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anushka

Bewertungen

Insgesamt 132 Bewertungen
Bewertung vom 18.06.2018
Barbarentage
Finnegan, William

Barbarentage


sehr gut

Den Wellen hinterher

William Finnegan führt ein ungewöhnliches Leben. Mit 13 entdeckt er das Surfen für sich und bringt es sich selbst bei. Es hilft ihm, mit seinen sonstigen Lebensbedingungen zurechtzukommen, wie beispielsweise Gewalt und Diskriminierung in der Schule. Mit dem Surfen kann er sich Respekt verschaffen. Im Studium beschließt er, den legendären Wellen hinterher zu reisen und vielversprechende Surfspots zu besuchen und dabei die Surftouristen zu meiden. Seine Reise führt ihn unter anderem nach Hawaii, Australien, Ozeanien, Sübostasien. Finnegan berichtet von interessanten Begegnungen, aber vor allem von den Wellen, dem Surfen, seiner Faszination, der Gier nach der perfekten Welle und brenzligen Situationen. Und er berichtet aus einer Subkultur, die sehr stereotypisiert und vorverurteilt ist, doch durch dieses Buch interessante Differenzierungen erfährt.

Doch wer ist William Finnegan? Finnegan ist eigentlich Kriegsreporter und schreibt für den New Yorker, laut Wikipedia eine "Nachrichten-, Kultur- und Literaturzeitschrift". Aber hier schreibt Finnegan nicht vordergründig über das Leben eines Kriegsreporters, sondern über das Surfen. Kann das überhaupt interessant sein? Die Antwort lautet ganz klar: ja! Wenn man sich einmal eingelesen hat in die technischen Beschreibungen und Insiderbegriffe (die am Ende auch in einem Glossar erklärt sind), kann man ganz deutlich den Adrenalinkick spüren, die Gischt im Gesicht und das Donnern der Wellen. Selten hat mich ein Buch mit einer so spezifischen und von mir selbst weit entfernten Thematik so gepackt. Auch wenn die Aussage, dass die ein absolutes Sommerbuch sei, merkwürdig klingt, weil man dabei oft automatisch seichte Lektüre erwartet, ist es dennoch so: "Barbarentage" beschwört die Sonne und den Strand herauf und vermittelt beim Lesen das Gefühl, man würde vom Wasserrand aus den Surfern bei der Ausübung ihrer Leidenschaft zusehen. Zudem ist das Buch sehr informativ: es macht deutlich, warum Surfern ein Faulenzerleben nachgesagt wird. Aber es stellt auch vieles sehr differenziert dar: jeder Surfer hat einen eigenen Stil, eigene Präferenzen, die ganz großen Wellen suchen nur wenige. Und ist ein hochkomplexer Sport, für den man brennen muss. Er benötigt analytische Fähigkeiten, aber auch Wagemut. Ich habe das Gefühl, viel gelernt zu haben.

Und trotzdem ist das Buch auch noch mehr. Natürlich steht das Surfen im Vordergrund. Aber es ist auch eng verknüpft mit Finnegans Entwicklung. Seine Reisen prägen ihn und machen ihn Schritt für Schritt zu dem, der er letztlich wird. Und auch seine zwischenmenschlichen Beziehungen und Bekanntschaften werden immer wieder thematisiert und liefern die ein oder andere Anekdote, aber auch noch tiefere Einblicke, in die Szene beispielsweise.

Was mich an dem Buch allerdings störte war der Stil. Er ist mir ein bisschen zu fragmentarisch. Mitten in Kapiteln gibt es thematische und chronologische Sprünge ohne sanfte Übergänge oder optische Kennzeichnung. Das wirkt manchmal ein wenig wie freies Assoziieren. Viele Anekdoten werden gar nicht so richtig zu Ende erzählt, sondern hören irgendwie mittendrin auf, das fand ich schade. Auch war es mir manchmal einfach zu technisch und bei manchen Begriffen habe ich mich gefragt, ob man die wirklich nicht übersetzen konnte. Alles in allem ist diese Buch jedoch eine sehr positive Überraschung und durchaus für eine breit interessierte Leserschaft geeignet.

Bewertung vom 16.06.2018
Letzte Fahrt nach Königsberg
Trebbin, Ulrich

Letzte Fahrt nach Königsberg


sehr gut

Erinnerungen an Königsberg

Ella Aschmoneit wächst recht behütet in Königsberg auf, als Tochter eines Weinhändlers ist sie gut versorgt. Doch das Verhältnis zur Mutter ist für das eigenwillige junge Mädchen nicht leicht. Dennoch verlebt sie unbeschwerte Sommer an der Küste des Samlandes in Ostpreußen, das zu diesem Zeitpunkt noch zum Deutschen Reich gehört.
Anfang 1945 befindet sich die etwas ältere Ella jedoch mit ihren beiden Kindern in Potsdam, wo sie unter den Auswirkungen des Krieges leben und Hunger leiden. Nicht selten denkt Ella an die vielen Vorräte, die noch im Haus der Familie in Königsberg lagern. Schließlich fasst sie sich ein Herz und reist entgegen jeglichen guten Rats der Schwester und auch des eigenen Ehemanns ein letztes Mal nach Königsberg, um von den reichlichen Vorräten zu holen, die sie in Potsdam lange über Wasser halten würden. Doch Ellas Vorhaben ist aberwitzig, denn die russische Armee marschiert unaufhaltsam auf Königsberg zu und aus anderen Gegenden Ostpreußens kursieren angsterregende Geschichten ...

Der Autor Ulrich Trebbin hat in diesem Buch die Geschichte seiner Großmutter literarisch verarbeitet. Zeitlebens stand bei Ella das Foto eines Mannes auf dem Sekretär, der nicht Ellas Ehemann war. Während Ella sich auf die Reise nach Königsberg begibt, erstehen die Stadt und das Umland in vielen Rückblenden wieder auf. Ella erinnert sich an ihre Jugend, die erste Verliebtheit und auch die Heirat mit einem Mann, mit dem sie 1945 schon nichts mehr gemein hat. Diese Episoden vermitteln ein Gefühl von Heimat, nach dem sich Ella den Rest ihres Lebens sehnen wird, denn sie wird schließlich eine Geflüchtete bleiben, Königsberg zu Russland gehören. Aber nicht nur Heimweh, sondern auch Sehnsucht nach einem anderen Mann als dem eigenen bestimmen viele Gedanken Ellas und so stehen beide Themen im Mittelpunkt des Buches. Die Liebesgeschichte ist absolut unkitschig, stattdessen manchmal sogar eher unterkühlt, denn sie scheint oft auf Einseitigkeit zu beruhen. So wird bis zu einer gewissen Stelle des Buches nicht ganz ersichtlich, warum (die literarische) Ella so sehr an dieser Liebe hängt. Der Bogen schloss sich für mich tatsächlich erst am Ende. Eindringlich wird dagegen das Leid der Vertriebenen geschildert, die Blauäugigkeit der Menschen ist Ostpreußen, die immer noch der Nazi-Propaganda glauben und das böse Erwachen, dass sie schließlich ereilt. Trebbin greift ein eher tabuisiertes Thema auf, nämlich dass Menschen sich nicht als Opfer betrachten dürften, die zum Volk eines Kriegsaggressoren gehören. Und so zeigt sich auch hier und da die ein oder andere unschöne Szene, was die Geschichte noch glaubhafter macht, da der Autor nicht verklärend schreibt, sondern die Mentalität der damaligen Zeit meiner Meinung nach realistisch einfängt. Er macht jedoch auch deutlich, wie wenig jeder einzelne dennoch die Rache verdient hat, die über das eingekesselte Ostpreußen kommt.

Insgesamt hat mir dieses Buch gut gefallen. Besonders Ellas letzte Fahrt nach Königsberg war beklemmend und gleichzeitig spannend. Diese Spannung hält nicht durchweg an. Zu großen Teilen ist es eher eine einfühlsame Geschichte in ein Einzelschicksal, das jedoch nicht allein von Kriegsereignisse handelt, sondern auch dem Verlust von Heimat und individuellen Träumen und Wünschen. Einige Passagen in den Rückblenden wirken etwas zu ausschweifend. Sie machen die Figuren zwar lebensnaher, drosseln aber auch das Tempo der Handlung etwas. Alles in allem ist dieses Buch jedoch empfehlenswert. Es ist eine liebenswerte Ode an eine starke, eigenwillige Frau und auch die Herkunft und Heimat einer ganzen Familie, deren Verlust die ganze Familie geprägt hat.

Bewertung vom 17.05.2018
Die Geschichte des Wassers / Klima Quartett Bd.2
Lunde, Maja

Die Geschichte des Wassers / Klima Quartett Bd.2


sehr gut

Norwegen, 2017: Die fast 70-jährige Signe ist den größten Teil ihres Lebens Umweltaktivistin gewesen. Im Schatten eines Gletschers aufgewachsen, musste sie schon früh mit ansehen, wie die Natur für Profit ausgebeutet und massiv darin eingegriffen wurde. Nun ist sie zurückgekehrt und muss zusehen, wie der Gletscher abgebaut wird, damit Superreiche ihre Drinks mit hochexklusiven Eiswürfeln aus echtem Gletschereis aufwerten können. Also macht sich Signe ganz allein mit ihrem Segelboot auf den Weg nach Frankreich.
Frankreich, 2041: David und Lou sind Klimaflüchtlinge. Zunehmend breitet sich eine riesige Dürre aus und macht ganze Länder zu Wüsten, während sich die Wasserländer dem Regen und der Fluten kaum erwehren können. Als in ihrer Heimatstadt alles zerstört wird, machen sich David und seine Familie endlich auf den Weg in den Norden. In den Wirren gehen jedoch Davids Frau und Sohn im Säuglingsalter verloren. Im Flüchtlingslager wollen David und Lou auf sie warten. Doch auch hier wird die Situation immer kritischer. Hoffnung schöpfen beide nur durch die Entdeckung eines alten Segelboots in einem Garten.

Was mich bei den Bücher von Maja Lunde beeindruckt, ist zum einen die Gestaltung der deutschen Ausgaben, die ich sehr ansprechend finde. Zum anderen ist da die Themenauswahl, der sich Lunde widmet. Es geht um ökologische Probleme, die wir und unsere Vorfahren verursacht und aktuell verschlimmert haben. Wie man das nicht moralisierend präsentieren soll, wie es von etlichen Rezensenten oder Feuilletonisten bemängelt wird, ist mir ein Rätsel. Denn wie anders sollen die Menschen wachgerüttelt werden? Sicher, es wäre hilfreicher, wenn Lunde ein paar Lösungsansätze präsentieren könnte, doch ist das ja nicht die vordergründige Aufgabe von Romanautoren. Vielmehr gelingt es Lunde meiner Meinung nach gut, Betroffenheit und Empathie zu wecken. In meinen Augen war auch schon "Die Geschichte der Bienen" kein spektakuläres Buch und in gleicher Weise finde ich auch "Die Geschichte des Wassers" unaufgeregt und ohne große Effekte oder Spannungsbögen. Allerdings hätten diese dem Buch durchaus gut getan. Dennoch konnte mich die Geschichte gut einfangen und bei der Stange halten, auch wenn mir der Zukunftsstrang wesentlich besser gefallen hat, während Signes Rückblick auf ihr Leben eher trivial wirkte. Der Schreibstil ist flüssig, angenehm, nicht hoch literarisch. Beide Handlungsstränge enden leider etwas unbefriedigend. Signe scheint ihre Mission aus den Augen zu verlieren und bei David und Lou ist es ein ziemlich offenes Ende. Ich hoffe sehr, dass man im dritten Band dieses geplanten Umwelt-Quartetts noch etwas über die beiden erfährt. Zur "Geschichte der Bienen" gibt es hier allerdings auch keinen Bezug. Dafür ist "Die Geschichte des Wassers" unabhängig vom ersten Band lesbar.

Insgesamt hat mir "Die Geschichte des Wassers" gut gefallen und es hat mich persönlich angesprochen und mich emotional berührt, auch wenn es nicht unbedingt emotional geschrieben ist. Dass ein Buch, gerade zu diesem Thema, auch eine Moral vermittelt, finde ich gerechtfertigt, denn meiner Meinung nach sollen Geschichten Botschaften haben. Sonst würde ich mich fragen, wozu ich sie eigentlich lese, von der ein oder anderen Alltagsflucht einmal abgesehen. Dennoch denke ich, dass man aus dem Thema auch mehr hätte machen können und dass einiges verschenktes Potential dabei ist. Aber Lunde bleibt sich treu; es sind wieder verschiedene Zeitebenen dabei, wenn dieses Mal auch nur zwei. Und auch die dünnen Fäden der Verwobenheit der Geschichten miteinander sind da, tauchen dieses Mal schon früher auf, bergen aber auch eine kleine Überraschung. Auch wenn das Buch vielleicht nicht ganz an seinen Vorgänger herankommt, finde ich es dennoch lesenswert und habe es selbst die meiste Zeit gern gelesen. Definitiv konnte es mich an die Autorin und auch an die Reihe binden, sodass ich garantiert auch zum dritten Band greifen werde, wenn er erscheint.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.04.2018
Eine Liebe, in Gedanken
Bilkau, Kristine

Eine Liebe, in Gedanken


sehr gut

Eine Liebe und das ganze Leben

Toni und Edgar scheinen ein Traumpaar zu sein. Toni ist etwas unkonventionell, abenteuerlustig, unabhängig und lebensfroh. Edgar ist davon fasziniert und findet in Toni seiner Meinung nach die perfekte Partnerin, die er bewundert für ihre Eigenschaften, ohne sie selbst zu teilen. Lange führen beide ein scheinbar perfekte Beziehung. Doch Edgar will sich nicht binden, während Toni nichts dagegen hätte. Von Toni dazu ermutigt, tritt Edgar schließlich einen Außenhandelsposten in Hongkong an. Toni soll nachkommen, sobald Edgar sich etabliert und eine Wohnung gefunden hat. Doch ein Jahr lang wartet Toni Monat um Monat und löst schließlich die Verlobung. Rund 50 Jahre später fragt sich Tonis Tochter, die gerade ihre Mutter beerdigt hat und die von ihrer Mutter viele Geschichten über Edgar und die Zeit mit ihm gehört hat, ob ihre Mutter nun gescheitert ist oder ein glückliches, und vor allem das Leben, das sie gewollt hat, geführt hat.

Bilkau zeichnet sehr menschliche Figuren, die einem sehr lebensnah erscheinen. Welches Kind kennt es nicht, dass es den "alten Geschichten" der Eltern wenig Aufmerksamkeit schenkt, weil es nicht interessiert und immer wieder die alten "Kamellen" sind. Auch Tonis Tochter ärgert sich letztlich, nicht genau hingehört zu haben, Details vergessen zu haben und damals nicht begriffen zu haben, welche Gefühle ihre Mutter bewegten. Dennoch war Edgar für sie immer wie ein Schatten, der das Leben ihrer Mutter begleitete. Nun rollt sie die Geschichte anhand der Unterlagen und Briefe ihrer Mutter wieder auf und versucht zu verstehen, was damals passiert ist und ob ihre Mutter einen Abschluss finden konnte oder ewig von den Ereignissen beeinflusst wurde. Es wird nicht besser dadurch, dass Edgar nicht weit entfernt ein Sommerhaus hat und jedes Jahr für eine kurze Zeit in Tonis Nähe wohnt. Nun muss Tonis Tochter ihn, einen für sie völlig Fremden, der ihr aufgrund der Geschichten doch so unendlich vertraut erscheint, bei seinem nächsten Aufenthalt über Tonis Tod informieren. Wie wird er es aufnehmen? Wie wird er sie aufnehmen? Und wird sie von ihm Antworten bekommen? Nicht nur all diese emotionalen und gedanklichen Vorgänge zeichnet Bilkau glaubhaft und nachfühlbar nach, sondern sie fängt auch die Aufbruchsstimmung der 1960er sehr plastisch ein. Die ganze Geschichte über wird einem Edgar nie ganz sympathisch, blitzt doch auch bei ihm immer wieder das damalige Frauenbild durch. Auch wenn er von Tonis Art, Ungezwungenheit und Selbstbewusstsein fasziniert ist, maßt er sich doch immer wieder an, Dinge von ihr fernzhalten und für sie zu entscheiden. Auf die Frage beispielsweise, warum er sie nicht direkt mit nach Hongkong nimmt, antwortet er, das sei nichts für eine Frau und so, wie er momentan lebe, könnte sie nicht leben und würde es ihr nicht gefallen.

"Eine Liebe, in Gedanken" ist eine emotionale Geschichte, die völlig ohne Kitsch und Pathos auskommt. Sie ist nicht rosarot und zuckerwattesüß, sondern realistisch, bodenständig, bittersüß und voller unterschwelligem Herzschmerz. Mir hat die Geschichte gut gefallen, hat mich hineingezogen und mitfühlen lassen, auch wenn sie vielleicht nicht so nachhallt und zum Nachdenken anregt, wie manch andere. Es ist dennoch ein gelungenes Buch über die Wege, die das Leben geht und die Entscheidungen, die wir, mal zum Besseren, mal zum Schlechteren, treffen oder die für uns getroffen werden und mit denen wir uns irgendwie arrangieren (müssen).

Bewertung vom 25.04.2018
Hologrammatica
Hillenbrand, Tom

Hologrammatica


ausgezeichnet

Was für ein Lesespaß!

Ich bin kein großer Science-Fiction-Leser, einen guten Wissenschaftsthriller lese ich dagegen ganz gern hin und wieder mal. Hillenbrand ist es gelungen, beides auf sehr gelungene Weise miteinander zu verbinden. Ich fand dieses Buch wahnsinnig spannend und flog förmlich durch die Seiten. Von einigen der Grundideen her hat mich das Buch an die Netflix-Serie "Altered Carbon" erinnert, die ich vor Kurzem beendet habe. Im Kern geht es in beiden um die Entkopplung von Körper und Geist. Wie lassen sich Wissen und Erinnerungen extern speichern, damit man sich mehrerer Körper bedienen kann, ohne seinen eigentlich Körper zu beschädigen? Und was kann man dann damit alles machen? Letztendlich geht es dabei auch um die Unsterblichkeit, nach der die Menschheit strebt.
Das Buch lässt sich auch deshalb flüssig lesen, weil viele Erklärungen sehr einfach gehalten sind. Ich war mir auch nicht immer sicher, wie realistisch die Erklärungen und Gegebenheiten waren, aber zugunsten von Spannung und Unterhaltung habe ich mich damit nicht aufgehalten. Vor allem spielt das Buch mit Zukunftsvisionen und -träumen der Menschheit, aber auch mit der Skepsis gegenüber Technik und künstlicher Intelligenz. Während alle gern die Annehmlichkeiten genießen, stellen sich manche die Frage, was und wem sie noch trauen können. Und während die Abhängigkeit von der Technik immer größer wird, stellt sich zunehmend die Frage, was passiert, wenn diese Technik mit ganz eigenen Motiven gesteuert wird.

Die Hauptfigur des Romans ist erfrischenderweise mal kein hochattraktiver, mega-erfolgreicher Jungspund, sondern Singh ist ein Mann mittleren Alters, der eigentlich Erbe eines Milliardenimperiums ist, doch dieses nicht antreten will. Und das in einer Zeit, in der die vom Klimawandel zerstörte Welt eigentlich nur noch von Supernationalen, also rieisigen Konzernen, die sich bis in den Weltraum erstrecken, regiert wird. Interessant ist auch, dass Singh homosexuell ist, das aber absolut natürlich in diesen Roman einfließt, in keinster Weise im Vordergrund steht und auch überhaupt nicht belehrend oder pädagogisch wirkt. Sowieso spielen Sexszenen in diesem Buch keine Rolle, außer dass sie am Rande angedeutet werden und auch hierbei natürlich wirken, ohne dass der Leser dabei das Schlafzimmer betritt und zum Voyeur wird. Das ist eine erfrischende Abwechslung zu vielen anderen Romanen, bei denen man das Gefühl hat, dass immer mindestens eine Sexszene untergebracht werden müsste. Dementsprechend ist auch der "romantic interest" hier eher Nebensache und dient wohl mehr dazu, Sympathien zu weiteren Figuren und ihrem Schicksal aufzubauen. Singhs sexuelle Orientierung beeinflusst zwar dessen Leben, aber bestimmt nicht vordergründig die Handlung des Buches oder die Charakterzeichnung der Hauptfigur.

An manchen Stellen mag die Handlung erst einmal ein wenig verworren wirken, aber die Puzzleteile fallen immer recht bald und vor allem am Ende an ihren richtigen Platz und ergeben Sinn. Und vor allem wird dabei immer der Spannungsbogen aufrecht erhalten. Das offen gehaltene Ende lässt auf eine Fortsetzung hoffen. Also ich wäre sofort wieder an Galahad Singhs Seite.

Hillenbrands Buch "Hologrammatica" hat mich sehr gut unterhalten. Zudem hat es durchaus auch zum Nachdenken angeregt, auch wenn vielleicht nicht alles aus Sicht von Technologen glaubhaft, realistisch oder technisch machbar war. Mir erschien es plausibel genug und "Hologrammatica" ist mein Hochspannungsbuch dieses Frühjahrs, das ich auch gern weiterempfehle.

Bewertung vom 23.04.2018
Mercy Seat
Winthrop, Elizabeth Hartley

Mercy Seat


ausgezeichnet

Louisiana, 1940er Jahre: Es soll Will Jones' letzter Abend sein. In dieser Nacht soll das Todesurteil gegen den jungen Afroamerikaner, der fast noch ein Kind ist, vollzogen werden. Er soll ein weißes Mädchen vergewaltigt haben, doch in Wahrheit waren die beiden ein Paar. Grace konnte ihm jedoch vor Gericht nicht helfen. Kurz nach der Entdeckung durch den Vater beging sie Selbstmord. Ganz St. Martinsville ist heute Abend unruhig. Die einen freuen sich auf ein Spektakel, während sich die anderen mit schwerem Herzen zur Hinrichtung begeben, die sie bezeugen müssen. Einigen von ihnen kommen Zweifel an der Rechtmäßigkeit dessen, was geschehen soll, nicht zuletzt dem Staatsanwalt, der für das Urteil verantwortlich ist ...

"Mercy Seat" ist sehr beklemmend und dennoch ein sehr, sehr gutes Buch. Die Handlung findet lediglich während der letzten 24 Stunden bis zur Vollstreckung des Todesurteils statt und trotzdem bekommt man einen sehr tiefen Einblick in das Leben in Louisiana zu dieser Zeit, in der Bürger sich offen zu ihrer Mitgliedschaft im Ku-Klux-Klan bekennen und es für die Vergehen von Schwarzen ganz andere Strafmaßstäbe gibt als für die Vergehen von Weißen. Dieser Einblick gelingt besonders durch die vielen verschiedenen Perspektiven von Personen, die alle in irgendeinem Zusammenhang mit dem Geschehen stehen ... oder noch stehen werden. Da ist Lane, selbst Häftling, der jedoch als Weißer für einen Mord nur zehn Jahre Haftstrafe bekommen hat, von denen er sechs bereits abgesessen hat. Sein erster Tag Freigang dient dazu, zusammen mit einem Captain den elektrischen Stuhl nach St. Martinsville zur Hinrichtung zu fahren. Da sind auch Ora und Dale, die die Tankstelle betreiben, an der Transport mit dem elektrischen Stuhl vorbeikommt und die noch anderweitig mit der Handlung verknüpft sein werden. Auch Frank, Wills Vater, ist auf den Weg nach St. Martinsville. Er hat den Grabstein für seinen Sohn besorgt. Doch er hat das Ganze so lange hinausgezögert, dass er jetzt möglicherweise gar nicht rechtzeitig zurück sein wird, um seinen Sohn noch einmal zu sehen. Hannigan, der Priester, kommt ebenso zu Wort, wie der Staatsanwalt Polly und auch dessen Frau, die ihren Mann zum ersten Mal hinterfragt, und sein Sohn Gabe, der sich in dieser Welt zu orientieren versucht und dessen Sicherheit nicht wenig mit Pollys Entscheidungen zusammenhängt. Und natürlich Will, der keinen Kampfgeist mehr hat und dessen Perspektive die Handlung noch erdrückender und beklemmender macht, wenn man mit ihm seine verbleibende Zeit herunterzählt.
Dieses Buch ist unglaublich gut. Es schafft, den Leser zu fesseln und zu berühren und ist dabei in keinem Moment kitschig, pathetisch oder moralisierend. Die kurzen Kapitel aus den immer wieder wechselnden Perspektiven treiben beim Lesen geradezu an, sie bestehen jeweils immer nur aus wenigen Seiten und dennoch schafft die Autorin es, eine komplexe Situation herzustellen und eine Atmosphäre zu schaffen, in der man sowohl die Angst und Trauer der direkter Betroffenen spürt, als auch die Wut des Mobs und die sengende Hitze des Landstrichs. Die Figuren sind so lebensecht und glaubhaft gezeichnet, dass man glaubt, man müsste nur die Hand nach ihnen ausstrecken. Aber die Autorin erspart dem Leser auch nichts. Man bekommt zunehmend Beklemmung, hofft immer stärker auf einen Ausgang mit Happy End und spürt fast körperlich den Uhrzeiger ticken.

Winthrop gibt einen schonungslosen Einblick in eine Gesellschaft, in der das Leben von Menschen unterschiedlichen Wert hat und in der Rachebedürfnis und "White Supremacy" zu massiver Ungerechtigkeit führen, die selbst die Afroamerikaner hinnehmen und nicht in Frage stellen. "Mercy Seat" vermittelt stärker als jeder Pressebericht und jede öffentliche Debatte das Bedürfnis, so etwas nie wieder geschehen zu lassen. In meinen Augen ist dieses Buch inhaltlich extrem wertvoll und dabei gleichzeitig anspruchsvolle Literatur.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.02.2018
Bananama
Hirth, Simone

Bananama


gut

Ungewöhnlich, aber für mich zu viele offene Fragen

Bananama. Das ist das Aussteigerparadies einer Familie. Ein großer Garten, der Obst und Gemüse liefert, weit ab vom Schuss. Doch es bleibt nicht paradiesisch. Der Wald scheint ans Haus heranzurücken. Schreie dringen aus dem Wald und die Eltern beginnen, die Türen abzuschließen. Immer häufiger fühlt sich das Paradies wie ein Gefängnis an. Wie mag das Ganze auf ein Kind wirken? Die 6-jährige namenlose Erzählerin beobachtet die Entwicklung ihrer Eltern und ihrer eigenen Bedürfnisse. Immer häufiger leidet sie unter Angst und Einsamkeit, so als einziges Kind auf Bananama, dem die Eltern viele Erklärungen schuldig bleiben.

Leider bleibt das Buch selbst dem Leser ebenfalls viele Antworten schuldig. Mit offenen Ende kann ich so schon selten gut umgehen. Aber hier bleibt dann auch noch so vieles ungeklärt und mysteriös. Selbst für scheinbar zentrale Ereignisse gibt es keine Auflösung. Man kann dadurch zwar die Sicht der kleinen Erzählerin besonders gut nachvollziehen, aber als Leserin eines Buches, eines Romans, reicht mir das nicht. Zudem hat dieses recht junge Kind immer wieder so tiefgreifende philosophische und logische Gedankengänge, dass ich an ihrem Alter gezweifelt habe (vor allem, da ich selbst ein Kind in dem Alter habe). Ansonsten ist der Erzählstil jedoch auch immer wieder kindlich-naiv und vermag dadurch den anfänglichen Zauber des ungewöhnlichen Lebens zu transportieren. Was ich sehr genossen habe, war ein kleiner feiner Humor und vielleicht auch eine gewisse Schadenfreude in der Aufdeckung der Doppelmoral dieser Aussteiger. Denn hier wird deutlich, dass es gar nicht so einfach ist, sich loszusagen und dass es doch etliche Annehmlichkeiten gibt, auf die man nur schwer verzichten möchte. Hier schreibt die Autorin schon mit spitzer Feder und einem Augenzwinkern.

"Bananama" mag ein moderner Roman sein und er thematisiert herrlich ironisch die Widersprüche in der Gesellschaft und der Utopie einer ganzen Bevölkerungsschicht. Aber für meinen Geschmack ist der Roman zu unfertig und lässt einfach ein paar Fragen zu viel offen.

Bewertung vom 19.02.2018
Ein mögliches Leben
Köhler, Hannes

Ein mögliches Leben


sehr gut

Weltkriegsgeschichte mit etwas anderem Ansatz

Normandie, Frankreich, 1944: Franz Schneider sollte Teil einer Gegenoffensive werden. Stattdessen sitzt er im Sand und wartet auf seinen Abtransport. Als Kriegsgefangener der Amerikaner. Rund 70 Jahre später geht er mit seinem Enkel auf Spurensuche. Zusammen besuchen sie die alten Stätten der Kriegsgefangenschaft in den USA und langsam erzählt Franz die wahre Geschichte, wie er einen seiner Finger verlor. Auch befasst er sich endlich mit seiner Tochter, die nun selbst im hohen Alter ist und die ihren Vater nicht in guter Erinnerung hat.

"Ein mögliches Leben" hat zwei Hauptthemen. Einerseits geht es um Familien, die Beziehungen untereinander und das Erbe von einer Generation zur nächsten. Jede der vier Generationen der Familie hat ihre eigenen Themen und Probleme im Beziehungsbereich, die meiner Meinung nach nicht zwangsläufig auf den zweiten Weltkrieg zurückzuführen sind, sondern die jede Familie auch mit anderem Hintergrund treffen könnte. Welcher Mensch leidet nicht irgendwo unter den Unzulänglichkeiten der eigenen Eltern. Diese Geschichte zeigt lediglich, wie die einzelnen Figuren geprägt sind von den Verhaltensweisen und Problemen der vorherigen Generationen.
Das zweite Hauptthema des Buches ist die Kriegsgefangenschaft deutscher Soldaten in den USA. Das ist für mich der spannendere Teil, denn mir war nie bewusst, dass die Gefangenen wirklich nach Amerika verschifft wurden. Und auch nicht, dass viele Gefangene auch da noch von Hitlers kurz bevorstehendem Sieg überzeugt waren. Zusammenstöße mit nicht linientreuen Kameraden sind vorprogrammiert. Und so wird die Gefangenschaft zum Albtraum, obwohl es den deutschen Soldaten bei den Amerikanern teilweise erheblich besser geht als an der deutschen Front.
Franz bleibt die ganze Zeit eine zwiespältige Figur, aber dadurch immer besonders glaubwürdig. Martin ergänzt ihn gut, wenn auch meist nur als Nebendarsteller. Erzählt wird die Geschichte in drei großen Abschnitten. Zunächst verfolgt man die Reise durch Amerika und was diese an Erinnerungen aufdeckt. Anschließend rollt Franz' Tochter die weiteren Ereignisse mit Hilfe von alten Dokumenten auf. Und schließlich füllt eine Rückblende in die 1940er die Lücken. Mich hat lediglich der Sprung zwischen der Reise und der Tochter gestört, da er sehr abrupt war.

Insgesamt habe ich die in vielen Rezensionen angedeutete Auswirkung der Geschichte auf die familiären Beziehungen so nicht gefunden. Die Familiengeschichte hätte meiner Meinung nach vor jeder Kulisse stattfinden können. Der historische Teil selbst hat mich aber sehr gefesselt und mir noch einmal einen neuen Blickwinkel auf ein viel behandeltes Thema ermöglicht. Hier habe ich richtiggehend mitgefiebert. Man merkt die intensive Recherche und noch mehr Eindruck macht die Geschichte durch die Tatsache, dass sie auf Zeitzeugenberichten aufbaut. Franz' Alter macht auch deutlich, dass es diese bald nicht mehr geben wird. Für mich ein insgesamt gelungenes Buch.

Bewertung vom 28.01.2018
Woman in Cabin 10
Ware, Ruth

Woman in Cabin 10


gut

Unsympathische Protagonistin stört die Logik und die Spannung

Lo Blacklock hat das große Los gezogen. Sie darf ihre Chefin beim Reisemagazin "Velocity" auf einer Luxuskreuzfahrt nach Norwegen vertreten. Doch schon die erste Nacht entpuppt sich als Alptraum. Lo wird von Geräuschen in der Nachbarkabine, Kabine 10, geweckt. Kurz darauf hört sie ein Platschen. Als sie nachsieht, glaubt sie, eine Gestalt im Wasser untergehen zu sehen. Doch als sie sich an den Sicherheitschef wendet, deutet nichts auf die nächtlichen Ereignisse hin. Zudem ist Kabine 10 nie belegt gewesen. Doch wer war die Frau in Kabine 10, mit der Lo noch am Tag zuvor gesprochen hat und wohin ist sie verschwunden? Die Kreuzfahrt wird zunehmend zum Alptraum und bald fühlt Lo sich direkt bedroht ...

Der Verlag hat eine große Werbekampagne für dieses Buch angelegt und dementsprechend hoch waren meine Erwartungen. Leider war das Leseerlebnis aber eher frustrierend, auch wenn das Buch einige Lichtblicke hatte. Der größte Störfaktor war leider die Protagonistin. Los Verhalten ist extrem schwer nachvollziehbar für die Anfang Dreißig, die sie sein soll. Sie kommt als naiv, leichtgläubig, weltfremd und wenig selbstbewusst daher. Die Journalistin, und sei es "nur" Reisejournalistin, habe ich ihr zu keinem Zeitpunkt abgenommen. Zudem bringt Lo einen ganzen Sack an Problemen mit an Bord: sie hat ein Alkoholproblem, nimmt Antidepressiva und leidet unter einer ziemlich stark ausgeprägten Angststörung. Durch ein vorangegangenes Erlebnis ist sie zudem völlig überspannt. Was in "Girl on the Train" noch funktioniert haben mag, nämlich eine unzuverlässige Protagonistin zu erschaffen, geht hier ziemlich nach hinten los. Lo ging mir recht schnell auf die Nerven und ich konnte mich auf dieses Glaubwürdigkeitsspiel nicht einlassen. Durch die Begrenzung des Schiffs auf lediglich 10 Kabinen ist das "Personal" recht übersichtlich und eine Zeit lang wirkt das Buch wie ein klassischer "Whodunnit"-Krimi, der immer wieder andere Verdächtige in den Fokus nimmt. Leider bleibt das Buch gerade hier hinter seinem Potenzial zurück und die Handlung im Mittelteil zieht sich ziemlich, ohne dass es größere Entwicklungen gibt. Lichtblicke in der Spannung treten jedoch zwischendurch kurz auf, wenn Lo sich konkret bedroht fühlt oder kleine Einschübe schon einen Vorausblick auf weitere Entwicklungen geben. Schließlich gibt es dann in meinen Augen doch noch eine kleine Überraschung und zum Ende hin zieht die Spannung noch einmal etwas an. Allerdings sollte man die Logik nicht immer zu genau unter die Lupe nehmen. Ich konnte mich aber bis zum Ende nicht für die Protagonistin erwärmen und so hatte ich eher ein Gefühl der Erleichterung, als sich unsere Wege schließlich trennten.

Alles in allem blieb dieser Thriller stark hinter meinen Erwartungen zurück, was schon aufgrund der groß angelegten Kampagne sehr schade ist. Da es jedoch an der ein oder anderen Stelle trotz der Protagonistin doch etwas spannend war und sich insgesamt auch flott weg las, runde ich meine 2,5 Sterne auf 3 Sterne auf.

Bewertung vom 21.01.2018
Leere Herzen
Zeh, Juli

Leere Herzen


sehr gut

Gesellschaftskritik in einen Thriller verpackt

Deutschland in naher Zukunft. Die Besorgte-Bürger-Bewegung stellt die Regierung und schränkt nach und nach die Freiheiten der Bürger ein. Die Geschichte ist im Hippster-Bürgertum angesiedelt. Berlin und seine Szene-Kieze sind inzwischen uncool, man zieht nach Braunschweig, wo die Häuser noch bezahlbar sind und sich alles in beruhigender Durchschnittlichkeit bewegt. Britta und ihre Freunde haben sich in ihrer Bequemlichkeit eingerichtet, sind pragmatisch geworden und gehen seit Jahren nicht mehr wählen. Die Welt da draußen geht sie in ihrer mittelstädtischen Idylle nichts an. Außer dass Britta die politische Situation monetarisiert hat. Gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Babak hat sie ihre Firma "Die Brücke" aufgezogen. Vordergründig ist es eine physiotherapeutische Praxis mit Lebensberatung, doch dahinter steckt ein knallhartes und pragmatisches Geschäft mit dem Tod. Doch dann erfahren Britta und Babak aus den Nachrichten, dass ihnen jemand Konkurrenz macht und ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Nicht nur das Geschäft, sondern auch Britta und Babak und alle, die ihnen nahe stehen, sind in Gefahr.

Juli Zeh hat mit diesem Buch eine realistische Dystopie in einen spannenden Thriller verpackt, der mich kaum losgelassen hat. Vieles ist nah an die aktuellen Entwicklungen angelehnt und somit die Botschaft manchmal sehr offenkundig. Doch das hat mich gar nicht so gestört, weil man die Gefahren der derzeitigen Entwicklungen weltweit wahrscheinlich gar nicht deutlich genug aufzeigen kann. Hinzu kommt, dass die Autorin den Figuren leben eingehaucht hat und man sie sich sehr gut bildlich vorstellen kann, da sie das Bildungsbürgertum sehr gut abbilden. Sie sind sehr gut ausgearbeitet und auch das ganze Setting ist gut und glaubhaft konstruiert. Sogar Brittas Geschäftsidee ist in diesem Rahmen einfach nur eine logische Konsequenz. Was mich jedoch zum Ende hin gestört hat ist die zunehmende Verworrenheit und dass die Moral letztlich irgendwie versandet. Hier fehlte mir die abschließende Konsequenz und Eindeutigkeit. Zudem konnte ich die Verwicklungen der einzelnen Akteure nicht mehr gut auseinander halten und Brittas Handlungen nicht mehr immer logisch nachvollziehen.

Dennoch war das Buch durchweg spannend und eine gut platzierte Gesellschaftskritik, die zum Nachdenken anregt und die ich weiterempfehlen würde.

5 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.