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KB
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Ostfriesland
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Freischaffender Autor

Bewertungen

Insgesamt 49 Bewertungen
Bewertung vom 16.06.2023
Saubere Zeiten
Wunn, Andreas

Saubere Zeiten


ausgezeichnet

Es ist Andreas Wunn`s Debütroman, der die Geschichte einer Unternehmerfamilie erzählt.
Zum Inhalt:
Vor dem Krieg hat der Großvater Theodor Auber als Drogist ein Waschmittel entwickelt und damit ein Imperium aufgebaut. Jakob Auber, Enkel des Firmengründers ist der Protagonist des Romans „Saubere Zeiten“ der als Journalist in Berlin tätig ist. Als er erfährt, dass Hans Auber, sein Vater und Sohn des Firmengründers, nach einem Schlaganfall im Sterben liegt beschließt er, ihn nach einer langen Zeit der Entfremdung zu besuchen und reist ins Haus seiner Eltern nach Trier. Hier wird er mit der Vergangenheit der Familie und seiner eigenen Kindheit konfrontiert. Es sind schmerzliche Erinnerungen die wieder wach werden. Besonders einschneidend erinnert er sich, wie er den Tod seiner Mutter, ein paar Monate nachdem er eingeschult worden war, erlebt hat.
Neben schriftlichen Aufzeichnungen findet er im Haus auch zahlreiche Tonbandaufnahmen seines Vaters. Das Abhören der Tondokumente stellt im Nachhinein eine besondere Beziehung zum Vater her. Besonders deutlich wird ihm das gefühllose, sogar herzlose Verhältnis seines Vaters zu dessen Eltern. Aber auch die zerrüttete Beziehung innerhalb der Unternehmerfamilie und der rücksichtslose Umgang mit dem jüdischen Vorbesitzer der Drogerie während der NS-Zeit. Immer wieder taucht die Figur der Jüdin Bella auf, die in diesem Roman eine Schlüsselfigur darstellt. In diesem Zusammenhang wird der nicht gerade saubere Charakter der Familie Auber entlarvt.
Fazit:
Der Roman ist auch eine Art Zeitgeschichte, deckt aber nicht alle Hintergründe dieser Zeit auf.
Er erzählt viel über die Person Jakobs, die versucht, anhand der Familiengeschichte mehr über seine eigenen Beziehungen und Gefühle zu erfahren. Über seine gescheiterte Ehe mit Sophie über sein Verhältnis zu seinem Sohn Oskar, und nicht zuletzt über seine Freundschaften zu Teresa und Ben.
Überhaupt ist es ein Roman über eine gefühlskalte Vater-Sohn –Beziehung und über viel Unausgesprochenes.
Der Schreibstil ist flüssig und die einzelnen Kapitel sind übersichtlich gegliedert.
Ein Buch, das zum Selbstreflektieren anregt.

Bewertung vom 16.06.2023
Sommersonnenwende
Engman, Pascal;Selåker, Johannes

Sommersonnenwende


sehr gut

Schweden im Fußballfieber. Es ist das Jahr 1994. Kriminalkommissar Tomas Wolf kehrt schwer traumatisiert aus dem Auslandeinsatz als UN-Soldat zurück. Er versucht in Schweden bei seiner Familie wieder Fuß zu fassen. Doch das im Krieg erlebte und seine rechtsradikale Vergangenheit lassen ihn nicht los.
Auch die Journalistin Vera Berg muss ihren Problemen davonlaufen. Hier ist es vor allen Dingen der kriminelle Freund Jonny, der sie auch nach dem Umzug nach Stockholm verfolgt.
Dreh- und Angelpunkt der Geschichte sind die Morde an jungen Migrantinnen. Der Mörder scheint dabei immer demselben Muster zu folgen. Vera und Tomas beteiligen sich unterschiedlich motiviert an der Jagd nach dem Serienmörder, kommen sich aber persönlich nicht näher.
Erzählerisch ist die Geschichte immer wieder mit der Fußball- Weltmeisterschaft `94 in den USA verknüpft, so dass sich eine schlüssige Chronologie der Ereignisse ergibt.
Die an sich gut verfolgbare Handlung wird durch viele Nebenschauplätze ausgedehnt, die an sich aber gut in die eigentliche Geschichte einfügen.
Die beiden Protagonisten buhlen dabei nicht gerade um Sympathie. Tomas hat in Bosnien ein Verhältnis mit Azra begonnen. Die anfänglich große Liebe stürzt ihn in Gewissenkonflikte als Azra plötzlich in Schweden auftaucht. Er muss sich zwischen Azra und seiner Familie entscheiden.
Auch Vera, die sich eigentlich von Jonny lossagen will, kann ihre Gefühle nicht so recht einordnen.

Im Hintergrund entführen die Ermittlungen die Leser in die Abgründe der schwedischen Gesellschaft. Die Autoren bedienen sich dabei einer teilweise anstößigen Sprache.
Vom Klimawandel, über die Neonaziszene, der Migration bis hin zum zu Fragen des Jugendrechts wurde alles thematisiert.
Die Schreibweise ist flüssig, auch wenn das Switchen in die Berichterstattung über die Fußballweltmeisterschaft teilweise langatmig und für die Handlung irrelevant ist. Für Spannung wurde jedenfalls gesorgt, auch wenn die Verfolgungsjagd im letzten Kapitel wohl mehr dazu diente, den Umfang des Buches zu strecken. Es ist kein literarisches Meisterwerk, dafür fehlt die ernsthafte Auseinandersetzung mit den Schwerpunktthemen.
Ich habe die „Sommersonnenwende“ ohne großen Anspruch jedenfalls gerne gelesen. Es ist ein kurzweiliges Buch, mehr aber auch nicht.

Bewertung vom 01.05.2023
Das Café ohne Namen
Seethaler, Robert

Das Café ohne Namen


ausgezeichnet

Robert Simon hat seine Eltern im Krieg verloren, wuchs im Waisenhaus auf und hat sich später als Gelegenheitsarbeiter auf dem Karmelitermarktes in Wien sein Brot verdient.
Als sich die Gelegenheit bot, hat er sich seinen Traum erfüllt und in den Räumen einer ehemaligen Gastwirtschaft ein Café eröffnet. Nach anfänglichen Schwierigkeiten wird das Café, das aufgrund der angebotenen Speisen und Getränke eigentlich mehr oder weniger einer Gaststätte ähnelt, schnell zu einem Treffpunkt der Wiener Bevölkerung rund um den Karmelitermarkt. Ein Querschnitt der Gesellschaft einer sich wandelnden Stadt ist hier vertreten.
Der Protagonist Robert Simon, der anfangs nur Simon genannt wird, versucht mit viel Einfühlungsvermögen sich den unterschiedlichen Charakteren seiner Gäste anzupassen. Sein ruhender Pol und seine Vertraute ist die Kriegerwitwe Martha Pohl, bei der er zur Untermiete wohnt.
Der Roman erzählt kleine, nicht abgeschlossene Geschichten, aus dem Leben seiner Gäste, von denen viele im Laufe der Zeit seine Freunde geworden sind. All die Geschichten drehen sich um alltägliche Themen des Lebens. Manchmal fiel es mir etwas schwer, die vielen Nebencharaktere den wechselnden Handlungen zuzuordnen.
Detailliert beschreibt Robert Seethaler die besondere Atmosphäre des Cafés. Wunderbar, wie die jahreszeitlichen Veränderungen im Milieu geschildert werden.
Darüber hinaus ist es dem Autor hervorragend gelungen, das Zeitgeschehen der Nachkriegsjahre wiederzugeben.
Der Schreibstil ist flüssig und die einzelnen Kapitel sind übersichtlich gegliedert. Es ist ein Buch, das für die Lektüre in jeder Stimmungslage geeignet ist. Als Leser konnte ich mich so unter die Gäste des Cafés mischen und an den Gesprächen teilnehmen. Es war mir ein Genuss, neben Simon am Fenster zu stehen und zu beobachten, wie der Winter Einzug im Viertel hält, die Straßen und Gehsteige sich mit Schnee füllen und später der Frühling die Kälte des Winters vertreibt und den Menschen ein neues Lebensgefühl beschert.
Ein großes Vergnügen, dieses Buch zu lesen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.04.2023
Melody
Suter, Martin

Melody


ausgezeichnet

Nach seinem abgeschlossenen Studium findet Tom Elmer eine Anstellung bei Dr. Stotz, einer grauen Eminenz der Schweiz. Bei freier Kost und Logis und guter Bezahlung soll er für den sehr kranken und betagten alten Herrn den Nachlass so ordnen, dass das Ansehen des Alt-Nationalrates dabei keinen Schaden nimmt. Die Sache stellt sich jedoch schwieriger dar als gedacht. Stundenlage Gespräche am Kamin und viel Alkohol lenken Tom von seiner eigentlichen Aufgabe, dem Ordnen des Nachlasses, ab. Wiederkehrendes Gesprächsthema ist die Beziehung zu Melody, wie es scheint, die große Liebe des honorigen Herrn. Die, so erfährt Tom, ihn vor sehr langer Zeit aus unerfindlichen Gründen plötzlich verlassen hat. Nachforschungen seitens Dr. Stotz blieben wohl erfolglos. Eine mysteriöse Geschichte, die Tom gar nicht so recht glauben kann. Einziges Indiz, dass Melody nicht nur in der Fantasie des Alten tatsächlich existierte, sind Ölgemälde, die Melody als junge Frau darstellen. Hier wird der Leser animiert, an der Aufklärung teilzuhaben.
In seiner unnachahmlichen Art ist es Martin Suter gelungen, die Stimmung dieser zum Teil ermüdenden Kamingespräche zu vermitteln. Als Leser habe ich viel Mitgefühl für Tom´s Rolle als unermüdlicher Zuhörer empfunden. Ihm zu Seite gesellte sich später Laura, die Großnichte des Patriarchen. Die Bekanntschaft mit Laura sorgt dann auch für eine leicht erotische Komponente.
Im Großen und Ganzen ist es aber die Geschichte von Tom Elmer, der die Aufgabe sah, die Wahrheit zu finden, am Ende feststellen muss, dass es letztlich immer um die Frage geht, ob man sich das Leben nach dem einrichten will, was man glaubt, oder ob das was man glaubt sich nach dem richtet, wie man lebt.
Die ungeklärte Geschichte der Melody bekommt zum Schluss immer mehr Bedeutung, als Tom und Laura sich um die Auflösung des Rätsels intensiv bemühen. Allmählich steigt die Spannung.
Ich war auf jeden Fall über den Ausgang der Geschichte mehr als überrascht.
So, wie man Martin Suter kennt, lässt er die Leser und Leserinnen am Leben der kultivierten, gut Situierten teilhaben.
Ein gelungenes Buch, das zu lesen sich auf jeden Fall lohnt.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.03.2023
Die Bibliothek der Hoffnung
Thompson, Kate

Die Bibliothek der Hoffnung


ausgezeichnet

London im Zweiten Weltkrieg. Die Menschen suchen in der U-Bahn-Station Bethnal Green, 24 Meter unter der Erde Schutz vor den deutschen Bomben. Hier in der U-Bahn-Station existierten neben der kleinen Bibliothek viele andere Einrichtungen wie Theater, Kantinen Sanitärräume, auch für die Versorgung mit Lebensmitteln wurde dort gesorgt. Die Schilderungen der Zustände erinnern stark an die Verhältnisse im jetzigen Ukraine-Krieg.
Auch die Bibliothekarin Clara Button, hat hier ihre Bücher in Sicherheit gebracht.
Der Roman erzählt die Geschichte Clara`s und ihrer Freundin der Bibliotheksgehilfin Ruby Munroe und von den Schicksalen der Menschen Londons während des Krieges. Das ist der fiktive Teil des Romans.
Der Krieg mit all dem Schrecken durch die Bombenangriffe ist allgegenwärtig. Besonders brutal wirkten auf mich die vernichtenden Anschläge durch die V1 und V2 Raketen, die die arglose Bevölkerung ohne Vorwarnung traf. Der Autorin Kate Thompson ist es wunderbar gelungen, die besondere Atmosphäre der kleinen unterirdischen Welt zu erzählen. Durch die lebendigen Schilderungen konnte ich mich als Leser sehr gut in das Milieu dort versetzen.
Aber auch der Kampf gegen moralische Intoleranz und Machtmissbrauch aus den eigenen Reihen wird hier thematisiert. Die Selbstbestimmung der Frauen war ein Fremdwort, die Unterdrückung durch die Männer an der Tagesordnung. Dagegen aufzubegehren und sich um das Wohl der zahlreichen Kinder in der Station zu kümmern, war Ziel der beiden Frauen. Beginn und Ende des Historienromans schließen einen Kreis, der viele Schicksale dieser Zeit umschließt.
Es ist ein sehr emotionaler Roman, der von tragischen Verlusten und hoffnungsvollen Stimmungen gleichermaßen erzählt.
Die Geschichte wird wechselseitig aus der Sicht von Clara und Ruby erzählt.
Der Schreibstil ist flüssig und die einzelnen Kapitel sind übersichtlich gegliedert.
„Die Bibliothek der Hoffnung“ ist ein Roman der Mut macht, auch wenn die Wirklichkeit ausweglos erscheint.
Ein Buch, das ich gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 23.01.2023
Frankie
Köhlmeier, Michael

Frankie


ausgezeichnet

Die Geschichte ist die Icherzählung des 14 jährigen Frank. Frank lebt allein mit seiner Mutter. Der Vater hat die Familie verlassen. Mutter und Sohn haben ein nicht alltägliches, fast freundschaftliches Verhältnis. Die Mutter arbeitet als Garderobiere und Frank ist es gewohnt, alleine zurecht zu kommen.
Der Großvater, den er nur von wenigen Besuchen im Gefängnis kennt, wird nach 18 Jahren Haft entlassen. Als Mutter und Sohn den Großvater von der Haftanstalt abholen, lässt schon dieses erste Zusammentreffen nichts Gutes erahnen. Man könnte meinen, der Großvater sieht durch seine ablehnende Haltung in Frank nicht den Enkel, sondern einen Gegenspieler, den er bezwingen muss. Überhaupt akzeptiert der Mann in seiner provokanten Art weder Mutter noch den Enkel. Die Geschichte wirkt von Anfang an, aufgrund der unterschwellig beschriebenen Gefahr, die von dem Großvater ausgeht, bedrohlich. Diese Angst dem alten Mann gegenüber zeigt sich auch in den wortkargen Gesprächen der beiden. Frank vermeidet es sogar, seinen Großvater nach dem Grund für seinen Gefängnisaufenthalt zu fragen. Auch die von jeher eingeschüchterte Mutter verschweigt Details aus dem Leben ihres Vaters.
Als der Großvater in eine eigene Wohnung umzieht, vollzieht sich eine Handlungswende und die Geschichte eskaliert Stück für Stück. Der Großvater zeigt allmählich sein wahres, böses Gesicht, und auch Frank nimmt die rücksichtslose Art des Großvaters immer mehr an. Die Geschichte rutscht ins vorher Undenkbare ab.
Ab jetzt konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Mit dem Ausgang habe ich bis zuletzt nicht gerechnet. Und gerade das macht das Buch so lesenswert. Es ist ein Thriller im wahrsten Sinne des Wortes.
Der Schreibstil des Autors Michael Köhlmeiers ist flüssig. Die einzelnen Kapitel sind kurz und übersichtlich gegliedert.
Nur das Cover hat mir nicht gefallen. Es stellt keinen Bezug zum Inhalt des Buches dar.
Ich kann dieses Buch Leser und Leserinnen, die ein besonderes, spannendes Buch außerhalb des Alltäglichen erwarten, nur empfehlen.

Bewertung vom 16.01.2023
Das glückliche Geheimnis
Geiger, Arno

Das glückliche Geheimnis


ausgezeichnet

Mir war der österreichischen Autors Arno Geiger bisher nicht bekannt, so dass ich das Buch unvoreingenommen gelesen habe.
„Das glückliche Geheimnis“ ist die Lebensgeschichte des Autors.
Die Autobiografie beschreibt sehr gefühlvoll den Werdegang eines Schriftstellers, der anfangs seine Anregungen aus den Altpapiercontainern der Stadt bezog. Dort findet er alte Bücher, Zeitschriften und Briefkonvolute, die er für seine ersten Texte als angehender Schriftsteller verarbeitet. Die Suche nach dem geschriebenen Wort treibt ihn an, sogar im Müll zu wühlen. Es sind stimmungsvolle Eindrücke die der Autor dabei vermittelt. So durfte ich als Leser die Atmosphäre der Stadt während seiner Streifzüge miterleben.
Neben seiner schwierigen Lebenssituation beschreibt der Autor auch den sich allmählich einstellenden Erfolg, erste Preise, Stipendien und damit ein besseres Leben, aber auch die negativen Erfahrungen des Erfolges. Kritisch stellt er auch den Sinn seiner schriftstellerischen Tätigkeit infrage. Was bleibt von seinen geschriebenen Worten, landen auch sie irgendwann im Müll und was haben sie der Welt überhaupt zu sagen?
Ganz persönlich wird Arno Geiger, wenn er von den Beziehungen zu Frauen, die er alle nur mit den Anfangsbuchstaben bezeichnet, erzählt. Sehr Eindrucksvoll schildert er seine schmerzhaften Erlebnisse mit den kranken Eltern.
Überhaupt versteht es der Autor, auch geheime Gefühle zu vermitteln. Besonders deutlich im zweiten Teil des Buches, in dem er seine Gedanken zur Wandlung der Gesellschaft preisgibt. Sein glückliches Geheimnis müssen die Leser jedoch selbst entdecken, mir hat er es nicht verraten. Ich durfte aber hinter die Kulissen der schriftstellerischen Arbeit blicken und viele neue Einsichten über das Leben entdecken.
Darüber hinaus hat mir das Buch, wegen des flüssigen Schreibstils und der übersichtlichen Gliederung der Kapitel sehr gefallen. Auf jeden Fall hat es mich auf den Autor neugierig gemacht, so dass ich mit Sicherheit weitere Bücher von Arno Geiger lesen werde.

Bewertung vom 28.11.2022
Labyrinth der Freiheit / Wege der Zeit Bd.3
Izquierdo, Andreas

Labyrinth der Freiheit / Wege der Zeit Bd.3


ausgezeichnet

Labyrinth der Freiheit ist Band 3 der Reihe „Wege der Zeit“ von Andreas Izquierdo.
Die drei Protagonisten Luise Beese, genannt Isi, Artur Burwitz und Carl Friedländer sind vielen Lesern aus den Bänden „Schatten der Welt“ und „Revolution der Träume“ bekannt. Ohne diese Vorkenntnisse ist der Einstieg ins Buch möglich, würde aber viele Zusammenhänge erklären. In „Labyrinth der Freiheit“ wird die Geschichte der drei Freunde aus der Sicht des Carl Friedländers weitererzählt.
Die Geschichte ist im Berlin von 1922 angekommen. Das Land leidet noch unter den Folgen des Ersten Weltkrieges und steuert auf eine Inflation zu. Die Menschen hungern und die Ärmsten der Armen leiden besonders. Keiner traut dem anderen, es geht nur noch um das nackte Überleben. Rechte Verschwörer bedrohen die noch wachsende Demokratie. Isi, Artur und Carl entgehen nur knapp einem Mordanschlag. Isi verliert dabei ihr ungeborenes Kind. Artur schwört auf Rache und verfolgt erbarmungslos die rechten Verschwörer der Tat.
Carl ist immer noch bei der UFA als Kameramann beschäftigt und erlebt unter dem Regisseur Fritz Lang die noch in den Kinderschuhen steckende Entstehung des Tonfilms. Wunderbar, wie der Autor die Probleme bei der Entwicklung dieses neuen Metiers vermittelt hat. So durfte ich als Leser an der technischen Revolution des Films teilhaben. Isi schlägt in ihrer Wut und Verzweiflung wild um sich und bringt sich dabei in Lebensgefahr. Die Geschichte wird brutaler und sogar die enge Verbundenheit der drei Freunde wird auf eine harte Probe gestellt.

„ Labyrinth der Freiheit“ ist auch die Sittengeschichte der Goldenen Zwanziger, des Umganges mit Homosexualität und Prostitution.
Der Autor hat es hervorragend verstanden, die politischen und sozialen Verhältnisse dieser Zeit anhand der Biographien der Protagonisten und Nebenrollen anschaulich zu schildern.
Es ist auch ein Buch über Verluste, Enttäuschungen und menschliche Abgründe. Zuweilen erschütternd traurig, aber auch sehr emphatisch, auf jeden Fall aber spannend geschrieben. Beim Lesen des Buches sind mir erstaunliche Parallelen zur heutigen Zeit aufgefallen.
Ein fesselnder, kurzweiliger und unterhaltsamer Schreibstil zeichnen dieses Buch aus.
„Labyrinth der Freiheit“ kann ich auf jeden Fall weiterempfehlen.

Bewertung vom 22.11.2022
Die Revanche des Monsieur Lipaire / Die Unverbesserlichen Bd.2
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Die Revanche des Monsieur Lipaire / Die Unverbesserlichen Bd.2


sehr gut

Die Volker Klüpfel und Michael Kobr, bekannt als Autoren der Kluftinger-Krimis haben ihren Handlungsort vom Allgäu an die sonnige Côte d’Azur verlegt.
Protagonist ist der schlitzohrige Ferienhausverwalter Guillaume Lipaire, der bei der Ausübung seiner Tätigkeit auf eine Leiche stößt. Mithilfe seines Freundes, dem Wassertaxifahrer Karim Petitbon macht er sich zwecks Vermeidung weiterer Unannehmlichkeiten daran, die Leiche verschwinden zu lassen. Allein die dadurch entstehenden Situationen garantieren amüsante Episoden, die mich unwillkürlich an bekannte Krimiklassiker erinnern.
Doch damit nicht genug. Lipaire wittert ein lukratives Geheimnis um den Toten und damit die Chance an viel Geld zu kommen. Schnell erweitert sich sein Freundeskreis. Die Eisverkäuferin Jacqueline, der Ex-Fremdenlegionär Paul, der Handyladenbetreiberin Delphine und die Lebedame Lizzy sind schnell bereit, ihm bei der Lösung des Geheimnisses, nicht ganz uneigennützig, zu unterstützen. Nebenher ergibt sich ein Wettkampf mit der ortsansässigen Adelsfamilie, die ebenfalls an der Auflösung des Geheimnisses interessiert ist.
Schnell entwickelt sich eine rasante Geschichte, dessen Spannungskurve leider ab Mitte des Buches durch unnötige Längen abflacht. Die Geschichte plätschert danach ohne weitere Höhepunkte dahin und gewinnt erst zum Schluss die ursprüngliche Spannung zurück.
Besonders aufregend fand ich die Geschichte nicht, obwohl ich als Leser bis zum Ende auf das Ergebnis neugierig blieb. Nichtsdestotrotz ist es eine kurzweilige Lektüre.
Der Schreibstil ist flüssig und die Kapitel sind überschaubar gegliedert. Inhaltlich weißt es vermeidbare Längen auf.
Die buntgewürfelten Charaktere sind amüsant beschrieben und einzelne Episoden geben immer wieder Anlass zum Schmunzeln. Kluftinger lässt grüßen.
Doch das Buch ist nicht vergleichbar mit den Allgäu-Romanen. Es ist der Versuch, etwas Neues zu entwickeln. Ob den Autoren das langfristig für die angekündigte Reihe gelingt, muss sich zeigen. Die Leser müssten sich auf diesen neuen Schreibstil einlassen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.11.2022
Shorty
Maurer, Jörg

Shorty


gut

Ich kenne Jörg Maurer als Autor der Alpenkrimi-Serie um Kommissar Jennerwein. Einen ähnlichen Schreibstil hatte ich bei dem Roman „Shorty“ erwartet. Stattdessen führte mich die literarische Reise in fremde Universen.
Die Geschichte beginnt relativ harmlos. Shorty, der erfolglose Protagonist des Buches, jobbt als Elektriker ohne besondere Begabung für diesen Beruf als einfacher Strippenzieher auf einer Baustelle. Bei der eintönigen Arbeit hört er sich über die Ohrhörer seines Smartphones Krimis seines Lieblingshörbuchsprechers Simon Jäger an. Während einer solchen „Lesung“ hört er, wie die Stimme ihn persönlich anspricht. Der unbedarfte Shorty glaubt zunächst an einen technischen Defekt. Doch bald stellt sich heraus, dass fremde Wesen mit der Stimme Jägers Kontakt mit ihm aufnehmen. So erhält Shorty den Auftrag, als „Weltenretter“ eine technische Manipulation am Umspannwerk vorzunehmen.
Nichtsahnend folgt er den Anweisungen der Stimme. Doch eine widrige Situation führt dazu, dass der Auftrag misslingt. Die Welt gerät aus den Fugen. Shorty gilt als Attentäter und muss fliehen.
Bis hier fand ich die Geschichte unheimlich spannend und konnte das Buch kaum zur Seite legen. Doch schnell wurde aus einer halbwegs plausiblen, wenn auch kuriosen, Geschichte ein undurchschaubares Märchen. Es war einfach zu viel des guten. Anfangs dachte ich an eine satirische Botschaft des Autors, zumal in der Geschichte hin und wiedereine eine Spur Gesellschaftskritik erkennbar wurde.
Oder sollte ich einen philosophischen Hintergrund übersehen haben? Schließlich reiste Shorty auf seiner Flucht durch Universen, die man durchaus als Paralleluniversen betrachten konnte. Existieren all diese Welten neben unserem sozusagen menschlichen Teil davon auf der Erde? Je mehr ich darüber nachdenke, desto möglicher erscheint mir diese Denkweise.
Auf der Suche nach einem tieferen Sinn der Geschichte habe ich weitergelesen. Leider blieb meine Suche erfolglos. Auch den humoristischen Jörg Maurer habe ich nicht gefunden. Das Buch hat allerdings Spuren hinterlassen, die ich nicht aus den Augen verlieren werde.
Der Schreibstil ist flüssig und die Kapitel sind überschaubar. Und für Fantasie- oder SF-Fans ist es genau das richtige Format.
Leider ist es nicht meins.