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Nuigurumi

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Insgesamt 67 Bewertungen
Bewertung vom 17.06.2016
I Am Death. Der Totmacher / Detective Robert Hunter Bd.7
Carter, Chris

I Am Death. Der Totmacher / Detective Robert Hunter Bd.7


gut

Ich habe alle Bücher von Chris Carter gelesen. Der letzte Band, der mir am besten gefallen hat, war ja etwas anders als die anderen, aber diesmal ist der Autor zu seinem normalen Schema zurückgekehrt. Normalerweise gefällt mir an seinen Büchern die wachsende Spannung, wenn die Täter ihre psychologischen Spielchen mit Robert Hunter treiben, und die Teamarbeit von Hunter und seinem Partner Carlos Garcia. Beides habe ich in diesem Buch vermisst; es ist ein lauwarmer Aufguss aller vorherigen Bände.

In Los Angeles entführt und ermordet ein Serientäter junge Frauen, nachdem er sie vorher auf brutalste Weise gefoltert hat. Jedes Mal hinterlässt er auf makabre Weise seine Signatur "Ich bin der Tod". Bald fängt er auch an, auf verschiedenen Wegen mit der Polizei zu kommunizieren, und das Merkwürdige daran ist, dass er hofft, er möge bald gefasst werden, damit die Morde aufhören können…

Das Schema ist haargenau dasselbe wie in den Bänden 1-5, aber hier fehlt so viel, was das Besondere der anderen Bücher ausmachte. Abgesehen von den Beschreibungen der Folterungen und Morde, wo Chris Carter an Fantasie ja noch nie zu übertreffen war, hatte ich das Gefühl, das alles schon mal in anderen Büchern gelesen oder in Filmen gesehen zu haben.

Obwohl ich fand, dass Hunter und Garcia diesmal mehr auf einer Ebene agierten, nachdem sonst ja immer Hunter der Überlegene war, ist von Garcia kaum etwas zu merken. Von beiden erfährt man nichts vom Privatleben, was für mich in so einer Serie auch dazugehört. Und richtige Ermittlungsarbeit ist eigentlich auch nicht erkennbar; Hunter hat eher immer irgendwelche Ahnungen, die sich dann (natürlich) als richtig herausstellen.

Am meisten hat mich die Auflösung des Falls enttäuscht, da der Autor in diesem Buch ein stilistisches Mittel benutzt, das ich nicht mag und von dem ich mich immer hinters Licht geführt fühle – aber das sieht wahrscheinlich jeder Leser anders.

Das Buch ist nicht schlecht, es ist ein spannender, handwerklich gut gemachter Thriller, aber es reicht an Carters vorherige Bücher einfach nicht heran.

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Bewertung vom 13.06.2016
Die Reise der Amy Snow
Rees, Tracy

Die Reise der Amy Snow


sehr gut

Ich mag historische Romane, aber bei diesem hat mich die Beschreibung zunächst etwas abgeschreckt: Amy Snow wurde als Baby ausgesetzt und von Aurelia, der Tochter der adligen Familie Vennaway gefunden. Die Eltern wollen das Baby sofort ins Waisenhaus geben, wo es ihrer Meinung nach hingehört, aber Aurelia besteht darauf, dass sie bleibt. Die beiden Mädchen werden beste Freundinnen, doch Aurelia stirbt sehr jung. Nach ihrem Tod lässt sie Amy einen Brief zukommen, in dem sie sie auf eine "Schatzsuche" schickt. In diesem Brief steht ein "Code", den nur Amy entschlüsseln kann, um dann den nächsten Brief mit dem nächsten "Code" zu finden - das hat sich für mich nicht nach historischem Roman angehört, eher nach Fantasy oder Spionage-Thriller…

Doch schon nach wenigen Seiten war ich überzeugt, denn ich war bereits tief ins viktorianische England eingetaucht, das die Autorin mit ihrer Sprache und ihren Beschreibungen perfekt vermittelt. Durch die Briefe lernt der Leser Aurelia kennen und auch Amy lernt dadurch eine "neue" Aurelia kennen, von der sie nicht wusste, dass sie existierte. Aurelia hatte ein Geheimnis und zu dessen Lösung will sie Amy mit Hilfe der Briefe führen. Zugegeben, für Leser im 21. Jahrhundert ist es bald offensichtlich, was Aurelias Geheimnis ist, aber da man keine Details weiß, mindert das die Spannung nicht. Abgesehen davon, dass Aurelia Amy zu ihrem Geheimnis führen will, möchte sie mit ihren Briefen auch erreichen, dass Amy endlich anfängt richtig zu leben. Bisher war sie als Aurelias Freundin im Haus ihrer Eltern nur geduldet und hat weder in die Welt der Reichen noch in die der Dienstboten gehört. Dass sie nun als Frau alleine auf Reisen geht, widerspricht auch den Konventionen der Zeit. Mit Aurelias Hilfe findet sie Freunde und Unterstützung und trotzdem überkommen sie oft Zweifel, ob diese Suche es letztendlich wirklich wert ist…

Das ist der Punkt, der zum Sternabzug bei mir geführt hat: das Buch ist mit fast 500 Seiten zu lang; ein Großteil der Seiten ist damit ausgefüllt, dass Amy nicht weiß, was sie machen soll und ob sie überhaupt weitermachen soll. Nach einem fesselnden Anfang verliert das Buch an Tempo und wiederholt sich sehr oft. Zum Teil lösen sich Amys Probleme auch zu schnell von selbst und durch Zufall, das hat mich auch etwas gestört.

Die Beschreibungen sowohl der verschiedenen Charaktere als auch der viktorianischen Zeit wären allerdings fünf Sterne wert. Allein durch ihre Briefe hat man das Gefühl Aurelia zu kennen, Amys neue Freunde in Twickenham sind einfach nur entzückend und an der exzentrischen Mrs Riverthorpe kommt niemand vorbei. Die Autorin hat sehr gut und viel recherchiert und versetzt den Leser in eine anderen Zeit und Welt.

Trotz der Länge ein wirklich schönes Buch und obwohl es um die üblichen Themen geht – beste Freundinnen, Liebe, arme Frau in der Welt der Reichen - ein ungewöhnlicher historischer Roman.

Bewertung vom 07.06.2016
Die Frauen von La Principal (Restexemplar)
Llach, Lluis

Die Frauen von La Principal (Restexemplar)


ausgezeichnet

"Die Frauen von La Principal" - das sind drei Generationen von Frauen, die ein großes Weingut in Katalonien führen. Die Erzählung springt zwischen den Zeiten hin und her, wobei die Tatsache, dass die Frauen in jeder Generation Maria heißen, das Verständnis nicht unbedingt fördert. Sie beginnt 1893, als die einzige Tochter des Großgrundbesitzers den Besitz erbt, der wegen einer Reblausplage dem Untergang geweiht zu sein scheint, und endet im Jahr 2001, als die 60-jährige Enkelin dieser Erbin die Wahrheit über gewisse Ereignisse in ihrer Familie erfährt…

1936 geschah ein Mord in Pous, dem Ort, zu dem die Principal gehört. Der junge Polizeibeamte Recader wurde hingeschickt, um den Fall aufzunehmen, konnte aber nicht lange ermitteln, da der Spanische Bürgerkrieg dazwischenkam. 1940 ist er zum Inspektor aufgestiegen und bittet seinen Chef, diesen Fall endliche lösen zu dürfen. Recader ist mit Leib und Seele Polizist und hat viele seiner Methoden aus den englischen Kriminalromanen gelernt, die seine Mutter immer las. Seine Ermittlungen und Gedanken stoßen nicht überall auf Verständnis, sind aber unterhaltsam zu lesen.

Den Mordfall kann Recader nur lösen, wenn er die Hintergründe kennt, und so erzählt ihm die alte Amme Úrsula nach und nach die Geschichte der Principal und ihrer Frauen…

Ich habe lange überlegt, ob ich dem Buch vier oder fünf Sterne gebe, da es einige Längen hat. Während Recader seine Ermittlungen durchführt, ist die Handlung voller Elan und Spannung, doch Úrsulas Geschichte, so interessant sie auch ist, lähmt den Lesefluss etwas. Dafür entschädigt dann aber wieder die poetische und ausdrucksstarke Sprache des Autors (und der Übersetzerin!), daher habe ich mich für fünf Sterne entschieden.

Die wenigen Seiten, die in der Gegenwart spielen, fand ich etwas zu nüchtern verglichen mit der Vergangenheit, aber früher war das Leben auf der Principal auch einfach bunter und vielfältiger und vor allem lebten dort damals viel mehr Personen.

"Die Frauen von La Principal" ist ein ungewöhnliches Buch, sowohl vom Inhalt, Aufbau als auch von den Charakteren her, und es hat mich damit in seinen Bann gezogen. Meine Sympathien für die Charaktere wechselten auch ständig, da der Leser von jeder Person auch eine weniger nette oder angenehme Seite kennenlernt. Es gibt (fast) niemanden, der nur gut oder nur böse ist, und das hat mir gut gefallen. Ich hoffe, der Autor hat noch einmal so einen tollen Einfall für ein Buch, mit dem er uns in die Vergangenheit Kataloniens entführt.

Bewertung vom 31.05.2016
Hades / Eden Archer & Frank Bennett Bd.1
Fox, Candice

Hades / Eden Archer & Frank Bennett Bd.1


sehr gut

Dies ist der erste Band der Trilogie um die Geschwister Eden und Eric. Beide arbeiten bei der Mordkommission in Sydney. Wie es kam, dass sie zur Polizei gegangen sind und dass sie eine völlig andere Motivation dafür haben als andere Polizisten, wird in Rückblenden in ihre Kindheit erzählt.

Eden und Eric wurden von Hades, dem "Herrn der Unterwelt" Sydneys aufgezogen, nachdem er sie als Kleinkinder eigentlich "entsorgen" sollte. Hades ist der Chef der Mülldeponie und für einen angemessenen Preis entsorgt er alles… Die Eltern der Kinder wurden bei einem Überfall ermordet, aber die beiden haben überlebt und Hades nimmt sie auf und sie wachsen mit seinen Moral- und Wertvorstellungen auf. Doch ihre Vergangenheit hat sie geprägt und sie wollen Rache an den Tätern, die ihre Familie zerstört haben…

Frank Bennett wird Edens neuer Partner bei der Mordkommission. Schnell merkt er, dass die Zusammenarbeit mit Eden nicht immer einfach ist, da sie Geheimnisse hat und da Eric versucht, ihm das Leben schwer zu machen. In ihrem ersten gemeinsamen Fall jagen sie einen Serienkiller, der es auf die Organe seiner Opfer abgesehen hat.

Im Prinzip gibt es in diesem Buch drei Handlungsstränge: die Erzählung von Eden und Erics Kindheit, den aktuellen Fall und Franks Leben. Der Fall wird aus Franks Sicht erzählt, wodurch man ihn und sein ziemlich verkorkstes Leben besser kennenlernt. Außerdem ist er wie besessen davon, der mysteriöse Eden näher zu kommen…

Am interessantesten war für mich Eden und Erics Kindheit und welche Auswirkungen sie auf ihr heutiges Leben hat. Der Fall war zwar interessant, geriet aber etwas in den Hintergrund. Ich hätte gerne mehr über den Täter erfahren, von dem nur einige Kindheitserlebnisse beschrieben sind, und darüber, wie er dazu kam, diese Morde zu planen und auszuführen. Frank ging mir auf die Nerven mit seinem Selbstmitleid, da er sich das Meiste, was in seinem Leben schiefgelaufen ist, selbst zuzuschreiben hat.

Eden steht in diesem ersten Band definitiv im Mittelpunkt und das macht das Besondere des Buches aus, obwohl sie mir etwas zu perfekt ist: sie sieht zu jeder Tages- und Nachtzeit aus wie ein Model – egal wieviel Schlaf sie hatte -, ist künstlerisch begabt und intelligent. Das ist irgendwie zuviel.

So ganz gelungen fand ich die Mischung der drei Perspektiven nicht, weswegen ich dem Buch "nur" vier Sterne gebe, aber "Hades" ist auf jeden Fall ein spannender Krimi mit interessanten Protagonisten und einem ungewöhnlichen Hintergrund. Ich bin gespannt, wie es weitergeht und ob die Vergangenheit Eden und Eric irgendwann einholt...

Bewertung vom 31.05.2016
Eigentlich bist du gar nicht mein Typ
Bell, Anna

Eigentlich bist du gar nicht mein Typ


sehr gut

Im Original heißt dieses Buch "The bucket list to mend a broken heart", denn in englischsprachigen Ländern sind "bucket lists" sehr beliebt (schließlich gibt es dort ja sogar ein eigenes Wort dafür…!).

Abis Freund Joseph hat vor kurzem mit ihr Schluss gemacht mit der Begründung "ich glaube nicht, dass wir die gleichen Dinge vom Leben wollen". Als er ihr eine Kiste mit ihren Sachen, die noch in seiner Wohnung waren, vor die Tür stellt, findet Abi dort Josephs "bucket list", nämlich eine Liste mit 10 Dingen, die er vor seinem 40. Geburtstag getan haben möchte. Auf der Liste sind mehrere Aktivitäten, die Abenteuerlust und Sportlichkeit voraussetzen, zwei Eigenschaften, die Abi nicht hat und die ihr bei Joseph eigentlich auch nie so aufgefallen sind.

Obwohl Abi völlig unsportlich ist und ihr vor allem der letzte Punkt – Abseilen vom höchsten Turm der Stadt – Albträume bereitet, beschließt sie, Josephs Liste zu verwirklichen. Wenn Joseph sieht, dass sie alle Dinge macht, von denen er träumt, muss er doch erkennen, wie gut sie zusammen passen und zu ihr zurückkommen!

In dem Moment, wo Abi beginnt, die Liste in Angriff zu nehmen, ist schon klar, wie das Buch endet. Aber das macht nichts, weil es einfach Spaß macht Abi auf ihrem Weg zu begleiten. Auch Abis Freunde sind vorhersehbar: da gibt es die beste Freundin, die kein Blatt vor den Mund nimmt, aber immer für sie da ist; den verständnisvollen Kollegen; die neue, junge Kollegin, die es auf Abis Position abgesehen zu haben scheint und die den Chef um ihren kleinen Finger wickelt, und nicht zuletzt den zuverlässigen männlichen Freund, der als Einziger den wahren Grund für Abis ungewöhnliche Liste, die gar nicht zu ihr passt, kennt.

Das Buch ist in typischer Chick-lit-Manier geschrieben – man mag das oder man mag es nicht. Ich mag es, daher gebe ich vier Sterne, denn hier haben wir Chick-lit vom Feinsten. Es ist ein Buch, das der Leserin ein gutes Gefühl gibt und mit dem man sich für ein paar Stunden in eine andere Welt zurückziehen kann. Und ich glaube, ich verrate nicht zuviel, wenn ich sage, dass Abi am Ende natürlich ihr Glück findet…

Bewertung vom 29.05.2016
Mörderische Wahrheiten / Carlotta Fiore Bd.2
Prammer, Theresa

Mörderische Wahrheiten / Carlotta Fiore Bd.2


gut

"Mörderische Wahrheiten" ist der 2. Band der Autorin, in dem Carlotta ("Lotta") Fiore in einen Mordfall verwickelt wird. Glücklicherweise hatte ich den 1. Band "Wiener Totenlieder" – der mit einem Cliffhanger endet, an den der 2. Band anschließt – kurz vorher gelesen. Das kann ich jedem Leser nur empfehlen, da man meiner Meinung nach die vielen Anspielungen auf Carlottas Vergangenheit, auf den 1. Fall und ihre Beziehung zu den meisten anderen Personen im 2. Band sonst nicht versteht.

Dann hat man es aber mit einem außergewöhnlichen Kriminalfall zu tun: in Wien werden mehrere Teenager auf dieselbe Weise ermordet wie in einer Mordserie vor zwanzig Jahren, auch die DNA des damaligen Täters wird an den Tatorten gefunden. Das Problem ist nur, dass der Täter von damals nach einer langen Zeit im Gefängnis vor kurzem gestorben ist…

Konrad Fürst war vor zwanzig Jahren der Hauptermittler in dem Fall und sein Vorgesetzter Krump setzt auf sein Wissen und seine Erinnerungen – nur leider ist Konrad gerade aus einem monatelangen Koma aufgewacht und kann sich an nichts erinnern. Krump setzt Lotta darauf an, Konrad so schnell wie möglich dazu zu bringen, sich wieder zu erinnern und an dem Fall mitzuarbeiten. Lotta möchte aus anderen Gründen, dass Konrads Erinnerungen zurückkommen, da sie am Ende des letzten Falles erfahren hat, dass Konrad ihr Vater ist, vor seinem Unfall aber nicht mehr mit ihm darüber reden konnte. Lotta ist zwar eigentlich Kaufhausdetektivin, nachdem sie bei der Polizei nicht angenommen wurde, hat aber durch ihren Freund Hannes schon im letzten Fall mitermittelt. Sie stellt auch bald fest, dass sie in ihrer Kindheit Kontakt mit der Familie des damaligen Täters hatte und kann in ihren Nachforschungen daran anknüpfen.

Also zieht Lotta mit ihrem kleinen Sohn in Konrads Wohnung und holt Konrad zu sich nach Hause. Das Zusammenleben mit einem kleinen Kind und einem Mann ohne Gedächtnis, der die einfachsten Dinge neu lernen muss (und dann sofort wieder vergisst) ist gelinde gesagt chaotisch. Lotta will den Fall auch so schnell wie möglich lösen, damit Krump aufhört, Konrads Genesung zu behindern. In ihrem Bemühen verursacht Lotta immer mehr Chaos und begibt sich immer wieder in Gefahr…

Ich fand den Fall und letztendlich auch seine Lösung sehr interessant, aber leider etwas zu chaotisch und teilweise für einen Krimi auch zu spannungsarm. Wie schon im letzten Band stört mich, dass man nicht merkt, dass die Handlung in Wien spielt. Abgesehen von den Wiener Ortsnamen gibt es überhaupt kein Lokalkolorit, was ich sehr schade finde.

Die Charaktere in dem Buch sind definitiv gewöhnungsbedürftig, allen voran Carlotta. Sie ist sehr impulsiv und viele ihrer Handlungen kann man nicht nachvollziehen. Einerseits hat mich das gestört, andererseits ist es ja eigentlich normal. Die meisten Handlungen normaler Menschen im täglichen Leben sind auch nicht unbedingt nachvollziehbar, da kann man es auch nicht von Romanfiguren erwarten. Konrads Vorgesetzter Krump ist mir zu extrem, in allem, was er macht, und Lottas Freund Hannes, der auch der Vater ihres Kindes ist, bleibt eine Randfigur. Zu Konrad, der mir im ersten Band am sympathischsten war und der für mich meistens die Stimme der Vernunft war, kann man in diesem Band verständlicherweise nicht viel sagen.

Die Autorin schreibt an einem 3. Teil dieser Serie. Ich werde ihn wohl lesen, um zu sehen, wie es mit Konrad und Lotta weitergeht, aber so gespannt auf den nächsten Band wie nach "Wiener Totenlieder" bin ich leider nicht mehr.

Bewertung vom 15.05.2016
Waidmannstod / Kommissar Voss Bd.1
Leo, Maxim

Waidmannstod / Kommissar Voss Bd.1


ausgezeichnet

Kommissar Daniel Voss ist der Anti-Kommissar im Vergleich zu den meisten anderen fiktiven Kommissaren: er ist kein Macho – im Gegenteil, er hatte mit 43 Jahren erst eine richtige Beziehung mit einer Frau und die hat auch nur ein paar Monate gehalten. Er redet nicht gerne, sondern denkt lieber. Und er wohnt seit Neuestem wieder in seinem alten Kinderzimmer.

Eigentlich wollte er nur übergangsweise wieder bei seiner Mutter einziehen, aber im Laufe des Buches findet er doch immer wieder Gründe, nicht nach einer eigenen Wohnung zu suchen. Einer davon ist Maja, die polnische Pflegerin seiner Mutter, die im Haus wohnt. Sie nimmt großem Anteil an seiner Arbeit und er weiß nicht so genau, in welcher Beziehung sie eigentlich zueinander stehen…

Seine neuen Kollegen in Brandenburg wissen auch nicht so genau, was sie von ihm halten sollen; so einen introvertierten, zurückhaltenden Chef hatten sie noch nie. In Stuttgart war Voss ein normaler Kommissar, jetzt leitet er eine Abteilung und weiß nicht, wie das geht. Er wehrt sich aber auch gegen „Seminare für Führungskräfte“, da er schlechte Erfahrungen mit Team-Building gemacht hat.

Für seine neuen Kollegen ist er ein Wessi, die meisten wissen nicht einmal, dass er den Wald, in dem die Morde ihres neuesten Falles geschehen, aus seiner Kindheit wahrscheinlich besser kennt als sie selbst. Er kennt auch die meisten Verdächtigen von früher, denn da der erste Tote nach einer Jagd gefunden wird, sind zunächst einmal alle Jäger, die teilgenommen haben, verdächtig, und das sind zum größten Teil ehemalige Freunde und Schulkameraden. Er lernt aber auch eine für ihn neue Seite seiner alten Heimat kennen: Grundstücksspekulation, umstrittene Windkraftparks, subventionierte Bauprojekte, die als Bauruinen enden, und wohlhabende Großstadtbewohner, die ländliche Idylle suchen.

Voss, der in Brandenburg aufgewachsen, aber zur Ausbildung nach Stuttgart gegangen und bis zum Tod seines Vaters dort geblieben ist, denkt nach seiner Rückkehr viel über Gegenwart und Vergangenheit nach und darüber, wie sich Brandenburg verändert hat, und über Ossis und Wessis, da er beide Seiten kennt. Weder mit DDR-Nostalgikern noch mit Besser-Wessis kann er viel anfangen (obwohl der das natürlich immer nur denkt und nicht sagt).

Mir hat „Waidmannstod“ gut gefallen, obwohl oder weil es kein typischer Krimi ist. Der Fall ist interessant, aber nicht besonders spannend aufgebaut. Dafür ist Voss ein zu ruhiger Typ. Seine Gedanken und Überlegungen nehmen einen großen Teil des Buches ein. Bis kurz vor Ende des Buches war ich mir nicht sicher, ob ich Voss gerne persönlich kennen lernen möchte oder nicht. Er ist wirklich ein etwas schwieriger Mensch und als Leser kann man die Probleme, die sein Team mit ihm hat, gut verstehen. Am Ende fand ich ihn aber sympathisch. Er ist einer dieser Menschen, die man besser kennen muss, um sie zu verstehen und zu mögen, und nach und nach habe ich seine Denkweise verstanden und Mitleid mit ihm gehabt, wenn er als Chef mal wieder ins Fettnäpfchen getreten ist…

Bewertung vom 04.04.2016
Die Strömung / Olivia Rönning & Tom Stilton Bd.3
Börjlind, Cilla;Börjlind, Rolf

Die Strömung / Olivia Rönning & Tom Stilton Bd.3


ausgezeichnet

Das Autorenduo Cilla und Rolf Börjlind schreibt normalerweise Drehbücher, wenn es nicht an dieser Serie um Oliva Rönning und Tom Stilton schreibt. Auch bei diesem Band merkt man das gleich wieder auf den ersten Seiten, wo filmreif beschrieben wird, wie sich 2005 in Stockholm vier Männer treffen, die ein "Neues Reich" gründen wollen. Am Ende ihres Barbesuchs geschieht etwas, aber der Leser weiß nicht, was es ist, denn wie schon in den ersten beiden Büchern wird dieses Ereignis erst viel später im Buch wieder aufgenommen..

Olivia hat sich für sechs Monate als Streifenpolizistin in einem kleinen Ort verpflichtet, um ihrem Freund Ove näher zu sein – nur leider geht Ove jetzt nach zwei Monaten nach Costa Rica… Besonders wohl fühlt Olivia sich an ihrem neuen Arbeitsplatz nicht, da die meisten ihrer Kollegen kein Hehl aus ihrer Abneigung gegen Ausländer und alle Menschen, die "anders" sind, machen. Dann wird in ihrem Revier ein kleines Mädchen ghanaischer Herkunft ermordet, einige Tage später ein halbkurdischer Junge auf dieselbe Weise in Stockholm. Die Polizei rätselt, wo der Zusammenhang liegen könnte. Ist es nur die Herkunft der Kinder? Plötzlich tauchen Spuren zu einem Selbstmord und einem alten Mordfall auf und der Fall wird immer verworrener. Es ist dieser alte Mordfall, der für Tom Stilton zur Lebensaufgabe geworden ist, daher arbeitet er mit Olivia zusammen, obwohl er eigentlich nicht mehr mit der Polizei zusammenarbeiten wollte.

Die beiden Autoren verstehen es sehr gut, vom ersten Satz an eine besondere Atmosphäre zu schaffen. Ich habe bei ihren Büchern immer das Gefühl, im Kopf einen Film zu sehen. Dazu ist die Handlung sehr vielschichtig und daher nicht vorhersehbar. "Die Strömung" hat mir wieder sehr gut gefallen, allerdings hat das Buch weniger Tempo als die beiden ersten Bände; dafür geht es diesmal inhaltlich tiefer. Es ist aber trotzdem spannend und ich wollte immer wissen, wie es weitergeht und war überrascht von den plötzlichen Wendungen.

Die Handlung spielt 2013 und ist beklemmend aktuell. Es erscheint unglaublich, welche Dimensionen Nationalismus und Ausländerhass annehmen können und man mag gar nicht glauben, dass dieses rechtsradikale Gedankengut in Schweden (und anderen europäischen Ländern) so verbreitet und auch gesellschaftsfähig ist. Insofern ist das Buch, abgesehen davon, dass es ein spannender Krimi ist, auch gesellschaftskritisch und regt zum Nachdenken über dieses Thema an.

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