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Bücherfee

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Insgesamt 402 Bewertungen
Bewertung vom 19.04.2024
The Hike
Clarke, Lucy

The Hike


ausgezeichnet

Hand aufs Herz: Wer träumt nicht von einer Reise nach Norwegen? Spektakuläre Berge, malerische Fjorde und grüne Walder - begeisterte Wander*innen kommen hier auf ihre Kosten. In ihrem neuen Psychothriller "The Hike" nimmt die englische Bestseller-Autorin Lucy Clarke ihre Leser*innen mit auf eine anstrengende Tour an einem (fiktiven) abgelegenen kleinen Ort in Norwegen, an dem man dem grauen Alltag entkommen, aber auch spurlos verschwinden kann, wie Liz, Helena, Maggie und Joni, vier abenteuerlustige Freund*innen aus Großbritannien, am eigenen Leibe erfahren werden.

Das Cover ist auf die bereits erschienenen Bücher von Lucy Clarke abgestimmt und übt eine magische Anziehungskraft aus. Man schaut direkt auf einen kristallblauen Fjord, links und rechs umsäumt von hohen Bergen. Man könnte sich in diesen malerischen Anblick verlieben - wenn nicht die Spuren von Blut auf der Fensterbank wären. Der englische Titel "The Hike" (Die Wanderung) klingt neutral, dafür enthält der deutsche Untertitel "Nicht alle kommen zurück" eine unverhohlene Warnung, welche die Alarmglocken schrillen lässt:

Das Setting ist einmalig schön. Dank der atmosphärisch dichten Schilderungen kann man sich die beeindruckende wilde Landschaft von Norwegen mit steil aufragenden Bergen, glasklaren Seen, grünen Wäldern und einsamen Blockhütten plastisch vorstellen. Hier scheint die Welt noch in Ordnung zu sein - oder doch nicht?

Das Geschehen wird aus mehreren Perspektiven vermittelt. Zu Wort kommen vor allem Liz, Helena, Maggie und Joni, die seit ihren Kindheitstagen eine (enge) Freundschaft verbindet. Nach dem Schulabschluss haben sich ihre Wege weit auseinander entwickelt. Dennoch ist der lose Kontakt nicht abgerissen, sondern sie sind miteinander in Verbindung geblieben und haben ihre unterschiedlichen Lebenswege verfolgt. Während Joni ihr künstlerisches Talent auslebt und als gefeierte Sängerin die Charts stürmt, hat Maggie ihre kreative Ader nicht ausgelebt und muss nach ihrer Scheidung mit einem begrenzten finanziellen Budget wirtschaften. Helena trauert um ihre verstorbene Mutter und verweigert sich jeder ernsthaften Bindung, während die Ärztin Liz das große Los gezogen und ihr privates Glück mit einem Jugendfreund und zwei Kindern gefunden hat.

Auf den ersten Blick scheint diese Frauenfreundschaft harmonisch, aber im Laufe der Handlung fallen die Masken. Liz, Helena, Maggie und Joni verbergen dunkle Geheimnisse und düstere Lebenslügen, vor den anderen und sich selbst. Nicht die anstrengende Wanderung durch die unberührte Natur führt die unerfahrenen, untrainierten Frauen an ihre physischen und psychischen Grenzen, sondern die zwischen ihnen schwelenden zwischenmenschlichen Konflikte, die in dieser absoluten Ausnahmesituation ans Tageslicht drängen. Als sie mitten in der Wildnis eine folgenschwere Entdeckung machen, geraten sie in Lebensgefahr. Eine unbekannte Person heftet sich an ihre Fersen, und an ihren Absichten besteht kein Zweifel. Im verzweifelten Kampf um das Überleben drängen Ihre (viel zu lange) verdrängten und verschütteten Emotionen ans Tageslicht. Liz, Helena, Maggie und Joni schenken sich nichts, wenn sie einander die ungeschminkte Wahrheit ins Gesicht sagen..

Lucy Clarke hat es wieder geschafft. Meine Lektüre hat mich geflasht, sie hat mich mehrere Tage lang in Atem gehalten. Auch wenn die Handlung hin und wieder etwas konstruiert wirkt, hat mich "The Hike" absolut überzeugt. Wer einen raffiniert gestrickten und gut konstruierten Psychothriller mit komplexen Charakteren und unerwarteten Wendungen sucht, sollte sich den neuen Roman von Lucy Clarke nicht entgehen lassen..

Bewertung vom 15.04.2024
Mordseesturm / Caro Falk Bd.5
Johannsen, Emmi

Mordseesturm / Caro Falk Bd.5


ausgezeichnet

Moin!

Habt ihr schon Pläne für den kommenden Sommer geschmiedet? Sehnt ihr euch nach Abstand vom Alltag und träumt von einem Urlaub an der Nordsee? Womöglich auf Borkum, der größten ostfriesischen Insel? Zur Einstimmung auf eine erholsame Auszeit am Meer kann ich den unterhaltsamen Regio-Krimi "Mordseesturm" von Emmi Johannsen wärmstens empfehlen, der bereits den fünften Band aus der Reihe "Borkum-Krimi" bildet.

Das witzige Cover ist harmonisch auf die bereits erschienenen Bücher abgestimmt und besitzt einen hohen Wiedererkennungswert, ebenso wie der knackige Titel, der sozusagen einen kleinen Vorgeschmack auf das kommende Geschehen bietet. Eine Möwe kreist über einem Weg, der durch die Dünen bis zum Meer führt.

Theoretisch ist jedes Buch in sich abgeschlossen, es kann ohne Vorkenntnisse gelesen und verstanden werden, zumal wichtige Informationen zu den handelnden Personen in die laufende Handlung integriert werden. Auch wenn jedes Buch in sich abgeschlossen ist und ohne Vorkenntnisse gelesen werden kann, halte ich es für besser, alle Bände in der vorgesehenen Reihenfolge zu lesen. Auf diese Weise kann man die Entwicklung der einzelnen Protagonist*innen nachvollziehen und dezente Anspielungen im Text auf weit zurückliegende Ereignisse mühelos verstehen. Für mich ist dieses Wiedersehen mit den (liebevoll ausgearbeiteten, vielschichtigen) Protagonist*innen immer wieder schön, insbesondere Caro Falk, die sich im Laufe dieser Reihe von einer unsicheren, alleinerziehenden Mutter, die (mit Kind und Hund) nach ihrer Trennung aus der Großstadt Berlin mit Sack und Pack zu ihrem Schwiegervater Hinnerk auf die Insel Borkum zieht, zu einer gut vernetzten, selbstbewussten Insulanerin mit einem feinen Gespür für interessante Geschichten, die ihren Platz im Leben (wieder) gefunden hat, ist mir sehr ans Herz gewachsen. Nach den vielen erfolgreichen Ermittlungen wünsche ich ihr ein privates Happy-End mit ihrem besten Freund Jan Ackermann. Da muss langsam was gehen, nicht wahr, Emmi Johannsen?

Wenn es um meinen persönlichen literarischen Geschmack geht, hat Emmi Johannsen voll ins Schwarze getroffen. Mich hat die gelungene Mischung aus Humor und Spannung voll überzeugt, die von einer Prise Nordseefeeling abgerundet wird. "Mordseekrimi" bietet einen vielschichtigen, verzwickten Fall, der seine Leser*innen zum Mitfiebern und Miträtseln einlädt (wobei man durch die vielen unerwarteten Wendungen allzu oft aufs Glatteis geführt wird.) Wer einen leicht und locker geschriebenen, unterhaltsamen Urlaubs-Krimi für den Strandkorb sucht, sollte sich diesen Borkum-Krimi nicht entgehen lassen.

Bewertung vom 03.04.2024
Liebe kann doch jedem mal passieren / Chestnut Road Bd.1
Sanders, Anne

Liebe kann doch jedem mal passieren / Chestnut Road Bd.1


ausgezeichnet

Hello!

Sucht ihr einen locker-leichten Feel-Good-Roman, der nach den obligatorischen Missverständnissen zielsicher auf das Happy-End zusteuert? Dann lege ich euch den amüsanten Roman "Liebe kann doch mal jedem passieren" von Anne Sanders ans Herz, der den Auftakt zur Reihe "Chestnut Road" bildet.

Das Cover spiegelt die im Roman dargestellte Situation. Angetan mit Reisetasche, bahnt sich eine junge Frau ihren Weg zu ihrer neuen Bleibe auf Zeit. Der Titel überzeugt durch Wortwitz und lässt auf eine amüsante, leichte Geschichte hoffen.

Als ich das Portrait von Anne Sanders aufmerksam studiert habe, fühlte ich mich dank der markanten Brille gleich an Julie Cooper, die Heldin des Romans "Liebe kann doch mal jedem passieren", erinnert. Nach dem Studium der Zahnmedizin sollte sie die gut gehende Praxis ihrer Eltern übernehmen, doch ihre Aversion gegen die für sie vorgesehene Laufbahn hat sie zur Flucht aus ihrer Heimatstadt bewegt. Julie ist ein chaotischer, sprunghafter Mensch, der nicht aufs Kleingedruckte achtet und klare Entscheidungen vermeidet. Wie sie künftig ihre Zukunft gestalten will, weiß sie noch nicht. In Brighton schlittert sie in die nächste Katastrophe. Sie hat ein halbes Zimmer mit eigenem Bad im 1. Stock einer geräumigen Altbauwohnung gemietet, das sie sich mit Alex Logan, einem pflichtbewussten, stocksteifen Juristen, teilen soll, der eine berufsvorbereitende Stage in einer großen Kanzlei absolviert und sich ebenso wie Julie nicht mit seinen tagtäglichen Aufgaben identifizieren kann.

Wie bereits erwähnt, spielt der Roman in Brighton, einem typisch englischen Urlaubsort am Meer, dessen markante Punkte von Anne Sanders wahrheitsgetreu wiedergegeben werden. Der Plot weicht von den üblichen Mustern in Liebesromanen ab, allerdings ist die Ausgangssituation nicht sehr realistisch, sondern der Phantasie von Anne Sanders entsprungen.



Julie und Alex sind sympathische Protagonisten, die man schnell ins Herz schließt. Mit 28 und 29 Jahren sind sie fast im gleichen Alter; ihre erste tiefe sinn- und Lebenskrise erreicht sie bereits vor dem Vollenden des 30. Lebensjahres. Trotz ihrer charakterlich bedingten Unterschiede finden sie sich in ihrer gemeinsamen Neigung, mit der (von ihnen selbstgewählten) beruflichen Laufbahn zu hadern. Im Laufe der Handlung pflegen sie nicht mehr ihre Vorurteile, sondern kommen sich immer näher.

Wenn man so will, passiert nicht viel in diesem Buch. Im Fokus stehen Interaktion und Kommunikation der handelnden Personen, deren Verhalten (für mich zumindest) nicht immer logisch zwingend nachvollziehbar erscheint. Dennoch möchte ich es nicht schlecht reden. Wer eine entspannte, ruhige Lektüre zum Abschalten und Runterkommen sucht, die gefällige Unterhaltung für zwischendurch bietet, sollte nach seinem Feierabend zu diesem Buch greifen.

Bewertung vom 03.04.2024
Sylt im Getriebe
Thesenfitz, Claudia

Sylt im Getriebe


ausgezeichnet

Moin, Mädels!

Habt ihr Lust auf literarische Auszeit auf Sylt? Dann kommt mit zum "E-Bike Verleih mit Herz", leiht euch ein Fahrrad und genießt eine ausgedehnte Tour durch die malerische Dünenlandschaft, mit "Sylt im Getriebe" von Claudia Thesenfitz:

Das schöne Cover ist in warmen Farben gehalten und sprüht vor Lebensfreude. Wenn der Blick auf die kecke Möwe fällt, die auf der Suche nach Futter ist, kann man sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Wenige Schritte von ihr entfernt, parkt ein modernes Damenrad; der Fahrradkorb ist mit frischen Blumen geschmückt. Die Besitzerin wendet den Betrachter*innen den Rücken zu, sie schützt sich mit einem Hut vor der Sonne und schaut sinnend zum Leuchtturm empor, der im Hintergrund zu erkennen ist. Der witzig-spritzige Titel stimmt auf einen unbeschwerten Urlaub auf Sylt ein. Das ist Nordseefeeling pur!

Wie alle Bände aus der "Gllücksroman"-Reihe spielt der neue Roman "Sylt im Getriebe" auf Sylt. Wer schon einmal dorthin gereist ist, wird viele Sehenswürdigkeiten (und die besten Restaurants) auf der friesischen Insel wiedererkennen. Im Mittelpunkt steht Marina, eine sympathische Frau von 50 Jahren, die als Hausfrau in Hamburg lebt. Nachdem ihre Kinder das Nest verlassen haben, ist sie in ein tiefes Loch gefallen. Ihre Ehe ist von Lieblosigkeit geprägt; ihr Mann Rolf ist ein erfolgreicher Geschäftsmann in einem Autohaus, behandelt seine nicht berufstätige Ehefrau von oben herab und bringt ihr keinerlei Wertschätzung, geschweige denn: Liebe entgegen. Marina welkt dahin, sie leidet unter massiven Ängsten und Panikattacken, die sie in ihrer Lebensqualität einschränken und zu einer Psychotherapie zwingen. Durch die Bitte ihrer Cousine, sie in ihrem EBike-Verleih in Keitum auf Sylt zu vertreten, erhält sie die Chance, aus ihrem tristen Alltag auszubrechen, sich ihren Ängsten zu stellen und ganz neu durchzustarten.

Claudia Thesenfitz ist eine Mut machende, tiefgründige Geschichte gelungen, in der sich viele Frauen in der Mitte des Lebens wiedererkennen können. Leicht und locker zu lesen, sprüht diese Lektüre vor Charme und Zuversicht. Diese lebensbejahende, unterhaltsame Wohlfühl-Roman macht einfach Lust auf Meer!

Bewertung vom 03.04.2024
Keine Spaghetti sind auch keine Lösung
Neumayer, Silke

Keine Spaghetti sind auch keine Lösung


ausgezeichnet

Buon giorno!

Träumt ihr von einem Urlaub in der Toskana, der wunderschönen Region in Mittelitalien, geprägt von traumhaften Küsten und sanften Hügel? Dann schnappt euch den locker-leicht geschriebenen Roman "Keine Spaghetti sind auch keine Lösung" von Silke Neumayer auf und begleitet drei Freund*innen auf ihrem Weg nach Bella Italia.

Das Cover weckt Assoziationen an einen Urlaub in der Toskana. Auf einem liebevoll eingedeckten Tisch sind köstliche Spaghetti angerichtet worden. Von dem Sitzplatz im Grünen genießt man einen traumhaften Blick auf ein altehrwürdiges Castello genießt, während ein von dort kommendes Cabrio die von Zypressen umsäumte Auffahrt hinaufbraust. Willkommen in Bella Italia!

Der Roman schlägt einen weiten Bogen von der Hansestadt Hamburg bis hin zu einem verschlafenen Nest, irgendwo in der Toskana. Im Fokus stehen die drei Freundinnen Mia, Poppy und Schröder, die seit ihrer gemeinsamen Schulzeit eine innige Frauen-Freundschaft verbindet. Nach dem unerwarteten Tod ihrer (in die Toskana ausgewanderten) Freundin Amelie packen sie ihre Koffer und machen sich auf weiten Weg nach Bella Italia, um ihrer Freundin die letzte Ehre zu erweisen und ihr gemeinsames Erbe anzutreten. Dort erwarten sie einige Überraschungen - und während ihres Aufenthaltes werden viele Geheimnisse und Lebenslügen enthüllt, die sie voreinander verborgen haben. Mitunter wird ihre enge Freundschaft auf die Probe gestellt; sie gerät heftig ins Schwanken, hält aber letztendlich allen Belastungen stand.

Silke Neumayer ist ein emotional anrührender, turbulenter Urlaubs-Roman mit drei (mehr oder weniger desillusionierte) Frauen mittleren Alters gelungen, die trotz ihrer charakterlichen Unterschiede fest gegen alle Widerstände zusammenhalten. Mia, Poppy und Schröder sind normale Menschen mit Ecken und Kanten, die den Mut aufbringen, ihr eigenes Leben kritisch zu überdenken, eingetretene Pfade zu verlassen und einen neuen Weg in die Zukunft einzuschlagen. Mir hat diese erfrischende Lektüre viel Freude bereitet, und ich empfehle sie gern weiter.

Bewertung vom 29.03.2024
Die Influencerin
Russ, Rebecca

Die Influencerin


ausgezeichnet

Influencer*innen sind aus unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Inzwischen haben sie nicht nur die Reality Shows, sondern auch die Literatur erobert. In ihrem Psychothriller "Die Influencerin" rückt Rebecca Russ die sportaffine professionelle Selbstdarstellerin Sarah Rode in den Fokus, welche sich nach dem tragischen Selbstmord einer minderjährigen depressiven Followerin mit den dunklen Abgründen von Social Media auseinandersetzen muss.

Das Cover ist künstlerisch überzeugend gestaltet worden. Die erfolgreiche Lifestyle-Influencerin Sarah Rode steht vor einem Scherbenhaufen, wie die zerbrochenen Bruchstücke suggerieren, die in Blutrot und Schwarz schimmern. Der Titel ist auf das Wesentliche reduziert; der Untertitel erschreckt durch seine unverhohlene Drohung.

Der Psychothriller spielt in Wien (Österreich), in einem etwas außerhalb gelegenen Bezirk, wo die Protagonistin Sarah Rode mit ihrem Mann Raphael und ihrer pubertierenden Tochter Vicki plus ihrem lebhaften Labrador Mokka n einem schicken Einfamilienhaus lebt. Sie kann keine abgeschlossene Ausbildung vorweisen, ihr Studium hat sie abgebrochen, ebenso eine Ausbildung als Schauspielerin. Ihrem Interesse sich selbst zur Schau zu stellen, ist sie treu geblieben. Tagtäglich produziert sie neuen Content, den sie mit ihren Follower*innen teilt. Alles dreht sich um ihre (von Sponsoren bezahlten) Aktivitäten auf Social Media; ihr Mann Raphael vertritt sie als Manager in seiner Agentur, während ihre Schwester Caro sich als ihre persönliche Assistentin betätigt.

Das Geschehen wird abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Sarah vermittelt, hin und wieder meldet sich die unbekannte Person zu Wort, die Sarah aus der Ferne (oder aus der Nähe?) beobachtet. Eingeleitet werden die einzelnen Kapitel mit hasserfüllten Kommentaren auf Social Media, die eindeutig auf Sarah gemünzt sind, welche ihren Instagram Account @sarahläuft nach der Tragödie deaktiviert hat. Sarah ist keine positiv besetzte Figur; sie wirkt sehr egoistisch, kreist pausenlos um sich selbst, handelt meistens aus dem Bauch heraus und reflektiert ihr eigenes Denken und Handeln nicht. Dennoch empfindet man tiefes Mitleid mit ihr, wenn man an den Shitstorm auf Social Media denkt, der über ihr zusammenbricht. Sarah ist zum Freiwild geworden, in Netz und im echten Leben. Man fühlt ihre Bestürzung über das Fake-Profil @sarahrennt, in dem private Fotos öffentlich preisgegeben werden, und ihr Entsetzen über das Stalking, das ihr die Luft zum Atmen nimmt.

Kann und muss eine erfolgreiche Influencerin mit über 700.000 Follower*innen sich ihrer persönlichen Verantwortung auf Social Media bewusst sein? Rebecca Russ behandelt ein wichtiges Thema, wenn sie Online Hate Speech und die Auswirkungen auf Betroffene thematisiert. Ihr Psychothriller punktet mit Action, Dramatik, Tempo und Spannung; er besticht durch verwirrende Twists bis zum finalen (nervenzerfetzenden) Show-Down, die Auflösung ist absolut nicht vorhersehbar. Auch wenn einige Stellen etwas überzogen wirken, hat mir meine Lektüre sehr gefallen. Deshalb gibt es eine ausdrückliche Leseempfehlung.

Bewertung vom 18.03.2024
Morden in der Menopause (eBook, ePUB)
Dreyer, Tine

Morden in der Menopause (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Mit ihrem neuen Roman "Morden in der Menopause" präsentiert Tine Dreyer einen atemberaubenden Krimi vor, der einen Einblick in die Psyche von Frauen in Wechseljahren erlaubt.

Im Mittelpunkt des Krimis steht Liv Steinhammer, eine Frau von 48 Jahren, also in der Mitte des Lebens, wie man so schön sagt. Mal mehr, mal weniger glücklich mit Jörn, einem erfolgreichen, blendend aussehenden Geschäftsmann, verheiratet, Mutter von drei heranwachsenden Teenagern, die aus dem Größten raus sein sollten - und ihre Mutter nichtsdestotrotz in Atem halten, genauso wie die (teils dementen, teils spielsüchtigen) betagten Schwiegereltern, die sich nicht mehr allein versorgen können, sich aber vehement gegen die Inanspruchnahme von Pflegedienstleistungen wehren. Als Küchenplanerin muss sie sich mit stressigen Kund*innen herumschlagen, die (nachträglich) extravagante Wünsche verwirklicht sehen wollen. Zwischendurch kämpft sie mit typischen Beschwerden in den Wechseljahren: Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Übergewicht. Mit einem Wort: Liv kennt den ganz normalen Wahnsinn - bis sie durch eine unerwünschte Begegnung aus ihrer normalen "heilen" Welt herauskatapultiert wird...

Optisch gesehen, ist das Buch ein Hingucker. Das Cover sticht ins Auge. Wenn man es betrachtet, bleibt der Blick an dem blutbespritzten Ventilator und den Gummistiefeln hängen, die an lästige Aktivitäten im (Schreber-) Garten erinnern. Der Titel ist eine augenzwinkernde Botschaft an die Leser*innen. Hitzewellen, Schrebergarten und Mord - was für eine aufregende Mischung!

"Morden in der Menopause" ist ein lakonisch erzählter unkonventioneller Krimi, voll von schwarzem Humor, der Humor und Spannung in einer action- und temporeichen Story gekonnt miteinander kombiniert, mit vielen unerwarteten Wendungen und einem dramatischen Finale, das fast an einen Cliffhanger erinnert, immer wieder durchbrochen von lässig eingestreuten, informativen Bemerkungen über die Wechseljahre. Tine Dreyer garantiert mörderisch gute Unterhaltung. Ihr neues Buch schreit geradezu nach einer Fortsetzung. Auch wenn man sich selbst nicht zu der Zielgruppe zählt, sollte man es unbedingt lesen!

Bewertung vom 18.03.2024
Tödlicher Podcast
Konrad, Cleo

Tödlicher Podcast


ausgezeichnet

Liebt Ihr True Crime Podcasts? Im Mittelpunkt stehen wahre Fälle, die von aufsehenerregenden Verbrechen erzählen. Genauso wie in dem spektakulären Psychothriller "Tödlicher Podcast", dem literarischen Debüt von Cleo Conrad, das von düsteren Geheimnissen und toxischen Beziehungen erzählt.

Das Cover schillert in mehreren Farbtönen und ist ein Eyecatcher. In den Fokus gerückt wird ein klassischer Kopfhörer, der die Botschaft des vielsagenden Titel integriert.

Cleo Conrad erzählt eine nervenzerfetzende, überzeugende Story, die langsam Fahrt aufnimmt, nach und nach Spannung aufbaut und alle Leser*innen durch ständige zeitliche Sprünge von der Vergangenheit in die Gegenwart bis zur letzten Seite in ihren Bann schlägt. Das Geschehen wird aus drei Perspektiven (Nina, Jenni und Malu) geschildert. Die Leser*innen werden bewusst im Unklaren gelassen, in welchem Verhältnis diese drei Frauen zueinander stehen. Cleo Conrad gibt nur vage Hinweise, die zum Miträtseln anregen und auf falsche Fährten locken, die (logische) Auflösung des komplexen Beziehungsgeflechtes folgt gegen Ende des Psychothrillers.

Meine Lektüre hat mir unterhaltsame, spannende Lesestunden beschert; ich empfehle sie ausdrücklich weiter.

Bewertung vom 13.03.2024
Gnadenkalt
Klink, Isa

Gnadenkalt


ausgezeichnet

Der Nürnberger Ärzteprozess (1946/1947) gilt als Meilenstein in der (nationalen und internationalen) Medizingeschichte. Seine Nachwirkungen sind bis in die Gegenwart spürbar, wenn zeitgenössische Schriftsteller*innen Medizin ohne Menschlichkeit in ihrem literarischen Werken thematisieren.

"Gnadenkalt" ist der zweite Band aus der Reihe "Ein Fall für Cora Brecht". Für mich ist dieser Krimi die erste Begegnung mit Isa Klink, die ihre Leser*innen mitnimmt an einem besonderen Lost Place: eine (fiktive) Heil- und Pflegeanstalt, in der menschenverachtende, grausame Experimente an Kindern vorgenommen worden sind. Vergangenheit und Gegenwart vermischen sich in dieser fesselnden Lektüre, wenn düstere Geheimnisse durch das (zufällige) Auffinden von mehreren unbekannten Toten ans Tageslicht kommen. Die Kriminalpsychologin Cora Brecht verbeißt sich geradezu in diesen Cold Case und riskiert ihr eigenes Leben, wenn sie sich auf die Suche nach möglichen Zeitzeug*innen und verschwundenen Akten macht, während ihr Freund, der Kriminalhauptkommissar Till Moritz, mit dem mysteriösen Tod einer Rentnerin beschäftigt ist, der in einem logischen Zusammenhang mit den (nicht gesühnten) Verbrechen während des Dritten Reiches stehen könnte.. .

Selten hat mich ein Krimi so betroffen gemacht. Isa Klink ist ein fesselnder Pageturner gelungen, der seinen Leser*innen eine Gänsehaut über den Rücken jagen wird. Unbedingte Lese-Empfehlung!

Bewertung vom 13.03.2024
Gestehe
Faber, Henri

Gestehe


sehr gut

Mit seinen Bestsellern "Ausweglos" und "Kaltherz" ist der aus Niederösterreich stammende Schriftsteller Henri Faber bekannt geworden. Nun legt er sein drittes Werk "Gestehe" vor, das um einen brutalen Serienkiller kreist, welcher in Wien sein Unwesen treibt.

Das Cover ist abstrakt gehalten. Die feinen rote Verästelungen muten wie menschliche Blutgefässe an. Dahingegen ist der Titel konkret. Er enthält die klare Aufforderung, seine Missetaten zu bekennen - und dafür zu sühnen.

Der Psychothriller spielt in Wien (Österreich), der typische Dialekt bricht sich immer wieder Bahn. Das Geschehen wird aus verschiedenen Perspektiven vermittelt. Zu Wort kommen der desillusionierte Star-Ermittler Johann "Jacket" Winkler, ein egozentrisch anmutender Selbstdarsteller, der sein wahres Ich hinter einem gelackten Äußeren verbirgt, sein ambitionierter junger Kollege Mohammad "Mo" Moghaddam, ein Kriminalhauptkommissar mit Migrationshintergrund, der als Underdog den alltäglichen Rassismus am eigenen Leib erfährt, sowie eine als "Er" bezeichnete männliche Person, die auf einem persönlich motivierten blutigen Rachefeldzug ist und hinter den brutalen Gewalttaten an prominenten Wiener Bürger*innen steckt.

Für meinen persönlichen Geschmack ist der Thriller durchaus spannend, allerdings streckenweise zu langatmig geraten. Dahingegen haben mir die zentralen Themen (Korruption, Rassismus, Rechtspopulismus, Organ-Mafia) gefallen; sie hätten breiteren Raum einnehmen dürfen. Alles in allem hat mir diese spannende Lektüre gut gefallen, die mit actionlastigen Szenen und überraschenden Wendungen punktet. "Gestehe" ist nicht das beste Werk von Henri Faber, aber beileibe nicht schlecht.