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yellowdog

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Insgesamt 2156 Bewertungen
Bewertung vom 17.10.2023
Sanders, Bernie

Es ist okay, wütend auf den Kapitalismus zu sein


gut

Bernie Sanders war lange Zeit die Hoffnung der jungen demokratischen Wähler der USA, die auf einen politischen Wechsel weg vom vorherrschenden Kapitalismus hofften.
Dieses Buch ist zum Teil wohl auch dem kommenden Wahlkampf geschuldet, auch wenn Bernie Sanders jetzt nicht Kandidat ist. Er unterstützt damit Joe Biden gegen Trump.
Gleichzeitig ist es Sanders wohl auch wichtig, seine Graswurzelbewegung zu bewahren.
Er gibt sich recht unbescheiden! Sprachlich wird locker von der Leber weg erzählt. Literarische Ansprüche sollte man nicht haben. Ein Problem ist, dass Sanders zu viele Themen in das Buch steckt, die sich einfach nicht alle so ohne weiteres verarbeiten lassen.

Es ist ein rechtschaffendes, hochmoralisches Buch, wie man es als deutscher Leser kaum gewohnt ist, aber einen Teil der US-Amerikanischen Wählerschaft könnte es ansprechen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.10.2023
Beck, Zoë

Memoria


sehr gut

Erinnerungen

Memoria ist der neue Roman von Zoe Beck und es ist ein Spiel mit Erinnerungen und Wahrnehmung.
Für den Leser bedeutet das eine gewisse Unsicherheit über geschilderte Szenen. Sind die wirklich so geschehen oder trügen die Erinnerungen der Protagonistin Harriet, die Klavierbauerin ist. Durch einen Vorfall, bei der sie eine alte Frau rettet, setzen sich diverse Erinnerungen frei. Sie wird sich auch bewusst, dass sie Gedächtnislücken hat.
Harriet stellt dadurch viel in Frage, auch an sich selbst. Das bldet einen Teil der Spannung des Buches. So ganz folgen kann ich nicht immer.
Die erwähnte Passage bildet den Anfang des Buches und ist brillant geschrieben. Es passiert mitten in einer Umgebung, die durch den Klimawandel bedroht ist.
Der Plot bleibt thrillerbetont. Am interessantesten fand ich den Aspekt um Harriet, in der sie auf der Suche nach ihrer Vergangenheit und sich selbst ist.
Die am Ende folgende Auflösung halte ich für schlüssig.

Bewertung vom 17.10.2023
Meriwether, Louise

Eine Tochter Harlems / rororo Entdeckungen Bd.3


ausgezeichnet

Was für ein Glück, dass es die rororo-Reihe Entdeckungen gibt. Ansonsten wäre es schwer gewesen, Louise Meriwether zu entdecken.
Ihr großartiger Debütroman Eine Tochter Harlems bietet einen Einblick in das Leben der schwarzen Community in Harlem des Jahres 1934.
Vorherrschend ist der unverstellte Blick der 12jährigen Francie. Die schwierigen Lebensbedingungen in Harlem werden hautnah erlebbar.
Der Originaltitel ist Daddy was a number runner. Das ist ein Job für ein illegales Glücksspiel und so steht Francies Vater auch in Gefahr, verhaftet zu werden. Sie leben streckenweise am Existenzminimum und viele Chancen gibt es nicht.
Der Autorin gelinkt es, die Themen des Buches zu entwickeln und sie auf eine gesellschaftspolitische Ebene zu heben.
Der Roman hat mich ziemlich beeindruckt, wie auch das Nachwort, dass Louise Meriwethers Leben und Werk vorstellt.

Bewertung vom 15.10.2023
Karkhiran Khozani, Nilufar

Terafik


ausgezeichnet

Eine deutsch-iranische Vater-Tochter-Beziehung

Terafik ist ein gut geschriebenes, interessantes Buch und es ist ein autofiktionaler Text. Die Protagonistin heißt wie die Autorin und teilt ihre Erfahrungen, doch dadurch das es literarisch verarbeitet wird, wird das Buch zum Roman.
Im Mittelpunkt steht eine Reise in den Iran. Die in Deutschland geborene Nilufar reist mit Mitte 30 zum ersten mal in den Iran, um ihren Vater zu besuchen, der Deutschland vor langen verlassen hatte.
Es wird nicht linear erzählt. So erfährt man die Gründe des Vaters erst spät, Er lebte 20 Jahre in Deutschland und sah sich dann als gescheitert und kehrte in den Iran zurück.
Im Buch gibt es einige Whatsup-Nachrichten, die er seiner Tochter in gebrochenen Deutsch schrieb. So hielten sie Kontakt. Sein größter Wunsch war, dass Nlufar ihn und die Familie besucht.
Nilufars Reise und Empfindungen mit der Familie kann man dann hautnah folgen und verstehen. Ihre Beschreibungen sind sprachlich ausgefeilt.
Das hat mir gut gefallen.

Bewertung vom 14.10.2023
Kehlmann, Daniel

Lichtspiel (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Opulent und eindringlich

Lichtspiel ist ein Buch über den Filmregisseur G.W.Pabst. Es ist aber nicht nur eine Biografie, sondern vielmehr über den Weg in Verstrickung und innerlicher Korruption.
Es ist ein hochkomplexes, opulentes Werk. Daniel Kehlmann hat sich wirklich mit dem deutschen Film der dreißiger und vierziger Jahre beschäftigt und es gelingt ihm, diese Zeit zu verdeutlichen.
Mich hat der deutsche Film auch immer sehr interessiert und kenne daher Bücher über Fritz Kortner, Heinz Rühmann, über Veit Harlan, Emil Jannungs und mit Klaus Manns Mephisto gibt es schon einen großen Roman über Verführung in dieser Zeit.
Daniel Kehlmann fügt sich gut in diesen Reigen guter Bücher ein.
Es gibt eine folgelogischen Aufteilung in die Abschnitte Draußen, Drinnen und Danach.

Man spürt die Bedrängnis, in der sich G.W.Pabst nach seiner teilweise nur unfreiwilligen Rückkehr nach Österreich befindet. Dazu dient Daniel Kehlmanns Technik, aus den Gedanken der Hauptfigur zu erzählen. Teilweise wird auch aus anderen Perspektiven erzählt. Das formt ein komplettes Bild. Ich denke, dass kann nicht jeder so schreiben.
Eindringlich werden die Szenen, in denen sich Pabst ganz im Schaffen seiner Filme verliert. Manche Passagen werden nicht so schnell vergessen sein.

Bewertung vom 10.10.2023
Erdrich, Louise

Spuren


sehr gut

Erfreulich, dass jetzt wieder ältere Bücher von Louise Erdrich neu aufgelegt werden. Ich fand die Autorin schon immer gut, aber ihre neueren Bücher wie Der Nachwächter und Jahr der Wunder haben mich geradezu begeistert.

Auch dieser frühe Roman, Spuren, ist großartig.
Zentrale Figur ist Fleur, die keine eigene Erzählstimme im Buch hat, aber von 2 verschiedenen Figuren intensiv betrachtet wird,
Die Handlung zieht sich von 1912 bis 1924.

Das Buch hat ein Thema von Relevanz, ist geschickt aus verschiedenen Perspektiven erzählt und hat einen edel wirkenden Erzählton. Das hat mich beeindruckt.

Bewertung vom 05.10.2023
Oetker, Alexander

Stille Nacht im Schnee


gut

Familienroman

Alexander Oetker schreibt auf routinierte Art eine Familiengeschichte.
Bei den Großeltern treffen sich Söhne, Tochter, Schwiegertochter, Enkel und Enkelin.
Das Sujet gab es schon öfter, und Oetker gelingt eine Variante, indem er eine alpine Almhütte als Treffpunkt wählt.
Es gibt Anspannungen zwischen den Familienmitgliedern.
Amüsant sind die Passagen mit dem frechen Enkel Mats.
Ein Geheimnis durchzieht das Buch. Was wollen Elizabeth und Pascal ihrer Familie mitteilen?
Es ist ein leichter Roman ohne großen Tiefgang und mit eher flache Figuren. Vieles ist absehbar, die Reaktionen der Figuren erwartbar.
Das ist in Ordnung, da es sich um einen weihnachtlichen Unterhaltungsroman handelt. Da sind emotionale Auseinandersetzungen wie in Der Gott des Gemetzels nicht angebracht.
Fazit: Ein schlichter Roman, der gut unterhält. Da kann man zufrieden sein.

Bewertung vom 05.10.2023
Máni, Sefán

Abgrund


sehr gut

Geheimnisvoll

Greife ich sonst eher zu Kriminalromanen und Thrillern aus der USA, mache ich für Stefan Mani gerne eine Ausnahme.
Mich überzeugt, wie er in Abgrund das geheimnisvolle und mystische betont. Außerdem ist Island ein reizvoller Schauplatz.
Die Handlung wechselt anfangs zwischen den Zeitebenen 1997 und 2007.
Mit Sölvi Helgason hat Stefan Mani eine spannende Hauptfigur erschaffen.
Nach einem Überfall auf ihn, glaubt er sein Schicksal verknüpft mit dem einer verschwundenen Frau.
Inhaltlich möchte ich sonst nicht mehr verraten als es der Klappentext schon sagt.
Es ist ein gut unterhaltender, lesenswerter Roman.

Bewertung vom 29.09.2023
Schwarzer, Daniela

Krisenzeit


sehr gut

Konzentriert und dicht gestaltet Daniela schwarzer ihr Buch über die momentane Krisenzeit.
Man kennt sie durch ihre Auftritte in Polit-Talkshows imn Fernsehen nals expertin. Es gelingt ihr Zusammenhänge klar und präzise herzustellen.
Im Kontext zum Ukrainekrieg schreibt sie über die Rollen diverser Länder in dieser Krise, wie USA, China, Deutschland. Ihre Schlußfolgerungen sind einleuchtend.
Das überzeugt schon sehr.

Bewertung vom 28.09.2023
Zeniter, Alice

Machtspiele


ausgezeichnet

Alice Zeniters Romane Die Kunst zu verlieren und Kurz vor dem Vergessen hatten mir ganz gut gefallen.
Mit Machtspiele konnte ich mich weniger anfreunden. Die Figuren bleiben mir zu fern, viele Szenen wirken statisch und die Relevanz des Plots wird nicht so deutlich wie man es sich wünschen würde.
Zwar steigert sich das Buch mit der Zeit, aber insgesamt kann ich nur von einem durchschnittlichen Roman sprechen und dafür hat eigenlich kaum jemand Zeit.