Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Katharina Tolle

Bewertungen

Insgesamt 22 Bewertungen
Bewertung vom 23.07.2021
Evie und die Macht der Tiere
Haig, Matt

Evie und die Macht der Tiere


ausgezeichnet

Inhaltsangabe:
Evie ist kein normales Mädchen. Zwar besucht sie ganz normal die letzte Klasse der Grundschule in ihrem englischen Wohnort Lofting, doch sie hat eine ungewöhnliche Fähigkeit: Sie kann mit Tieren sprechen. Sie hört, was die Tiere sagen und wenn sie eine Antwort denkt, verstehen die Tiere Evie.

Einmal hat sie ihrem Papa davon erzählt. Er hat ihr eingetrichtert, dass es gefährlich sei, mit Tieren zu sprechen und sie musste versprechen, es nicht mehr zu tun.

Aber Evie kann die Bitte des Schulkaninchens nicht ignorieren: Es mag nicht eingesperrt sein. Also befreit Evie es. Und als Folge erfährt sie von ihrer Oma die Wahrheit über sich: Auch Evies Mutter und Oma hatten und haben dieselbe Gabe. Andere Menschen haben sie ebenfalls: Unter anderem Mortimer J. Mortimer, der eine giftige Spinne dazu brachte, Evies Mutter im Amazonasregenwald zu töten. Evie muss versprechen, nie mehr mit Tieren zu sprechen, um sich vor Mortimer J Mortimer zu schützen.

Ein Jahr lang hält sie durch. Doch dann entscheidet Evies Großmutter, sie doch zu unterrichten. Evie rettet daraufhin ein Kind vor einer Löwin, fällt bei dem Versuch, mit einer Schnecke zu kommunizieren vor Langsamkeit in Ohnmacht und erfährt von einem Elefanten, dass ihr Freund Ramesh seinen Vater sehr vermisst.

Schließlich kommt es zur Konfrontation mit Mortimer J. Mortimer. Evies Kunst, mit Tieren zu sprechen, ist nun überlebenswichtig. Doch die wahre Gabe ist Evies gutes Herz: Nun kommt jede gute Tat auf sie zurück und Hilfe aus unerwarteten Ecken rettet ihr, ihrem Vater und ihrer Großmutter das Leben.


Warum meine Söhne und ich das Buch so lieben:
Evie ist, jenseits ihrer Gabe, ein ziemlich normales Mädchen. Sie verkracht sich mit ihrer Freundin Leonora; sie schwankt zwischen dem Versprechen an ihren Papa und dem Wunsch, Tieren zu helfen. Sie sehnt sich danach, zu wissen, was mit ihrer Mutter passiert ist. Evie ist sympathisch und ihre Gefühlsregungen werden plausibel erzählt.

Jede einzelne Tierart hat bestimmte Wesenszüge, die sich auch in der Art der Kommunikation widerspiegeln. Hunde "reden" unaufhörlich. Katzen sind wählerischer. Reptilien sind schwierig zu verstehen. Schneckenhirne sind zum Einschlafen langweilig.

Das Buch sprüht vor Fantasie und unterschwelligem Witz, der es auch für mich als Vorlesende sehr angenehm gemacht hat. Und natürlich haben sich meine Söhne gekringelt vor Lachen, als ich die Gedanken eines Hundes vorlas: "Salzig - sauer - neue Pisse - alte Pisse - Kassenpisse."

Evie und die Macht der Tiere ist ein wunderbares Buch, das uns innehalten lässt. Es werden die großen Fragen aufgeworfen: Wie funktioniert ein Miteinander? Wer bestimmt, was richtig ist? Darf man Macht über andere ausüben, nur, weil es möglich ist?

Das gute Ende im Buch täuscht nicht darüber hinweg, dass für uns Menschen viel zu tun bleibt, wenn wir unseren Planeten nicht für immer zu einer lebensfeindlichen Welt verkommen lassen wollen. Es macht aber auch Mut, dass es möglich ist. Und genau solche Bücher brauchen wir.

Bewertung vom 16.06.2021
Das Karlgeheimnis
Wilke, Jutta

Das Karlgeheimnis


ausgezeichnet

Worum geht es?
Emil ist umgezogen und geht seitdem an eine neue Schule. In der Nähe der neuen Wohnung hat Karl seinen Kiosk. Emil und Karl freunden sich an.

Emil will Schriftsteller werden und schreibt gerade an seinem ersten Krimi. Blöderweise sackt seine fiese Lehrerin sein Notizbuch ein. Und dann soll Emils Mama auch noch viel Geld für die Klassenfahrt bezahlen. Emil erzählt seiner Mutter gar nicht erst von diesem Geld, weil er weiß: Sie haben es nicht.

Als er Karl am Kiosk davon erzählt, bekommt auch Finja das mit. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten freunden sich Emil und Finja an. Finja schmiedet einen Plan, um Emils Notizbuch zurückzubekommen und Geld für die Klassenfahrt (und andere unbezahlte Rechnungen) aufzutreiben.

Nicht alle Pläne gehen auf. Emils Verzweiflung wächst. Und dann wird in Karls Kiosk eingebrochen und Karl selber verschwindet. Emil erfährt, dass der Kiosk abgerissen werden soll. Emil weiß nicht, was er noch tun soll.

Doch dann bekommen die Ereignisse eine neue Dynamik: Auf einmal arbeiten die Menschen im Viertel zusammen. Sie verhindern den Abbruch des Kiosks und finden den Grund für den Einbruch heraus. Und am Ende klären sich sogar die Geldsorgen.



Meine Meinung
Das erste Kapitel war zäh. Das zweite ging. Nach den ersten beiden Kapiteln war ich dann aber doch drin im Buch und habe die Entwicklung sehr genossen.

Besonders schön fand ich, dass nicht alles auf Anhieb funktioniert. Emil und Finja sind eben doch keine Super-Detektive -- obwohl Finjas Hund Watson heißt. Ihre Methoden haben Fehler und ihr Erfolg hängt zu einem großen Teil vom guten Willen anderer Personen ab. Insofern habe ich tatsächlich noch bis weit in das Buch hinein eine andere "echte Detektivin" erwartet -- denn die war ja im Klappentext angekündigt worden. Der Geschichte tut es aber gut, dass dann doch keine erwachsene Detektivin dazu kommt. Einige andere Erwachsene zeigen allerdings unerwartete detektivische Züge, die mir mehrmals ein Lächeln ins Gesicht zauberten.

Toll fand ich, dass die Kinder in diesem Buch nicht gegen die Erwachsenen Stimmung machen. Im Gegenteil arbeiten Emil und Finja mit den erwachsenen Menschen in ihrem Umfeld zusammen. Es ist also kein "groß gegen klein", wofür ich sehr dankbar bin.

Das Buch ist keine Friede-Freude-Eierkuchen-Welt. Im Gegenteil: Emils Vater ist verstorben; Emil und seine Mutter mussten deshalb umziehen und kommen finanziell kaum über die Runden. Emil erfährt auch, dass seine Mutter immer noch stark trauert -- auch, wenn sie das vor ihrem Sohn zu verbergen sucht.

Insofern ist es verständlich, dass Emil die Verantwortung für ihre gemeinsamen Finanzen mit übernehmen will, indem er ein erfolgreicher Schriftsteller wird. Und es ist auch verständlich, dass Emil gewisse Dinge zu Hause gar nicht erzählt, um seiner Mutter nicht noch mehr Sorgen zu machen.
Dennoch irritiert es immer, wenn Kinder die Verantwortung für Erwachsene übernehmen (sollen). Emil mit seinen zehn Jahren ist klug, aber eben dennoch ein Kind. Aus seiner Sicht ist sein Verhalten absolut nachzuvollziehen. Ich befürchte allerdings, dass das Buch Kinder ermutigen könnte, ebenfalls die Verantwortung der Erwachsenen auf sich selbst zu wälzen.

Zum Schmunzeln brachten mich regelmäßig die eingeschobenen Notizseiten aus Emils Buch zum Beginn jedes Kapitels. Auf diesen Seiten stellt Emil die Charaktere des Buches in Notizform vor. "Man muss sich immer alles sofort notieren, was man später für seine Geschichte brauchen könnte", erklärt Emil sinngemäß. Diese Seiten sind nicht nur toll illustriert, sondern zeigen auch, worauf Kinder sich bei ihren Beobachtungen konzentrieren. Ihr Blick auf ihre Umwelt und ihre Mitmenschen unterscheidet sich eben doch stark von unserem Erwachsenenblick. Und es nutzt überhaupt nichts, wenn wir als Erwachsene das nicht akzeptieren.