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Blümchen
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Dresden

Bewertungen

Insgesamt 163 Bewertungen
Bewertung vom 15.11.2023
Der späte Ruhm der Mrs. Quinn
Ford, Olivia

Der späte Ruhm der Mrs. Quinn


ausgezeichnet

Warnung! Dieses Buch verursacht Heißhungerattacken!

Wer das Backen liebt, wird auch Mrs. Quinn lieben - soviel kann man gleich am Anfang sagen. Und wer Kuchen liebt, der wird mit diesem Buch Heißhungerattacken erleiden, denn die Beschreibung der liebevollen Herstellung von Mrs. Quinns Köstlichkeiten ist so gelungen, dass einem das Wasser im Mund zusammenläuft.

Denn Mrs. Quinn ist eine begnadete Bäckerin, schon ihr ganzes Leben lang. Für sämtliche Lebenslagen kennt die rüstige 77jährige die passende Süßigkeit und die Menschen um sie herum bewundern sie für ihre Backkünste. Allen voran ihr Ehemann Bernard, der seit über 60 Jahren an ihrer Seite ist und bald auch 60 Jahre Eheglück mit ihr feiern kann. Doch trotzdieser harmonischen Ehe liegt ein Schatten über dem Paar - denn von der größten Tragödie ihres Lebens hat Jennifer Quinn ihrem Mann nie erzählt.

Als sie sich für eine Fernseh-Backshow bewirbt, bäckt sie sich durch neue und alte Rezepte - und so wie auch Gerüche oft Erinnerungen in sich tragen, wird bei Jennifer durch die Rezepte die schwierigste Zeit ihres Lebens wieder lebendig - ein Umstand, der sie an den Rand ihrer Kräfte bringt. Ist ihre Beziehung stark genug, ein 60 Jahre lang gehütetes Geheimnis zu überstehen?

Dieser Frage widmet sich die Autorin und lässt die Leser teilhaben an dem schwierigen Prozess, sich im Alter noch einmal der Vergangenheit zu stellen. Ihre Hauptfiguren Jennifer und Bernard sind so liebenswürdig gezeichnet, dass man nichts lieber täte, als mit ihnen bei einer Tasse Tee in ihrem Wohnzimmer zu sitzen.

Da die Autorin als Fernsehproduzentin Erfahrung mit den Abläufen bei TV-Formaten hat, lässt sie auch ein realistisches Bild der Dreharbeiten der Backshow entstehen. Die wuselige Atmosphäre, die immer greifbare Hektik, der Stress der Kandidaten... das wird glaubwürdig transportiert und bildet einen interessanten Gegenpol zum beschaulichen Leben der Quinns in ihrem Ruhestand. Und so ergibt sich insgesamt ein rundes Bild, ein Wohlfühlroman der Extraklasse, der mit vielen Kleinigkeiten punktet und ein stimmiges Gesamtbild abgibt.

Wenn man unbedingt was zu meckern finden möchte, dann könnte man anbringen, dass sich die Geschichte doch sehr auf Jennifer konzentriert und die Nebenfiguren gern etwas mehr Raum hätten bekommen können (insbesondere Azeez‘ Geschichte hätte mich interessiert). Aber das sind Marginalien, wenn man das wunderbare Gesamtpaket betrachtet.

Deshalb kann ich nur jedem raten, sich von Jennifer Quinn mitnehmen zu lassen auf eine Reise durch die Rezepte der britischen Inseln, die gleichzeitig auch eine Reise in Jennifers Vergangenheit ist. Genau das richtige Buch für kuschelige Lesestunden am Kamin mit einem saftigen Stück Carrot Cake :)

Bewertung vom 12.10.2023
Elizabeth Taylor / Ikonen ihrer Zeit Bd. 11
Weinberg, Juliana

Elizabeth Taylor / Ikonen ihrer Zeit Bd. 11


sehr gut

Die sieben Männer der Elizabeth Taylor

Sieben Männer und eine alternde Diva... Moment, war da nicht mal was? Ja, doch, ein bisschen könnte man schon auf den Gedanken kommen, dass Taylor Jenkins Reid in der Biografie von Elizabeth Taylor ein bisschen herumgemopst hat... Aber sei’s drum - hier geht es ja um Elizabeth’s wirkliches Leben.

Und sie hat einiges erlebt! Acht Ehen mit sieben verschiedenen Männern, eine Hollywood-Karriere vom Kinderstar zur Diva, Alkohol- und Tabletten-Abstürze, Depressionen, Höhenflüge. Genau das, was den Stoff für Romane ausmacht und davon jede Menge.

Genau deshalb könnte man auch auf den Gedanken kommen, dass 400 Seiten etwas knapp sind, um sich der Person und ihrem turbulenten Leben wirklich tiefgründig nähern zu können. Ja, diesen Eindruck hatte ich zeitweise.

Denn die Autorin begnügt sich nicht damit, nur einen Ausschnitt aus dem Leben der Hollywoodgröße zu erzählen. Nein, von ihren Kindertagen bis zu ihrem sozialen Engagement in den 1990er Jahren spannt sich der Bogen dieses biografischen Romans, in dem man neben Elizabeth zum Beispiel auch James Dean, Rock Hudson, Richard Burton und Michael Jackson näher kennenlernt. Grundsätzlich gefällt mir das besser, als wenn biografische Romane nur einen kurzen Zeitabschnitt beleuchten, aber so bleibt man eben mit vielen Schilderungen an der Oberfläche.

Oft hätte ich gern noch etwas mehr zu einem bestimmten Kapitel in Elizabeth‘ Leben erfahren, etwas mehr in ihre Seele geschaut (auch wenn mir bewusst ist, dass da viel Spekulation im Spiel sein muss, da man sich auch als Autor nur auf Informationen aus zweiter Hand stützen kann wie Interviews, Filmausschnitte oder Zeitungsberichte).

Aber es wird einem ein buntes Potpourri der Reichen und Schönen Hollywoods geboten und durch die leichte, schmeichelnde Scheibweise zieht alles wie ein bunter Film an einem vorbei - kurzum, das Buch lässt sich sehr gut lesen und man fliegt durch die Seiten.



Eine kurze Anmerkung noch zum Korrekturlesen/Lektorat - da sind mir ein paar Schnitzer aufgefallen, so z.B. als im Jahr 1949 jemand zu Elizabeth sagt „Sie werden ja strenger bewacht als die Queen!“ - die in dem Jahr noch gar nicht Königin war (und dass sich das auf eine andere Königin beziehen soll, kann ich mir nicht vorstellen). Oder als Elizabeth in Rom einen Film drehte und Rom als die „römische Hauptstadt“ bezeichnet wurde (muss das nicht italienische Hauptstadt heißen?). An solchen Dingen bin ich ab und zu hängen geblieben.

Dennoch - das Buch macht Spaß und gibt einen guten Überblick über das turbulente Leben einer der bekanntesten Schauspielerinnen des 20. Jahrhunderts. Gute 4 Sterne und eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 03.10.2023
Die Lichter der Stadt / Fräulein Gold Bd.6
Stern, Anne

Die Lichter der Stadt / Fräulein Gold Bd.6


ausgezeichnet

Berlin am Scheideweg - und Hulda mittendrin

Was Anne Stern einfach unvergleichlich gut kann: die Leser mitten hinein ziehen in eine Situation, eine Stimmung, eine Zeit. Auch 1929 ist man wieder mittendrin, wenn man Hulda auf ihrem weiteren Lebensweg begleitet.

Seit Band 5 und der turbulenten Geburt ihrer Tochter Meta sind drei Jahre vergangen - nicht für die Leser, denn Band 5 ist noch nicht einmal ein Jahr alt - aber für Hulda und die Menschen um sie herum. Wir schreiben das Jahr 1929 und das Leben in Berlin schwankt zwischen hoffnungsvollem Aufschwung und trauriger Bescheidenheit. Während die Nationalsozialisten weiter Anhänger um sich scharen, versuchen so viele Berliner einfach ihr Auskommen zu finden und von dem wenigen, das sie besitzen irgendwie zu leben.

Diese Gegensätze versteht die Autorin gekonnt in Szene zu setzen, indem sie zum Beispiel genau auf Huldas Kundinnen in der Mütterfürsorgestelle schaut, andererseits aber die gut situierte „Schwiegerfamilie“ von Wenckow porträtiert, mit denen Hulda schon wegen ihrer Tochter immer wieder Berührungspunkte hat. Und so lebt Hulda zwischen den Welten und fühlt sich selbst keiner wirklich zugehörig. Sie ist - zu Recht - stolz, allein für sich und ihre Tochter sorgen zu können. Auch wenn es sich immer wieder schwierig gestaltet.

Doch Hulda beißt sich durch und es ist schön zu lesen, dass sie in diesem Band auch wieder einmal Schmetterlinge im Bauch haben darf - auch wenn sich die Anbahnung der Beziehung nicht gerade einfach darstellt.

Wie immer habe ich Hulda sehr gern durch Berlin begleitet und die Nebenhandlung mit der Einbruchsserie rund um Huldas Wohn- und Arbeitskiez bringt Spannung in den Roman. Dennoch hatte ich das Empfinden, dass die Krimi-Elemente diesmal hinter dem „gesellschaftlichen“ Erzählstrang zurückblieben.

Doch das tat dem Roman keinen Abbruch! Ganz im Gegenteil. Je länger ich Hulda begleite, desto mehr möchte ich von ihr und ihrem Umfeld erfahren. Ich brauche keine Krimihandlung (mehr), um mich mit Hulda wohlzufühlen und an ihrem Schicksal Anteil zu nehmen. Insofern bin ich jetzt schon gespannt, was Hulda in dem bereits angekündigten Band 7 widerfahren wird („Nacht über der Havel“ soll im Dezember 2024 erscheinen - eine Leseprobe ist dem jetzt erschienenen Band auf den letzten Seiten bereits beigefügt).

Mir hat es wieder viel Vergnügen bereitet, Hulda in ihrem Alltag und auch im Nachtleben Berlins zu begleiten - wie ich finde, ist und bleibt „Fräulein Gold“ eine der besten deutschen Roman-Reihen über die 1920er Jahre!

Bewertung vom 28.09.2023
Die Suche
Harper, Jane

Die Suche


ausgezeichnet

Man sieht nur, was man sehen will

Jane Harper hat mit „Die Suche“ einen weiteren Krimi um den Ermittler Aaron Falk vorgelegt. Und wie immer spielt sie die Karten perfekt... Vorfälle aus der Vergangenheit, deren Auswirkungen bis in die Gegenwart spürbar sind, feine Spannungen zwischen den handelnden Personen, bei denen man bald schon nicht mehr weiß wessen Aussagen man trauen kann - das sind die Spezialitäten der Autorin und das hat sie auch in diesem Buch wieder meisterhaft zu einer spannenden Spurensuche verwoben.

Alles beginnt mit einer Familienfeier - Aaron ist bei Freunden zur Taufe ihres jüngsten Sohnes eingeladen. Doch überschattet wird das Wochenende von einem Vermisstenfall, der vor genau einem Jahr auf einem Jahrmarkt begann und seitdem die Bevölkerung des kleinen Städtchens nicht losgelassen hat. Eine junge Mutter verschwand spurlos, ihr 6 Wochen altes Baby fand man Stunden später in seinem Kinderwagen auf dem Fest. Wollte sie sichergehen, dass das Kind gefunden wird, bevor sie sich abgesetzt hat? Fiel sie einem Verbrechen zum Opfer? Beging sie Selbstmord im nahegelegenen Stausee?

Auch Aaron lässt dieser Fall nicht los und im Gespräch mit seinen Freunden und deren Familien setzt sich langsam ein Bild zusammen... doch im Zusammenhang damit kommen noch weitere mysteriöse Vorkommnisse aus der Vergangenheit ans Licht. Zum Beispiel zwei tragische tödliche Unfälle, die Jahre zurückliegen und immer noch Fragen aufwerfen. Hängt doch alles miteinander zusammen? Oder sind hier einfach nur merkwürdige Zufälle zustande gekommen?

Wie immer bei Jane Harpers Krimis kann man es sich als Leser nicht leisten, unaufmerksam zu sein oder Seiten nur flüchtig zu lesen. Denn in den vielen zwischenmenschlichen Interaktionen, die Harper beschreibt, tauchen immer wieder kleine Hinweise auf - natürlich auch falsche Fährten - die am Ende ein großes Ganzes ergeben werden. In ihren Büchern muss auf Zwischentöne geachtet werden.

Deshalb würde ich auch dieses Buch nicht für Leser empfehlen, die sich nur zurücklehnen und berieseln lassen wollen. Ja, es ist Unterhaltungsliteratur, aber es ist auch ein Netz aus Intrigen, Lügen und Täuschungen, bei dem man aufmerksam bleiben muss um den Faden nicht zu verlieren.

Ein so geschriebener Krimi ist vielleicht keine so leichte Kost, aber da ich Aaron Falk schon seit geraumer Zeit begleite und bereits einige Fälle mit ihm gelöst habe, weiß ich, worauf ich mich einlasse. Und auch diesmal haben mich die Figuren wieder so beeindruckt, dass ich selbst nach dem Zuklappen des Buches - als ich bereits das nächste angefangen hatte - mit einem leisen Bedauern daran gedacht habe, dass ich eigentlich gern noch etwas mehr Zeit mit Aaron und seinen Leuten verbracht hätte. Und was kann ein Autor mehr erreichen, als dass einem ein Buch auch nach dem Lesen noch nachhängt?

Ich bin bekennender Fan von Aaron Falk und von Jane Harpers Art, spannende Geschichten zu entwerfen. Sie hat mich auch dieses Mal wieder eingefangen und freue mich schon darauf, wenn Aaron das nächste Mal in einen Fall stolpert...

Bewertung vom 27.09.2023
Die Formel der Hoffnung
Cullen, Lynn

Die Formel der Hoffnung


sehr gut

Die Rolle der Wissenschaftlerinnen hinter den bekannten Wissenschaftlern...

Googelt man die Worte „Polio Impfstoff Erfinder“, wird man immer wieder zwei Namen lesen: Jonas Salk und Albert Sabin. Beide arbeiteten mit ihren Forscherteams (und unterschiedlichen Ansätzen) an Impfstoffen, beide Namen sind in die Geschichte eingegangen. Doch die wenigsten wissen, dass hochqualifizierte Frauen mit ihrer Arbeit erst dafür gesorgt haben, dass Salk und Sabin ihre Impfstoffe gegen die gefürchtete Kinderlähmung entwickeln und testen konnten. Eine davon war Dr. Dorothy Horstmann.

Ihre Geschichte erzählt Lynn Cullen in „Die Formel der Hoffnung“. Zwar erklärt sie im Nachwort, dass die Handlung des Buches weitestgehend fiktional ist, doch die Eckpunkte von Horstmanns Forschung und der Kontext zur Entwicklung der Impfstoffe ist natürlich authentisch. Die Szenen im Buch sind zwar oftmals von dokumentierten Ereignissen inspiriert, ihr Ablauf jedoch ist fiktiv erzählt.

Gar so viel Verwertbares hat die Autorin wahrscheinlich nicht finden können über Dr. Horstmann - denn klar, die Bücher zu Polio-Impfstoffen beschäftigen sich eben hauptsächlich mit den Männern, die am Ende die Lorbeeren für die Impfstoffe einheimsten.

So erzählt sie Dorothys Geschichte als Roman und die Grenzen zwischen belegten Fakten und künstlerischer Freiheit verschwimmen, wie es in biografischen Romanen üblich ist.

Sie hat versucht, den Weg zum Impfstoff detailliert nachzuzeichnen, doch genau das ist aus meiner Sicht der Nachteil des Buches. Forschung ist zäh, langwierig und oftmals über lange Zeiträume nicht von durchbrechenden Ergebnissen bestimmt. Doch je mehr dies wiedergegeben wird, desto weniger Dynamik hat auch der Roman.

Über eine Spanne von etwa 100-150 Seiten erfuhr man von diversen Treffen Dr. Horstmanns mit ihren Forscherkollegen, in denen gefühlt immer wieder die gleichen Gespräche geführt, die gleichen Fragen gestellt, die gleichen Antworten gegeben wurden. Dies machte das Buch in diesen Kapiteln sehr langatmig für mich - gefühlt passierte überhaupt nichts.

Auf den letzten 100 Seiten wiederum, als der Forschungsdurchbruch erzielt war und es um das „Wettrennen“ von Salk und Sabin um die Impfstoffe ging, wurde es dann wieder spannend und diesen letzten Teil habe ich mit Begeisterung und viel Lesefreude verfolgt.

In der Gesamtschau ist es daher für mich ein Buch mit Verbesserungs- bzw. Kürzungspotential, das aber trotzdem thematisch sehr interessant ist und bei dem es sich lohnt, bis zum Ende dranzubleiben.

Bewertung vom 20.09.2023
Always love you / Ikonen ihrer Zeit Bd.11
Faber, Hanna

Always love you / Ikonen ihrer Zeit Bd.11


sehr gut

Die größte Stimme des 20. Jahrhunderts

Sie war eine Legende. Bei Whitney Houston überschlugen sich die Musikkritiker mit Lob, ihre außergewöhnliche Stimme wurde als „größte Stimme des 20. Jahrhunderts“ bezeichnet und ihre Lieder werden noch heute rauf und runter im Radio gespielt.

Doch die Geschichte hinter all dem Glamour hat natürlich auch ihre Schattenseiten. Hanna Faber versucht, sich der Ausnahmekünstlerin in einer Romanbiografie zu nähern. Wie kam es zu ihrem Megaerfolg? Wer waren die Leute hinter dem Star? Wer machte sie zu der Ikone, als die sie noch immer gilt?

All das erfährt man, wenn man „Always love you“ liest. Und trotzdem finde ich die Biografie als etwas zu kurz gegriffen. Das Buch beleuchtet abwechselnd einen Tag im Jahr 1994 (der Tag der Grammy-Verleihung) und verschiedene Stationen ihres Lebens vor diesem Tag, die ihren steilen Aufstieg als Sängerin schildern. Doch wie die meisten wissen, starb Whitney zwar viel zu früh, aber doch erst im Jahr 2012. Und diese Jahre zwischen 1994 und 2012 werden überhaupt nicht angesprochen. Wenn man aber verstehen möchte, wie sich Whitney entwickelt hat und was letztlich zu ihrem viel zu frühen Tod führte, muss man sich insbesondere diesen letzen Jahren in ihrem Leben widmen.

So feiert das Buch hauptsächlich ihren Aufstieg zum Star, ist fließend und leicht zu lesen und gibt einen Eindruck davon, wie es für ein schwarzes Mädchen war, plötzlich die Königin jeder Bühne zu sein. Es ist ein Buch, das Whitney sehr wohlwollend porträtiert und explizit auch ihre ganz besondere Beziehung zu Robyn Crawford darstellt (von der behauptet wird, sie sei die wahre Liebe von Whitney gewesen, auch wenn sie offiziell nur ihre persönliche Assistentin war). Doch einen Gesamtüberblick über das Leben der Soulqueen wird man nicht finden. Für mich persönlich fehlte dadurch etwas und die Biografie war für mich nicht ganz rund, so dass es ein 4-Sterne-Buch für mich war.

Wer an Whitneys Anfängen und ihrem Privatleben während ihres Aufstiegs interessiert ist, wer ein bisschen eintauchen will in den Glamour des Musikbusiness und noch einmal in Erinnerungen schwelgen will an ihren größten Erfolg, den Film „Bodyguard“, dem sei das Buch wärmstens empfohlen!

Bewertung vom 27.08.2023
Hell
Burr, Shelley

Hell


ausgezeichnet

Atmosphärisch, spannend, mit unerwartetem Ende

Ich muss schon sagen, für einen Debütroman im Krimi-/Thrillerbereich ist dieses Buch wirklich gut gelungen. Am meisten beeindruckt hat mich bei diesem Erstlingswerk einer jungen australischen Autorin, dass sie es geschafft hat, ein Ende zu erschaffen, das sowohl die Fragen der Leser beantwortet als auch Überraschungsmomente zu bieten hat.

Die Grundstory ist schnell erzählt: vor 20 Jahren verschwand ein kleines Mädchen spurlos und ihrer Zwillingsschwester machen die Auswirkungen dieses Dramas auch heute noch zu schaffen. Ein Privatdetektiv hat den Ehrgeiz, den Cold Case aufzuklären - doch seine Motive sind sehr persönlich, wie sich im Laufe des Buches herausstellt.

Das atmosphärische Setting in einer abgelegenen Gegend Australiens ermöglicht den Lesern spannendes Kopfkino. Man spürt förmlich die Hitze und den Staub und wird von der teilweise sozialfeindlichen Wohnsituation (3 Stunden Fahrzeit in die nächste größere Stadt) eingenommen. Für ein Thrillersetting ist diese Konstellation natürlich ideal und durch den bildhaften Erzählstil der Autorin ist man immer hautnah dabei und spürt die teilweise beklemmende Atmosphäre.

Nach und nach offenbaren sich die wahren Gründe für den Ehrgeiz des Privatdetektivs Lane Holland und man ahnt schon, dass das zu massiven Verwicklungen führen wird und dass es kaum ein gutes Ende nehmen kann. Ich war trotz ihrer Eigenheiten sehr nah an den Protagonisten, sowohl an Lane als auch an Mina. So bin ich atemlos durch das Buch geflogen und hatte an keiner Stelle ein Gefühl von Langeweile oder “es zieht sich“.

Die Auflösung, was den Fall von Minas Schwester betrifft, war ab einem bestimmten Zeitpunkt zwar zu erahnen, die Umsetzung des Showdowns (und vor allem der Auswirkungen auf die Protagonisten) fand ich schon sehr clever konstruiert und trotzdem nicht unglaubwürdig.

Alles in allem ein Thrillerdebüt, das sich auf jeden Fall zu lesen lohnt - für Leute mit einer Affinität zu Australien auf jeden Fall, aber auch für jeden, der gut geschriebene Thriller mag. Klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 31.07.2023
Die Schwabinger Morde / Fräulein Anna, Gerichtsmedizin Bd.2
Aicher, Petra

Die Schwabinger Morde / Fräulein Anna, Gerichtsmedizin Bd.2


sehr gut

Nicht ganz so spritzig wie der erste Band

Der erste Teil dieser Reihe („Die Prinzregentenmorde“) hatte mich sehr positiv überrascht. Insbesondere der verbale Schlagabtausch zwischen Anna und dem Adligen Fitz von Weynand war amüsant zu lesen - da wollte ich natürlich den zweiten Teil nicht verpassen.

Der brauchte leider ein wenig, um in die Gänge zu kommen. Im ersten Drittel des Buches war mir die Handlung noch zu konfus, um einen roten Faden zu erkennen. Ein totes Baby in einem Hinterhof - wobei man schnell feststellt, dass es nicht umgebracht wurde, sondern eines natürlichen Todes starb. Ein totes Dienstmädchen, bei dem sich die Anzeichen für einen gewaltsamen Tod mehrten - das aber mit dem toten Baby nichts zu tun hatte... Mehrere „Töpfe“ wurden aufgemacht, ohne dass sich die Hinweise auf einen Zusammenhang verdichteten. Genau wie Anna und Fritz tappte ich lange Zeit im Dunkeln, ob es überhaupt Zusammenhänge geben würde und wie sich diese darstellen. Dadurch verlor das Buch aber in der ersten Hälfte für mich an Spannung. Wenn nicht erkennbar ist, dass sich die Handlungsstränge aufeinander zu bewegen, wird es manchmal etwas langatmig.

Dann kam im zweiten Teil aber richtig Spannung auf, als sich doch noch herauskristallisierte, welche Zusammenhänge es gibt. Ich wette, es kommt kein Leser auf den Twist, den die Autorin hier eingebaut hat (wobei ich mir dazu schon ein, zwei Fragen gestellt habe, wieso das Umfeld von Alfons Wendlinger jahrelang nichts gemerkt haben soll...). Aber sei’s drum - es war auf jeden Fall eine faustdicke Überraschung.

Etwas gefehlt haben mir in diesem zweiten Teil die herzerfrischenden Dialogszenen zwischen Anna und Fritz. Ich hatte den Eindruck, es ging diesmal zwischen den beiden nicht so spritzig zu wie noch in Teil 1. Hauptsächlich war es Fritz, der eloquente Spitzen verteilte, aber Anna wirkte nicht so schlagfertig wie noch im ersten Band.

Insgesamt war es für mich daher zwar ein sehr unterhaltsamer, aber diesmal nicht begeisternder historischer Krimi. Fans der „Totenärztin“ von René Anour können aber gern mal einen zweiten Blick riskieren auf Fräulein Anna, denn ich könnte mir vorstellen, dass sie an Anna durchaus ihre Freude haben.

Bewertung vom 25.07.2023
Greta Garbo / Ikonen ihrer Zeit Bd.10
Lüding, Kristina

Greta Garbo / Ikonen ihrer Zeit Bd.10


gut

Die schöne Unnahbare

„Ich kenne niemanden, der Filme macht und glücklich ist.“ soll Greta Garbo gesagt haben. Bereits aus diesem Zitat spricht ihre Unzufriedenheit mit ihrem Leben. Doch wie kam es dazu, wenn doch die Schauspielerei immer ihr großer Traum gewesen ist?

Greta wächst behütet in Stockholm auf, verliert allerdings früh - schon mit 14 Jahren - ihren Vater. Ein Verlust, der für sie nur schwer zu ertragen ist und mit dem sie lange Zeit hadert. Als junges Mädchen träumt sie von der Schauspielerei. Ihre Schulbildung endete wie bei so vielen jungen Frauen der damaligen Zeit früh - statt dessen versuchte sie zum Familienunterhalt beizutragen, indem sie arbeiten ging. In einem Stockholmer Bekleidungsgeschäft verkauft sie Hüte und wird als Hutmodell für den Katalog des Warenhauses abgelichtet. Dies und zwei folgende Werbefilme waren ihr Sprungbrett in Richtung Schauspielerei.

Doch ab hier erstaunte mich das Buch. Gretas Schauspielversuche und ihre Vorsprechen werden als völlige Desaster geschildert, so dass ich als Leser leider den Eindruck hatte, dieses Mädchen sei hoffnungslos untalentiert. Und das bei einer Frau, die später als eine der größten Schauspielerinnen ihrer Zeit gefeiert wird? Das kam mir sehr merkwürdig vor, zumal man in vielen Artikeln über sie lesen kann, sie habe ein so „natürliches Talent“ besessen. Mehr als einmal musste ich die Augen verdrehen, als sie wieder einmal kein Wort rausbrachte und vor sich hinstammelte und ich muss leider sagen - meine Geduld mit der Hauptfigur näherte sich ihrem Ende...

Zum Glück schwenkt das Buch schließlich über in die Phase ihres Filmschaffens, angefangen mit den schwedischen Filmen bis zu ihrer Karriere in Hollywood. Immer an ihrer Seite: ihr „Entdecker“ und Mentor Mauritz Stiller. Das Verhältnis zwischen Greta und ihm war schwierig, um nicht zu sagen toxisch. Er muss wohl außerordentlich cholerisch gewesen sein, was im Buch sehr deutlich herausgestellt wird. Dennoch schafft Greta es nicht, sich von ihm zu lösen. Auch als er sie mit nach Amerika nimmt, steht sie in seinem Schatten.

Später, als sie auch ohne ihn Erfolg hat in Hollywood, kann sie sich leider kein glückliches Leben aufbauen. Hinter der Leinwandgöttin kommt immer mehr die verzweifelte Frau zum Vorschein, die von Heimweh und Trauer (mittlerweile auch um ihre früh verstorbene Schwester) geprägt ist.

Greta Garbo hat nie geheiratet und ob sie sich eher für Männer oder Frauen interessierte, wird auch in dieser Romanbiografie nicht geklärt. Zwar geht der Roman auf mehrere sehr enge Freundschaften mit Frauen ein, die viel Interpretationsspielraum lassen, jedoch positioniert sich der Roman nicht.

Letztendlich hatte ich den Eindruck, dass die geheimnisvolle Greta Garbo auch in diesem Roman ein großes Geheimnis bleibt. Leider hatte ich nicht das Gefühl, ihr durch den Roman wirklich näher gekommen zu sein. Unbestritten liest sich das Buch leicht und schnell, man fliegt förmlich durch die Seiten. Aber es hat mir leider keine Verbindung zu Greta vermitteln können, so dass ich es von seiner Gesamtwirkung her bei 3 Sternen ansiedle.

Bewertung vom 17.07.2023
Bergleuchten
Seemayer, Karin

Bergleuchten


ausgezeichnet

Perfekte Verbindung zwischen historischen Fakten und Unterhaltung!

Es war ein Jahrhundertprojekt - der Bau des Gotthardtunnels in der Schweiz in den 1870er Jahren. Von jeher war es äußerst mühsam, über den Gotthardpass zu kommen, der die Schweiz mit Italien verband. Auch im 19. Jahrhundert noch waren die Fuhrhalter, die mit ihren Fuhrwerken Waren über den Pass brachten, in großer Gefahr. Denn Wind und Wetter waren unberechenbar am Pass, die Straßen steil und die Kehren eng.

Doch dann begann ein kühnes Bauvorhaben: ein 15 km langer Tunnel durch das Gotthardmassiv, von Göschenen in der Schweiz bis Airolo auf italienischer Seite. Es veränderte das kleine Bergdorf Göschenen in kürzstester Zeit. Zu Hunderten kamen italienische Bergarbeiter, sogenannte Mineure, und arbeiteten in den Stollen. Der Wohnraum wurde knapp, die Spannungen zwischen den alteingesessenen Bewohnern und den Arbeitern wuchsen. Gastwirtschaften und neue Läden schossen wie Pilze aus dem Boden, während die Fuhrhalter der Region um ihre Existenz bangten. Denn wenn der Eisenbahntunnel da war - wer würde sie dann noch zum Warentransport beauftragen?

In diesem Spannungsfeld erzählt Karin Seemayer einen dramatischen historischen Roman, der die Geschichte des Tunnelbaus akribisch nachzeichnet. Die Geschehnisse sind tatsächlich historisch verbürgt, angefangen von den Aufständen der Arbeiter bis zu den im Roman vorkommenden Unglücken im und am Tunnel (und davon gab es reichlich).

In diesem Setting hat die Autorin Protagonisten von beiden „Seiten“ erschaffen - einerseits die Fuhrhalterstochter Helene, deren ganze Welt sich wandelt, als das große Bauvorhaben beginnt und die zwischen Faszination und Besorgnis hin und her gerissen ist. Andererseits den Italiener Piero, der als Mineur, also als Bergarbeiter, nach Göschenen kommt und durch dessen Augen man den Tunnelbau sieht und die schwierigen Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bergleute miterlebt. Da der Bauherr, Luis Favre, ein halsbrecherisches Angebot vorgelegt hatte, um den Zuschlag für den Tunnelbau zu bekommen, spart er an allen Ecken und Enden. Gleichzeitig muss er die vereinbarte Bauzeit einhalten, da sonst horrende Strafzahlungen drohen. Ein Himmelfahrtskommando für die Bergleute, die im Stollen arbeiten...

Und so nimmt eine dramatische und hochspannende Geschichte ihren Lauf, die natürlich mit einer Liebesgeschichte angereichert ist, aber trotzdem wahrheitsgetreu die Zustände während der Bauphase des Tunnels beleuchtet.

Dieser Roman vermittelt damit auf unterhaltsame Weise Wissen und ich muss tatsächlich sagen, dass mich die Geschichte des Tunnelbaus tief beeindruckt hat. Ich habe mir dazu im Nachgang eine Dokumentation angeschaut („Mythos Gotthard“), die ebenfalls den Tunnelbau ab 1872 beleuchtet und habe dort tatsächlich alle Themen des Romans 1:1 wiedergefunden.

Ich kann diesen Roman von Herzen empfehlen, sowohl für Leser, die sich ein Bild von den historischen Gegebenheiten und von den Anfängen des Gotthardtunnels machen wollen als auch für Leser, die unterhaltsame Urlaubslektüre suchen. Mein großer Respekt für die Autorin, die den Spagat zwischen realistischer Darstellung und kurzweiliger Lektüre so gut hinbekommen hat - verdiente 5 Sterne!