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ulrikerabe
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Österreich

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Insgesamt 195 Bewertungen
Bewertung vom 30.12.2019
Wisting und der Tag der Vermissten / William Wisting - Cold Cases Bd.1
Horst, Jørn Lier

Wisting und der Tag der Vermissten / William Wisting - Cold Cases Bd.1


ausgezeichnet

Vor 24 Jahren verschwand Katharina Haugen n einem Tag im Oktober spurlos. Jedes Jahr, wenn sich der Tag ihres Verschwindens jährt, durchforstet Kommissar William Wisting die Fallakten. Jedes Jahr besucht er Katharinas Ehemann Martin, zu dem der Polizist ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hat. Doch heuer ist etwas anders. Martin Haugen selbst ist nicht auffindbar und aus Oslo reist Adrian Stiller, ein Ermittler der Sondereinheit für Cold Cases reist an. Und er hat Neuigkeiten, die Martin mit einem anderen sehr lange zurückliegenden Fall verbindet.
Jørn Lier Horst ist ein ganz großer Kriminalschriftsteller in Norwegen, seine Krimireihe über William Wisting hat dort Kultcharakter. „Wisting und der Tag der Vermissten ist eigentlich schon der 12. Band aus einer ganzen Serie, von der auf Deutsch zu vor sogar (leider unbeachtet) sechs Bände veröffentlicht wurden. Es ist aber auch der Auftakt der „Cold Case“ Reihe. William Wisting ist nicht mehr der Jüngste, er ist verwitwet, verbringt gerne seine Freizeit mit seiner Tochter Line und dem Enkelkind Amalie. Wisting ist bei allem, was er tut sehr bedacht. Er hat ein ganz besonderes Berufsverständnis, philosophiert über Schuld und Gerechtigkeit. Es ist nicht die Gewalt, die sein Beruf mit sich bringt, die ihn fasziniert, sondern, dass er Dinge zu einem Abschluss bringen kann. Und so wie William Wisting ist auch das Buch bedächtig, fernab von exzessiver Gewalt und dunkler Melancholie. Der Autor lotet menschliche Abgründe aus ohne zu verstören. Für mich, auch wenn das Jahr 2019 jetzt schon fast zu ende ist, noch eines der Highlights dieses Jahres!

Bewertung vom 08.12.2019
Die Weihnachtsgeschwister
Hennig von Lange, Alexa

Die Weihnachtsgeschwister


sehr gut

Alle Jahre wieder: Die Schwedthelm Geschwister treffen alljährlich zum Weihnachtsfest in ihrem Elternhaus ein. Alle sind sie mittlerweile erwachsen, haben eine eigene Familie, (Ehe)partner, Kinder. Tamara, Elisabeth und Ingmar. Die Unbeschwertheit der Kindheit ist schon lang vorbei. Und es kommt, wie es nahezu alljährlich kommen muss. Statt Besinnlichkeit und Frohes Fest kommt es wieder nur zu Streit unter den Geschwistern. Doch diesmal haben sich die Eltern etwas ausgedacht. Dieses Weihnachtsfest soll anders werden.
Alexa Hennig von Lange schreibt über den Ausnahmezustand Weihnachten. Der Krisenherd Familie brennt zu dieser Zeit speziell lichterloh. Es ist nichts Ungewöhnliches, was die Autorin in ihrer kurzen Geschichte zur Weihnachtszeit schreibt. Wenn wir und umsehen, in der eigenen Familie, unter Freunden, die „stillste Zeit“ im Jahr ist ein Mythos. Hohe Erwartungen, der Wunsch nach dem perfekten Fest, der perfekten Familie, alles zum Scheitern verurteilt?
Es sind keine außergewöhnlichen Menschen, die Alexa Hennig von Lange beschreibt. Wir kennen sie alle auf die eine oder andere Weise. Die Autorin hat wirklich ein grandioses Auge für den ganz alltäglichen Wahnsin.
Tamara, die Älteste der drei Geschwister, stark, unabhängig, unbändig will sie sein und kompensiert ihre Mittelmäßigkeit als Hausfrau und Helikoptermutter mit Impertinenz und Arroganz. Ihr beruflich sehr angespannter Ehemann Quirin wirkt neben ihr nahezu wie ein kleines Würstchen
Elisabeth ist beruflich erfolgreich, sehnt sich aber nach beständiger Liebe, will ihren beiden Kindern (von verschiedenen Vätern) eine heile Familie bieten. Mit dem neuen Freund, dem attraktiven, virilen Holger scheint das möglich, wenn nicht Tamara plötzlich querbraten würde.
Ingmar, der „Kleine“ ist der pferdeschwänzige “neue“ Mann, ökologisch auf de richtigen Seite, mit der pädagogisch wertvollen und biologisch abbaubaren angehenden Heilpraktikerin und Ehefrau Siri und den leider nicht Nutella resistenten Zwillingen.
Konflikte sind hier vorprogrammiert. Unter weihnachtlich idyllischer Kulisse eskaliert die Situation. Die Geschwister haben allerdings nicht mit einer besonderen Finte ihrer Eltern gerechnet. Und so wird das klaffend e Loch im Zusammengehörigkeitsgefühl notdürftig abgedichtet. Eine Momentaufnahme, und Friede auf Erden und allen Menschen ein Wohlgefallen!
PS: ich glaube Frau Hennig von Lange hat noch nie in ihrem Leben einen Weihnachtsstollen gebacken.

Bewertung vom 08.12.2019
Der Mensch ist böse
Hannes, Julian

Der Mensch ist böse


sehr gut

Ist der Mensch böse? Kann jeder von uns einen Mord begehen? Julian Hannes macht sich Gedanken über das Böse im Menschen. Was ist nötig? Wann fällt die Hemmschwelle? Kann sich einfach ein „Schalter umlegen“?
Es sind 13 böse Geschichten über Verbrechen, wahre Verbrechen. Geklärte und ungeklärte Fälle. Cold Cases, historische Verbrechen und ganz aktuelle. Populärwissenschaftlich aufbereitet lesen wir von Psychopathen, unschuldig Verurteilten, kriminellen Masterminds und Verzweiflungstaten.
Diese kleine Sammlung von True Crime Geschichten lässt uns schauern, wohl wissend mit dem Gedanken, dass sich diese Geschichten nicht irgendein Schriftsteller ausgedacht hat, sondern diese wirklich passiert sind. Der Arzt, der Frauen in seinem „Gruselhotel“ ums Leben brachte, genauso wie die allgemein bekannte Entführung der kleinen Maddie Mc Cann, bis hin zu brandaktuellen Fällen, die sich erst vor wenigen Monaten ereignet haben. Unterlegt sind die einzelnen Geschichten mit einem persönlichen Fazit des Autors. Kleine Fakten und Statistiken und Interviews mit dem Profiler Mark T. Hofmann geben dem Buch einen kleine Prise wissenschaftlich forensischer Arbeit.
„Passt auf euch auf“ schreibt der Autor, Julian Hannes alias Jarow, Youtuber mit einem Faible für ungeklärte Mysterien. Verbrechen passieren selten durch geheimnisvolle Fremde. Auch wenn wir es nicht wahr haben wollen, die größte Gefahr lauert oft hinter denen, die wir zu kennen glauben.

Bewertung vom 07.12.2019
Das Ritual des Wassers / Inspector Ayala ermittelt Bd.2
Garcia Saenz, Eva

Das Ritual des Wassers / Inspector Ayala ermittelt Bd.2


sehr gut

An einer historischen Kultstätte im Baskenland wird eine schwangere Frau tot aufgefunden. An den Füßen aufgehängt, den Kopf in einem keltischen Kessel voller Wasser. Inspector Unai Ayala, der Fallanalytiker der Polizei von Vitoria, ist zwar noch nach den ereignisreichen letzten Ermittlungen im Krankenstand, wird aber trotzdem zu dem Fall hinzugezogen. Es ist ein sehr persönlicher Fall, denn nicht nur war das Opfer, Annabel Lee, war vor vielen Jahren Ayalas fatale Jugendliebe, auch Alba, Ayalas Vorgesetzte und Geliebte, ist von ihm schwanger.
Die baskische Autorin Eva Garcia Saenz lässt Unai Ayala mit dem prägnanten Spitznamen „Kraken“ nun zum zweiten Mal ermitteln und wieder ist es eine bizarre Mordserie, die Vitoria in Atem hält. Keltiberische Mythen und die eindrucksvolle Kulisse der baskischen Landschaft macht diesen Band wieder außergewöhnlich. Allerdings dominiert hier ein sehr persönlicher Strang die Handlung. In Rückblenden wird Unais Vergangenheit, die seiner Jungsclique aufgerollt, wie Unai mit vier Freunden auf einem archäologischen Ferienseminar auf Ana Belen, die sich später Annabel Lee nennt, trifft. Aber auch Unais private Gegenwart ist verzwickt. Seine Genesung nach einer Schussverletzung, seine Beziehung zu Alba, die Schwangerschaft, all das bekommt sehr viel dramatischen Raum. Der durchaus spannende Fall gerät dadurch bisweilen ins Hintertreffen. Mit ein paar geschickten Wendungen schafft die Autorin dann doch zum Schluss mich zu überzeugen., zwar nicht restlos, wie beim ersten Fall, aber doch.

Bewertung vom 07.12.2019
Der Fund
Aichner, Bernhard

Der Fund


sehr gut

Seit vielen Jahren schuftet Rita Dalek in einem Supermarkt. Nach dem tragischen Unfalltod ihres Sohnes Theo ging es auch mit ihrer Ehe bergab. Manfred, Ritas Ehemann, verfällt immer mehr dem Alkohol. Ritas Leben ist eintönig, anstrengend, ohne Höhepunkte, lieblos. Da findet Rita eines Tages im Lager des Supermarkts mehrere Kilo Kokain, einfach so in einem Bananenkarton. Rita ergreift diese letzte Chance, ein neues Leben zu beginnen. Doch diese Entscheidung ist gefährlich, lebensgefährlich sogar.
„Der Fund“ ist nun der neueste Thriller aus der Feder von Bernhard Aichner. Der österreichische Schriftsteller hat einen unnachahmlichen Stil, das Aichner-Stakkato der Dialoge ist ja nahezu schon legendär. In diesem Thriller betreibt er dieses Stilmittel par excellence. Erzählende Abschnitte wechseln mit den Befragungen eines Polizisten ab. Und es kommen viele zu Wort, Nachbarn, Kollegen, alte und neue Freunde Ritas. Es ist eine unglaubliche Geschichte, die uns Bernhard Aichner da auftischt. Eine unbescholtene und unbedarfte Supermarktangestellte und der Drogenfund! Kann das gut gehen, fragt man sich. Nie und nimmer!. Und doch will man diese Geschichte glauben,. Will, dass Rita ausbrechen kann aus ihrem Alltag in der Tretmühle. Will, dass sie sich ihre Träume erfüllen kann. Und warum? Weil Bernhard Aichner ein hervorragender Beobachter allerlei Menschlichkeiten ist. Freundschaft, Einsamkeit, Trauer, Zorn, Angst, Aichner spielt mit Emotionen. Rita ist ein Chamäleon, die Geschichte dreht und wendet sich. Als Thrillerprofi kann man zwar erahnen, wohin der Hase läuft. Macht aber nichts.

Bewertung vom 30.11.2019
Ein anderer Takt
Kelley, William Melvin

Ein anderer Takt


ausgezeichnet

Stell dir vor, es gibt einen Staat im Süden der USA, in dem es keinen einzigen Farbigen gibt. Denn an einem Tag im Juni 1957, da streut der schwarze Farmer Tucker Caliban Salz auf seine Felder, erschießt Pferd und Kuh, brennt das Haus nieder. Mit seinem Hab und Gut verlässt er Sutton und mit ihm geht die gesamte farbige Bevölkerung.
Der Roman „Ein anderer Takt“ des afroamerikanischen Schriftstellers William Melvin Kelley (1937-2017) ist eine literarische Widerentdeckung, ein prägnantes Gleichnis für Gleichheit und Selbstbestimmung, ein „Was wäre wenn Spiel“, ein erzählerisches Kleinod. Die Handlung so wie der Ort, die Stadt Sutton ist Fiktion und doch damals wie heute immer noch relevant.
Kelley schreibt aus vielen Perspektiven und interessanterweise immer aus der Sicht von Weißen. Es sind die Willsons, die im Mittelpunkt stehen, von Generation zu Generation immer wohlmeinender und respektvoller den Farbigen gegenüber. Hatte anfangs noch der „General“ den „Afrikaner“ besitzen, jagen, töten dürfen, kann Tucker Caliban, der Ururenkel des Sklaven, Land erwerben und bestellen.
Prospero und Caliban sind zwei Figuren aus Shakespeares „Der Sturm“. Kultur und Wohlstand gegenüber der Natur, die es zu unterwerfen gilt. Prospero heißt hier Willson, und Caliban will sich befreien.
»Man hat nur eine einzige Chance: wenn man kann und wenn man will. Wenn eins davon fehlt, braucht man’s gar nicht erst zu versuchen. ….Können und wollen – wenn eins von beiden fehlt, braucht man gar nicht erst drüber nachzudenken. Und wenn beides da ist und man’s vermasselt, kann man’s ein für alle Mal vergessen. Man kriegt nur eine einzige Chance, und das war’s dann.«
William Melvin Kelley ist ein großartiger Beobachter und vielfältiger Erzähler. Die wild ungestüme Legende des „Afrikaners“ fesselt genauso, wie die naive Sicht eines achtjährigen Jungen, die leisen Töne junger Frauen. Spitzzüngig, schwarzhumorig und beängstigend zum Schluss.

Bewertung vom 28.11.2019
Bis ihr sie findet / DCI Jonah Sheens Bd.1
Lodge, Gytha

Bis ihr sie findet / DCI Jonah Sheens Bd.1


sehr gut

„Sechs Freunde. Ein Mörder. Wem vertraust du.“
Sommer 1983, sieben junge Menschen fahren zum Zelten in einen Wald. Was ein ausgelassenes Wochenende werden sollte, mit Alkohol, Drogen und Sex, endet böse. Denn am nächsten Morgen ist eine von ihnen, die 14-jährige Aurora, verschwunden. Erst 30 Jahre später taucht ihre Leiche auf, vergraben unweit des Zeltplatzes. DCI Jonah Sheens, der schon 1983 ein sehr junger Constable war, und sein Ermittlerteam steht nun den Freunden von damals gegenüber. Ist der Mörder unter ihnen?
„Bis ihr sie findet“ ist der Debütkrimi der englischen Autorin Gytha Lodge. Es ist ein gemächlicher Krimi, der gelungen ohne große Effekte und Widerwärtigkeiten auskommt. Trotz seiner Langsamkeit baut sich nach und nach Spannung auf, die die Autorin bis zum Schluss gut durchhält. Erzählt wird diese Geschichte in zwei Zeitebenen. Auf der einen Seite die Geschehnisse von damals und die andererseits die Ermittlungen heute. Es sind Charaktere mit Ecken und Kanten, von denen Gytha Lodge berichtet. Die Jugendlichen sind erwachsen geworden, die Verhältnisse zueinander haben sich verlagert. Die Wahrnehmungen und Erinnerungen aus der Vergangenheit der Beteiligten haben sich verändert oder werden unter einem andern Licht gesehen. „Bis ihr sie findet“ ist nicht nur ein klassischer Cold Case und Whodunit Krimi, sondern gleichzeitig auch eine traurige Geschichte über Freundschaft, Verlust der Unbändigkeit und Unschuld der Jugend. Ich war sehr angetan von diesem Buch und freue mich auf weitere Bücher dieser vielversprechenden Autorin.

Bewertung vom 25.11.2019
Die Ewigkeit in einem Glas (eBook, ePUB)
Kidd, Jess

Die Ewigkeit in einem Glas (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

London 1863: Bridie Devine, ihres Zeichens Privatermittlerin und zuständig für kleine Operationen, wird von Sir Edmund beauftragt, die Entführung seiner Tochter Christabel aufzuklären. Christabel ist ein ganz besonderes Kind, nur sehr wenige eingeweihte Personen wissen überhaupt von ihrer Existenz. Auf der Suchen nach dem Mädchen stößt Bridie nicht nur auf mehrere Tote, sondern auch auf einen Totgeglaubten aus ihrer Vergangenheit.
Jess Kidd beeindruckt mich mit ihrem dritten Roman „Die Ewigkeit in einem Glas“ aufs Neue. Sie gibt dem viktorianischen Schauerroman ein ganz modernes Gesicht: Bridie Devine. Ist es Zufall, dass sich dieser Name einfach göttlich anhört? Nun, Bridie ist eine großartige Protagonistin: Selbstbewusst, klug, herzlich, mutig, einfallsreich. Es ist ein reines Vergnügen sich mit Bridie durch Unrat, schmutzigen Geheimnisse und menschliche Eingeweide zu wühlen. Bridies Sidekick ist Ruby Doyle, der „dekorierte Doyle“, Ex-Matrose, Ex-Boxer, vollflächig tätowiert – und mausetot. Das ist einerseits äußerst praktisch, denn er kann durch Wände gehen und sehen, was anderen vielleicht verborgen bliebe. Andererseits äußerst unpraktisch, denn die Beziehung zwischen Bridie und Ruby bleibt dadurch nur metaphysisch und nicht weiter.
Skrupellose Verbrecher, fabelhafte und menschliche Monster, Wunderwesen und wunderliche Charaktere: das Sammelsurium der Figuren, die Jess Kidd zum Leben erweckt, ist vielfältig, angsteinflößend und amüsant, erschreckend und zu Herzen gehend. Jess Kidd erzählt, ohne kitschig zu werden, von Armut und Elend, Neugier und Gier, Wissensdurst und Geltungssucht, aber auch vom Werdegang der kleinen Bridie, Waisenkind, Leichensammlerin, verkauft um einen Guinee, von Bridies Widersachern und Wohltätern.
Bridie Devine ist eine Figur, von der ich sehr gerne viel, viel mehr lesen würde!

Bewertung vom 22.11.2019
Der Kastanienmann
Sveistrup, Søren

Der Kastanienmann


gut

Vor einem Jahr wurde die Kristina, die Tochter der dänischen Sozialministerin Rosa Hartung entführt. Der Täter wurde verhaftet und verurteilt, doch ihre Leiche konnte nie gefunden werden. Jetzt ein Jahr später wird eine Frau grausam ermordet auf einem Spielplatz in Kopenhagen gefunden. Bei ihrer Leiche findet sich ein Kastanienmännchen, das Kristinas Fingerabdruck trägt. Kommissarin Naia Thulin und ihr Partner Hess stehen vor einem Rätsel, das mit weiteren Morden immer größer zu werden droht.
Søren Sveistrup ist der Autor des dänischen Thrillers „Der Kastanienmann“ Das Krimi- und Thrillergenre ist Sveistrup nicht fremd, hat er doch die Drehbücher zu der Fernsehserie „Kommissarin Lund“ geschrieben. Auch in dem vorliegenden Thriller ist seine Handschrift erkennbar. Es gibt nicht nur eine unerklärliche Mordserie, sondern auch immer wieder Ausflüge in die dänische Politik.
Sveistrup verknüpft den aktuellen Fall mit zwei Verbrechen aus der jüngeren und ferneren Vergangenheit. Als Leser ist man den Ermittlern gegenüber im Vorteil, weil wir aufgrund des Prologes einen Zusammenhang zwischen einem 30 Jahre zurückliegenden Verbrechen an einer Familie mit den heutigen Ereignissen in Verbindung bringen können. Die Ermittlerin Thulin, die zwar viel lieber beim Cybercrime arbeiten möchte als beim Mordermittlerteam, macht aber nicht mal Anstalten, irgendwelche Abfragen zu ähnlichen Fällen zu machen. Hess, ihr zwangsläufig zugeteilter Partner, wurde bei Europol geschasst und nach Kopenhagen zurückbeordert. Der Typ „mit seinem halb lässigen Straßenjungen-Look erinnert … an irgendeinen Schauspieler“. Damit hatte der Kerl das Gesicht von David Tennant für mich, ein positiver Nebeneffekt.
Der Thriller leidet über einige Zeit an Längen und Lücken. Es ist ein solide gemachter, nach der Hälfte durchaus spannender (weenn man solange durchhält) aber wenig origineller Thriller mit dem üblichen Gemetzel eines rach- und geltungssüchtigen Mörders. Die Auflösung kam dann auch nicht ganz überraschend.
Im Match Lund vs. Thulin gewinnt Lund haushoch.

Bewertung vom 16.11.2019
ATME!
Merchant, Judith

ATME!


sehr gut

Nile und Ben, Ben und Nile. Lange hielten sie ihre Beziehung geheim. Als Ben sich auch ganz offiziell von seiner Ehefrau Flo trennen will, kann Nile endlich an eine gemeinsame Zukunft, an eine Hochzeit, ein glückliches Leben mit Ben denken. Doch dann, während Nile in einer Boutique ein Kleid probiert, verschwindet Ben spurlos. Niemand will Nile glauben, bis auf Flo, der verhassten Ex-Frau.
„Atme, Nile! Atme!“ So zieht sich der rote Faden durch den Thriller, geschrieben von Judith Merchant. Es ist eine atemlose Suche, auf die sich Nile macht. Mit hohem Tempo. Und Nile ist eine Protagonistin, die sehr unzuverlässig erzählt. Mal mag man sie, hat Mitleid mit ihr, dann wieder will man will sie durchschütteln und begegnet ihr verständnislos. Was ist los mit dieser Frau, was ist los mit Ben, mit Flo? Nile, die Übersetzerin für Spanisch, Ben, der Vertriebler, normale Menschen mit normalen Leben.
„Der Schlaf der Vernunft gebiert Monster“, dieses grafische Werk des spanischen Künstlers Goya, ist Nile selbstverständlich geläufig, auch die unterschiedliche Deutung dieses Satzes. Niles Monster aus der Vergangenheit lauern.
Traue niemanden, glaube nichts. Das gilt gleichermaßen für Nile und für die Leserin. Und während ich Theorie A, was denn nun mit Ben passiert sein könnte, bald abhake und am Abwägen von Theorie B oder C bin, eröffnet sich Theorie D. Und wenn die Leserin Theorien wälzt, lacht wohl die Autorin.