Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Isabel von Belles Leseinsel
Wohnort: 
Mainz
Über mich: 
Mehr Rezensionen von mir gibt es unter: http://bellexrsleseinsel.blogspot.com/

Bewertungen

Insgesamt 585 Bewertungen
Bewertung vom 23.07.2015
Ein Sommer in Wales
Wilken, Constanze

Ein Sommer in Wales


sehr gut

Das Geheimnis von Morlan House

Wie jedes Jahr verbringt die 16-jährige Ally Carter zusammen mit ihren Eltern und ihrem zehnjährigen Bruder Simon die Sommerferien an der walisischen Küste. Als Ally sich in David verliebt und sich mit ihm treffen will, entschließt sich der aufgeweckte Simon allein zu einer Besichtigungstour von Morlan House. Kurze Zeit später wird der Junge tot am Strand aufgefunden. Nach 10 Jahren kehrt Ally für einen Reisebericht zurück in die Cardigan Bucht. Schuldgefühle belasten Ally bis heute, alles erinnert in Aberaeron an Simon und als sie auch David wiedertrifft, ist Ally endlich bereit, sich der Vergangenheit zu stellen und die Hintergründe von Simons Tod zu recherchieren.

Das Wetter ist im Jahr 2002 traumhaft, der Strand und das Meer locken und dann ist da noch der charismatische David, den Ally bei einem Ausflug mit ihren Eltern kennenlernt. Nur zu gern ist sie bereit sich mit David zu treffen und Simon kommt es auch gerade recht. So kann er das nahegelegene Morlan House erkunden, wo der Sage nach der Heilige Gral verwahrt worden sein soll und für Simon gibt es nichts Interessanteres als die Gralslegende. Doch für den aufgeweckten, hochintelligenten Junge soll der Ausflug nach Morlan House der Letzte sein. Abends wird er tot am Strand aufgefunden, alles weist darauf hin, dass Simon ertrunken ist. Das merkwürdige daran, Simon war ein hervorragender Schwimmer, der sich sehr gut den gefährlichen Strömungen in der Bucht bewusst war. Ally gibt sich die Schuld an seinem Tod, die Familie bricht auseinander und Ally zieht sich im Verlauf der nächsten 10 Jahre immer mehr in ihr Schneckenhaus zurück, zermürbt von Schuldgefühlen und Alpträumen.

Als sie von ihrem Chef den Auftrag erhält, einen Reisebericht über genau diesen Küstenabschnitt in Wales zu schreiben, an dem ihr Bruder gestorben ist, zuzüglich einem Bericht über Morlan House und der Gralslegende, will sie ablehnen. Allerdings erfolglos. Völlig mit den Nerven am Ende reist sie mit Fotograf Nick nach Aberaeron und kaum im Hotel angekommen, trifft sie dort auf David.

Es ist eine teilweise traurige, immer unterhaltsame und zum Schluss sogar richtig gehend spannende Geschichte, welche Constanze Wilken ihren Lesern präsentiert. Die Autorin geht zwar sehr bewusst und oft auf das Gefühlschaos ein, welchem Ally mit ihrer Ankunft in Wales ausgesetzt ist, allerdings ist dies nie übertrieben, gefühlsduselig oder gar kitschig, sondern absolut nachvollziehbar beschrieben. Der Schwerpunkt der Geschichte liegt in der Gegenwart, doch immer wieder kehrt die Autorin auch zu den schicksalshaften Ereignissen in jenem Sommer 2002 zurück. Hierdurch lernt man auch Simon sehr gut kennen, der von seiner Schwester liebevoll immer nur „der kleine Professor“ genannt wird. Doch was letztendlich mit Simon geschehen ist, behält die Autorin bis zum Schluss des packenden Romans zurück.

Die Geschichte entwickelt sich ziemlich interessant, denn schnell ist klar, dass der Tod von Simon ein Geheimnis umgibt. Hat es etwas mit Morlan House zu tun, von welchem der Junge so fasziniert war, hat er gar dort jemanden getroffen? Es gibt viele Fragen zu klären, doch die Antworten darauf zu finden gestaltet sich äußerst schwierig. Schließlich ist der Tod von Simon schon 10 Jahre her, vieles hat sich in dem kleinen Küstenort verändert und wenn es kein Unfall war, wer hätte einen Grund, einen lebhaften, wissbegierigen kleinen Jungen zu töten.

Neben der Suche nach der Wahrheit um den Tod von Simon kommt aber auch die Liebe nicht zu kurz. Und die wunderbar farbenprächtigen wie bildhaften Beschreibungen über die raue Landschaft Wales tun ihr Übriges, um sich bestens unterhalten zu fühlen.

Fazit: Eine perfekte Sommerlektüre: unterhaltsam und rätselhaft mit einem guten Schuss Romantik, einer wendungsreichen Story und sympathischen Charakteren.

Bewertung vom 20.07.2015
K - Kidnapped / Kick Lannigan Bd.1
Cain, Chelsea

K - Kidnapped / Kick Lannigan Bd.1


sehr gut

Überzeugender Start einer neuen Thriller-Reihe

Kick Lannigan bekommt überraschend Besuch von dem rätselhaften John Bishop. Dieser fordert sie auf, ihm bei der Suche nach einem kleinen Jungen zu helfen, der wenige Tage zuvor entführt wurde. Die 21-jährige ist irritiert, sicherte ihm aber ihre Hilfe zu. Doch um den kleinen Adrian zu finden, muss die kampfsporterprobte junge Frau sich mit ihrer eigenen Vergangenheit auseinandersetzen: Kick wurde mit 6 Jahren gekidnapped und fünf Jahre gefangen gehalten, bis sie aus den Fängen von Pädophilen befreit werden konnte. Die Suche nach dem kleinen Jungen wird für Kick und John zu einem lebensgefährlichen Unterfangen.

Ein kleines Mädchen weiß genau, was sie unternehmen muss, wenn die Polizei eines Tages vor der Tür erscheinen würde. Ihr Vater Mel hat sie genauestens instruiert. Und tatsächlich, eines Tages steht das FBI vor der Tür und Beth muss sich entscheiden. Hört sie auf ihren Vater oder macht sie das, um was der nette FBI-Agent die 11-jährige bittet.

Nach diesem beklemmenden Prolog wechselt Chelsea Cain zu ihrer eigenwilligen jungen Protagonistin. Und einem als Leser ist schnell klar, dass die kleine Beth aus dem Prolog die 21-jährige Kick Lannigan ist. Kick lebt mit Hund Monster in einem Wohnblock, unter ihr wohnt ihr bester und einziger Freund James, ein Computergenie. Kicks Entführung und ihre Rettung ging durch die Medien quer durch die USA, die Videos, welche von Kick in ihrer Gefangenschaft gedreht wurden, sind in Pädophilen-Kreisen als Beth-Movies berühmt.

Kick hat ihre Vergangenheit relativ gut verarbeitet, doch als der rätselhafte John Bishop, der scheinbar über Unmengen von Geld verfügt und sich auf die Suche nach vermissten Kindern spezialisiert hat, muss Kick sich ihrer Vergangenheit stellen. Denn es deutet einiges darauf hin, dass der kleine Adrian von jemanden entführt wurde, der über die Hintergründe von Kicks Entführung bestens informiert ist. Eine gnadenlose wie hochspannende Jagd beginnt.

Chelsea Cain hat bereits bei ihren Gretchen-Thrillern bewiesen, dass sie es bestens versteht, ihre Geschichten hochspannend zu erzählen und gleichzeitig ihre Charaktere lebendig und detailreich zu beschreiben. So entwickelt sich auch der erste Band der Kick-Lannigan-Reihe von Anfang fesselnd, die Spannung baut sich kontinuierlich auf und die Story wird recht vielschichtig und unvorhersehbar erzählt.

Die Identität des Entführers verrät Chelsea Cain ihren Lesern erst am Ende. Die ganze Zeit jagen Kick und John einem Phantom hinterher, der kaum eine Spur hinterlässt. Und wie man es von der Autorin gewohnt ist, sind einige Szenen durchaus recht brutal beschrieben, wobei Chelsea Cain jedoch auf die Misshandlungen, welche Kick in ihrer Kindheit erleiden musste, kaum eingeht und die unbeschreiblichen Grausamkeiten nur andeutet.

Fazit: Spannender Start einer neuen Thriller-Reihe, mit einer sehr eigenwilligen, sympathischen Protagonistin.

Bewertung vom 17.07.2015
Spiel der Zeit / Clifton-Saga Bd.1
Archer, Jeffrey

Spiel der Zeit / Clifton-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Grandioser Beginn einer Saga

Harold „Harry“ Clifton wächst in den 1930er Jahren nahe den Hafendocks Bristols als Sohn einer Kellnerin auf. Seinen Vater, der im Krieg gefallen sein soll, hat Harry nie kennengelernt. Das Geld ist knapp im Hause Clifton, doch dank seiner fantastischen Stimme und seiner hartnäckigen Mutter Maisie gelingt es Harry, ein Stipendium an einer renommierten Grundschule zu erhalten und freundet sich dort mit Giles Barrington an, dem Erben einer Schifffahrtsdynastie. Durch Giles lernt Harry auch dessen Schwester Emma kennen und beide verlieben sich unsterblich ineinander, ohne zu wissen, dass ihre so unterschiedlichen Familien eng miteinander verbunden sind.

Harry ist ein rebellischer, äußerst eigenwilliger kleiner Junge, dem die Besuche an den Hafendocks wichtiger als die Schule sind. Dort besucht er auch immer wieder Old Jack, einen Obdachlosen, der dort in einem Eisenbahnwaggon lebt. Einfühlsam vermittelt der ältere Herr dem Jungen, wie wichtig Schulbildung ist. Dank seiner engelsgleichen Stimme erhält Harry tatsächlich ein Stipendium an einer Eliteschule und mit der Freundschaft zu Giles Barrington verändert sich Harry Leben fortan von Grund auf.

Jeffrey Archer erzählt die Kinder- und Jugendjahre von Harry Clifton auf ungewohnte Art und Weise. So schildert der Autor die Erlebnisse von Harry nicht nur aus dessen Perspektive, sondern nacheinander auch mithilfe weiterer Handlungsstränge aus Sicht verschiedener Akteure wie beispielsweise seiner Mutter, Old Jack, Giles oder Emma. Zwar wiederholen sich Ereignisse bei diesen Erzählsträngen stellenweise, allerdings offenbaren sich Geschehnisse plötzlich in einem völlig neuen Blickwinkel und Zusammenhänge werden deutlicher. Und so nach und nach wird einem bewusst, wieviel Menschen im Hintergrund ihre Fäden gezogen haben, damit manche Abläufe genau so und nicht anders abgelaufen sind. Intrigen und Geheimnisse werden gesponnen und aufgedeckt, die Harrys Lebensweg entscheidend prägen sollen. Dabei sind die teilweisen Wiederholungen in der Geschichte bei ein und demselben Vorgang jedoch alles andere als langweilig, sondern zumeist äußerst überraschend und unvorhersehbar.

Der erste Band der Clifton-Saga umspannt das Leben von Harry Clifton bis etwa zu seinem 18. Lebensjahr. Der Große Krieg ist beendet, die Menschen hoffen, dass es nie mehr zu einem weiteren kommen wird und doch zeichnen sich die ersten Anzeichen für einen neuen Weltkrieg ab. Auch an Harry und seinen Freunden Giles und Deakins gehen die Spuren der Kriegsvorbereitungen nicht vorbei. Jedoch geht Jeffrey Archer hier auf das Weltgeschehen nicht vertieft ein, sondern nur soweit, wie es auch Giles und Harry betreffen, sodass historische Ereignisse in dem mitreißenden Roman nicht die Überhand gewinnen.

Sehr lebendig, bildhaft und absolut fesselnd schildert Jeffrey Archer das nicht gerade einfache Leben von Harry. Überzeugend und nachvollziehbar geht der Autor dabei auch auf die Klassenunterschiede ein, welche Harry hautnah erleben muss, als er als Kind von der Straße plötzlich in einer Eliteschule landet und sich snobistischen Jungen aus reichem Hause gegenübersieht. Jederzeit sehr unterhaltsam, wendungsreich und unvorhersehbar entwickelt sich der Roman und Jeffrey Archer lässt den ersten Band mit einem so grandiosen Cliffhanger enden, der das Warten auf den zweiten Band im November 2015 äußerst lang werden lässt.

Fazit: Wunderbarer Auftakt einer Saga, die durch gelungene Charaktere, einer packenden Geschichte und einem mitreißenden Erzählstil absolut überzeugt.

Bewertung vom 15.07.2015
Die Tochter des Medicus
Bertram, Gerit

Die Tochter des Medicus


sehr gut

Das Vermächtnis der Familie Morgenstern

Gideon Morgenstern zieht von Trient zurück nach Regensburg und tritt das Erbe seines Großvaters an. Hierzu gehört neben einer Villa auch ein Koffer, in dem seit Generationen hinweg vom erstgeborenen Sohn etwas hineingelegt wird. Beim Öffnen entdeckt Gideon neben einem Brautkleid und alten Fotos auch Tagebücher. Da sie in Hebräisch geschrieben sind, bittet er die Studentin Paula um die Übersetzung. Regensburg im Jahre 1519: Die Juden müssen Regensburg verlassen, auch die Arzttochter Alisah Friedmann gehört zu den Flüchtlingen. Ihr Weg führt sie nach Frankfurt, doch selbst dort ist Alisah vor den Übergriffen auf die jüdische Bevölkerung nicht sicher. Doch bei all den Widrigkeiten verliert Alisah ihr Ziel nie aus den Augen, eines Tages als Medica praktizieren zu können.

Nachdem Gideon die Tradition der Familie Morgenstern nicht fortgesetzt hat und statt Arzt lieber den Beruf des Controllers ergriffen hat, hat er mit seinem Großvater keinen Kontakt mehr. Sein Weg führte ihn von Regensburg nach Trient, doch mit dem Testament seines Großvaters ändert sich Gideons Leben radikal. Die Geschichte von Alisah, welche Paula für ihn nach und nach übersetzt, bewegt ihn sehr stark. Langsam beginnt Gideon über sein Leben nachzudenken, er entdeckt seine jüdischen Wurzeln und freundet sich mit dem Gedanken an, seinen Wunschtraum zu verwirklichen.

Alisah lebt mit Vater und Schwester im jüdischen Viertel Regensburgs. Dort praktiziert ihr Vater als Medicus, immer begleitet von seiner wissbegierigen Tochter. Doch als im Jahr 1519 die Juden die Auflage erhalten, binnen weniger Tage Regensburg zu verlassen, verändert sich das Leben von Alisah von Grund auf. Ihr Weg führt sie nach Frankfurt und selbst hier ist sie immer wieder den Übergriffen durch die christliche Bevölkerung ausgesetzt.

Bildhaft und lebendig beschreibt das Autorenduo Gerit Bertram das Leben der jungen Heilerin Alisah Friedmann. Dabei lassen die Autoren immer wieder jüdische Riten und Begriffe mit einfließen, die sehr unterhaltsam, gut dosiert und informativ in die Geschichte mit eingefügt sind. Die Ereignisse rund um Alisah gestalten sich sehr abwechslungsreich und unvorhersehbar, wirken aber jederzeit realistisch und sehr gut recherchiert.

Aber auch der Handlungsstrang der Gegenwart rund um Gideon Morgenstern und der Studentin Paula erzählen die Autoren interessant und unterhaltsam. Während die Charaktere der Vergangenheit allerdings sehr facettenreich und überzeugend beschrieben sind, bleiben die Personen der Gegenwart etwas blass. Jedoch überwiegt die Geschichte von Alisah mit ihren packenden Erlebnissen, sodass man hierüber gerne hinwegsieht.

Fazit: Auf der Suche nach seinen Wurzeln … unterhaltsam und bildhaft erzählt im Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit.

Bewertung vom 29.06.2015
Sturm über Rosefield Hall
Leuze, Julie

Sturm über Rosefield Hall


gut

Wie im goldenen Käfig

1913 in der Grafschaft Devon: Die 18-jährige Ruby wächst behütet und zurückgezogen auf dem Herrensitz ihrer Eltern Lord und Lady Compton auf. Außer ihren fast täglichen Ausritten bietet Rosefield Hall für die junge Frau kaum Abwechslung. Dies ändert sich, als sie bei einem ihrer Ausflüge auf den charismatischen Cyril Brown trifft, zu dem sich Ruby sofort hingezogen fühlt. Ihre wahre Identität verrät sie ihm nicht, um den Zwängen ihrer Herkunft entfliehen zu können. Dies ändert sich jedoch, als Ruby und Cyril sich auf der gesellschaftlichen Bühne wiedertreffen und ihre Eltern sich strikt gegen eine Verbindung mit dem Kaufmann aussprechen.

Ruby fühlt sich wie in einem goldenen Käfig gefangen. Die eigenwillige junge Adlige ärgert sich maßlos darüber, dass sie in ihrer äußerst konservativen Familie keine eigene Meinung kundtun darf. Sie hat schön auszusehen, höflich und freundlich zu sein und den möglichen Heiratskanditen, welche ihre Eltern für sie ausgesucht haben, zuvorkommend aufzutreten. Einziger Freiraum findet Ruby bei ihren regelmäßigen Ausritten, bei denen sie auf den modern denkenden und aufgeschlossenen Cyril trifft. Bald schon merkt Ruby, dass der überaus erfolgreiche Londoner Kaufmann etwas vor ihr verbirgt. Als ihr geliebter Bruder Edward zu Besuch aus Gambia anreist, ein schwarzes Dienerpaar ihn begleitet und Ruby die Schwester und Mutter von Cyril kennenlernt, verändern sich zusehends die festgefahren Konventionen auf Rosefield Hall und steuern auf eine Katastrophe zu.

Eugenik, Homosexualität, nicht standesgemäße Beziehungen, Suffragetten und Rassismus sind die Themen, welche Julie Leuze in ihrem farbenprächtigen Roman aufgreift. Für ein Buch mit rund 350 Seiten, welches nur über wenige Monate spielt, fast zu viel des Guten.

Praktisch von der ersten Seite an taucht man in die Welt von Ruby ein, aber auch aus der Perspektive des Hausmädchens Florence und der Schwester und Mutter von Cyril erlebt man die Geschehnisse rund um Rosefield Hall mit. Allerdings verliert der Roman mit der Anhäufung der Themen und Probleme im Verlauf etwas von seiner Faszination.

Der Erzählstil von Julie Leuze ist blumig, zumeist packend und bald auch etwas schnulzig, gerade was die Beziehungen einzelner Akteure zueinander betrifft. Anfangs wird man regelrecht überschüttet mit Geheimnissen, die keiner preisgeben möchte. Manches davon kann man am Verhalten der Mitwirkenden jedoch schon im Vorfeld erahnen. Auf das Thema Frauenwahlrecht geht Julie Leuze recht spezifisch ein, ebenso zur Eugenik. Diese Informationen sind gut recherchiert und gut dosiert in die Geschichte eingebaut.

Ihre Charakterzeichnungen sind durchweg gelungen, wobei mir allerdings die Veränderungen von Florence in ihrem Denken und Handeln für diese wenigen Monate, in der die Handlung spielt, dann doch etwas zu drastisch waren. Hinzu kommen die nicht gerade einfachen Themen, welche die Protagonisten vor schier unlösbare Probleme stellen und die sich dann so ganz nebenbei im Verlauf des Romans im Nichts auflösen.

Fazit: Farbenprächtiger Roman, der es gut zu unterhalten versteht, bei dem die Lösungen schwerwiegender Probleme aber doch ein wenig zu einfach abgefertigt werden.

Bewertung vom 24.06.2015
Der Jungfrauenmacher / Helen Henning & Knut Jansen Bd.1
Meister, Derek

Der Jungfrauenmacher / Helen Henning & Knut Jansen Bd.1


sehr gut

Sein Ein und Alles

In Valandsiel an der Nordseeküste hat der junge Polizeichef Knut Jansen eher ein ruhiges Leben. Dies ändert sich jedoch nach der Sturmflut, diese schwemmt eine Frauenleiche an den Strand. Und noch bevor Jansen überhaupt richtig mit den Ermittlungen beginnen kann, wird im Hafen die nächste Leiche gefunden. Beide Tote weißen ähnliche Spuren auf, die auf einen Serientäter hindeuten. Mithilfe der ehemaligen FBI-Profilerin Helen Henning, die nach Jahren wieder in ihr Heimatdorf zurückgekehrt ist, versucht Jansen den Mörder zu stellen.

Der Sturm tobte über die Küste mitten im Juni. Ganz Valandsiel ist mit Aufräumarbeiten beschäftigt als die erste Leiche am Strand gefunden wird. Revierleiter Knut Jansen ist damit fast überfordert. Schließlich ist es seine erste Leiche und der junge Polizeichef ist bemüht, alles richtig zu machen. Doch ihm ist auch schnell klar, dass er hier dringend Unterstützung benötigt. Helen Hennig ist gerade wieder nach langen Jahren zurück in Valandsiel. In den USA war sie eine sehr erfolgreiche Profilerin, doch nun steht ihr Leben an einem Wendepunkt. Eher widerwillig unterstützt sie anfangs Knut bei seiner Arbeit. Als jedoch die zweite Leiche auftaucht, das LKA die Ermittlungen übernimmt, hilft die Ex-Profilerin Knut bei seinen eigenen Ermittlungen. Schließlich scheint der Täter sich genau in Valandsiel auszukennen und die toten Frauen sind in Knuts Revier gefunden worden.

Derek Meister erzählt seinen Thriller mithilfe zweier Erzählstränge. Hauptbestandteil der Story sind die Ermittlungen von Knut und Helen, wobei beide hier stellenweise recht eigenwillig und unkonventionell vorgehen. Neben der reinen Ermittlungsarbeit geht Derek Meister aber auch auf das Privatleben von Knut und Helen ein, sodass man die recht eigenwilligen wie sympathischen Protagonisten sehr gut kennenlernt.

Aber auch der Mörder tritt schon sehr früh in Erscheinung. Man erfährt einiges über ihn, der sich gezielt Opfer aussucht, die in seinen Augen rein und unschuldig sein müssen. Seine wahren Beweggründe, geschweige denn seine Identität verrät Derek Meister nicht. Erst im letzten Drittel tauchen einige Hinweise auf, klar ist nur, dass sich der Mörder bestens in Valandsiel auskennt.

Die Story entwickelt sich wohldurchdacht, sehr komplex, überzeugt mit authentisch beschriebenen Charakteren und auch die Spannung lässt nicht lange auf sich warten. Und für das Finale hat sich Derek Meister wirklich eine ausgefallene Auflösung einfallen lassen.

Fazit: Spannender, vielschichtiger Nordseethriller, mit überzeugend und sehr sympathisch gezeichneten Protagonisten.

Bewertung vom 22.06.2015
Die Rosenfrauen / Die Frauen der Familie Rossini Bd.1
Caboni, Cristina

Die Rosenfrauen / Die Frauen der Familie Rossini Bd.1


sehr gut

Beatrice und ihr geheimnisvolles Parfüm

Die Florentinerin Elena Rossini ist eine Nase, sie hat ein besonderes Talent für Düfte und den Beruf der Parfümeurin von der Pike auf von ihrer Großmutter gelernt. Doch eigentlich träumt Elena nur davon, ihren Verlobten Matteo zu heiraten und viele Kinder mit ihm zu haben. Doch der Traum zerplatzt wie eine Seifenblase als sie Matteo beim Fremdgehen erwischt. Auf Anraten ihrer Freundin Monique zieht Elena von Florenz nach Paris und beginnt in einer Parfümerie zu arbeiten. Langsam entdeckt sie ihre Liebe zum Parfüm wieder und beginnt sich für das perfekte Parfüm zu interessieren, dass einer ihrer Ahninnen geschaffen hatte. Die Formel dazu konnte allerdings bisher nicht gefunden werden. Auf der Suche nach ihrer wahren Bestimmung trifft Elena auch auf den Rosenzüchter Cailin McLean und verliebt sich in ihn, doch dann macht sie eine Entdeckung, welches ihr Leben von Grund auf ändern wird.

Elenas Welt ist die Welt der Düfte. Jeder Mensch hat sein ganz eigenes Parfüm, welches Elena mit Leichtigkeit bis in die kleinsten Komponenten analysieren kann. Entsprechend fasziniert ist sie auch am Abend ihrer Ankunft in Paris, als sie vor ihrer neuen Wohnung auf Cail trifft und dessen Duft wahrnimmt. Doch der Schotte gibt sich äußerst distanziert, züchtet im selben Haus seine Rosen und ist eher als Einzelgänger und extrem eigenbrötlerisch bekannt. Davon lässt sich Elena jedoch nicht schrecken. Und auch Cail fühlt sich vom ersten Moment an zu der schönen, ruhigen Elena hingezogen, bleibt anfangs allerdings auf Distanz.

Elena findet zwar dank der Hilfe ihrer besten Freundin Monique eine Anstellung in einer Parfümerie, doch hier wird ihr grandioses Talent nicht genutzt. Die Italienerin darf nur als Verkäuferin arbeiten. Anfangs stört dies Elena nicht weiter, entdeckt sie durch ihre Anstellung doch immer mehr ihre Liebe zum Parfüm wieder. Bis sie einer Intrige auf den Leim geht, ein Ereignis ihr bisheriges Leben komplett auf den Kopf stellt und Elena schon wieder vor einer wichtigen Entscheidung in ihrem Leben steht.

Der Roman von Cristina Caboni handelt von Düften und der Parfümherstellung. Immer wieder beschreibt die Autorin, welche Duftvariationen Elena wahrnimmt, wenn sie auf andere Menschen trifft, welche Zusammensetzungen einzelne Parfüms haben, wie verschiedene Aromen riechen und welche Wirkung sie haben. Zumeist fließt dies wie nebenbei mit ein, stellenweise war es aber auch ein wenig zu viel des Guten.

Die Geschichte ist durchweg unterhaltsam und farbenfroh erzählt. Cristina Caboni schildert das Leben von Elena kurzweilig, manchmal mit einigen überraschenden Wendungen, doch den Ausgang der Geschichte kann man schon früh erahnen. Allerdings ist dies nicht weiter tragisch, da der Weg bekanntlich das Ziel ist und dieser von der Autorin warmherzig und äußerst gefühlvoll erzählt wird.


Fazit: Ein gefühlvoller, manchmal auch ein wenig kitschiger Roman über die Welt der Düfte … unterhaltsam und einnehmend erzählt.

Bewertung vom 15.06.2015
Leichenbitter / Dr. Michael Wilson Bd.1
Carson, Paul

Leichenbitter / Dr. Michael Wilson Bd.1


sehr gut

Der Anwalt der Toten

Dr. Michael Wilson ist seit kurzem zum Coroner der Stadt Dublin ernannt, als die Akte von Patrick Dowling auf seinem Schreibtisch landet. Der junge Mann war schwer drogenabhängig und soll Selbstmord begangen haben. Doch Mike stören einige Ungereimtheiten und er beginnt, Fragen zu stellen. Auffällig ist auch, dass ein Kollege von ihm, der ebenfalls mit dem Tod des Ministersohnes befasst war, ermordet wurde. Kaum mit seinen Nachforschungen begonnen, wird auf Mike ein Anschlag verübt.

Coroner Mike Wilson versteht sich als Anwalt der Toten, als die letzte Instanz, um deren Todesumstände restlos aufzuklären. So ist es auch nicht verwunderlich, dass ihm an dem Tod von Patrick Dowling, den der zuständige Pathologe als Selbstmord durch Erhängen deklariert hat, einige Unstimmigkeiten auffallen. Mike beginnt Fragen zu stellen, die jemanden zu Ohren kommen, der partout verhindern will, dass die wahren Umstände von Patrick Tod ans Licht kommen. Von überall her stößt der Coroner nur auf eine Mauer des Schweigens, selbst Patricks Eltern sind nicht daran interessiert, die Todesumstände ihres jüngsten Sohnes aufgeklärt zu wissen.

Paul Carson lässt seinen Protagonisten selbst seine Erlebnisse erzählen und so entwickelt sich die Story entsprechend den Charaktereigenschaften von Mike eher besonnen, ruhig und nachdenklich. Doch trotz dieses eher undramatischen Schreibstils gelingt es Paul Carson sehr gut, von Anfang an die Spannung recht hoch zu halten. Durch die Ich-Erzählweise lernt man den Familienmenschen Mike, der mit Ehefrau Sarah und seinen beiden Kindern Jennifer und Gregory in Dublin lebt, schnell kennen. Man erfährt einiges aus seiner Vergangenheit, was auch erklärt, warum Mike so verbissen an der Lösung des Falls interessiert ist und es nicht nur seinem irischem Dickkopf geschuldet ist, dass er sich selbst vor Mordanschlägen nicht davon zurückhalten lässt, immer tiefer in dem Fall zu graben.

Die Story entwickelt sie zwar geruhsam, aber kontinuierlich in Richtung Hochspannung. Nach dem gemächlichen Start zieht das Tempo immer mehr an, stellenweise überschlagen sich die Ereignisse und der Thriller entwickelt sich komplex und schlüssig. Gekonnt hat Paul Carson zudem vielschichtige, zum Teil sehr undurchsichtige Charaktere geschaffen. Undurchsichtig auch deshalb, da sich in Mikes Behörde ein Maulwurf befindet, der entscheidende Informationen weiterleitet, dessen Identität Paul Carson aber geschickt lange Zeit im Dunkeln lässt. Auch ist nicht sicher, wem von der Dubliner Polizei der Coroner noch trauen kann und somit fühlt sich Mike teilweise ziemlich allein auf weiter Flur. Doch seine Vergangenheit hat ihn gelehrt, dass er niemand trauen darf.

Fazit: Anfangs ein eher ruhiger Thriller, der eindringlich und nachvollziehbar erzählt wird und stetig fesselnder wird.

Bewertung vom 11.06.2015
Dünenkiller / Tjark Wolf und Femke Folkmer Bd.3
Koch, Sven

Dünenkiller / Tjark Wolf und Femke Folkmer Bd.3


sehr gut

Der fünfte Mann

Krabbenfischer entdecken vor der Ostfriesischen Küste eine Segelyacht, die mit Schlagseite in der Nordsee treibt. Als die Fischer an Bord gehen, erwartet sie ein grauenhafter Anblick: Überall an Bord befindet sich Blut, die Kabine ist teilweise ausgebrannt und drei Menschen sind tot, nur eine junge Frau hat schwer verletzt überlebt. Die Sondereinheit des LKA Niedersachsen übernimmt die Ermittlungen. Tjark Wolf beendet hierfür seinen Urlaub vorzeitig und unterstützt seine Kollegen bei dem Fall, der sich äußerst verzwickt gestaltet. Die Überlende spricht nicht, ein Motiv für die Tat lässt sich nicht aufspüren. Als ein Mordanschlag auf die junge Frau verübt wird, ist dem Team um Femke Folkmer und Tjark Wolf schnell klar, dass ihre Ermittlungen bisher in die falsche Richtung liefen.

Nach dem grausamen Fund der havarierten Segelyacht auf der Nordsee lässt es Sven Koch gewohnt ruhig angehen. SOK-Leiterin Ceylan Özer macht die Messerattacke aus dem letzten Fall immer noch zu schaffen und sie geht ähnlichen Fällen der letzten Jahre nach. Währenddessen befindet sich Tjark in Dänemark, um neue Erkenntnisse über den rätselhaften Tod seiner Mutter zu gewinnen. Femke dagegen fühlt sich immer noch hin- und hergerissen zwischen dem Haus ihrer Oma und ihrer Wohnung in Wilhelmshaven und Fred ist mit seinem neuen Haus beschäftigt. Man erfährt somit gewohnt viel über das Privatleben der SOK-Ermittler, was regelmäßig in die Ermittlungen mit einfließt.

Und diese gestalten sich äußerst verzwickt. Anfangs sieht alles danach aus, als wenn es ein Segelausflug dreier wohlhabender Geschäftsleute gewesen wäre, die sich für ihr Vergnügen eine junge Frau mit an Bord genommen haben und der Törn irgendwie aus dem Ruder gelaufen ist. Die junge Frau, die offensichtlich Osteuropäerin ist, traut sich aus Angst nicht, eine Aussage über die Vorfälle an Bord zu machen, zudem scheint sie auch der deutschen Sprache kaum mächtig. Allerdings erfährt der Leser in einem weiteren Erzählstrang, dass jemand auch unbedingt möchte, dass die Frau nicht redet und dafür vor nichts zurückschreckt.

Als auf Aisa ein Mordversuch nur knapp verhindert werden kann, nimmt auch die Geschichte langsam an Fahrt auf. Allerdings ist die Story bis dahin mitnichten langatmig erzählt. Sven Koch versteht es sehr gut, von Anfang an einiges an Fragen bei dem Fall aufzuwerfen, stellenweise versorgt der Autor seine Leser aber auch mit Informationen, welche den Ermittlern noch nicht vorliegen, welche jedoch zur Lösung des Falls in keiner Weise beitragen. Dies alles schürt die Neugier und man merkt bald schon, dass sich der Anfangsverdacht des SOK-Teams als nicht ausreichend erweist und die Geschichte bedeutend komplexer angelegt ist und vor allem auch des Themas betreffend sehr gut recherchiert wurde.

Sven Koch versteht es zudem sehr gut, seinen Kriminalroman atmosphärisch dicht und packend zu erzählen. Nach und nach zieht der Autor auch die Spannung an, die in einem fulminanten, alle Fragen klärenden Ende mündet. Und doch hinterlässt Sven Koch auf der letzten Seite einen Cliffhanger, der einem das Warten auf den nächsten Band nicht leicht fallen lässt.

Fazit: Und wieder benötigt man etwas Geduld, wird dann jedoch mit einem spannenden, vielschichtigen und packend erzählten Krimi belohnt.