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Freischaffender Autor

Bewertungen

Insgesamt 49 Bewertungen
Bewertung vom 27.12.2021
Strahlentod / Sabine Kaufmann Bd.6
Holbe, Daniel;Tomasson, Ben

Strahlentod / Sabine Kaufmann Bd.6


gut

Die Autoren Daniel Holbe und Ben Tomasson waren mir bisher nicht bekannt. Insofern hat mich eine Leseprobe bewogen, das Buch „Strahlentod“ zu lesen.
Das Cover läßt einen Politthriller aus dem Kernenergiemilieu vermuten.
Zum Inhalt:
Im Rahmen einer Protestaktion um Atommüll-Transporte explodiert der VW-Bus eines Teilnehmers. Der total zerstörte Wagen kann nur dem Vater des Kriminalbeamten Ralph Angersbach gehört haben. Der ist entsprechend geschockt als er am Tatort erscheint. Der Kommissar wird bei den Ermittlungen von Sabine Kaufmann vom LKA unterstützt. Die beiden kannten sich bereits, was Lesern vorangegangener Romane der Reihe bekannt sein dürfte. Zeitweilig schaltet sich Holger Rahn, ein weiterer Kollege vom LKA, in die Ermittlungen ein. Ein Rivale im Buhlen um die Gunst von Sabine Kaufmann. Das Beziehungsproblem durchzieht den gesamten Roman und wirkt auf Dauer nervig.
Allmählich entwickelt sich ein Kriminalfall, der seinen Ursprung neun Jahre zuvor findet. Es geht um Machtmissbrauch, Korruption und Rivalität zwischen Familien. Die eigentliche Thematik, die Inbetriebnahme einer alten Bahnstrecke, die als Gleisverbindung für Atommülltransporte missbraucht werden könnte, bleibt dabei buchstäblich auf der Strecke. Eine Gelegenheit über das Thema Atomausstieg und Endlagersuche nachzudenken wurde hier vertan.
Im Vordergrund steht dagegen der Rachefeldzug eines Einzelnen.

Positiv zu bewerten ist die Darstellung der einzelnen Charaktere, insbesondere von Ralph Angersbach und der Altaktivisten. Erwähnenswert ist die bildhafte Beschreibung der hessischen Landschaft, insbesondere des Knüllwalds.

Fazit:
Es handelt sich um einen Provinzkrimi der keinen Zusammenhang zwischen der noch immer real existierenden Atommüllproblematik herstellt und damit jede Auseinandersetzung mit der politischen Situation meidet.
Insofern ist der Titel „Strahlentod“ irreführend.
Der Schreibstil ist flüssig und kurzweilig. Irritierend fand ich jedoch den ständigen Wechsel zwischen Vornamen und Nachnahmen. Auf jeden Fall ist es ein unterhaltsames Buch, das für einen gemütlichen Leseabend hervorragend geeignet ist.

Bewertung vom 12.12.2021
Auf verlorenen Wegen
Hartung, Alexander

Auf verlorenen Wegen


sehr gut

Jan eilt seinem Freund Max gemeinsam mit seinem altbewährten Team, das Lesern vorangegangener Romane von Alexander Hartung bekannt sein dürfte, zu Hilfe. Max wird eines Raubüberfalls an einer älteren Dame beschuldigt. Der Verdacht wird schnell entkräftet, doch der wahre Grund für die Beschuldigung muss von dem Team geklärt werden. Sie unterstützen dabei die für den Fall zuständige Kripo Stralsund. Schnell stellt sich heraus, dass Max sozusagen als Hobby-Detektiv in Cold-Cases, die 20 Jahre zurückliegen, ermittelt hat. Sie recherchieren dabei in gewohnter unorthodoxer Art und Weise.
Die Geschichte erinnert mich dabei mehr an einen Detektivroman als an einen herkömmlichen Krimi, weil die eigentliche Polizeiarbeit Carina und Olaf von der zuständigen Kripo Stralsund überlassen wird.
Im Zuge der Geschichte kommen immer mehr Personen in die Handlung, so dass der Handlungsstrang für mich zusehends unübersichtlicher wurde. Außerdem sind mir die Tatmotive bis zum Ende des Romans nicht schlüssig geworden. Insgesamt ist es eine Geschichte, die jede Logik vermissen lässt.
Nichts desto trotz ist es ein spannender, kurzweiliger Roman, der flüssig zu lesen ist. Als Entspannungslektüre daher bestens geeignet.

Bewertung vom 03.11.2021
Revolution der Träume / Wege der Zeit Bd.2
Izquierdo, Andreas

Revolution der Träume / Wege der Zeit Bd.2


ausgezeichnet

Der erste Weltkrieg ist zu Ende, der Kaiser hat sich ins Exil abgesetzt und sein Volk verwundet und hungrig zurückgelassen.
Hier beginnt der Roman „Revolution der Träume“ von Andreas Izquierdo. Er nimmt die Leser mit in eine Zeit politischer und gesellschaftlicher Unruhen in Berlin.
Die drei Protagonisten Luise Beese, genannt Isi, Artur Burwitz und Carl Friedländer sind vielen Lesern aus dem Buch „Schatten der Welt“ des Autors bereits bekannt. Aber auch ohne diese Vorkenntnisse ist der Einstieg kein Hindernis. In „Revolution der Träume“ wird die Geschichte der drei Freunde aus Carl`s Sicht weitererzählt. Die drei Lebensgeschichten sind hier eingebettet in eine Zeit der Straßenkämpfe, politischer Morde, korrupter Polizeibehörden, und des Sittenverfalls der Goldenen Zwanziger. Keiner traut dem anderen, es geht nur noch um das nackte Überleben.
Auch die Freundschaft der drei Protagonisten wird immer wieder auf harte Proben gestellt. Die Charaktere sind hervorragend beschrieben und ich fand sie, so unterschiedlich sie auch sind, sofort sympathisch.
Für mich als Leser war es anfangs schwer, die chaotischen politischen Verhältnisse einzuordnen und so hat das Buch mich dazu gebracht, mich näher mit der Zeit der „Weimarer Republik“ zu befassen. Außerdem hat es der Autor brillant verstanden, die politischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge anhand der Biographien der drei Freunde anschaulich zu vermitteln.
Spannende Episoden, anrührende Geschichten und ein fesselnder Schreibstil zeichnen dieses Buch aus.
Es ist die Geschichte über alles, was das Leben ausmacht. Zuweilen erschütternd traurig, aber auch emphatisch und humorvoll. Obwohl seitdem mehr als einhundert Jahre vergangen sind, gibt es durchaus erstaunliche Parallelen zur heutigen Zeit, die zum Nachdenken anregen.
Das Buch lässt sich trotz der zum Teil ausschweifenden historischen Details leicht lesen. Der Schreibstil ist kurzweilig und unterhaltsam. Es hat mich auf den ersten Band von Andreas Izquierdo aufmerksam gemacht, weil ich erfahren möchte, wie diese Freundschaft einmal seinen Ursprung gefunden hat.
Natürlich möchte ich auch erfahren, wie es mit Carl, Artur und Isi weitergeht.

Bewertung vom 29.09.2021
Betongold
Weber, Tanja

Betongold


ausgezeichnet

Das Cover finde ich sehr gelungen. Ein einsamer kranker Mann auf den Weg in die Stadt. Ein Bild, das für die Geschichte steht.
Es sind die drei Freunde Smokey, der Schani und der Moni. Sie kennen sich ein Leben lang. Und dann wird der Schani tot in einer Baugrube aufgefunden. Der pensionierte Mordermittler Josef Frey, genannt Smokey, will auf eigene Faust die Ursache am Tod seines Freundes aufklären.
Der Kriminalfall tritt in dem Buch von Tanja Weber jedoch etwas in den Hintergrund. Stattdessen lassen Smokey`s Ermittlungen in vielen Rückblenden immer wieder Erlebnisse der langjährigen Freundschaft Revue passieren. Beleuchtet werden dabei auch die teils skrupellosen Geschäfte der Münchner Immobilienbranche.
Dreh- und Angelpunkt ist Moni`s Eck, die Kneipe, die der Moni von seiner Frau Monique nach deren Tod weiterführt. Hier ums Eck gewinnt der Roman besonders durch sein Lokalkolorit.
Smokey leidet unter der Morbus Bechterew-Erkrankung, die er als „seinen Russen“ bezeichnet. Es ist sein ständiger Begleiter, der mit ihm redet und den er versucht mit Cannabis auszutricksen. Im Grunde ist Smokey ein bemitleidenswerter Protagonist, der dennoch nicht aufgibt, den Fall zu lösen.
Bei seinen Recherchen stößt er immer tiefer in die Lebensverhältnisse seiner Freunde, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie führen die Leser dabei durch die Stadt und lernen München mit all seinen Schattenseiten kennen. Es geht um Beziehungen, Geld, und Macht. Um das wahre Leben.
Der Text ist flüssig geschrieben, wenn auch die Rückblenden anfänglich gewöhnungsbedürftig sind. Die Protagonisten bewegen sich in einem Milieu, das mich sofort aufgenommen hat. Der authentische Dialekt gehört einfach dazu.
Zugegeben, es ist kein temporeicher, spannungsgeladener Krimi. Auf jeden Fall lohnt es sich, diesen Krimi bis zum unerwarteten Ende zu lesen.
Es ist ein Buch, das ich gerne gelesen habe, und das ich auf jeden Fall weiterempfehlen kann.

Bewertung vom 27.08.2021
Der perfekte Kreis
Myers, Benjamin

Der perfekte Kreis


ausgezeichnet

Ich habe bisher kein Buch des Autors Benjamin Myers gelesen und mich aufgrund der Leseprobe für dieses Buch entschieden. Vorweg gesagt, ich wurde nicht enttäuscht.
Die beiden Protagonisten Redbone und Calvert, die philosophierend durch die Kornfelder Südenglands streifen, haben mich sofort mitgenommen. Obwohl mir anfangs nicht klar war, welches Ziel sie überhaupt verfolgen wurde schnell deutlich, dass sie Großartiges vorhaben.
Die beiden haben Bilder in mir wachgerufen, die schon lange verblasst waren. Es sind ihre kleinen Beobachtungen von Flora und Fauna die für das große Ganze so bedeutsam sind.
Eine Handlung im herkömmlichen Sinn gibt es eigentlich nicht. Sogar während der Erfüllung ihrer Aufträge, eben die Erstellung der Kornkreise, ist es immer nur die einfache Tätigkeit des Gehens und des Philosophierens. Und doch zieht sich ein verborgener Spannungsbogen durch die gesamte Geschichte und durch jedes einzelne Kapitel für sich.
Unvermeidlich, dass auch die Anhänger der Prä-Astronautik auf ihre Kornkreise aufmerksam werden. Und dann sind da noch z.B. die alte Frau, der Gutsbesitzer mit seiner Geliebten, die Umweltsünder oder die Horde der Wilddiebe. Sie alle konnten zur Gefahr werden und ihren „Auftrag“ gefährden. Spannend, wie die beiden solche Situationen meistern.
Redbone, der kreative Teil des Duos und Calvert der reservierte Stratege, sind zwei Freunde die inniger nicht sein könnten. Ihr Verhältnis ist geprägt von Toleranz und Respekt.
Der Auftrag, den sie sich gestellt haben ist es, die Kunstform der Kornkreise zu schaffen, um die Aufmerksamkeit auf das Land zu lenken. Sie meinen mit Land, nicht nur ein bestimmtes Fleckchen Erde, sondern die Gesamtheit der Schöpfung. Redbone und Calvert geht es darum, den Menschen beizubringen sie zu lieben, zu schützen.
Aber die beiden wollen noch mehr. Sie wollen Freiheit und die Ablehnung von Obrigkeit in jeder Form und die Auflehnung gegen die:“ blutleeren Halbtoten in der Regierung“ wird immer wieder thematisiert.
Das wird besonders im Kapitel „Das Trapping-St-Edmunds-Sonnenwendpendel“ deutlich.

Ich habe dieses Buch regelrecht verschlungen. Die Ausdrucksweise und die Geschichte, die dahinter steckt, ist beeindruckend. Die Sprache ist dennoch einfach aber facettenreich aufgrund genialer Wortschöpfungen. Die Kapitelaufteilung erleichtert das Lesen ungemein.
Dieses Buch ist eine Bereicherung meiner Büchersammlung.
Auf jeden Fall gibt es fünf große Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.08.2021
Rochade
Tötschinger, Reinhard

Rochade


ausgezeichnet

Das Cover gefällt mir, weil es viel über den Inhalt des Buches aussagt.
Der Protagonist des Romans ist Clemens Hartmann, er ist Restaurator im Kunsthistorischen Museum Wien. Die wichtigste Nebenfigur ist sein Assistent und ehemaliger Schüler, Hubert Finning.
Clemens erhält vom Kanzler der Republik Österreich den Auftrag, das Gemälde „Die Malkunst“ des Malers Jan Vermeer, das nach einem Anschlag stark beschädigt wurde, zu restaurieren. Es war das Lieblingsbild Adolf Hitler`s. Auch dieser Aspekt wird in der Geschichte immer wieder thematisiert.
Die Leser begleiten den Restaurator bei seiner Arbeit und erfahren dadurch viel über den Geschäftsbetrieb eines Museums. Noch interessanter ist es jedoch, dem Protagonisten bei der Restaurierung über die Schulter sehen zu dürfen.
Spannung gewinnt der Roman, als die Restauratoren aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen seitens des Museums zunehmend unter Zeitdruck geraten. Aus Respekt vor der Kunst erwägen Clemens und sein Assistent, den Vermeer zu kopieren und das Original nach erfolgreicher Restaurierung der Öffentlichkeit im Museum zugänglich zu machen. Wird der Kanzler mit seinem mangelnden Kunstverstand eine Kopie erkennen und was hätte das für Folgen? In diesem Zusammenhang führt die Frage ob eine Fälschung eine Kopie oder ob eine Kopie auch eine Fälschung ist, zu heftigen Diskussionen mit Hubert und den Verantwortlichen des Museums.
Wann wird eine Fälschung zur Kunst? Bleibt ein Bild auch nach der Restaurierung noch ein Original?
Die Protagonisten geraten ins Philosophieren.
Clemens gerät immer mehr in einen Zwiespalt, nicht zuletzt aufgrund der Nazi- Vergangenheit seines Großvaters.
Tötschinger versteht es, den Kunstbetrieb zu erklären und dennoch auf humorvolle Art eine spannende Geschichte zu erzählen. Die eingestreuten Dialoge, Rückblenden und nicht zuletzt die kurzen Kapitel, bewirken eine lockere und kurzweilige Schreibweise. Immer wieder schweift er vom Kunstbetrieb in den ganz privaten Bereich ab, ohne dabei das eigentliche Thema aus den Augen zu verlieren.

Fazit:
Ein spannendes und zugleich lehrreiches Buch, das animiert mehr über dieses Metier zu erfahren. Es ist darüber hinaus sehr humorvoll geschrieben. Allein die frotzelnden Dialoge mit Hubert und die Ausritte ins Politische sind lesenswert. Reinhard Tötschinger hat es verstanden, den Kanzler unzweideutig als den derzeitigen österreichischen Bundeskanzler Kurz zu beschreiben. Diese und viele Abstecher ins Private tragen sehr zur Leichtigkeit der Texte bei.
Dieses Buch ist ein Leckerbissen für jeden Kunstinteressierten.

Bewertung vom 15.08.2021
In allen Punkten
Wlasak, Helmut

In allen Punkten


sehr gut

Das Cover gefällt mir. Es vermittelt das düstere Bild einer Gefängniszelle in der eine abscheuliche Tat gesühnt werden muss und setzt damit vorausgegangene persönliche Verfehlungen eines Inhaftierten voraus.

Eben solche Geschichten hatte ich nach der Buchbeschreibung erwartet. Schließlich ist der Autor dieses Buches Strafrichter. Helmut Wlasak hat in seinem Leben einen reichhaltigen Schatz solcher Geschichten gesammelt. Es sind nicht die großen Justizfälle, wie die Stammheim, oder NSU-Prozesse, sondern ganz „alltägliche“ Mord-, Drogen- oder Betrugsprozesse, von denen er berichtet und die bei der Lektüre jeder Tageszeitung zu finden sind. Zum Teil peinliche, dümmliche, aber auch gefährliche Taten, über die die Opfer nicht immer lachen können. Einige dieser Geschichten können aber durchaus Stoff für amüsante Komödien bieten.

Es ist ein Buch, das zum Schmunzeln einlädt. Ein wenig Schadenfreude ist natürlich auch dabei. „Das hat er nun davon“, wird manche Leserin oder mancher Leser denken und die nächste Geschichte lesen. Keine Geschichte ist wie die Vorherige. Sie finden immer in verschieden Milieus statt. Dabei hat der Autor es wunderbar verstanden, die Lebensumstände der einzelnen Protagonisten zu beschreiben.Jede Kurzgeschichte erschafft ihre eigene Spannung. Lesenswert sind sie alle.
Wlasak hat keine juristischen Spitzfindigkeiten geschildert, die eine
detaillierte Erklärung komplizierter Verfahrensregeln voraussetzt.
Das kann man hier nicht erwarten. Es ist das Zwischenmenschliche, von dem er berichtet. Auch keine psychologischen Erklärungen, sondern Anekdoten eines Richters, wie er sie in geselliger Runde erzählen würde.
In diesem Buch ist vieles enthalten, aber nicht die Geschichten, die z.B. ein Ferdinand von Schirach erzählt. Insofern haben sich meine Erwartungen aufgrund der Leseprobe nicht erfüllt.

Fazit:
Der Text ist kurzweilig geschrieben und lässt sich flüssig lesen. Ein Buch, hervorragend für die Bettlektüre oder zur Entspannung zwischendurch.
Kein großes literarisches Werk, aber ein Buch, das ich auf jeden Fall weiterempfehlen kann.

Bewertung vom 20.07.2021
Unter dem Sturm
Carlsson, Christoffer

Unter dem Sturm


sehr gut

Die Protagonisten sind der, zu Beginn des Romans noch siebenjährige Isak, sein Onkel Edvard und der Dorfpolizist Vidar.
Die Geschichte beginnt, als an einem kalten Novembertag im Jahr 1994 Lovisa, Edvards Freundin, ermordet wird. Vom Dorfpolizisten Vidar wird der als gewalttätig bekannte Edvard schnell festgenommen und verurteilt.

Isak und sein Onkel waren ein Herz und eine Seele, die viel Zeit miteinander verbracht haben. Der Vater hat sich dagegen wenig um den Jungen gekümmert. Edvard hat dem Kind die Welt erklärt und viel mit ihm unternommen.

Die Geschehnisse um den Mord sind eine Zäsur im Seelenleben des Jungen. Von den Menschen des Dorfes misstrauisch beäugt und ohne wirklichen Rückhalt aus der Familie denkt Isak, dass er das Gen eines Mörders auch in sich trägt.
In dieser Zeitebene beschreibt der Autor Christoffer Carlsson auf brillante Weise das Leben und die Empfindungen des jungen Isak. Es muss eine schöne Zeit gewesen sein, mit dem Onkel durch die Natur zu streifen und seine Gedanken auszutauschen.
Doch nach der Verurteilung Edvards verblassen allmählich diese schönen Erinnerungen und Isak beginnt, immer mehr an die Schuld des Onkels zu glauben.
Im Laufe der Jahre wird aus dem Kind ein Mann, der in jeder Hinsicht seine Erfahrungen macht und sich hin- und hergerissen zwischen seinen Gefühlen, verändert.
Auch der anfänglich von der Schuld Edvards überzeugte Polizist Vidar entwickelt sich zum misstrauischen Ermittler. Seit der Verhaftung Edvards war er derjenige der versuchte, Isak vor „Dummheiten“ zu bewahren. Das Verschwinden Isaks ist schließlich der Anlass, den Mord an Lovisa endgültig aufzuklären. In diesem Zusammenhang ist mir allerdings nicht klar geworden, warum Vidar letztendlich aus dem Polizeidienst ausgeschieden ist. Der Fall lässt ihn jedoch nicht los und er führt seine Ermittlungen privat weiter.
Erst jetzt gewährt der Autor immer tiefere Einblicke in die von Vorurteilen und Misstrauen geprägte Psyche der Dorfbewohner.

Als typischen Krimi sehe ich den Roman nicht. Eher als ein spannendes Gesellschaftsdrama.
Gestört hat mich, dass der Autor immer wieder in andere Zeitebenen wechselt. Hin und wieder hatte ich Probleme, dem Geschehen zu folgen und Personen einer Handlung zuzuordnen.
Die Geschichte ist daher ein wenig schwierig zu lesen und erfordert erhöhte Aufmerksamkeit.
Es ist ein anderes Buch, das ich aber durchaus empfehlen kann. Ein Sternchen ziehe ich für die häufigen Zeitsprünge ab, die das Lesen für mich sehr erschwert haben.

Bewertung vom 20.06.2021
Ein Bild der Niedertracht / Karen Pirie Bd.6
Mcdermid, Val

Ein Bild der Niedertracht / Karen Pirie Bd.6


gut

Die Autorin Val McDermid war mir bisher nicht bekannt. Aufgrund der Buchbeschreibung habe ich eine spannende Geschichte aus dem Kunstmilieu erwartet. Bis Kapitel 30 wurde ich aber erst einmal enttäuscht. Die Geschichte zog sich unsäglich in die Länge.
Dabei ist die Thematik des Romans durchaus interessant. Zwei parallele Fälle. Eine Leiche wird von Fischern an Bord gehievt. Wie sich später herausstellt, der Bruder eines seit zehn Jahren verschwundenen Politikers.
Zeitgleich wird eine skelettierte Leiche in einem Wohnmobil gefunden. Einmal ist der Tod der Wasserleiche aufzuklären, zum anderen gilt es, die Identität des Skeletts zu ermitteln.
Leider stehen die beiden Fälle entgegen meinen Erwartungen in keinerlei Beziehung zueinander, obwohl sie in der Kunstszene angesiedelt sind.
DCI Karen Pirie wird mit den Ermittlungen beauftragt, ihr zur Seite gesellt sich DC Daisy Mortimer. Die Protagonistinnen sind als Charaktere gut gewählt und machen die Geschichte phasenweise unterhaltsam.
Ich fand es schwierig, die Nebenfiguren zuzuordnen. Darüber hinaus sind mir viele Begriffe aus dem englischen Sprachgebrauch, insbesondere die Dienstbezeichnungen der englischen Polizei, nicht geläufig. Ich hätte mir eine erklärende Übersetzung aus dem Englischen gewünscht.
Indes hat die Autorin viel Mühe verwandt, die Essgewohnheiten der Protagonistinnen bis ins kleinste Detail zu schildern.
Lesenswert wird der Roman, wenn die Geschichte ins Private abschweift. Als Kriminalroman ohne besonderen Tiefgang ist das Buch von McDermid allemal geeignet. Der Schreibstil ist flüssig und zum Ende wird es auch spannend.
Zwei Sternchen sind den Längen zum Opfer gefallen.

Bewertung vom 05.06.2021
Die Akte Adenauer / Philipp Gerber Bd.1
Langroth, Ralf

Die Akte Adenauer / Philipp Gerber Bd.1


sehr gut

Die Geschichte spielt im Jahr 1953, in einer Zeit, die nur wenigen Lesern und Leserinnen präsent ist. Der Regierungssitz ist Bonn. Die Wahl zum 2. Deutschen Bundestag steht kurz bevor. Deutschland befindet sich im Wiederaufbau. In dieser Zeit wächst die junge Demokratie, die immer noch von rechtsradikalen Überresten des Dritten Reiches bedroht wird. Konrad Adenauer ist der erste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Sein Name ist untrennbar mit dem Wiederaufbau der demokratischen und wirtschaftlichen Strukturen nach dem Zweiten Weltkrieg verbunden.
Die Besatzungsmächte diktieren weitestgehend die Politik und insbesondere die Politiker.

Philipp Gerber, der Protagonist dieses Romans ist ein Amerikaner mit deutschen Wurzeln. Im Krieg hat er an der Seite Amerikas gegen die Deutschen gekämpft. Jetzt ist er für das CIC, der amerikanischen Spionageabwehr in Deutschland tätig. Hier erhält er in der Sicherungsgruppe des BKA einen leitenden Posten und soll den Tod an seinem Vorgänger, Kriminalhauptkommissar Heinz Buchmann, aufklären. Gemeinsam mit der Journalistin Eva Herden ermittelt er Verbindungen mir der rechtsgerichteten Gruppe „Wölfe Deutschlands“. Gleichzeitig wird er von dem damaligen Bundeskanzler Adenauer beauftragt, dessen Kontrahenten Wehner zu „beschützen“. Leider wird hier die Geschichte ein wenig unklar. Ich hatte gehofft, dass gerade diese Hintergründe den weiteren Verlauf der Geschichte leiten.
Die teils fiktiv geschilderten Begegnungen mit Adenauer und Wehner haben mich als Leser animiert, mich näher mit den beiden Politgrößen zu befassen. Leider wurden diese Teile des Romans, wie ich finde, zu stiefmütterlich behandelt. Hier mangelt es an Tiefe. Stattdessen gewinnen die Beziehungen zu der Journalistin Eva Herden und Philipps Verlobten June, die noch in den Staaten lebt, immer mehr Raum. Schnell wird klar dass sich zwischen Eva und Philipp eine Liebesbeziehung entwickelt. Die geplante Verlobung mit June war dann auch schnell zum Scheitern verurteilt. Das hat der Supermann Gerber dann auch spontan entschieden und June kurz vor ihrem Wiedersehen, anlässlich eines gemeinsamen Essens mit Papa Anderson den Laufpass gegeben. Als Held darf man das einfach so. Damit hat Gerber sich dann auch von den amerikanischen Fesseln in Person des zukünftigen Schwiegervaters befreit.
Die weiblichen Nebenfiguren nehmen vieles ohnehin kritiklos hin. Viel zu sagen haben sie bei diesem Macho allemal nichts. Der Roman vernachlässigt dabei, dass gerade die Nachkriegsfrauen vieles ohne Männer zu regeln hatten. Der kuscht nur vor hohen Militärs.
Unnötige Liebesgeschichten und Jerry Cotton-Aktionen haben den Roman zwar facettenreicher gemacht, wären meiner Meinung nach aufgrund der Thematik verzichtbar gewesen.
Mir persönlich hat der Roman dennoch gut gefallen. Er ist flüssig zu lesen, kurzweilig und hat mich veranlasst, mich noch einmal mit der Ära Adenauer näher zu befassen.
Einen Punkt ziehe ich ab, weil die Geschichte zu oft ins Klischee abrutscht.