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Benutzername: 
duceda
Wohnort: 
Bruchsal

Bewertungen

Insgesamt 87 Bewertungen
Bewertung vom 03.09.2021
Die Berge, der Nebel, die Liebe und ich
Randau, Tessa

Die Berge, der Nebel, die Liebe und ich


ausgezeichnet

Als ich auf das neue Buch von Tessa Randau aufmerksam wurde, hatte ich ihr erstes zwar noch nicht gelesen, aber es schon lange als Hörbuch im Regal liegen und hatte schon lange vor, es endlich zu hören. Deshalb habe ich beide Bände nun in kurzer Zeit hintereinander gelesen. Ich muss ehrlich sagen, hätte ich das erste Buch schon früher gelesen, hätte ich nach dem zweiten vermutlich gar nicht mehr gegriffen. Woran das lag, will ich nun beschreiben.
Schon im ersten Buch, wie nun auch in "Die Berge, der Nebel, die Liebe und ich" gefiel mir der Schreibstil sehr gut, wie auch die Ausgangssituation, in der die Bücher beginnen. In "Die Berge, der Nebel, die Liebe und ich" beginnt die Handlung in einer Hütte in den Bergen, in welcher die namenlose Protagonistin und ihr Mann ein gemeinsames Wochenende verbringen. Auf den folgenden Seiten folgten immer wieder Rückblicke, die die innere Aufgewühltheit der Protagonistin und die Probleme in ihrem Leben, vor allem mit ihrem Mann, erklärten und auch verdeutlichten, weshalb die Protagonistin so viele Hoffnungen in das gemeinsame Wochenende steckte. Schnell stellt sich heraus, dass ihr Mann andere Pläne mit der freien Zeit hatte, es kommt zum Streit und die Protagonistin macht sich alleine auf eine Wanderung auf. Auf dieser begegnet sie einem alten Mann und durch die Gespräche mit ihm gelingt ihr ein anderer Blick auf ihre Beziehung und sie findet den Schlüssel zum Glück in der Liebe. So weit, so gut. An sich fand ich die Geschichte wirklich unterhaltsam und kurzweilig. Das Lesevergnügen, das ich mit dem dünnen Büchlein hatte, war zwar sehr kurz (nur knapp über eine Stunde habe ich für die 155 Seiten gebraucht), aber Denkanstöße gibt die Geschichte dennoch. Trotzdem sind hier nicht wirklich neue Weisheiten dabei, viele Prinzipien, die n den Unterhaltungen mit dem alten Mann zur Sprache kamen, kannte ich schon, ich glaube sogar aus der Schule. Klar, diese werden einem durch das Buch wieder neu in Erinnerung gerufen, aber wirkliche Aha-Momente hatte ich während der Lektüre nicht...
Was mich tatsächlich umso mehr gestört hat, waren die zahlreichen Parallelen zum ersten Buch der Autorin, die mich bei einem längeren Roman sicherlich irgendwann bis ins Unendliche genervt hätten. Die Ausgangssituation ist in beiden Fällen ein (erhoffter) Zufluchtsort, die Protagonistin in beiden Fällen namenslos. Ich denke, dass sich durch dieses Element viele Leser/innen persönlich angesprochen fühlen sollen, für den Lesefluss hätte mir ein Name aber besser gefallen. In beiden Büchern spielt sich der Überwiegende Teil der Handlung nicht im tatsächlichen, problembehafteten Leben der Protagonistinnen ab, sondern in den Gesprächen mit dem alten Mann, beziehungsweise in Buch 1 mit einer alten Frau. Und auch die Floskeln und Prinzipien, die zur Sprache kommen, sind zwar durch das unterschiedliche Grundthema anders, aber doch auch irgendwie gleich.
Mich persönlich hat das Buch nicht vom Hocker gehauen, auch wenn ich es dennoch flüssig lesen konnte und die Geschichte auch einen gewissen Unterhaltungswert und Anregungen zum Nachdenken bot. Jeder, dem schon Band 1 sehr gut gefallen hat, wird sicherlich auch dieses Buch gerne mögen, für alle anderen sehe ich keine nennenswerten Veränderungen zum ersten Buch.

Bewertung vom 30.08.2021
Flucht nach Patagonien
Revedin, Jana

Flucht nach Patagonien


ausgezeichnet

„Flucht nach Patagonien“ war für mich ein schwieriges Buch. Vor allem zu Beginn hatte ich unglaubliche Schwierigkeiten mit dem Schreibstil, der mir teilweise grammatikalisch falsch vorkam, was vermutlich einfach an den ungewöhnlichen Satzkonstruktionen lag. Immer wieder blieb ich an Sätzen hängen, rätselte über deren Korrektheit, über die richtige Kommasetzung, etc., anstatt meinen Fokus wirklich auf den Inhalt der Geschichte legen zu können. Hinzu kamen die ausufernden Beschreibungen der uninteressantesten Dinge, die es mir zudem schwer machten, mich auf die Geschichte zu konzentrieren und eine Handlung, einen Leitfaden in der Geschichte zu entdecken. Dadurch wurde das Buch für mich langatmig und teils auch langweilig, der Zugang zur Geschichte und zu den Figuren blieb mir lange verwehrt. Im Laufe der Geschichte wurde es immer besser, wenngleich ich zugeben muss, dass ich das Buch bis zuletzt eher überflogen habe, anstatt jeden Satz aufmerksam zu lesen. Sehr schade.
Schwierigkeiten hatte ich neben dem Schreibstil auch mit den Figuren, beziehungsweise mit der Fülle an Figuren im Roman. Jean-Michel Frank war mir bis dato unbekannt, ebenso wie viele andere historische Figuren aus dem Roman. Gleichzeitig werden in dem Buch aber wahnsinnig viele historische, bekannte Persönlichkeiten erwähnt und in die Handlung integriert, darunter Amelia Earhart, Le Corbusier, Thomas Mann, die Familie Frank (besonders Anne Frank) und viele mehr. Diesen Aspekt fand ich zwar wahnsinnig interessant und die Geschichte wurde durch die vielen Verknüpfungen sicher sehr realitätsnah erzählt, in Verbindung mit zusätzlich vielen, vielen mir unbekannten Persönlichkeiten war die Anzahl an erwähnten Nebencharakteren im Buch allerdings so hoch, dass ich nicht selten verwirrt war, von wen denn noch gleich die Rede ist und ich mit den meisten Figuren auch nicht viel anfangen konnte. Auch die wichtigsten Nebencharaktere blieben sehr blass und unnahbar, es wurden wenige Charakterzüge beschrieben und ich konnte keine Sympathien aufbauen. Selbst den Zugang zu Jean fand ich nur sehr selten und sehr schwer. Und trotzdem muss ich sagen, dass mir Jean mit der Zeit ans Herz gewachsen ist und es immer wieder Aspekte in der Geschichte gab, durch die ich das Buch dann doch nicht aus der Hand legen konnte und weiteren Ausführungen entgegengefiebert habe.
Zu Beginn fand ich die außergewöhnliche Erzählperspektive sehr spannend. Jean schreibt seine Lebensgeschichte auf, das Buch ist aber dennoch in der Es-Perspektive geschrieben. Dabei fand ich es sehr gelungen, wie die Übergänge von Passagen, in welchen Jean in der Gegenwart im Fokus steht, wie er auf seiner Reise nach Patagonien an Bord der Madrid seine Geschichte in ein Kassenbuch schreibt zu den tatsächlichen Ereignissen in der Vergangenheit, vorgenommen wurden. Durch immer wieder vorkommende Schwankungen in die weiter entfernte Vergangenheit und für mich unzureichende Einführungen verschiedener Nebenfiguren, wie etwa Jeans Jugendliebe Rene, war die Geschichte zu Anfang dennoch sehr wirr und schwierig zu verstehen. Toll fand ich, wie mit der Ankunft in Patagonien der Rückblick in Jeans Vergangenheit endete und die Geschichte ausschließlich aus der gegenwärtigen Perspektive berichtet wurde.
Abschließend muss ich sagen, dass ich „Flucht nach Patagonien“ echt schwer zu lesen fand und mir von der Geschichte mehr erhofft hatte. Wenn man sich Zeit für das Buch nimmt und wirklich interessiert an der Vielfalt an Personen in Jeans Leben ist, hat das Buch dennoch einen interessanten Aufbau und außergewöhnlichen Schreibstil zu bieten. Persönlich kann ich der Geschichte dennoch nur 3 Sterne geben.

Bewertung vom 30.08.2021
Ritchie Girl
Pflüger, Andreas

Ritchie Girl


ausgezeichnet

"Ritchie Girl" ist ein etwas anderes Buch über die Zeit des Nationalsozialismus als die historischen Romane, die ich in der letzten Zeit sonst über das Thema gelesen habe. Das Setting ist ein anderes, die Protagonistin Paula, die als junge Frau von Deutschland nach Amerika ging und nun als Angehörige des US-Militärs nach Deutschland zurückkehrt, um Antworten zu finden, die Wahrheit herauszufinden und die Frage nach der Schuld zu klären - sowohl in Bezug auf große Kriegsverbrecher, als auch auf sich selbst.
Vor allem während der ersten Hälfte des Buches konnte die Geschichte mich nicht immer abholen, ich hatte Probleme mit dem Schreibstil, aber auch mit vielen Aussagen, zu denen mir der historische Kontext oder das Hintergrundwissen fehlte. Vieles habe ich nicht ganz verstanden, habe bei manchen neuen Erkenntnissen nicht differenzieren können, wer "gut" und wer "böse" ist. Hier hätte ich mir mehr Erklärungen gewünscht, auch wenn dadurch die Authentizität der Dialoge vielleicht etwas gelitten hätte. Schwierig fand ich auch die Zeit- und Ortswechsel, die ab und zu ohne Erklärungen oder eine neue Einordnung stattfanden. Was gerade passiert und wo und wann sich die Handlung abspielt, habe ich mir dann nur durch die ersten Sätze zusammenreimen können.
Ab der Hälfte wurde vieles besser, die Handlung wurde klarer und ich konnte mein Vorhandenes Wissen über die Zeit besser anwenden, so dass es nur noch wenige Verständnisprobleme gab. Paula machte eine große Charakterentwicklung durch, durch die sie mir sympathischer wurde und mehr Echtheit bekommen hat. Gerade in dieser zweiten Hälfte des Buches fand ich die Beschreibungen über Kriegsverbrechen und gängige Praktiken der Endlösung sehr ergreifend und schonungslos ehrlich. Interessant auch die Gedanken zur heutigen Zeit und dem Umgang mit dem Thema Nationalsozialismus. "Ritchie Girl" nimmt kein Blatt vor den Mund und lässt den Leser mit einem mulmigen Gefühl zurück. Das Buch frägt nach der Schuld einer ganzen Gesellschaft und zeigt, dass wir die damaligen Verbrechen noch lange nicht verjährt sind und niemals in Vergessenheit geraten werden.

Bewertung vom 11.08.2021
Die Heimkehr der Störche / Die Gutsherrin-Saga Bd.2
Graw, Theresia

Die Heimkehr der Störche / Die Gutsherrin-Saga Bd.2


ausgezeichnet

Da ich schon "So weit die Störche ziehen" unglaublich intensiv und gut fand, habe ich mich riesig darauf gefreut, nun auch den Folgeband der Saga von Theresia Graw zu lesen. Ich war gespannt, welche Handlung nach dem Ende des Krieges nun auf mich zukommen wird und habe mich gefragt, ob dieses Buch an den ersten Teil heran kommen kann. Nachdem ich es gelesen habe, kann ich letzteres definitiv bestätigen, ich glaube, diesen Teil fand ich sogar noch besser!
Die Autorin erzählt mit einem unglaublich fesselnden und echten Schreibstil tiefgreifend und hautnah von der deutschen Geschichte und bettet diese so gekonnt in das Leben der Protagonistin Dora ein, dass man fast das Gefühl hat, live dabei zu sein. Dora, die als Protagonistin im ersten Roman eine unglaubliche Entwicklung durchgemacht hat, fand ich auch in diesem Buch sehr authentisch und sympathisch. Sie hat sich nicht alles gefallen lassen und hat je nach Situation ihre Stimme erhoben und für ihre Chance auf ein besseres Leben gekämpft, doch auch sie ist immer wieder am System der DDR verzweifelt und gescheitert. Auch die Nebencharaktere fand ich sympathisch, vielschichtig und einzigartig. Dora gerät in Ostberlin zwischen die Fronten von Systemkritikern und Sympathisanten, so dass man die politischen und gesellschaftlichen Schwierigkeiten anhand einzelner Personen miterlebt und versteht.
Die Handlung ist rasant und Dora gerät immer wieder in schwierige Situationen. Es ist heute kaum vorstellbar, wie oft ein Mensch alles hinter sich lassen muss und vor den Scherben seines Lebens steht. Wie oft das Land, in dem man lebt, sich gegen einen stellen kann. Und doch kann ich mir gut vorstellen, dass ihr Leben so oder so ähnlich auch tatsächlich hätte ablaufen können. Gleichzeitig ist das Buch aber auch wahnsinnig hoffnungsvoll und zuversichtlich.
Die historischen Hintergründe sind detailliert recherchiert und beschrieben und ich persönlich habe auch viel aus der Geschichte gelernt und mitgenommen. Die Autorin erweckt in ihren Büchern ein Stück deutsche Geschichte zum Leben und berichtet gleichzeitig auch von einem emotionalen und schwierigen Einzelschicksal.
Fazit: Ein großartiger Roman, der authentisch von der deutschen Geschichte und den Schicksalen der Menschen berichtet und dabei nie die Hoffnung verliert. Für mich ein absolutes highlight, wie auch schon Band 1 und eine große Empfehlung!

Bewertung vom 26.07.2021
Crave / Die Katmere Academy Chroniken Bd.1
Wolff, Tracy

Crave / Die Katmere Academy Chroniken Bd.1


ausgezeichnet

"Crave" ist ein gelungener Auftakt einer neuen Vampirromanreihe von Tracy Wolff. Auch wenn das Buch gerade zu Beginn schon einige parallelen zu den bekannten Twilight-Büchern hat, kristallisiert sich doch immer mehr eine ganz eigene Geschichte mit unvorhergesehenden Wendungen und ganz eigenen Charakteren und Beziehungen heraus. Und auch schon zu Anfang ist das Setting ein ganz anderes, als man als Leser gemeinsam mit Grace nach Alaska reist und an der majestätischen Katmere-Academy ankommt, die neben Vampiren noch ganz andere Figuren beherbergt.
Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, auch wenn sich das Buch während der ersten Hälfte ziemlich gezogen hat, bis Grace endlich herausgefunden hat, was es mit den Schülern auf der Katmere auf sich hat. Bis dahin habe ich diesem Moment ziemlich entgegengefiebert und fand den Weg bis dahin doch etwas anstrengend, da doch offensichtlich war, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht und die Hinweise mehr als eindeutig waren, aber niemand Grace etwas verraten hat. Aber dann nahm die Geschichte so richtig Fahrt auf und auch die Liebesgeschichte zwischen Jaxon und Grace, die sich schon zuvor angebahnt hat, fand ich schön beschrieben und unterhaltsam.
Anfangs war mir Grace teilweise ein bisschen zu zurückhaltend, aber ich fand ihre Entwicklung während des Buches toll, da sie Biss bekommen hat und für sich eingestanden ist. Auch ihre Cousine Macy mochte ich von Anfang an total gerne. Jaxon war ein geheimnisvoller und düsterer Gegenpart, aber auch er hat bewiesen, dass mehr hinter seiner Fassade steckt...
Für mich ein durchaus gelungener Auftakt mit fiesem Cliffhanger, der aber dadurch umso mehr Neugierde auf Teil 2 weckt! Was mich allerdings sehr gestört hat, war der rote Buchschnitt, der leider ziemlich abgefärbt hat, so dass ich das Buch nur lesen konnte, wenn ich etwas untergelegt hatte..

Bewertung vom 19.07.2021
Auszeit
Lühmann, Hannah

Auszeit


ausgezeichnet

Hannah Lühmanns Roman "Auszeit" lässt mich mit der Frage zurück, ob ich durch das Lesen dieses Buches irgendetwas mitgenommen habe, ob es mir etwas gebracht, mich bereichert hat. Leider komme ich immer wieder zu dem Schluss: nicht wirklich und viel Spaß beim Lesen hatte ich auch nicht.
Mit dem Schreibstil, den ich zu Anfang noch interessant und anders fand, hatte ich im Laufe der Geschichte mehr und mehr zu kämpfen. Warum? Er hat mich unglaublich an Schullektüren erinnert, ich hatte bei jedem Satz das Gefühl, nicht ganz seine Bedeutung zu verstehen, eigentlich länger darüber nachdenken zu müssen und einen tieferen Sinn darin zu finden, den ich aber nur selten fand. Dazu kamen viel zu ausschweifende Beschreibungen unnötiger Eindrücke, was es mir schwer machte, an der ohnehin schon sehr handlungsschwachen Geschichte einen Reiz zu finden.
Das Buch ist mehr ein innerer Kampf der Protagonistin Henriette, die nach einem Schwangerschaftsabbruch in eine Sinnkrise stürzt - wobei es mir oft so vorkam, als sei sie in dieser schon ihr halbes Leben lang. Es war schwer, in dieser düsteren und melancholischen Stimmung zu verweilen und den egozentrischen Gedanken dieser mir immer unsympathischeren Frau zu folgen, die ihr gesamtes Leben bedauert. Ein weiteres recht eigenartiges Handlungselement war die Dissertation über Werwölfe, an der Henriette immer mehr verzweifelt, irgendwie interessant, aber genauso mühsam, darüber zu lesen. Gegen Ende nahm die Handlung etwas mehr an Fahrt auf, nur um dann nach einer krassen Wendung, bei der ich auch das letzte bisschen Sympathie an Henriette verlor, nach einem krassen Zeitsprung mit zwei Briefen endete. Das Buch lies mich unzufrieden zurück, mit einer ziemlichen Antipathie für die Protagonistin und doch auch einfach froh, aus dieser merkwürdigen, tristen Stimmung heraus zu sein. Im Buch werden Gefühle verarbeitet, die wahrscheinlich jeder ein bisschen kennt, den Leistungsdruck der heutigen Zeit, das Gefühl, nicht zu genügen, nicht weiterzukommen, in seinem Leben festzustecken. Die Art und Weise, wie damit umgegangen wurde fand ich aber fast noch erdrückender als diese Gefühle selbst, ich hatte mehr das Gefühl, in diesem Buch festzustecken und wie ich bereits zu Anfang sagte, mir fehlt jegliche Bereicherung durch diese Geschichte. Auch hatte ich mir einen anderen, konkreteren Umgang mit dem Thema Abtreibung erhofft. Leider kann ich das Buch nicht empfehlen.

Bewertung vom 11.07.2021
Mut. Machen. Liebe
Nessensohn, Hansjörg

Mut. Machen. Liebe


ausgezeichnet

Mut. Machen. Liebe. hat mich durch den flüssigen Schreibstil ziemlich schnell abgeholt und auf eine fesselnde Reise geschickt. Das Buch konnte ich nach einigen Seiten erst wieder aus der Hand legen, als ich damit fertig war, was mir eine kurze Nacht beschert hat, aber das war es wert! Die Geschichte ging ziemlich abrupt los, als Paul schon längst auf seiner Wanderung durch Italien war und gerade Liz kennen lernte. Ich habe erstmal kurz gebraucht, um mich in dieser neuen Umgebung ohne viel Kennenlernen einzufinden, kam dann aber doch sehr schnell in die Geschichte rein und habe mich auch schnell mit den vielen Anglizismen und Begriffen aus der Jugendsprache angefreundet, die verwendet wurden. Ich bin zwar selbst jung, lese das aber meist nicht so gerne. Die Freundschaft, die sich zwischen Liz und Paul sehr schnell entwickelt hat, fand ich total schön, aber sie hätte ein bisschen mehr ausgebaut sein können. Das war eigentlich auch das hauptsächliche, was das Buch für mich nicht zu einem 5-Sterne-Werk gemacht hab, um damit mal direkt zu starten: Ich hätte mir mehr Hintergrundinfos über die Charaktere und das Setting gewünscht. Manches war zwar wichtig, da es erst im Handlungsverlauf aufgelöst wurde, aber vorneweg hätte ich ein bisschen mehr Input gebraucht, um mir die Charaktere besser vorstellen zu können.
Der Rest des Buches hat mir aber richtig gut gefallen! Paul braucht eine Pause und macht einen Selbstfindungstrip durch Italien, den er ziemlich schnell bereut, aber dann doch zu genießen lernt, als er die 80-jährige Liz trifft und sie seine Reisepartnerin wird. Es passiert alles ziemlich schnell, aber die tiefgründigen Gespräche zwischen Liz und Paul und die vielen Anregungen, die Liz ihm gibt, fand ich inspirierend und schön.
Der zweite Handlungsstrang ist eine Geschichte auf Köln 1957, in der es um Helmut und Enzo geht, die sich in einer Welt, in der Homosexualität eine Krankheit und strafbar ist, entgegen ihrer familiären Pflichten ineinander verlieben. Die Geschichte ist rasant und mitreißend, mit Höhen und Tiefen und ebenso eine Selbstfindungsreise, wie Paul sie heute zu ganz anderen Umständen erlebt. Dennoch gibt es viele Parallelen und mir hat es gut gefallen, wie die beiden Handlungsstränge miteinander verknüpft wurden. Aber auch hier musste ich mich kurz in den Schreibstil einfinden, der zunächst gar nicht nach "Ich erzähle dir eine Geschichte" klang. Spannend fand ich die historischen Hintergründe zur Homosexualität, über die ich bisher kaum etwas wusste. Das Ende war recht offen, was meinem Romantikerherz nicht ganz so gut gefallen hat, aber im Grunde bin ich zufrieden damit!
Fazit: Eine mitreißende Geschichte mit tiefen Gefühlen, die einen in zwei ganz unterschiedliche Welten mitnimmt und doch die gleiche Handlung hat. Aus der tollen Idee hätte man mit einem gemächlicheren Erzähltempo und etwas anderem Schreibstil vielleicht noch etwas mehr herausholen können, aber auch so konnte mich das Buch sehr überzeugen.

Bewertung vom 27.06.2021
Kate in Waiting
Albertalli, Becky

Kate in Waiting


ausgezeichnet

Nachdem ich sowohl Buch, als auch die Verfilmung von "Love, Simon" total gerne mochte war ich sehr gespannt auf das neue Buch von Becky Albertalli. Meine hohen Erwartungen wurden auf keinen Fall enttäuscht, ich war von Anfang an gefangen von der Sprache, dem Schreibstil, den Charakteren und der Story! Der Schreibstil passt so gut zu Kate, einem 16-jährigen Mädchen auf der Highschool, so dass ich beim Lesen oft das Gefühl hatte, ich würde gerade mit ihr persönlich ein Gespräch über unseren Schwarm führen. Es war total süß zu lesen, wie alle anderen Gedanken plötzlich nichtig waren, sobald ihr Angebeteter Matt in den Raum kam oder sie mit ihrem besten Freund Anderson über ihn redete. Ich glaube, jeder Teenager kann sich beim Lesen perfekt in Kate hineinversetzen und seine eigenen Liebesdramen aufarbeiten und jeder Erwachsene fühlt sich in seine Schulzeit und die erste Liebe zurückversetzt!
Kate fand ich schnell sympathisch, ich fand toll dass sie zwar eher als unscheinbare Durchschnittsschülerin dargestellt wurde, aber dennoch gar kein riesiges Aufhebens darum gemacht wurde, dass sie bisher nie eine Hauptrolle im Musical bekommen hatte und auch noch nie Glück in der Liebe, sondern nur viele gleiche Schwärmereien mit Anderson durchlebt hat. Umso mehr hat es mich für sie dennoch gefreut, als sie persönliche Meilensteine erreicht hat und ich konnte während der Geschichte sehr mit ihr mitfiebern.
Die Handlung im allgemeinen hat mir auch total gut gefallen, auch wenn ich mit Theater und Musical nicht wirklich viel am Hut habe. Besonders gut nachempfinden konnte ich die Abneigung von Kate und ihren Freunden gegenüber den selbstgefälligen Sportlern der Schule, in dem Punkt habe ich mich abermals krass in meine eigene Schulzeit zurückversetzt gefühlt. Ich finde es toll, wie Becky Albertalli das Thema Diversität in ihren Büchern aufgreift und mühelos und ohne Aufhebens verschiedene Charaktere aus der LGBTQ-Szene in ihre Bücher integriert. Aber am besten gefallen hat mir einfach die zuckersüße Liebesgeschichte mit viel Drama und Herzkribbeln, de ich vermutlich nicht zum letzten Mal gelesen habe!

Bewertung vom 22.06.2021
Medical Cuisine
Lafer, Johann;Riedl, Matthias

Medical Cuisine


ausgezeichnet

Das neue Kochbuch von Johann Lafer und Dr. Matthias Riedl hat mich durch den Titel neugierig gemacht, in dem das Wort "gesund" praktisch schon drin steckt. Ich interessiere mich sehr für eine gesunde Ernährung und achte auch bisher schon sehr darauf, was ich esse. Für neue Informationen und für alles Rezepttipps bin ich trotzdem sehr dankbar!
Nach dem Lesen des Theorieteils, des Durchschauens der Rezepte und dem Nachkochen von einigen dieser muss ich sagen, dass alles, was ich bisher gegessen habe, sehr lecker geschmeckt hat, leicht herzustellen war und die Zutaten tatsächlich leicht zu bekommen waren, wie es im Einleitungsteil auch beschrieben war. Toll fand ich die Nährstoffangaben, die sicherlich den ein oder anderen interessieren, aber vor allem die Angabe, für welche Art von Krankheit das jeweilige Gericht besonders geeignet ist. Und trotzdem war diese Angabe eher dezent eingebaut und ich konnte ein Gericht auch kochen, wenn es mir eher um eine andere Art der Gesundheit ging, denn die Autoren betonten ja vehement, dass es vor allem um den Geschmack und die Liebe zum Essen geht. Nur dass diese eben ein neues Gewand benötigt. In dieser Hinsicht war für mich viel ansprechendes dabei, es war nicht allzu außergewöhnlich, als dass ich mich nicht ran getraut hätte und ich glaube, mit diesem Buch kann wirklich jeder ein Rezepte für sich finden, die die eigene Ernährung aufwerten. Dennoch halte ich das Buch eher für "Anfänger" geeignet, denn ich als Vegetarierin habe mich nach dem Einführungsteil, in dem beispielsweise noch die schlechte Ökobilanz von Rindfleisch verteufelt wird, schon fragen müssen, wieso dann in jedem zweiten Fleischgericht Rindfleisch als Zutat auftaucht. Und sowieso, warum jedes zweite Gericht Fleisch enthält, wo doch mittlerweile altbekannt ist, dass das nicht gerade die tollste Zutat ist und eine gesunde Ernährung definitiv auch ohne funktioniert. Ich habe mich immer wieder gefragt, was denn jetzt genau der Anspruch des Buches ist und ob dieser wirklich umgesetzt wird, oder ob das Buch einfach nur sehr sehr ambitionierte Ziele verfolgt, diese aber dann letztendlich doch nicht so wirklich erfüllen kann... Angefangen bei dem Wunsch der Autoren, das Buch in jedem deutschen Haushalt zu etablieren... Beispielsweise heißt es weiterhin: In der "Medical Cuisine" gibt es keine Verbote (S. 17), nur das Verhältnis der Nahrungsmittel wird verändert. Auf Seite 26 folgt dann eine ausführliche Aufstellung, wie viel von was ich pro Tag essen soll, bzw. maximal darf. So soll man dann so wenig Zucker wie möglich, so wenig Alkohol wie möglich zu sich nehmen. Naja, also klar Verbote sind das keine, aber stark eingeschränkt fühle ich mich da dennoch und das schlechte Gewissen wird bei diesen Produkten dann ja trotzdem einsetzen.
Was für mich in der Theorie gleichzeitig sehr gefehlt hat, sind genaue Ausführungen zu gesunden Lebensmitteln, was warum bei welchen Beschwerden hilft, Erläuterungen für die oben angesprochenen Gesundheitskategorien und vielleicht auch einfach kleine Infoboxen bei den Rezepten, die mir erklären, wie genau ich bei diesem Gericht eine Verbesserung zur klassischen Variante erreiche. Oder vielleicht auch eine Bewertungsskala, die zeigt, wie "gut" das Gericht mir tut. Denn dass es zwischen den Rezepten, die jeweils eine klassische und eine alternative Variante enthalten, keine Unterschiede gibt, kann ich mir nicht vorstellen.
Für mich ist das Buch ein interessantes Werk, das definitiv auch für Vegetarier und Veganer etwas zu bieten hat, es aber gleichzeitig auch jedem recht machen will. Rezeptideen nehme ich viele mit, mit der Theorie konnte ich kaum etwas anfangen. Dennoch gibt es von mir aufgerundete 4 Sterne!

Bewertung vom 14.06.2021
Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen?
Green, John

Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen?


ausgezeichnet

Das erste Sachbuch von John Green hat mich durch den ungewöhnlichen Titel angesprochen, mit dem ich zwar viel anfangen konnte, aber dann doch nicht wusste, wie genau ich mir ein Buch über das Anthropozän vorstellen soll. Spätestens mit der Einleitung hatte sich dann geklärt, dass der Autor sich die Ironie der Fünf-Sterne-Bewertung zum Vorbild nimmt und allerlei Phänomene aus dem Anthropozän, also dem aktuellen geologischen Zeitalter, das überaus stark durch den Menschen geprägt ist, in diese 5-Sterne Skala einordnen will. Und das ganze anhand von recht kurzen Essays, deren Themen unterschiedlicher nicht sein könnten und dennoch eine stringente Handlung aufweisen. Die Grundidee zum Buch hat mir schonmal total gut gefallen, und von Anfang an kam die Persönlichkeit des Autors und sein unverwechselbarer Humor total stark durch, so dass das Buch trotz der eher sachlichen Themen schnell unglaublich persönlich wurde. Neben dieser lockeren Art brachte das Buch aber auch alle möglichen Infos mit sich, die ob unnötig oder nicht, mich immer wieder zum Staunen und Nachdenken gebracht haben. Und ich glaube, ich bin nicht die Einzige, die während des Lesens immer wieder ganze Passagen den anwesenden Leuten vorgelesen hat, weil mir Schreibstil, Humor und Informationsgehalt in dieser Mischung einfach wahnsinnig gut gefallen haben und ich diese einfach teilen musste!
Und wäre das nicht schon genug, regt John Green durch die unterschiedlichsten Themen in seinen Essays jeden irgendwann mal zum Nachdenken und Sinnieren über den Menschen und seine Leistungen und das Glück, am Leben zu sein, an. Auch dieser Aspekt hat mir total gut gefallen und vor allem zu Anfang habe ich die Kapitel nur so verschlungen und das alles in mich aufgesogen!
Ein paar Kritikpunkte habe ich bei allem Lob allerdings auch noch, denn mit der Zeit wurden mir die kurzen und ständig wechselnden Kapitel dann doch zu viel und ich habe gemerkt, dass ich nicht immer ganz so aufmerksam lesen konnte , die Infos nicht mehr alle verarbeiten konnte. Noch dazu kommt der wirre Schreibstil des Autors, der von Thema zu Thema schweift, so dass ich oft gar nicht mehr wusste, worum es in dem Kapitel laut Überschrift geht und gleichzeitig auch nicht, was das unterschwellige Thema sein sollte. Es ging schon immer ziemlich hin und her! Gegen Ende wurde es mir dann irgendwie auch zu persönlich und individuell und ich hätte mir für ein Sachbuch dann doch auch mehr sachlichen Inhalt gewünscht, mehr, mit dem auch ich selbst mich identifizieren kann...
Letztendlich muss ich sagen, dass mich John Greens neues Buch zwar sehr gut unterhalten hat, ich aber trotzdem nicht genau sagen kann, was für ein Buch ich da gerade gelesen habe und auch keine Quintessenz für mich mitnehmen kann. Außerdem hätten ein paar Kapitel weniger meiner Meinung nach auch nicht geschadet. Ich gebe "Wie hat Ihnen das Anthropozän bisher gefallen" vier Sterne ;-)