles und er begibt sich in große Gefahr. Das Buch wird immer und immer wieder als großes Beispiel für die Buch-Zensur benannt. Wie anderen kritischen Lesern aber ebenfalls auch auffiel, stellt sich die Frage, warum eine selbstgewählte Entscheidung plötzlich anzweifeln? Die Bürger hatten sich doch gegen diese Buchwelt entschieden? Selbstredend geht es hier um Meinungsfreiheit, die Suche nach Wissen und mit diesem leben und so viel mehr. Bradbury spricht direkt und auch indirekt viele Themen an, auf die man so vielleicht nicht ohne weiteres gekommen wäre. Dennoch ist sein Sprachstil recht anstrengend und passt nicht unbedingt zu einer Dystopie. Oft war es mir zu geschwollen, zu langatmig und ich musste mich zwingen am Ball zu bleiben. Ja, der Spannungsbogen ist nicht uninteressant und der Nachhall nach dem beenden des Lesens ist da aber komplett überzeugen konnte mich das Buch nicht. Genau deshalb vergebe ich gute 3 Sterne für dieses Werk.

Übrigens: 451 Fahrenheit ist die Temperatur, bei der Bücherpapier Feuer fängt und verbrennt ...

Bewertung vom 05.03.2024
Essex Dogs
Jones, Dan

Essex Dogs


sehr gut

Klappentext:

„Juli 1346: Zehn Söldner gehen an der Küste der Normandie an Land und sichern als Vorhut die Flotte des englischen Königs. Der Krieg um den französischen Thron beginnt. Für die Essex Dogs wird es ein Kampf ums Überleben, um Zusammenhalt, gegen die Gespenster der Vergangenheit, während das Heer mordend und brandschatzend der großen Schlacht bei Crécy entgegenzieht.



Dan Jones hat mit den Essex Dogs zehn starke Charaktere geschaffen, die uns den Hundertjährigen Krieg hautnah miterleben lassen – von ganz unten, wo Schlamm, Blut, Hunger, Angst und unstillbare Sehnsucht herrschen, wo die Mächtigen als skrupellose, lächerliche Gestalten erscheinen und an jeder Ecke Gefahr lauert.



Pismire ist klein und kann überall durchschlüpfen. Scotsman, der Größte, kann Wände einreißen. Der Steinmetz Millstone ist zu allem bereit, um die anderen zu beschützen. Für den abgedrehten Priester Father ist der Krieg zum Lebenselixier geworden. Romford, der Jüngste, kann gut mit dem Bogen schießen, wird aber zum Pagendienst beim ebenfalls erst sechzehn Jahre alten Prinzen von Wales abkommandiert. Und Loveday, der kampferprobte Anführer, der seine Dogs heil nach England zurückbringen will, begegnet einer mysteriösen Frau, die ihn nicht mehr loslässt …“



Ein Meister, der Geschichte lebendig macht ist Dan Jones. Ich verehre sein Bücher sein und in seinem Neuling „Essex Dogs“ hat er mal andere Töne, harte Töne angeschlagen. Ist das jetzt schlecht für das Buch? Keineswegs. Ja seine Geschichte rund um die zehn Söldner ist hart zu lesen, der Kampf ums Überleben wird mehr als deutlich von Jones niedergeschrieben aber was soll man denn bitte auch in der Geschichte verheimlichen? Der Hundertjährige Krieg war nicht nur lang, er war unerbittlich grausam und forderte gnadenlos Leben. Wenn ein Krieg so lange andauert, so kann er nicht blumig oder bunt beschrieben werden, dessen muss man sich bewusst sein. Jones legt seinen Fokus auf die zehn Söldner selbst. Anhand seiner Erzählungen über sie, dürfen wir andere Blickwinkel inmitten des Krieges erlesen. Unsere Jungs haben nur ein Ziel: ihr Vaterland und ihren König zu verteidigen. Egal was es kostet. In all diesen Erzählungen verzettelt sich Jones ab und an, aber wer seine Bücher kennt, weiß genau welch Enthusiasmus er auch an den Tag legt. Jones brennt für die Geschichte und schafft es hier auch wieder Realität und Fiktion bestens und realistisch zu vereinigen. Jones schafft es mehr als brillant mit seinem Schreibstil den Leser in den Bann zu ziehen. Wir verfolgen die Jungs, die nichts anderes als pure Killer sind und ihrer Arbeit nachgehen. Wer hier Gefühle oder Lichtblicke erwartet, der ist hier falsch. Dan Jones erläutert sehr ausführlich im Nachwort was wahr und was Fiktion ist und begründet seine Ausführungen. Dennoch hat er diese Fiktion, meines Erachtens, wieder ausgezeichnet mit der Realität verknüpft! Das geht nur wenn man so ein enormes Wissen hat so wie Jones! 4 sehr gute Sterne für dieses Werk!

Bewertung vom 05.03.2024
Späte Ernte
Wellemin, Nicole

Späte Ernte


ausgezeichnet

!ein Lesehighlight 2024!



Klappentext:

„Wer sind wir noch, wenn uns alles genommen wird?



Im Jahr 1943 träumt die junge Südtirolerin Lene von einer glücklichen Zukunft auf dem Hof ihrer großen Liebe Elias. Wie hart das Schicksal ist, das in der rauen Bergwelt auf sie wartet, ahnt sie nicht. Viele Jahrzehnte später baut ihre Enkelin Anna in ebendieser kargen Landschaft mit viel Hingabe alte Apfelsorten an. Als sie die Mittfünfzigerin Lis kennenlernt, die eine schwere Schuld trägt, gewährt Anna ihr Unterschlupf auf dem Hof. Ein ganzes Jahr verbringen die Frauen gemeinsam im Einklang mit der Natur. Mit ihrer behutsamen Art ermöglicht Anna Lis, sich zu öffnen und zu heilen. Denn auch sie kennt die Last von fremder Schuld und den Schaden, den das Schweigen anrichten kann.“



Ich muss klar zugeben, allein der drastische Prolog blieb mir leider zu lange zu negativ im Gedächtnis hängen aber das sollte sich schnell ändern. Autorin Nicole Wellemin schaffte es wahrlich brillant auf eine ganz einmalige Weise diese Geschichte hier zu erzählen. Wer glaubt hier einen simplen Heimat-Roman vor sich zu haben, der irrt auf ganzer Linie! Wellemin entführt in die raue Bergwelt Südtirols. Der Hauptakteur dieser Geschichte ist vielmehr ein Hof mit seinen Menschen die mit und in ihm leben. Einerseits lernen wir Lene kennen, die in einer Zeit den Hof führen muss, wo nicht nur der braune Sumpf sein Unwesen treibt und die Weltgeschichte sich damit verändert, sondern wo es einfach gänzlich schwer ist den Lebensmut nicht zu verlieren. Die raue Bergwelt hat nicht nur schöne und romantische Seiten wie man meint! Sie ist auch hart, karg und es ist schwer mit ihr im Einklang zu sein wenn man sich als Mensch nicht fügt. Das macht was mit den Menschen die dort leben! Für Träumereien ist da wenig Platz und wenn diese aufkommen, zerplatzen vielen davon an den spitzen Bergkuppen. Als Leser dürfen wir mehr als gekonnt zwischen den Zeiten von damals und heute wechseln. Nicole Wellemin hat ein sehr geschicktes Händchen dafür bewiesen! Lenes Enkelin Anna sieht in vielen Jahrzehnten später dennoch großes Potential in dieser Landschaft und baut alte Apfelsorten an. Aus dem einstigen Thalerhof wird nun also ein Apfelhof. Das Buchcover suggerierte dies bereits recht dezent. Auf dem Hof strandet eines Tages Lis. Ihr Seelenrucksack wiegt schwer und der Thalerhof scheint diese Schicksale magisch anzuziehen. Die beiden Frauen verbringen viel Zeit miteinander, lernen sich kennen und leben mit der Natur und eben dem Hof. Lis‘ Geheimnis schwebt über allem mit und als Leser platzt man fast vor reiner Neugier um was es sich wohl dabei dreht. Kommt die Auflösung? Lesen Sie diese wunderbare Geschichte und lassen Sie sich von Autorin Nicole Wellemin nach Südtirol entführen! Tenor der Geschichte ist jedenfalls: wir können nur von der Natur lernen wenn wir aufmerksam sind und sie achten! Wellemins emotionale Erzählweise kommt komplett ohne Kitsch und Trash aus. Sie formuliert alles wohl bedacht, passt sich perfekt den Zeiten an, beschreibt sehr bildhaft das Leben auf dem Hof und drumherum und somit darf man als Leser wirklich einmalig in diese natürliche Geschichte abtauchen! Meine anfängliche Skepsis verflog sehr schnell und wir lernen in diesem Buch die Menschen auf dem Hof bestens zu verstehen ebenso die Natur von der alles abhängt. Die Story wirkt realistisch und nicht wie eine Folge aus „Der Bergdoktor“. Alles in allem eine richtig starke Geschichte die man gelesen haben muss! 5 verdiente Sterne hierfür und eine ganz klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 05.03.2024
Die Bibliothek im Nebel
Meyer, Kai

Die Bibliothek im Nebel


sehr gut

Klappentext:

„Sankt Petersburg, 1917. Der junge Bibliothekar Artur flieht vor den Schergen der Revolution, im Gepäck ein Manuskript, das ihn retten soll – und die Leben vieler anderer bedroht. Sein Ziel ist Leipzig, die Stadt der Bücher. Im legendären Graphischen Viertel will er seine große Liebe Mara wiedersehen, die dem Sohn eines reichen Verlegers versprochen ist.



Cote d’Azur, 1928. Das Mädchen Liette findet auf dem Dachboden des Luxushotels

Château Trois Grâces

die vergessenen Reisekisten russischer Familien, die während der Revolution ermordet wurden. Darin entdeckt sie ein altes, mit einem Schloss gesichertes Buch.



Dreißig Jahre später beauftragt Liette, mittlerweile Direktorin des Hotels, den Gentleman-Ganoven Thomas Jansen, mehr über die ehemalige Besitzerin des Buchs herauszufinden – eine Russin namens Mara. Die Spur führt zu einem Bibliothekar, der vor Jahren nach Leipzig kam, zu einer verlassenen Villa am Meer und der geheimnisvollen Bibliothek im Nebel.“



Mein erstes Buch von Autor Kai Meyer! Die Geschichte wurde bereits recht hoch gelobt und somit war die Neugier darauf sehr groß! Fazit gleich zu Beginn: Eine sehr drastische Geschichte voller Schwarz und Weiß, erzählt auf eine ganz besondere Art!

Der Autor schafft es den Leser recht schnell gefangen zu nehmen, sein Sprach- und Schreibstil sind einnehmend, machen Neugier, bauen Spannung auf, lassen einen mitfiebern. Besser geht es nicht! Seine Darstellung der Kontraste zwischen Arm und Reich sind mehr als deutlich - er schönt hier nichts und bettet alles gekonnt in die Geschichte von Liette und Artur ein. Die Zeitenwechsel empfand ich als gelungen, dennoch gab es hier und da ein paar unnötige Längen. Meyer zeigt in seiner Geschichte ein Auf und Ab an Gefühlen und somit erleben wie Trauer, Leid und große Pein aber auch Freude, Mut und Hoffnung. War dies ausgewogen verteilt? Ja, aber hier und da auch etwas viel für meine Begriffe. Es treten Irrungen und Wirrungen auf diese gilt es zu sortieren und ihnen gesammelt zu folgen. Alles in allem spannend aufgemacht mit einem großen und vielseitigen Spannungsbogen! 4 sehr gute Sterne hierfür!