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Gina1627

Bewertungen

Insgesamt 229 Bewertungen
Bewertung vom 19.08.2021
Meine Freundin Lotte
Stern, Anne

Meine Freundin Lotte


sehr gut

Ein faszinierendes Portrait von zwei starken Frauen!
Kalmar 1961
Traute Rose und ihren Ehemann Ernst zieht es in ihrem Sommerurlaub nach Schweden um Lotte Laserstein in ihrem Ferienhaus auf Öland zu besuchen. Anstatt einer großen Wiedersehensfreude herrscht zwischen ihnen auf einmal eine gewisse Distanz. Jahrelang verbindet sie schon eine tiefe Freundschaft und eine Verbundenheit zur Kunst. Traute hat sich der Fotografie verschrieben und war früh Lottes Modell und Inspiration, die schon von Kindesbeinen an davon überzeugt war, eine berühmte Malerin zu werden. Zu ihrem Glück öffneten sich die Kunstschulen und Akademien 1921 in Berlin für Frauen und sie konnte ihr Studium aufnehmen. Kein leichtes Unterfangen für Lotte, die sich immer ein bisschen mehr beweisen musste, als ihre männlichen Mitschüler. Doch ihr Ehrgeiz und ihr Genie treiben sie voran und sie absolviert die Meisterklasse. Erste Erfolge stellen sich ein, doch die politische und antisemitische Entwicklung in Deutschland, unter der jüdische Künstler besonders zu leiden hatten, bringt sie dazu 1937 nach Schweden zu flüchten. Traute bleibt in Berlin und zieht Jahre später mit ihrem Mann nach Bremerhaven. Sie kann immer noch nicht verstehen, warum Lotte nicht wieder zurück nach Deutschland gekommen ist. Ob der Sommer in Schweden sie wieder näherbringt?

Vor kurzem hat mich ein Buch über eine starke Frau sehr begeistert, sodass ich auch auf Anne Sterns neuen Roman „Meine Freundin Lotte“ aufmerksam geworden bin, deren Erzählweise ich durch die Fräulein Gold Reihe sehr schätze. Dieser Roman unterhält einen jedoch durch den autobiografischen Charakter auf eine ganz andere Weise. Das Leben von der Malerin Lotte Laserstein und ihrer Muse Traute Rose wird durch einen Besuch anhand von Gesprächen und Gedanken der beiden Frauen aufgerollt. In ruhiger, unaufgeregter und mitunter poetischer Erzählweise, die wenig Emotionen aber große Neugierde auf deren Vergangenheit bei einem erzeugt, erzählt Anne Stern ihre Geschichte, die zwischendurch für mich kleine Längen hatte. Sehr bildlich bringt sie dabei die wunderschöne Landschaft Schwedens sowie die Kunstwerke von Lotte zur Geltung. Es ist kein Roman, den man einfach weg liest. Ich habe immer mal wieder innegehalten, um mir Bilder der Künstlerin im Netz angucken und diese bewundern zu können. Abwechselnd erzählen Lotte und Traute in der Ich-Form aus ihrem zurückliegenden Leben, bei dem Lottes Part prägnanter ist, da ihre Leidenschaft zur Malerei und den damit verbunden Lebensumständen mehr im Vordergrund stehen. Es war schön mitzuverfolgen, wie sie ihren Weg zielstrebig verfolgte. Immer wieder habe ich mich zwischendurch gefragt, was für Unausgesprochenes zwischen den beiden Frauen steht und warum Lotte einen Schutzpanzer um sich gebaut hat, so verschlossen ist und ihre Gefühle unterdrückt. Traute möchte sie durch ihre Anwesenheit wachrütteln, Erinnerungen wieder hochkommen lassen, damit sie mit ihrer Vergangenheit im Guten abschließen kann. Trautes Erzählpart blieb während der ganzen Geschichte aber dezent im Hintergrund. Sehr gefreut habe ich mich darüber, dass die beiden Freundinnen durch das Aufarbeiten ihrer Vergangenheit wieder zueinander gefunden haben.

Lotte Laserstein war für mich bisher eine große Unbekannte, umso interessanter war es, sie durch diesen Roman näher kennenlernen zu dürfen. Ich habe mich bestens unterhalten gefühlt und empfehle dieses Buch gerne weiter.

Bewertung vom 18.08.2021
Ein neuer Morgen für Samuel
Druart, Ruth

Ein neuer Morgen für Samuel


ausgezeichnet

Ein absolutes Lesehighlight! Ergreifend, bedrückend und wundervoll erzählt!
Paris 1944
Auf ihrer Flucht vor den deutschen Besatzern werden Sarah und David in ihrem Versteck entdeckt, als ihr gerade geborener Sohn Samuel sich durch Laute bemerkbar macht. Auf ihr kurzes Glück folgt Angst und Schrecken. Sie werden inhaftiert und sollen bald von Drancy aus mit Waggons in ein Lager deportiert werden, von dem es angeblich kein Zurück mehr gibt. Als ihr Zug wegen einem Defekt anhalten muss und die Türen geöffnet werden, hat Sarah nur einen Gedanken, ihr Kind soll am Leben bleiben. In purer Verzweiflung reicht sie dem gerade vorbeikommenden Gleisarbeiter Jean Luc Beauchamps ihr Baby und bittet ihn Samuel zu retten. Im ersten Moment ist er sprachlos und geschockt, doch dann lässt er sein Herz sprechen und schleicht sich mit ihm unbemerkt davon. In Paris sind sie nicht sicher und er sieht keinen anderen Ausweg, als sich mit ihm zusammen auf die Flucht nach Amerika zu begeben. Zur Tarnung begleitet sie die junge Krankenschwester Charlotte und sie geben vor ein Paar zu sein. Jahre später jedoch holt sie die Vergangenheit wieder ein und ihr glückliches und sorgenfreies Leben als Familie wird auf bestürzende Weise auf den Kopf gestellt.

Ich liebe historische Romane und ich habe mit „Ein neuer Morgen für Samuel“ wieder ein weiteres Lesehighlight für mich entdeckt, das mich absolut begeistert hat. Ruth Druarts Schreibstil ist überaus fesselnd und eindringlich und sie schafft damit eine unglaublich atmosphärische, bedrückende und berührende Geschichte, die mir voll unter die Haut gegangen ist und so viele Emotionen bei mir erzeugt hat. Durch die zwei zeitlich sich abwechselnden Erzählstränge und dem dramatischen und spannenden Aufbau des Geschehens konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen. In diesem Roman wird Menschlichkeit, Hilfsbereitschaft, Mut, Verzweiflung, Hoffnung, Liebe und Einsicht großgeschrieben. Durch die Rückblicke in die Vergangenheit erlebt man die Grauen des Holocaust, was für Strapazen und Gefahren Menschen auf der Flucht auf sich nehmen und welche persönlichen Dramen sich noch Jahre nach Kriegsende abgespielt haben. In dem Erzählpart in der Gegenwart steht hauptsächlich der 9-jährige Samuel im Mittelpunkt des Geschehens und ich konnte mich so tief in ihn hineinversetzen und seine Not nachempfinden. Die ganze Zeit fragt man sich, wie weit geht die Liebe einer Mutter und was für Opfer ist sie bereit einzugehen, damit ihr Kind wieder glücklich und gesund ist. Samuel hatte mein ganzes Mitgefühl und ich habe so für ihn gehofft, dass alles gut für ihn ausgeht und seine Kinderseele keinen Schaden nimmt. Seine Figur und die Charaktere aller anderen wurden von der Autorin hervorragend ausgearbeitet und sie waren mir allesamt sympathisch und nahbar. Jean Luc und Charlotte habe ich dafür bewundert welches Wagnis sie für ein fremdes Kind auf sich nehmen und wie schnell sich dieses kleine Wesen in ihr Herz geschlichen hat. Besser als sie hätten seine leiblichen Eltern auch nicht für ihn sorgen können. Sarahs und Davids Schicksal hat mich auch sehr bedrückt und berührt und man kann es fast nicht in Worte fassen, was für schmerzhafte und leid- und emotionsvolle Erfahrungen sie machen mussten.

Die letzten 50 Seiten in der Geschichte waren einfach nur noch Emotionen pur und ich konnte besonders in dem Epilog, der die Geschichte perfekt abgerundet hat, meine Tränen vor lauter Rührung nicht zurückhalten.

Für diesen beeindruckenden Roman kann ich nur eine absolute Leseempfehlung aussprechen!

Bewertung vom 15.08.2021
Der tote Journalist
Paulsen, Hanna

Der tote Journalist


sehr gut

Ein tolles Krimidebüt, dass Lust auf weitere Bände von der Polizeireporterin Gesa Jansen macht!
Gesa Jansen ist Polizeireporterin bei der Hamburger Abendpost und hat alle Hände voll zu tun, nachdem ihr Kollege Uwe Stolter auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen ist und ihre Chefin sie mit der Aufklärung seiner Todesumstände beauftragt hat. Sie soll seinen Mörder noch vor allen anderen Medien und der Polizei finden und ihr eine Titelstory liefern. Ein ungeheurer Druck lastet auf Gesa. Uwes Notizbuch und die Dateien von seinem PC, die ihre Vorgesetzte den Ermittlern unterschlagen hat, könnten hilfreich für ihre Recherchearbeit sein. Doch alleine ist sie mit der Sichtung der Unterlagen und ihrer normalen Arbeit überfordert. Maike Thomsen stellt ihr mit Björn Dalman, dem Reporter aus dem Kulturressort, einen Kollegen an die Seite, der für Gesa am Anfang mehr Belastung als Erleichterung bringt, da ihm die nötige Erfahrung und der Biss für diesen Bereich fehlt. Während ihrer Suche stoßen sie auf Uwes letztes Projekt, das Zündstoff für einen Skandal bietet. Eine Herausforderung liegt vor ihnen, die viel Teamarbeit von ihnen verlangt. Kommen sie dem Mörder auf die Spur?

Auf „Der tote Journalist“ bin ich durch den spannenden Klappentext und das ansprechende Cover aufmerksam geworden. Meine Neugierde war groß, da ich bisher noch keinen Krimi gelesen habe, in dem eine Polizeireporterin im Mittelpunkt der Geschichte steht. Hanna Paulsen ist hier ein wirklich gutes Krimidebüt gelungen! Ihr leicht zu lesender und fesselnder Schreibstil, der langsame und raffinierte Aufbau der Geschichte und die nahbaren und lebendigen Charaktere haben mir sehr gut gefallen. Das Thema Journalismus kommt hier natürlich auch nicht zu kurz und wird hier sehr reizvoll sowohl von den guten, als auch von den schlechten Seiten beleuchtet. Eine Branche, in der Sensationsgier, Missgunst, Augenstecherei, Korruption, Bestechung, Vorteilsnahme und zu schnelle mediale Verurteilung, die für die betreffenden Personen schwerwiegende Folgen haben, leider dazugehören. Doch Gesa und Björn verkörpern die gute Seite, die über ein breites Netzwerk an Informanten verfügen und eng mit der Polizei im Austausch sind. Ihre Zusammenarbeit entwickelt sich im Laufe der Geschichte zum Positiven hin und es bleibt lange offen, wer und was hinter dem Mord an Uwe Stolter steckt. Ich bin schon sehr gespannt darauf, wie sie als Team weiter funktionieren, wenn ihre Figuren im Laufe der Reihe noch mehr Profil bekommen.

Hanna Paulsen hat in ihrem Auftaktroman sehr authentische Charaktere erschaffen, von denen mir Gesa Jansen und Björn Dalmann direkt sympathisch waren. Gesa ist eine unheimlich spannende Figur. Ihr Kindheitstraum, Polizistin zu werden, scheiterte an ihrer Größe von 1,59 cm. Viele Jahre ist sie als Kriegsreporterin durch die Welt gereist bevor sie bei der Hamburger Abendpost landete. Sie kommt privat etwas verschlossen und schroff rüber, ist beruflich aber sehr hartnäckig, fair und zielausgerichtet und scheut auch das Risiko nicht, ihrer Chefin schonmal die Stirn zu bieten. Björn Dalman ist ihr am Anfang zu soft und ihr fehlt sein Blick für das Wesentliche. Er liebt das kulturelle Leben und muss sich erst einmal mit seiner Zwangsversetzung abfinden. Doch im Laufe des Geschehens stellt er sich seinen Herausforderungen und findet mit und mit immer mehr Gefallen an seiner neuen Arbeit. Polarisiert haben mich die Chefredakteurin Maike Thomsen und die Reporter Gorzlitz und Lumbach, bei denen es gefühlt nur um Erfolg, Ansehen und Geld geht. Doch ihre Figuren machen natürlich auch einen zusätzlichen Reiz in der Geschichte aus.

Krimifans kommen bei diesem Buch auf jeden Fall auf ihre Kosten und ich kann diesen Roman nur weiterempfehlen!

Bewertung vom 08.08.2021
Ein ganzes Leben lang
Walsh, Rosie

Ein ganzes Leben lang


ausgezeichnet

Leseempfehlung! Ein sehr berührender und wundervoller Roman!
Leo und Emma führen eine glückliche Ehe, die durch die Geburt ihrer Tochter Ruby noch gekrönt wurde. Ein Wunder, nachdem Emma vor 4 Jahren die Diagnose Krebs bekommen hatte und um ihr Leben kämpfen musste. Dieser Schicksalsschlag und ihr dreijähriger Sonnenschein haben die beiden noch enger an einander geschweißt. Doch jedes Mal, wenn eine Nachuntersuchung ansteht, schwebt die Angst mit, dass die Krankheit wieder zurückkehrt. Voller Anspannung warten sie gerade auf das neue Ergebnis. Für den Fall aller Fälle soll Leo als Verfasser von Nachrufen einen für seine Ehefrau schreiben, die vor Jahren als angesehene Fernsehreporterin und Meeresbiologin im Licht der Öffentlichkeit gestanden hat. Was für ein makaberes Anliegen von seinem Arbeitgeber, einer auflagenträchtigen Tageszeitung. Um Emma nicht zu beunruhigen macht sich Leo heimlich an das Zusammentragen von wichtigen Fakten und stößt dabei auf ein Geheimnis, dass das Fundament ihrer Ehe ins Schwanken bringen könnte. Mit und mit findet er heraus, dass ihre Beziehung auf Lügen aufgebaut wurde.

Schon lange nicht mehr hat mich ein Roman emotional so mitgenommen wie dieser. Die Geschichte von Emma und Leo, die mir vom ersten Moment an sympathisch waren, ging mir voll ans Herz und hat mich nicht mehr losgelassen. Hierzu hat der überaus feinfühlige und fesselnde Schreibstil von Rosie Walsh und die gut herausgearbeiteten und voller Empathie steckenden Charaktere beigetragen. Erzählt wird das Buch abwechselnd aus der Sichtweise der Hauptfiguren und ist in 3 Kapitel (Leo und Emma, Emily, Emma) unterteilt. Was für ein toller und dramaturgischer Aufbau hier in der Geschichte steckt! Die Liebe der beiden wird durch Misstrauen, Lügen, Stillschweigen und einem bedrückenden Geheimnis schwer auf die Probe gestellt. Ich habe mich ganz lange gefragt, warum handelt Emma nicht und sieht zu, wie Leo immer mehr aus ihrer Vergangenheit erfährt und für den Leser ans Tageslicht bringt. Man hat gespürt, wie verwundbar, ängstlich, wütend und emotional überfordert er dabei war. Das 2. Kapitel über Emily ging mir voll unter die Haut und ich habe so mit ihr mitgelitten. Alles hätte anders und besser ausgehen können, wenn Janice und Jeremy Rothschild nicht nur an ihr eigenes Glück gedacht hätten. Ich habe sehr großen Respekt vor Emily gehabt, da sie irgendwann wieder nach vorne guckt, aber ihr Leben lang von einer Sehnsucht angetrieben wird. Im letzten Kapitel war ich nur noch besorgt um Emma. Leo begibt sich auf die verzweifelte Suche nach ihr, nachdem sie plötzlich nicht mehr erreichbar ist. Überrascht wurde ich damit, wer hinter ihrem Verschwinden steckte, konnte aber die Motivation der Person nachvollziehen. Aufgrund des Buchtitels „Ein ganzes Leben lang“ habe ich nicht damit gerechnet, dass sich diese Aussage auf einen ganz anderen Menschen bezieht, wie ich vorher vermutet habe. Ich war so froh, dass sich zum Ende alles zum Guten gewendet und für mich einen erlösenden Verlauf genommen hat.

Für diesen Roman kann ich nur eine unbedingte Leseempfehlung aussprechen!

Bewertung vom 07.08.2021
Verrat in Colonia
Peter, Maria W.

Verrat in Colonia


ausgezeichnet

Superspannend! Für mich der bisher beste Band der Invita-Reihe!
260 n. Christus
Auf ihrer Reise nach Colonia Agrippina wird der Tross des Statthalters von Gallia Belgica von Unbekannten überfallen und nur Dank dem schnellen Eingreifen des Centurio Mucius Longinus und seiner Einheit, kommen die Sklavin Invita und ihre Herrin Domina Marcella mit dem Schrecken davon. Doch auch ihr Aufenthalt in der Stadt steht unter keinem guten Stern. Eine angespannte und von Machtkämpfen beherrschte Atmosphäre nehmen sie wahr. Zu ihrem Entsetzen werden sie auch noch in den grausamen Mord von Aurelius Celer, dem städtischen Quaestor, mit hineingezogen. Marcellas Sklave Flavus steht unter Verdacht diesen begangen zu haben und sitzt in Ketten gelegt im Gefängnis. Für Invita bricht eine Welt zusammen. Sie versucht alles Menschenmögliche um
Beweise für die Unschuld ihres Gefährten zu finden. Doch je tiefer sie gräbt umso gefährlicher wird es für sie und die Familie ihres Herren.

Als Fan von Maria W. Peters historischer Krimi-Reihe um die Sklavin Invita habe ich schon Band 4 entgegengefiebert und wurde hier wieder komplett abgeholt. Durch den sehr bildhaften, fesselnden und leicht zu lesenden Schreibstil der Autorin fühlt man sich direkt in die Antike zurückversetzt und hat nur noch Kopfkino pur. Da die Geschichte in der Ich-Form von Invita erzählt wird, nimmt man ihre ganzen Emotionen noch intensiver wahr und leidet und fühlt mit ihr mit. Ihre Liebe zu Flavus und ihre Loyalität gegenüber der Familie ihres Herren treiben sie dazu, dass sie beharrlich und mit einem großen Risiko nach Beweismittel für deren Unschuld sucht. Sie und Marcella gehören mit zu meinen Lieblingsfiguren im Roman. Zwischen ihnen herrscht, trotzt dem Standesunterschied, ein sehr enges und freundschaftliches Verhältnis, dass geprägt wird durch gegenseitiges Vertrauen und ein gewisses Maß an persönlichen Freiheiten für Invita. Beide Charaktere geraten dieses Mal in gefährliche Situationen, finden sich in einem Gespinst von Machtkämpfen, Intrigen und Lügen wieder und lassen sich von einem Menschen täuschen, der sie für die eigenen Zwecke ausnutzt. Die Entwicklung des Geschehens wurde immer rätselhafter und mysteriöser und die Rettung glich einem richtigen Herzschlagfinale. Sehr gut gefallen hat mir auch die Abschlussszene auf dem Friedhof, die den Roman hervorragend abgerundet hat.

Wie in bisher allen Werken der Autorin strahlen die Charaktere eine Lebendigkeit und Authentizität aus. Invita habe ich für ihr kriminalistisches Gespür, ihre Intelligenz und ihre Wagemutigkeit geschätzt und Marcella für ihren Mut, ihr Feingefühl, ihre Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme bewundert. Eine sehr reizvolle Figur war für mich auch der Centurio Mucius, der Ausstrahlung, Durchsetzungskraft und menschliches Mitgefühl gezeigt hat. Polarisiert haben mich Salonius Caesar und sein Berater Silvanus, deren Antrieb ihre Geltungssucht und ihr Streben nach Macht und Reichtum waren.

Als Bonus habe ich noch die Hintergrundinformationen am Ende des Buches empfunden, die für mich noch den Eindruck vom Roman unterstrichen haben. Man spürt, dass die Autorin wieder viel Recherchearbeit geleistet hat um nah an der Historie zu sein. Für „Verrat in Colonia“ kann ich nur eine unbedingte Leseempfehlung aussprechen.

2 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.07.2021
Die Nacht - Wirst du morgen noch leben? / Björk und Brand Bd.2
Beck, Jan

Die Nacht - Wirst du morgen noch leben? / Björk und Brand Bd.2


ausgezeichnet

Absolute Leseempfehlung! Was für ein spannender 2. Band der Björk und Brand Thriller-Reihe!
Hanna Carlsen ist auf einem Selbstfindungstrip auf dem Moselsteig und gerät auf ihrer Wanderung in die Hände eines Unbekannten, der sie entführt und ihr Dasein zu einem Alptraum werden lässt. Als sie aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht bemerkt sie, dass sie nackt und kahlgeschoren in einem engen Glasbehälter steht, der sich in einem abgedunkelten Raum befindet. Doch sie ist nicht alleine. Vier weiteren Menschen ergeht es genauso wie ihr. Was läuft hier ab? Das Warten ist unerträglich und der reinste Psychoterror. Zur gleichen Zeit sucht „Der Nachtmann“ die Aufmerksamkeit der Bevölkerung und weist daraufhin, dass er 5 Personen gefangen hält und sie nur eine Überlebenschance haben, wenn seine Forderungen erfüllt werden. Falls nicht, wird jeden Tag einer von ihnen sterben müssen. Mit ihren außergewöhnlichen Fähigkeiten soll sich Europol-Sonderermittlerin Inga Björk dem Fall annahmen und sie macht sich zusammen mit Christian Brand, dem Ex-Mitglied der Spezialeinheit Cobra, auf die Suche nach den Vermissten und dem Täter. Der erste Countdown läuft ab und in einem Online-Stream müssen sie mit ansehen, wie ein Mann auf grauenvolle Weise ums Leben kommt. Eile ist geboten, wenn sie die anderen noch retten wollen.

Wow, was für ein excellenter, temporeicher, fesselnder und gut durchdachter Thriller. Jan Beck hat mich mit „Die Nacht“ vollkommen abgeholt. Spannung von der ersten bis zur letzten Seite und das Kopfkino lief die ganze Zeit mit. Ich habe noch nie einen Thriller gelesen, der aus so vielen Erzählperspektiven (9 Personen) geschrieben wurde. Keine Sekunde hat man dabei den Überblick verloren, weil die sich abwechselnden Geschehnisse einen nicht mehr losgelassen haben. Das perfide Spiel des Nachtmanns hat einen geschockt, fassungslos gemacht, Gänsehaut erzeugt und einen rätseln lassen, was für ein Motiv dahintersteckt. Er hat seine Zuschauer manipuliert, zur Selbstjustiz gezwungen und sie unter einem immensen Druck gesetzt. Ich habe so darauf hin gefiebert, das Inga Björk und Christian Brand seine Mordmaschine, die nach dem Dominoprinzip läuft, stoppen können. Aus dem Blickwinkel von Hanna Carlsen erlebt man hautnah mit, wie die Zeit verrinnt und auf welche grausame Weise einer nach dem anderen ums Leben kommt. Irritiert hat mich der bedrückende Erzählpart des kleinen Benjamin und ich habe mich ganz lange gefragt, wie er in diese Geschichte hineinpasst. Stück für Stück fügen sich langsam alle Puzzleteile zu einem Ganzen zusammen. Total überrascht hat mich Jan Beck schließlich noch mit der Auflösung, wer hinter der ganzen Racheaktion steckt. Damit hätte ich nie im Leben gerechnet.

Inga Björk und Christian Brand haben hier tolle Teamarbeit geleistet und ihre Charaktere sind vielschichtig, faszinierend und sympathisch. Inga ist eine beeindruckende Frau und weiß, wie sie durch ihre äußere Erscheinung auf die Männerwelt wirkt. Sie hat eine unglaubliche Beobachtungs- und Auffassungsgabe und verfügt über einen ausgeprägten Jagdinstinkt. Dies schätzt auch Christian Brand an ihr. Durch seine Kompromisslosigkeit und sein wagemutiges Handeln ergänzen sich beide hervorragend. ….und ein bisschen Spannung liegt auch noch zwischen ihnen. Ob da irgendwann nochmal mehr geht?

Für diesen Thriller kann ich nur eine unbedingte Leseempfehlung aussprechen und hochverdiente 5 Stern vergeben!

Bewertung vom 28.07.2021
Die Glücksschneiderin
Sosnitza, Ulrike

Die Glücksschneiderin


sehr gut

Ein sehr schöner Wohlfühlroman, der einen zum Nachdenken anregt!
Würzburg Mai 2019
Clara und ihre Tante Sonja haben sich einen Traum erfüllt und ein Nähcafé zusammen eröffnet. Hier möchten sie nähbegeisterte Menschen zusammenbringen und ihre Kreativität fördern. Clara selber schneidert für ihr Leben gerne und sie liebt es, ihre Kunden mit selbstentworfener Kleidung glücklich zu machen, aber genauso gut aus Altem Neues zu schaffen. Um mehr Aufmerksamkeit zu erregen, fehlt ihnen noch ein Eyecatcher für ihr Schaufenster. Bei einem Bummel über den Flohmarkt wird Clara schließlich fündig. Sie entdeckt ein wunderschönes altes Vintage-Kleid, dass seidig glänzt und mit Perlen bestickt ist. Zurück im Café kann sie nicht widerstehen und probiert es selber an. Wer hat es wohl früher getragen und zu welcher Gelegenheit? Schneller als gedacht bekommt sie hierauf teilweise eine Antwort. Ihr Ex-Freund Finn steht plötzlich vor ihr, der sie vor 5 Jahren ohne ein Wort zu sagen verlassen hat. Das Kleid gehörte seiner Urgroßmutter Mimi und er möchte es gerne wieder zurückhaben, da es irrtümlich von ihrer Nachfolgerin in eine Altkleidertüte gesteckt wurde. Clara ist geschockt bei seinem Anblick und ihre ganzen schmerzhaften Erinnerungen und Gefühle kommen wieder hoch. Doch auch Finn scheint ihr unvorhersehbares Treffen nicht kalt zu lassen. Er sucht immer wieder ihre Nähe. Wie soll Clara darauf reagieren?

Ich liebe die Romane von Ulrike Sosnitza, mit denen sie mir schon viele schöne Lesestunden beschert hat. Durch ihren leicht zu lesenden, warmherzigen und bildhaften Schreibstil schafft sie es jedes Mal, dass sich bei mir sofort die Nähe und Verbundenheit zu ihren Charakteren einstellt und ich ihre Kulissen vor Augen habe. In ihrem Roman zeigt die Autorin auf, dass sowohl Menschen als auch Kleidung eine zweite Chance verdient haben. Clara lebt das Thema Nachhaltigkeit in ihrer Schneiderstube und versucht es auch ihren Mitmenschen zu vermitteln. Dass es nicht immer einfach ist, sieht man an ihrer Nichte Merle, für die Second Hand ein rotes Tuch ist. Sie steht mehr auf Statussymbole und Markenklamotten. Ihre fehlende Unterstützung für ihr Geschäft wurmt und kränkt Clara sehr. Durch das Erscheinen von Finn ist ihr Gefühlsleben sowieso gerade auf einen Achterbahnfahrt. An ihr nagt immer noch die Frage, warum er sie damals Hals über Kopf verlassen hat und meine Neugierde auf die Antwort war natürlich auch riesengroß. Meine Gefühle Finn gegenüber waren am Anfang zwiegespalten. Einerseits fand ich es toll, wie er Clara und Sonja geholfen hat, die Internetpräsenz ihres Nähcafés zu optimieren, doch seine Unentschlossenheit in Sachen Liebe hat mich manchmal den Kopf schütteln lassen. Zwischen ihm und Clara steht noch so viel Unausgesprochenes, dass sie erst einmal aufarbeiten müssen. Ich konnte ihr Misstrauen, ihre Wut und ihre Sehnsucht ihm gegenüber voll nachempfinden. Die Entscheidung, ob sie ihrer Liebe noch eine zweite Chance geben, war für beide nicht einfach und ich habe im Laufe der Geschichte darauf gehofft, dass sie es schaffen. Das Schicksal nimmt manchmal seltsame Wege und Mimi hätte sich sicher darüber gefreut, dass ihr Kleid dazu beigetragen hat.

Bewertung vom 19.07.2021
Giftrausch / Colossa Bd.2
Esch, Hendrik

Giftrausch / Colossa Bd.2


gut

Hat leider meine Erwartungen an die Fortsetzung von Jagdtrieb nicht erfüllt!
Ein wichtiger Pressetermin auf Schloss Hirschenhaid steht für Rechtsanwalt Paul Colossa an. Ein Schüler des dort beheimateten Knaben-Musik Internats KIR, das weltweite Anerkennung genießt, liegt im Koma. Bei ihm wurde nachgewiesen, dass er unter permanenten Drogeneinfluss gestanden hat und der verantwortlichen Leitung der Schule wird der Vorwurf gemacht, hier selber die Finger mit im Spiel zu haben. Paul soll im Auftrag der renommierten Anwaltskanzlei MacAlistair die Anschuldigungen entkräften und dafür ein sehr ansehnliches Honorar erhalten. Noch ehe er darüber nachdenken kann, setzt er leichtsinnigerweise seine Unterschrift unter einen Knebelvertrag und macht sich dadurch erpressbar. Wie kommt er aus dieser vertrackten Situation wieder heraus? Kann er mit seinem Gewissen vereinbaren, dass er wie gefordert, ohne eine eingehende Überprüfung einen entlastenden Bericht schreibt?
Mit freudiger Erwartung habe ich schon dem zweiten Band der Krimi-Reihe um den Anwalt Paul Colossa entgegengefiebert, nachdem mir der erste so gut gefallen hat. Doch das 614-seitige Werk hat mich leider enttäuscht. Der Roman gleicht einer Persiflage, bei der Pauls Handlungen und Gedanken ins lächerliche gezogen werden und er dadurch seine Glaubwürdigkeit als Anwalt und sein Charisma als Person verliert. Wer jedoch skurrile Geschichten liebt, kommt hier voll auf seine Kosten. Toll fand ich, dass Themen wie das Versagen bei der Fürsorgepflicht für junge Menschen, Drogenmissbrauch und illegaler Handel damit, Internet-Hetze und der Verstoß gegen Auflagen, die Knebelverträge mit sich bringen, in diesem Roman eingebunden wurden. Doch bedauerlicherweise gerieten diese teilweise in den Hintergrund, da Paul als Person präsenter war und man einfach nur den Kopf schütteln konnte, wie er von einer Peinlichkeit in die nächste stapft, seine Gedanken beim Anblick von Frauen nur in eine Richtung geht, er im Selbstmitleid zu ertrinken scheint und er mehr mit sich, seinem Umfeld und seinen Mitmenschen beschäftigt ist, anstatt sich um seine Aufgaben als Anwalt zu kümmern. Gut, dass er wenigstens so resolute Menschen wie Attila und seine Sekretärin Christiane um sich hat, die ihm den Kopf waschen und seinen Karren für ihn aus dem Dreck ziehen. Sie machen sich mehr Sorgen und Gedanken über den Blogger Babik, der Menschen aus Rache zur Hetze gegen Paul aufwiegelt. Über den Grund dafür kann man sich wirklich nur die Haare raufen. Das Paul schließlich doch noch seinem Gewissen folgt und mit den Konsequenzen aus seinem Fehler leben muss, fand ich gut.
Da für mich in diesem Roman weniger Krimi und mehr Charakterstudie steckt, kann ich hierfür nur 2,5 Sterne vergeben.

Bewertung vom 18.07.2021
Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1
Pötzsch, Oliver

Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1


ausgezeichnet

Spannender und vielversprechender Start einer neuen historischen Krimi-Reihe!
Wien 1893
Den jungen Untersuchungsrichter Leopold von Herzfeldt zieht es von Graz aus nach Wien, wo er sich neu orientieren und eine Stelle bei der dortigen Polizei antreten möchte. Durch Zufall erfährt er noch vor Arbeitsantritt von dem Mord an einer jungen Frau im Prater. In seinem Übereifer begibt er sich an den Tatort. Mit Misstrauen reagieren seine zukünftigen Kollegen auf ihn und seine neuartigen Ermittlungsmethoden und lassen ihn ihre Ablehnung spüren. Der Rüffel von seinem Chef, Oberpolizeitrat Stehling, lässt am nächsten Tag nicht lange auf sich warten und er verdonnert Leopold dazu, zunächst den Selbstmord von Bernhard Strauss zu beleuchten und sich dafür auf den Wiener Zentralfriedhof zu begeben. Hier lernt er den Totengräber Augustin Rothmayer kennen, der ihn erst einmal aus einer misslichen Situation retten muss. Schnell kommen sie danach ins Gespräch und Leopold ist beeindruckt von seiner Intelligenz und seinem Wissen über den Tod und den Zustand von Leichen. In seinem Almanach für Totengräber hält Augustin all seine Erfahrungen und Beobachtungen fest. Gegenseitiger Respekt entsteht zwischen ihnen und Augustin wird für Leopold ein zuverlässiger und kompetenter Ansprechpartner und Gehilfe bei der Suche nach einem Serienmörder, der jungen Frauen das Leben nimmt und sie danach anscheinend mit einer uralten Methode vor einer Wiederkehr abhalten möchte. Doch bei ihrer Ermittlungsarbeit stoßen sie noch auf eine andere Spur, die auf abartige Vorlieben eines Vereins sehr einflussreicher Wiener Persönlichkeiten hindeutet. Eile ist geboten, da der nächste „Schwarze Walzer“ kurz bevorsteht.

Auf „Das Lied des Totengräbers“ bin ich durch den vielversprechenden Klappentext und meine Vorliebe für historische Romane und Krimis allgemein aufmerksam geworden. Für mich war es das erste Werk von Oliver Pötzsch, das ich gelesen habe und mir hat sein fesselnder und spannender Schreibstil, seine faszinierenden und mitunter polarisierenden Charaktere und seine überaus bildliche Darstellung der damaligen Zeit, in die man sich sofort zurückversetzt fühlt, sehr gut gefallen. Das Tüpfelchen auf dem „I“ war für mich dabei noch der Wiener Slang von einigen Protagonisten, der dem Roman noch mehr Authentizität verliehen hat. Der Start ins Buch hat Gruselfaktor und der langsame und raffinierte Aufbau der Geschichte, die immer mehr an Fahrt aufnimmt, die Spannung steigern und einen miträtseln lässt, führen dazu, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Sehr informativ, interessant und auch ein bisschen schaurig waren die kurzen Auszüge aus Augustins Almanach, die verstreut an einigen Kapitelanfängen standen. Sein Charakter war mir auf Anhieb sympathisch. Er ist ein uriger, in sich gekehrter, hilfsbereiter, empathischer und geheimnisvoller Mann, der ungewollt Verantwortung für die kleine Anna auf sich nimmt, die nach dem Tod ihrer alleinerziehenden Mutter weinend über ihrem Grab hängt. Ich habe nicht damit gerechnet, dass hinter der Geschichte dieses Mädchens noch mehr steckt. Auch mit meiner Vermutung, welche Person sich hinter dem Serienmörder verbirgt, habe ich falsch gelegen. Leopold von Herzfeldt hat mir mit seiner übereifrigen, scharfsinnigen und für Außenstehende arroganten Art auch sehr gut gefallen. An im heftet seine Herkunft, die ihm besonders sein Kollege Paul Leinkirchner ständig unter die Nase reibt und ihn damit zur Weißglut bringt. Doch mir scheint, dass aus den beiden in der Fortsetzung mal ein ganz tolles Ermittlergespann mit Reibungspunkten wird. Gespannt bin ich auch darauf, wie sich die jetzige Polizeifotografin Julia Wolf weiterentwickelt, auf die Leo ein Auge geworfen hat. Ich freue mich schon auf weitere Kriminalfälle mit diesen tollen Charakteren und vergebe für diesen Auftaktroman 4,5 Sterne!

Bewertung vom 27.06.2021
Der Wind singt unser Lied
Werkmeister, Meike

Der Wind singt unser Lied


ausgezeichnet

Ein wundervoller und bewegender Lesegenuss!
Toni hat es jahrelang in die weite Welt hinausgezogen, da sie nach einem einschneidenden Ereignis über ihr Leben und das ihrer Familie nachdenken wollte. Doch ein Anruf ihres Vaters macht sie unruhig. Noch nie hat er sie indirekt um Hilfe gebeten. Kurzerhand bricht sie ihre Zelte in Costa Rica ab und reist zurück in ihre alte Heimat nach St. Peter Ording, wo ihre Eltern den idyllisch gelegenen Ferienhof Familienglück unterhalten. Die Freude ist groß, als sie unangekündigt vor ihrer Haustür steht und von ihrem Vater und ihrer Schwester Caro empfangen wird. Auf den ersten Blick läuft alles in geordneten Bahnen, doch beim näheren Hinsehen fällt Toni auf, dass einiges im Argen liegt. Wo ist ihre Mutter, die immer unermüdlich alles in Schuss hält? Auf ihrer Nachfrage hin halten sich alle bedeckt und weichen ihr aus. Erst durch ihren langjährigen Freund Andy erfährt sie die Wahrheit, die alle vor eine ganz besondere Herausforderung stellt. Toni nimmt mit ihr Kontakt auf um sie zum Umdenken zu bewegen, rennt dabei aber gegen eine Mauer. Ihr bleibt nichts anderes übrig als selber mit anzupacken und bekommt dabei tatkräftige Unterstützung von Florian, der gerade zwischen zwei Jobs steckt und seinen Bruder Christian, Caros Ehemann, besucht. Er lässt ihr Herz höherschlagen, doch sie musst erst mit ihrer Vergangenheit abschließen, bevor sie neue Gefühle zulassen kann.

Romane von Meike Werkmeister zu lesen ist, als wenn man von ihren Geschichten umarmt wird und sie nicht mehr loslassen möchte. So erging es mir auch bei ihrem neuesten Werk „Der Wind singt unser Lied“. Ihr unglaublich warmherziger und fesselnder Schreibstil und ihre liebenswerten und authentischen Charaktere machen dies möglich. Hinzu kommen wunderschöne Landschaftseindrücke durch ihre bildlichen Beschreibungen, die bei mir Fernweh und Urlaubsfeeling ausgelöst haben. Man spürt die Naturverbundenheit der Autorin und ihre Empathie für Menschen und Tiere. Ihre Geschichte zeigt auf, dass durch Liebe, Glück, Schmerz und Schuldgefühle, die Leichtigkeit und der Ernst des Lebens immer nah beieinander liegen und wie wichtig es dabei ist über Gefühle und Sorgen zu sprechen und sie mit anderen teilen zu können. Alle diese Punkte treffen auf Toni und ihre Familie zu. Ihren Zusammenhalt, ihre Wertschätzung und die freudigen und tragischen Ereignisse mit ihnen miterleben zu können, war herzerwärmend, bewegend und berührend. Bei zwei sehr gefühlvollen Szenen, die sich vor dem Krankenhaus und in Caros Auto abspielten, sind mir sogar die Tränen gekommen. Tonis Vater hätte ich die ganze Zeit knuddeln können und Madse, der kleine Sohn ihrer Schwester Caro, hat mein Herz im Sturm erobert. Toni selber fand ich auch auf Anhieb sympathisch. Sie ist verantwortungsbewusst, hilfsbereit und leidet immer noch nach so vielen Jahren unter Schuldgefühlen. Die ganze Zeit habe ich gerätselt, was sie in ihrer alten Heimat verarbeiten muss und was zwischen ihr, ihrer Mutter und ihrer Schwester steht. Missverständnisse und Unausgesprochenes müssen hier verarbeitet werden und das erfolgte sehr emotionsvoll. Unheimlich reizvoll fand ich auch das Annähern von Florian und Toni. Ihre Dialoge waren so spritzig und voller Esprit, sodass ich oft beim Lesen lächeln musste. Als Nebencharakter hat mir auch noch Andy sehr gut gefallen, der mit Toni die Liebe zur Musik teilt und zu früheren Zeiten sogar mit ihr in einer Band zusammengespielt hat.

Passend zum Buch hat mir auch das Ende der Geschichte gefallen, dass wieder voller Emotionen steckte und bei dem alle Charaktere auf eine hoffnungsvolle und glückliche Zukunft blicken können.