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Leronoth

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Insgesamt 25 Bewertungen
Bewertung vom 27.10.2016
Das Vermächtnis des Zauberers / Welt der 1000 Abenteuer Bd.1
Schumacher, Jens

Das Vermächtnis des Zauberers / Welt der 1000 Abenteuer Bd.1


sehr gut

In der „Welt der 1000 Abenteuer“ von Jens Schumacher schlüpfen wir in die Rolle eines meist unscheinbaren Helden der Fantasywelt Monravia. Im Gegensatz zu epischen Reihen, wie dem Einsamen Wolf nehmen wir unseren Helden jedoch nicht mit, sondern verkörpern in jedem Buch einen anderen Helden – diesmal einen abenteuerlustigen Hilfsarbeiter, der im öden Kaff Roog aufgewachsen ist. Ausgewählt durch einen Schicksalsspruch, tritt eines Tages glücklicherweise der Rat der Magier an ihn heran, der ihn und seinen tollpatschigen und jähzornigen Vetter auf eine abenteuerliche Mission schickt. Wir sollen die Bruchstücke des Zauberstabs von König Zardrus wiedererlangen um die Kraft der Schutzsiegel aufzufrischen und so das Eindringen gewaltiger Horden zu verhindern. Erwartungsgemäß beginnt so eine Schatzjagd die uns durch das ganze Reich Konduulas führt und mit unterschiedlichsten Rätseln, Gefahren und vereinzelten Kämpfen aufwartet.

Die Handlung ist also grob gesagt nicht allzu erfrischend aber allemal solide. Das etwas altbekannte Schema des erwählten Niemands wird durch einen frischen Schreibstil und etwas Humor aufgelockert. So werden wir wie erwähnt von unserem Vetter und später auch anderen Geschöpfen begleitet. Das führt zu einem deutlich interaktiveren Spielgefühl, da wir uns immer wieder mit den Ratschlägen anderer Charaktere auseinandersetzen und es zu vielen Diskussionen und manchmal sogar kleineren Slapstickeinlagen kommt. Diese Gruppenerfahrung, zusammen mit dem Humor hebt den Band – und letztlich die Reihe – von anderen Spielbüchern ab. Die Welt der 1000 Abenteuer richtet sich deutlich an ein etwas jüngeres Publikum und verzichtet dafür auf eine allzuschwere Hintergrundwelt und geht noch etwas lockerer als das eh schon stereotype Spielbuchgenre mit Klischees um. Dafür wird man mit hübschen Tuschezeichnungen belohnt die einigen zum angenehmen Spielgefühl beitragen.

Das Konzept geht sehr gut auf, zumal das Spielbuch geschickt aufgebaut ist und viele subtile Mechaniken verwendet. So müssen wir Zahlenrätsel lösen und dürfen sogar eine illustrierte Partie x-x-o spielen.Und obwohl der Aufbau letztlich an eine Reise von Begegnung zu Begegnung erinnert, wurden viele Fallstricke älterer Spielbücher vermieden. So gibt es keine unvermittelt toten Enden und auch auf ein ausuferndes Regelsystem wurde verzichtet. So gibt es weder Lebenspunkte noch ein Kampfsystem. Stattdessen sind alle Regeln direkt in den Text eingebettet und werden durch eine Runentafel abgewickelt. Nicht einmal 5 Seiten müssen gelesen werden bevor es losgeht – und die sind großzügig genutzt worden, denn selbst die Charaktererschaffung findet hier Platz. Kein Wunder, besteht die doch letztlich aus der Wahl von einem von 5 Talenten. Was Spielbuchveteranen abschrecken mag ist durchaus erfrischend. Statt ein bombastisches Regelsystem vorzulegen das auf den 250 Abschnitten kaum zur Entfaltung kommen würde, kommen wir mit einem Talent aus, das uns dafür merklich zur Hilfe kommt. Statt Ressourcenmanagement setzt das Buch also voll auf die Handlung und lässt uns lieber Hinweise notieren als Lebenspunktverluste. Damit ist es sogar noch etwas schlanker als der Vorgänger das sich noch deutlich näher an der Fighting Fantasy Philosophie anlehnt und deutlich rauer ist als der vorliegende Band.

Auch das „Vermächtnis des Zauberers“ interpretiert das Spielbuchgenre sicher nicht neu. Die Welt Monarvia ist generische Fantasy und der unbekannte Held ist ein allzubekanntes Konzept. Stattdessen hebt sich das Buch durch seine konsequente Einsteigerfreundlichkeit, den Humor und die schönen Interaktionen zwischen den Charakteren ab. Vielspielern mag das Regelsystem zu schlank sein, sie werden jedoch zumindest die gelungene Wegführung und geschickte Einbettung von Minispielen und Rätseln zu schätzen wissen. Wie auch der Vorgänger ist es ein gutes Einsteigerbuch und kann für den geringen Preis bei hoher Qualität sicher auch die ein oder andere Zugfahrt eines Spielbuchfans auflockern.

Bewertung vom 20.10.2016
Fabled Lands - Legenden von Harkuna
Morris, Dave; Thomson, Jamie

Fabled Lands - Legenden von Harkuna


sehr gut

Das zur Spiel 2016 neu erschienene Fabled Lands hebt sich zu aller erst durch seine Ambitioniertheit ab. Nicht das die anderen Bücher nicht auch ambitioniert sind, Fabled Lands hat sich aber nicht weniger vorgenommen als eine ganze frei begehbare Welt von nahezu unbegrenztem Spielspaß anzubieten.

Auffällig ist bereits der Einstieg. Statt das uns ein Charakter vor die Füße gelegt wird mit dem wir vorlieb nehmen müssen ob wir wollen oder nicht, können wir frei aus sechs Berufen wählen. Wir erstellen also wirklich unseren eigenen Helden der sich durch sechs verschiedenen Fertigkeiten und seine Lebenskraft auszeichnet. Diese schnelle Charakterwahl hat deutlich mehr Einfluss als man zuerst denken mag, so werden die Klassen (pardon: Berufe) im weiteren Verlauf abgefragt und es ergeben sich unterschiedliche Taktiken und Optionen.
Im Gegensatz zu den meisten Spielbüchern nimmt Sagaland den Anspruch ein individuelles Spielerlebnis zu sein wirklich ernst. Sicherlich, am Ende wird jeder Spieler gewissen Knotenpunkte treffen, die schiere Auswahl ist jedoch fast unbegrenzt. Wir bereisen Harkuna ohne feste Aufgabe und können frei entscheiden wie lange und intensiv wir uns mit den jeweiligen Reichen auseinandersetzen. Statt uns linear voranzukämpfen sind die Abschnitte zirkulär verknüpft. Wir können also regelmäßig zurückkehren und sogar frei zwischen den Bänden wechseln. Die werden zwar spürbar schwerer, kleinere Abstecher können aber schon früh gewagt werden und sind für manchen Quests sogar erforderlich; ja genau, es gibt Quests die sich über mehrere Bände erstrecken!

Wie jedes Open-World-Spiel müssen wir aber natürlich mit kleinen Zielen gefüttert werden. So enthält jeder Band mindestens eine treibende Quest und zahlreiche kleinere Nebenquests. Um deren Entwicklungen zu verwalten und auch um die Redundanz zu verringern nutzt das Buch Codewörter und Ankreuzkästchen. So treten manche Ereignisse nur auf wenn wir das erste Mal einen Abschnitt lesen und es leiten uns bestimmte Orte zu Sonderereignissen wenn wir ein Codewort ankreuzen durften. Quests schalten also gewissermaßen individualisierte Abschnitte frei und die Welt entwickelt sich dynamisch. Außer Neben- und Hauptquests können wir uns außerdem selber Ziele setzen. So können wir Schiffe und Häuser erwerben und sogar ein kleines Handelsimperium aufbauen. Manche Quests belohnen uns sogar mit permanenten Vorteilen und neuen zuvor nicht betretbaren Bereichen der Welt. Kurzum, Harkuna nahm all das vorweg was wir im letzten Jahrzehnt von Open-World Computerspielen gewohnt sind.

Harkuna ist ein recht klassischer Fantasykontinent, der Genreüblich viel mit Klischees arbeitet. Die Umsetzung ist jedoch äußerst gelungen. Es gibt wirklich an jedem Ort etwas zu erleben und man kann sich sogar seinen Spielstil etwas auswählen. Das Gefühl als einsamer Held durch eine Welt unendlicher Möglichkeiten zu reisen setzt wohl kein Spielbuch besser um als die Legenden von Harkuna. Und selbst die Plots können manchmal verblüffen. Sicherlich gibt es zahlreiche Lückenfüller und kurze Quests, gerade die Hauptquests weisen aber erstaunliche Wechsel auf und können überzeugen. Hier steckt wirklich Liebe in fast jedem Detail.

Fabled Lands ist ein solider Neudruck der Legenden von Harkuna. Wer Spielbücher mag und sich auf ein flexibles Abenteuer in einer frei begehbaren Welt einlassen will ist hier auf jeden Fall richtig. Es bleiben die kleinen Nachteile, wie der etwas zu hohe Verwaltungsaufwand und die fehlende leitende Handlung. Noch nie konnte man aber so günstig einen Blick wagen und gleich zwei Reiche auf mehr als 1.500 Abschnitten betreten. Ein ambitionierters und freieres Spielbucherlebnis wird man nicht finden...

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.06.2016
Metal Heroes - and the Fate of Rock
Harder, Swen

Metal Heroes - and the Fate of Rock


ausgezeichnet

Metal Heroes – and the Fate of Rock ist das neueste Spielbuch vom Autoren und Illustratorduo des preisgekrönten Spielbuchs „Reiter der schwarzen Sonne“. Da ich bereist vor längerer Zeit die Gelegenheit hatte ein Interview mit dem Autor Swen Harder zum Buch zu führen und vom „Reiter“ mehr als angetan war, hatte ich bereits große Erwartungen an das Projekt.
Obwohl ich nicht einmal Metal Fan bin, haben Swen und Fufu meine Erwartungen noch einmal um Längen übertroffen. Metal Heroes ist – in einem Wort – die neue Referenz für Spielbücher. Das Buch hat es geschafft, mich wie noch kein anderes Spielbuch zu fesseln!

Zuerst wäre da das Thema. Die überzeichnete Rockwelt von Metal-Heroes passt wie die Faust aufs Auge. Fantastische Elemente fügen sich optimal in das suburbane Rebellenfeeling ein und schaffen eine unglaublich stimmige Spielwelt. Das Los Angeles der Gegenwart, gepaart mit zahlreichen 80er und 90er Einflüssen macht einen wunderbaren Rollenspielhintergrund aus. Obwohl mir der derbe Stil nicht immer zusagt, merkt man dem Buch auf jeder Seite die liebevolle und schriftstellerisch gelungene Umsetzung an. Das gilt insbesondere für die Entscheidung einer ganzen Band zu folgen, was die Identifikation mit den Charakteren paradoxer Weise gegenüber der reinen Ich-Perspektive der meisten Spielbücher erhöht. Dazu aber später mehr.

Dann wäre da zweitens die liebevolle Gestaltung der Aufmachung. Hier übertrumpfen sich Swen und insbesondere Fufu noch einmal selber. Man merkt, dass Fufu mit dem Comicstil ganz in seinem Metier angekommen ist. Die Illustrationen sind schlicht und ergreifend hervorragend. Der pointierte Einsatz von kurzen Comicausschnitten, die Charakterzeichnungen und der liebevolle, leicht augenzwinkernde Ton der Illustrationen führt zu einem hohen Level an Immersion und ist bis in das letzte Icon hinein unglaublich stimmig.

Zuletzt kommen die Regelmechanismen hinzu. Das Buch nutzt eine ganze Reihe an verschiedenen Mechaniken, die nicht nur je nach Anspruch skaliert werden können, sondern sich durch die grafische Aufbereitung einfach gut anfühlen. Statt Schaden zu nehmen streichen wir Sicherungen ab, Geld wird durch Kreditkartensymbole dargestellt und Skills in Metalsymbolik dargestellt. Auf den ersten Blick mögen die zahlreichen unterschiedlichen Ressourcen überfrachtet wirken, noch nie zuvor hat es mir jedoch so viel Spaß gemacht Kästchen abzustreichen.
Neben dem vergleichsweise simplen Würfelmechanismus und Schicksalskarten sind regeltechnisch insbesondere die Gigs zu nennen. Die sind durch eigene Minispiele umgesetzt und übernehmen ein bisschen die Rolle der klassischen Kämpfe von Spielbüchern. Statt wie in der klassischen Fantasy bei misslungenen Proben oder Kämpfen in tote Enden zu geraten, ist Metal Heroes damit befasst unser Erlebnis zu individualisieren. Mittels der Regeln gestalten wir die Band nach unserem Geschmack und erleben Konsequenzen aus bestimmten Entscheidungen oder Ereignissen anstatt vor verschlossenen Türen zu enden. Genau so muss das sein!

Auch auf die Gefahr mich zu wiederholen: Das Buch stellt ein rundes, liebevolles und absolut hochwertiges Produkt dar, das nicht nur Metalfans in seinen Bann ziehen dürfte, sondern wirklich jeden der oder die sich für Spielbücher begeistern kann!

Ausführlicher hier: http://neueabenteuer.com/metal-heroes/

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