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Schmoekertante

Bewertungen

Insgesamt 26 Bewertungen
Bewertung vom 13.06.2022
Was das Schicksal will / Die Dorfschullehrerin Bd.2
Völler, Eva

Was das Schicksal will / Die Dorfschullehrerin Bd.2


sehr gut

Helenes Geschichte geht weiter

„Die Dorfschullehrerin – Was das Schicksal will“ ist der zweite Band der Reihe von Eva Völler. Um die Zusammenhänge zu verstehen, ist es auf jeden Fall empfehlenswert, den ersten Teil „Was die Hoffnung verspricht“ vorher zu lesen.
Der zweite Teil spielt 3 Jahre nach dem ersten Teil und seitdem hat sich eine Menge verändert. Helene lebt mit Marie bei Großtante Auguste in Frankfurt und unterrichtet an einer Großstadtschule. Von Tobias hat sie sich getrennt, leidet aber sehr unter der Trennung. Als sie das Angebot bekommt, als Rektorin an die Schule nach Kirchdorf zurückzukehren, muss Helene nicht lange überlegen. In Kirchdorf erwarten sie nicht nur berufliche, sondern auch private Herausforderungen und immer bleibt die Frage - wird sie am Ende doch noch mit Tobias glücklich werden?

Die Geschichte schließt gut an den ersten Band der Reihe an und man trifft fast alle Charaktere aus dem ersten Teil wieder. Eva Völler schreibt wieder sehr anschaulich, spannend und kurzweilig. Im Gegensatz zum ersten Teil liegt hier aber nicht der Hauptfokus auf Helenes Geschichte. Im Grunde werden vier Geschichten erzählt, die jede für sich interessant ist und ein eigens Buch wert wäre. Die Spannung, ob es für Helene, Isabella, Agnes und Christa ein Happy End geben wird bleibt bis zum dramatischen Finale des Romans erhalten.

Helene ist eine starke, idealistische Lehrerin, die sich aber manchmal zu verzetteln scheint. So richtig habe ich ihre Prioritäten nicht immer verstanden – ich glaube, sie war sich oft selber nicht sicher, was sie nun wirklich will. Sie versucht allen gerecht zu werden und muss aber immer wieder feststellen, dass das nicht funktioniert.

Isabella ist die Rebellin, die sich keinen Konventionen beugen will und immer versucht ihren eigenen Kopf durchzusetzen. Ihr ganzes Handeln und Denken ist schon viel liberaler, als es die Menschen in den 60er Jahren sind. Das muss sie immer wieder schmerzlich feststellen. Zum Glück hat sie mit Helene eine Freundin an ihrer Seite, die sich nicht von Vorurteilen leiten lässt und sie immer unterstützt.

Agnes liebt ihre Arbeit als Arzthelferin, träumt aber davon, den elterlichen Hof zu verlassen und endlich ihr eigenes Leben leben zu dürfen. Sie möchte nicht heiraten, Kinder bekommen und dann nur noch für ihren Mann da sein. Dafür ist sie viel zu intelligent und zielstrebig. Allerdings wird sie auf dem Hof als kostenlose Arbeitskraft benötigt und eine Unterstützung ihrer Wünsche durch ihre Eltern scheint utopisch zu sein.

Christa hat es nach ihrer Flucht aus der DDR nicht geschafft, in Kirchdorf heimisch zu werden. Während ihre Mutter und ihr Mann sich mittlerweile gut in das Dorfleben integriert haben, fühlt sie sich immer noch als Fremde und stößt mit ihrem Verhalten Alle vor den Kopf.

Fazit:
Dieser zweite Teil der Dorfschullehrerin hat mir wieder gut gefallen, obwohl ich den ersten Teil eindeutig besser fand. Gegen Ende des Romans überschlugen sich die Ereignisse und manche Wendung wirkte auf mich doch etwas zu weit hergeholt. Alles in allem ist dieses Buch aber eine tolle Fortsetzung, in der man wieder viele Einblicke in das Schul- und Dorfleben der 1960er Jahre bekommt.

Bewertung vom 11.05.2022
Mit dir ist alles schöner
Günak, Kristina

Mit dir ist alles schöner


sehr gut

Eine humorvolle und nachdenkliche Suche nach sich selbst

Vor vielen Jahren flüchtete Franziska aus ihrem spießigen Heimatort in die Großstadt und erfüllte sich ihren Traumjob als Fotografin. Nach dem Tod ihres Vaters kehrt sie auf seinen Campingplatz an der Ostsee zurück. Franziska möchte den maroden und hoch verschuldeten Platz so schnell wie möglich verkaufen. Als sie jedoch die dort lebenden Menschen näher kennen lernt, fängt sie immer mehr an über sich und ihr Leben nachzudenken. Nach und nach erkennt Franziska was ihr im Leben wirklich wichtig ist und welches Leben sie führen möchte.

Kristina Günak ist mit ihrem neuen Roman „Mit dir ist alles schöner“ wieder ein sehr humorvolles aber auch nachdenkliches Buch gelungen. Die Geschichte ließ sich gewohnt flüssig und gut lesen. Franziskas Suche nach sich selbst zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Buch und bis zum Schluss war mir nicht ganz klar, wie sie die finanziellen Probleme des Campingplatzes lösen wird. So bliebt die Spannung bis zum Schluss erhalten und Frau Günak präsentiert ein Ende, welches ich nicht erwartet hätte, dass mir aber sehr gut gefallen hat.

Franziska war mir anfangs sehr unsympathisch, so dass ich schon etwas Angst hatte, wie ich mit dieser Protagonistin im Laufe des Buches noch warm werden sollte. Sie verkörperte für mich den Inbegriff der veganen, Yoga-Großstadt-Tussi. Wobei ich von Anfang an das Gefühl hatte, dass sie nicht echt war und dieses ganze Getue nicht wirklich zu ihr passte. Sie wirkte auf mich, als sei sie permanent auf der Flucht. Nachdem Franziska auf dem Campingplatz gelandet war, machte sie eine sehr wohltuende Wandlung durch. Alles was ihr vorher so wichtig war, rückte immer mehr in den Hintergrund und sie schien endlich am Ziel ihrer Suche angekommen zu sein. Nach und nach lernte ich so die echte, unverstellte Franziska kennen und habe diese dann doch noch in mein Leserherz geschlossen.
Daran haben die vielen Bewohner des Campingplatzes einen nicht unerheblichen Anteil. Kristina Günak hat hier wunderbare, sehr individuelle und besondere Charaktere geschaffen, die oft mehr sind als nur Nebenfiguren. Sie zeigen Franziska wie wichtig Freundschaft und Zusammenhalt sind, aber auch der Glaube an sich selbst. Nicht Äußerlichkeiten und Zwänge zählen im Leben, sondern so zu sein wie man wirklich ist. Dann kann man auch glücklich werden.

„Mit dir ist alles schöner“ schneidet auch einige schwere Themen wie Tod, Demenz oder die Bewältigung von Lebenskrisen an. Dabei wird das Thema aber immer locker und mit viel Humor behandelt, so dass der Roman zwar zum Nachdenken anregt, aber nie zu schwer wird. Er ist und bleibt eine schöne, lockere Lebens- und Liebesgeschichte.

Fazit:
Für mich ist der neue Roman von Kristina Günak wieder eine sehr gelungene Geschichte, die mit viel Humor auch schwierige Themen nicht ausklammert. Es hat mir viel Spaß gemacht, Franziska auf der Suche nach sich selbst zu begleiten und auch wenn ich sicher keine Campingfreund werde, habe ich die Stunden auf dem Campingplatz an der Ostsee sehr genossen.

Bewertung vom 04.04.2022
Ostseekreuz / Pia Korittki Bd.17
Almstädt, Eva

Ostseekreuz / Pia Korittki Bd.17


ausgezeichnet

Pia Korittkis siebzehnter Fall führt sie in das Kloster Naumar. Eigentlich will sich Pia hier von einem traumatischen Erlebnis erholen und wieder Kraft für ihren Alltag schöpfen. Als allerdings ein Mönch ermordet wird ist es vorbei mit der Ruhe und Pia beginnt, Nachforschungen anzustellen.

Für mich war dies der erste Roman der erfolgreichen Pia Korittki Reihe. Eva Almstädt macht es aber auch dem Neuling leicht, sich in Pias Leben zurechtzufinden. Auch wenn der Roman Bezug nimmt auf frühere Ereignisse, wird dies immer so gut erklärt, dass mir die Vorgängerbände nicht fehlten, um der Geschichte folgen zu können. Nichtsdestotrotz werde ich nach und nach die anderen sechzehn Bände der Reihe lesen, da mich Frau Almstädt mit ihrem spannenden und fesselnden Schreibstil durchweg überzeugt hat.

Neben der Hauptgeschichte, in der Pia den Mörder des Mönches im Kloster Naumar sucht, spielt der Roman teilweise auch in Südfrankreich wo Pias Freund Marten versucht, ihren Peiniger Albrecht Lohse festzunehmen.

Pia ist eine sympathische Kommissarin, die in den letzten Bänden der Reihe ein traumatisches Erlebnis hatte und dies nun verarbeiten muss. Man merkt schnell, dass sie eine psychologische Analyse und Betreuung nicht weiterbringt. Pia ist ein Mensch der Tat und muss aktiv, selber ihre Probleme lösen. Ihre gradlinige und praktische Art hat mir gut gefallen. Man merkt, dass sie eine starke Persönlichkeit ist, die aber auch Schwächen hat und versucht, mit diesen bestmöglich umzugehen. Es war für mich sehr interessant zu erleben, dass sie als Polizistin einfach nicht aus ihrer Haut kann und selbst im Kloster, wo sie sich ja erholen und abschalten soll, sofort anfängt die Menschen zu befragen und nach dem Täter zu suchen.
Auch die anderen Charaktere des Romans haben mir gut gefallen. Sie werden so beschrieben, dass ich sie mir gut vorstellen und ihre Beweggründe verstehen konnte. Auch die Beschreibung des Klosters und des Lebens dort hat mir gut gefallen.

Einzig die Auflösung des Mordfalls kam mir am Ende etwas zu schnell. Diese war zwar nachvollziehbar und durchaus okay, aber wenig spektakulär.

FAZIT:
Ostseekreuz ist ein spannender Krimi, nicht nur für Fans der Reihe. Mich hat das Buch überzeugt, so dass ich auch noch die anderen 16 Bände lesen werde.

Bewertung vom 07.03.2022
Flüchtiges Glück
Mothes, Ulla

Flüchtiges Glück


ausgezeichnet

Eine bewegende Familiengeschichte

Milla ist überglücklich. Sie ist schwanger und ihr Freund Navid hat ihr einen Heiratsantrag gemacht. Alles könnte so schön sein, wären da nicht Navids bohrende Fragen nach ihrem unbekannten Vater, nach ihren Wurzeln und den tief verborgenen Geheimnissen ihrer Familie. Gegen den Widerstand ihrer Mutter und Großmutter beginnt Milla nachzuforschen.
Eine bewegende Familiengeschichte

Ulla Mothes zweiter Roman erzählt die Geschichte von Milla, ihrer Mutter Jola und ihrer Großmutter Agnes. Der Roman spielt hauptsächlich im Berlin der Gegenwart. Durch Millas Nachforschungen zu ihrer Familiengeschichte gibt es aber immer wieder Rückblenden in die Vergangenheit. Bei ihrer Großmutter Agnes spielt diese hauptsächlich zu DDR Zeiten, wo Agnes als Mitarbeiterin der Staatssicherheit im Industriegebiet Wolfen gelebt hat. Jolas Geschichte spielt zur Zeit der Wende bzw. Nachwende in Berlin.

Das Buch ließ sich sehr flüssig lesen und der Spannungsbogen wurde über die ganze Geschichte aufrecht gehalten. Immer wieder kommt man den Geheimnissen der Vergangenheit ein kleines Stück näher und erfährt dabei viel über das Leben in der DDR und das Verhalten der Menschen damals. Die Auflösung am Schluss des Buches war rund und glaubwürdig und hat mich durchweg überzeugt.

Ulla Mothes gelingt es ihre Charaktere so vielschichtig zu beschreiben, dass keiner nur gut oder böse, sympathisch oder unsympathisch ist. Jeder Charakter hat viele Facetten, die ihn interessant und lebendig machen. Auch wenn alle Charaktere eine Erwähnung verdient hätten, möchte ich hier exemplarisch nur drei nennen:

Milla ist ohne ihren leiblichen Vater aufgewachsen und ihre Mutter weigert sich hartnäckig, dessen Namen preis zu geben. Bisher hat Milla ihn auch nie vermisst. Auf drängen ihres Freundes beginnt sie Fragen zu stellen und nachzuforschen und deckt damit die dunklen Geheimnisse ihrer Familie auf.

Navid ist ein Flüchtling aus Kabul, der seine komplette Familie verloren hat. Er hat sich in Deutschland ein neues Leben aufgebaut und trägt seine Freundin Milla auf Händen. Da für ihn eine glückliche Familie und geklärte Verhältnisse sehr wichtig sind, drängt er Milla, mehr über ihren Vater und ihre Herkunft herauszufinden. Leider geht er damit manchmal nicht sehr feinfühlig um und schießt übers Ziel hinaus. Trotzdem kann ich Navids Verhalten gut nachvollziehen, insbesondere wenn man seine Herkunft und Vergangenheit kennt und berücksichtigt.

Agnes war für mich der unsympathischste Charakter des Buches. Wenn man auch manche ihrer Handlungen im Nachhinein nachvollziehen konnte, konnte ich ihr ihre Taten leider nicht komplett verzeihen. Agnes ist ein Kind der DDR, hat bei der Stasi gearbeitet und konnte auch später das gelernte Verhalten nicht ablegen. Damit hat sie sogar ihre Familie manipuliert und deren Leben in die ihr genehme Richtung gelenkt.

FAZIT:
Flüchtiges Glück ist ein spannender Familienroman, der sehr anschaulich und interessant das Leben zur DDR Zeit und dessen Auswirkungen bis heute aufzeigt. Es hat viel Spaß gemacht, diesen Roman zu lesen. Daher bekommt er von mir eine klare Leseempfehlung für alle die sich gern auf die Suche nach dunklen Familiengeheimnissen begeben.

Bewertung vom 07.02.2022
Gemeinsam ist man besser dran
Deloy, Sylvia

Gemeinsam ist man besser dran


sehr gut

Ein Wohlfühlroman mit Kölner Lokalkolorit

Im Flea Market, einem gemeinnützigen Flohmarkt in der Kölner Südstadt, verkauft Tilda gebrauchte Waren zu günstigen Preisen, damit sich auch Menschen mit wenig Geld schöne Dinge leisten können. Als ihr Markt abgerissen werden soll, um Platz für luxuriöse Neubauwohnungen zu machen, ist Tilda am Boden zerstört. Um den Flea Market doch noch zu retten, will Tilda ein altes, verlassenes Theater auf der gegenüberliegenden Straßenseite anmieten. Leider kommt ihr hierbei der Schauspieler Noah zuvor, der das Theater kauft, um es wieder aufleben zu lassen. Zwischen Tilda und Noah kracht und knistert es ordentlich, doch haben sie eine Chance auf eine gemeinsame Zukunft? Und ist der Flea Market noch zu retten?

„Gemeinsam ist man besser dran“ ist ein humorvoller, locker geschriebener Wohlfühlroman. Die Geschichte lässt sich flüssig lesen und die Charaktere bekommen alle ihre ganz eigene Sprache, was sie nochmal lebendiger und authentischer wirken lässt.

Der Hauptcharakter der Geschichte ist Tilda. Seit frühester Jugend, als ihre Mutter plötzlich verschwand, hat sich Tilda um ihre kleine Schwester gekümmert. Und das Kümmern scheint ihr im Blut zu liegen. Tilda kümmert sich um alles und jeden, nur nicht um sich selbst. In ihrem Flea Market verkauft sie Waren für wenig Geld und beschäftigt Mitarbeiter, die sonst nirgendwo einen Job bekommen hätten. Ihre Schwester erdrückt sie fast mit ihrer Fürsorge und setzt dabei sogar ihr eigenes Glück aufs Spiel.
Im Grunde mochte ich Tilda sehr gern. Sie ist sympathisch und hilfsbereit. Im letzten Teil des Romans allerdings konnte ich ihre Gedanken und Handlungen überhaupt nicht mehr nachvollziehen. Ich habe mich unheimlich über sie aufgeregt und hätte sie am liebsten mal heftig geschüttelt, damit sie wieder zur Vernunft kommt. Das hat dann zum Glück ihre beste Freundin übernommen, wofür ich ihr sehr dankbar bin.

Noah scheint zunächst ein arroganter, überheblicher Ex-Schauspieler zu sein. Im ersten Teil des Buches konnte ich ihn so gar nicht leiden. Aber mit der Zeit wurde mir immer sympathischer und am Ende fand ich ihn wirklich klasse. Er ist der perfekte Freund für Tilda, der ihr bedingungslos hilft, ihr aber auch mal die Wahrheit sagt, auch wenn sie vielleicht nicht so angenehm ist.

Der Roman lebt für mich aber vor allem von den Nebencharakteren, wobei man ihnen eigentlich nicht gerecht wird, wenn man sie nur als Nebencharaktere abstempelt.
Tildas beste Freundin Kaja, die kein Blatt vor den Mund nimmt und Tilda oft den Schubs gibt, den diese zum Handeln braucht. Helga, ein echtes Original mit kölschem Dialekt, die einfach so ist wie sie ist, ohne sich zu verstellen oder sich um ihre Wirkung Gedanken zu machen. Mia, Tildas Schwester, die auf eigenen Füßen stehen will und sich durch Tildas Fürsorge eingeengt fühlt.

Ganz nebenbei greift der Roman auch einige schwierige Themen auf, wie zum Beispiel Analphabetismus, Wohnungsnot, Versagensängste, Nicht-Loslassen-Können. Dies passiert aber auf eine sehr angenehme Weise, so dass der Roman nie schwer und bedrückend wird, sondern sich seine Leichtigkeit bewahrt. So war es eine Freude, dieses Buch zu lesen.

Fazit:
„Gemeinsam ist man besser dran“ ist ein schöner Wohlfühlroman mit sehr originellen Charakteren, die wirklich jeder für sich eine Geschichte wert wären. Es hat viel Spaß gemacht, diesen Roman zu lesen. Auch wenn ich irgendwo zwischendrin den Draht zu Tilda verloren habe und ihre Handlungen einfach nicht mehr nachvollziehen konnte, hat das Buch viel Spaß gemacht und bekommt eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 14.01.2022
Der Friesenhof - Auf neuen Wegen / Teehändler-Saga Bd.1
Lüders, Fenja

Der Friesenhof - Auf neuen Wegen / Teehändler-Saga Bd.1


sehr gut

Eine spannende Reise ins Ostfriesland der Nachkriegszeit

Nach dem Tod ihres Vaters versuchen die Schwestern Gesa und Hanna den ostfriesischen Hof ihrer Familie allein weiter zu bewirtschaften. Hanna die schon immer ein Händchen für den Hof hatte, nimmt nun das Zepter in die Hand, auch wenn keiner einer jungen, ledigen Frau zutraut, einen Hof zu führen. Als Helga, Gesas und Hannas Schwester, mit ihrem unsympathischen Ehemann Günther auf dem Hof auftaucht und ihren Erbteil einfordert, scheint es schlecht um den Hof zu stehen. Daher entschließt sich Gesa im nahe gelegenen Emden nach einer Arbeit zu suchen. Diese findet sie auch bald im Teekontor Kruse. Der Teehandel scheint Gesa zu liegen und so wird sie schnell zur Assistenz des Juniorchefs Keno. Schon bald verbindet Gesa und Keno mehr als nur eine Chef-Angestellten-Beziehung. Allerdings ist Keno verheiratet und Gesa verlobt, auch wenn ihr Verlobter schon lange in Russland verschollen ist.

Nachdem ich bereits die Speicherstadt-Saga von Fenja Lüders gelesen hatte, habe ich mich sehr gefreut, nun in den Teehandel zur deutschen Nachkriegszeit einzutauchen. Der Friesenhof ist der erste Teil der Teehändler-Saga, die 1949 in Ostfriesland spielt. Der zweite Teil wird voraussichtlich im Juni 2022 erscheinen.
Charaktere und Schauplätze beschreibt Fenja Lüders sehr anschaulich und lebendig, so dass ich mich schon nach wenigen Seiten nach Ostfriesland versetzt fühlte und mit den beiden Schwestern gehofft und gelitten habe. Die Handlung verteilt sich gut über das ganze Buch, so dass es immer spannend und interessant bleibt.

Gesa und Hanna sind die zwei Hauptcharaktere des Romans, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Gesa ist direkt, manchmal aufbrausend und packt Probleme an, sobald sie entstehen. Obwohl der Friesenhof ihr Zuhause ist, hat sie Angst vor den großen Kühen und kann mit der Landwirtschaft nicht wirklich etwas anfangen. Daher ist es für Gesa eine tolle Chance, dass sie im Teehandel Kruse anfangen kann. Obwohl Gesa immer noch ihrem verschollenen Verlobten hinterhertrauert, verliebt sie sich in Keno Kruse, den Juniorchef – leider eine unmögliche Liebe, da Keno nicht nur ihr Chef, sondern auch verheiratet ist.
Im Gegensatz zu Gesa ist Hanna eher sanft, zurückhaltend und auf Harmonie bedacht. Schwierigkeiten geht sie lieber aus dem Weg. Sie ist die geborene Bäuerin und liebt ihre Arbeit mit den Tieren auf dem Hof. Zusammen mit ihrem Knecht Tomek, einem polnischen Flüchtling, der für Hanna weit mehr ist als nur ein Knecht, versucht sie den Hof am Laufen zu halten. Obwohl es nicht leicht ist für Hanna, sich in der männerdominierten Bauernschaft durchzusetzen, gibt sie nicht auf und zeigt was in ihr steckt.

Unter den zahlreichen Nebenfiguren hat mir besonders Tanti, Gesas und Hannas Großtante sehr gut gefallen. Sie ist eine sehr lebenskluge Frau, die genau beobachtet und mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg hält. So schafft sie es immer wieder, die Dinge ins rechte Licht zu rücken und rettet mit ihrem Pragmatismus so manche schwierige Situation. Sie ist der sichere Hafen der Mädchen, auf den immer Verlass ist.
Natürlich kommt auch dieser Roman nicht ohne einen Bösewicht aus. Hier trifft der Leser auf Günther, Gesas und Hannas Schwager. Er war mir von der ersten Zeile an unsympathisch und sofort war mir klar, dass da auch noch mehr sein muss. Wie böse, gemein und grausam Günther wirklich ist, erschließt sich erst nach und nach und bis zum Schluss war ich mir nicht sicher, ob die Sache für den Friesenhof und seine Bewohner gut ausgehen wird.

Einziger Kritikpunkt an diesem Roman ist aus meiner Sicht, dass mir die Handlung gegen Ende zu schnell ging. Im Epilog wird rückschauend zwar noch viel aufgelöst und erklärt, aber hier hätte ich mir einfach noch ein paar Kapitel mehr gewünscht, um die Gedanken und Handlungen der Personen besser nachvollziehen zu können. Das Ende des Romans ließ mich dann etwas unzufrieden zurück, da die Geschichte nicht wirklich zu En