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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2175 Bewertungen
Bewertung vom 29.08.2025
Schätte, Lena

Das Schwarz an den Händen meines Vaters


sehr gut

Das Schwarz an den Händen meines Vaters ist ein Buch, das zeigt, wie Alkoholismus das Leben einer Familie prägt und sich sogar vererbt.
Es ist zum Teil ein erschütternder Bericht, da er eindringlich aus Ichperspektive erzählt. Der Vater der Erzählerin Motte war schwerer Trinker, von der Mutter ein Stück weit toleriert. Zahlreiche Vorfälle prägten schon die Kindheit der Erzählerin, die schließlich selbst anfängt, schwer zu trinken.
Lena Schätte schreibt schonungslos, abgemildert durch eine Nähe zur Figur. Vielleicht ist das Buch deswegen auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis gelandet.

Bewertung vom 28.08.2025
Göring-Eckardt, Katrin

Deutschland, lass uns reden


sehr gut

Die Bündnis 90/Grünen-Ikone Katrin Göring-Eckhardt berichtet von ihren Reisen, Begegnungen und Gesprächen mit verschiedenen Bürgern, aber auch bekannten Persönlichkeiten wie Charlotte Knobloch oder Igor Levit
Dabei blendet sie auch immer wieder ihre Gedanken zu den Äußerungen der Gesprächspartner ein. Das sind nachträgliche Kommentar und eigentlich wäre es vielleicht doch besser gewesen, sie hätte das gleich ausgesprochen. Doch sie wollte in erster Linie die andere Seite zu Wort kommen lassen. Zuhören ist ihr wichtig.

Sie spricht auch mit Flüchtlingen und Migranten sowie einer Bürgergeldempfängerin.

Katrin Göring-Eckardt und das für das sie einsteht haben meine Sympathien. Dieses Buch lädt zu gesellschaftlich-politischen Diskussionen ein.

Bewertung vom 27.08.2025
Kilroy, Claire

Kinderspiel


gut

Ode an den Sohn

Claire Kilroy ist eine irische Schriftstellerin. Kinderspiel ist anscheinend das erste Buch in deutscher Übersetzung.

in diesem Roman taucht man tief ins Innerste einer Frau ein, deren Perspektive ganz das Buch bestimmt. Sie ist junge Mutter und das Kind Sailor ist ihre ganze Welt. Vom Mann ist sie ein Stück weit entfremdet.
Man spürt eine gewisse Wut in ihr, vielleicht auch eine Überforderung. Sie scheint manchmal in Panik. Das gibt dem Buch eine Spannung, die sich unheilvoll anfühlt.
Trotz der Konsequenz der Erzählweise, halte ich sie in dieser Form auch für eine Einschränkung. Es bleiben gemischte Gefühle.

Bewertung vom 26.08.2025
Mazzetti, Lorenza

Der Himmel fällt


ausgezeichnet

Das Buch, 1961 erschienen, zeigt eine Kindheit im faschistischen Italien. Die Schwestern Penny und Baby wachsen bei ihrem Onkel auf. Penny ist die Erzählerin. Lorenza Mazzetti hält den Kinderblick durchgehend und konsequent durch.
Penny ist sicher stellvertretend für eine Generation von Kindern in Italien dieser Zeit, die einen unreflektierten Patriotismus angelernt bekommen. Das zeigt sich auch in den Kriegsspielen, die sie lieben und hinzu kommt eine religiöse Komponente. Manchmal scheint aber die überbordende Phantasie die Kinder auch zu retten.
Das Buch ist brillant und eindringlich. Wegen dem offensichtlichen autobiografischen wirkt es auch sehr authentisch.
Ein Glück, das man durch die Neuübersetzung eine neue Leserschaft dieses Buch entdecken darf.

Bewertung vom 25.08.2025
Biedermann, Nelio

Lázár


sehr gut

Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts

Der junge Schweizer Schriftsteller Nelio Biedermann hat einen besonderen Roman vorgelegt.
Mit der Geburt Lajos von Lázár zur Jahrhundertwende in Ungarn setzt eine Familiengeschichte ein, fast ätherisch wie aus einer anderen Zeit erzählt.
Über weite Strecken ist ein Waldschloss der Schauplatz.
Über den Eltern Sandor und Maria und ihren Kindern Lajos und Ilona geht die Geschichte weiter mit Pistas und Eva.
Und es ist die Geschichte eines Jahrhunderts mit all den schrecklichen Ereignissen, die auch an einer adligen Familie in Ungarn nicht vorbeigehen.

Es ist auch eine Verfallsgeschichte, denn psychische Erkrankungen, Suizid, Alkoholismus und Schwäche durchziehen die Familie vielfach.

Das Buch weist eine gute Lesbarkeit und eine ganz eigentümliche, tief durchdringende Atmosphäre auf, die man nicht so schnell vergessen wird.

Bewertung vom 23.08.2025
Melle, Thomas

Haus zur Sonne


sehr gut

Bei Thomas Melles ungewöhnlichen Buch überlegt man erst einmal, ob es überhaupt ein Roman ist. Aber es gibt erzählende Elemente, Dialoge und die obskure Idee mit der Suizidklinik. Also ist es auch fiktional.
Der Erzähler begibt sich mit seiner bipolaren Störung in ene Klinik, deren Behandlung mit dem Tod enden soll.
Es gibt sprachlich überragende Momente. Es ist aber nicht einfach, diesen harten Text über die Auswirkungen einer langen, unhelibaren psychischen Erkrankung auszuhalten. Es gibt immer Momente, wo man sich dem fast lieber entziehen würde, aber es ist auch ein erkenntnisreiches Buch.
Das Buch steht auf der Longlist des deutschen Buchpreises 2025 und mich würde es nicht wundern, wenn Melle es auf die Shortlist schafft.

Bewertung vom 22.08.2025
Sommer, Tobias

Wer das Ende verrät


gut

Ein Buch, in dem eine Buchhandlung und Bücher eine wichtige Rolle spielen, lädt gerade zu ein, gelesen zu werden. Ein Buchhändler als Protagonist ist selten in der Literatur. Auch wird das Kleinstadftleben sehr positiv und nicht ohne Witz dargestellt.
Der Roman ist auch unbedingt geeignet für Fans von Cozy Krimi.,

Für meinen persönlichen Geschmack hätte aber Buchhändler Wendtal mehr Profil haben können. Die Figuren bleiben aber alle an der Oberfläche und ein Stück weit gilt das auch für die Handlung.

Bewertung vom 22.08.2025
Al Shahmani, Usama

In der Tiefe des Tigris schläft ein Lied


sehr gut

Vaterbuch

Es ist ein Vaterbuch und eins, das von Herkunft berichtet. Es wird nicht linear erzählt.

Gabi war von seinem Vater entfremdet, da sich die Eltern früh trennten, doch nach dem Tod des Vaters bekommt er dessen Tagebücher und Briefe sowie den letzten Wunsch, das seine Asche am Tigris verstreut wird. Der Vater war ein im Irak geborener Jude. Gabi reist nach Bagdad und liest die Aufzeichnungen, die sich über Jahrzente verteilen. So entsteht ein weitläufiges Bild vom Leben des Vaters. Obwohl der Roman relativ kurz ist, ist er komplex und konzentriert gestaltet.

Bewertung vom 22.08.2025
Schmidt, Eva

Neben Fremden


ausgezeichnet

Eva Schmidts neuer Roman Neben Fremden hat hohe Qualität aufzuweisen.
Rosa ist eine zurückhaltende Frau. Der Freund gestorben, die Mutter eine Last und der schon erwachsene Sohn seit Jahren entfremdet.
Ihre ganze Liebe gehört dem Hund, aber auch der ist alt und krank.
Es ist ein ruhiger Roman, um eine gefasste, ruhige Frau. Aber doch gibt es hier große Emotionen, nur sind sie gschickt unter der Oberfläche verborgen.
Das ist großartig gemacht.

Wie schon in Die untalentierte Lügnerin konnte mich die Autroin auch mit diesem Roman stilistisch begeistern.

Bewertung vom 22.08.2025
Eschbach, Sabine

Seerauchen


sehr gut

Josef, ein etwas anderer Junge in schlimmen Zeiten

Seerauchen ist ein beklemmender Roman, der ein Dorfleben in der Zeit der dreißiger Jahre zeigt. Er macht deutlich, was es heisst, als Außenseiter, der von der Norm abweicht, in so einer Umgebung zu leben.
Literarisch gibt es einige gute Ansätze. Manches bleibt aber auch in Versatzstücken stecken.
Es ist nicht ganz einfach, zur Hauptfigur Josef Zugang zu finden und Distanz zu überbrücken. Ein tiefes Mitleid ist aber sofort da.
Gegen Ende war ich dann doch vom Buch gefesselt. Es ist harte Kost. Von mir eine verhaltene Empfehlung.