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Bookfairy

Bewertungen

Insgesamt 70 Bewertungen
Bewertung vom 14.07.2025
Mason, Simon

Ein Mord im November - Ein Fall für DI Wilkins


ausgezeichnet

Ich mag englische Krimiserien mit gegensätzlichen Ermittlerpaaren und der Auftakt zu dieser neuen Serie hat mir gut gefallen. Dabei geht es sehr langsam (zu langsam…) los: der Autor beschreibt den Abend, der mit dem Fund einer Leiche endet, bis ins kleinste Detail, sowohl was die Personen und ihre Aktivitäten betrifft als auch die Umgebung des altehrwürdigen College in Oxford. Doch ich bin froh, dass ich durchgehalten habe, denn in dem Moment, wo die Ermittlungen beginnen, gewinnt das Buch an Tempo und Spannung.

Das ungleiche Ermittlerduo sind DI Ryan Wilkins und DI Ray Wilkins. Natürlich kommt es aufgrund der ähnlichen Namen zu Verwirrungen und Ray, der aus einer angesehenen Familie kommt und selbst Oxford-Absolvent ist, fragt sich, wie jemand wie Ryan, der in einem Trailer-Park am Rande von Oxford aufgewachsen ist und auch nicht versucht, seine Herkunft zu überspielen, bei der Polizei landen und zu seinem Partner werden konnte.

Letztendlich lösen sie den Fall gemeinsam und werden fast so etwas wie Freunde, aber mit dem Ende des Buches lässt sich der Autor viel Spielraum für nachfolgende Bände und ich muss sagen, dass ich neugierig bin, wie es mit den beiden weitergeht. Auch die Frage, die Ray sich stellt, wie Ryan so jung schon Detective Inspector geworden ist und wie er überhaupt zur Polizei kam, bleibt offen, und ich freue mich schon auf den nächsten Band.

Bewertung vom 07.07.2025
Willbrand, Klaus; Razumovych, Daria

Einfach Literatur (eBook, ePUB)


sehr gut

Da ich lieber lese als Videos auf Social Media sehe, kannte ich Klaus Willbrand bisher nicht. Doch schon nach dem ersten Kapitel des Buches wusste ich, dass ich ihn sehr gerne kennengelernt hätte, und sein Tod hat mich berührt.

Dieses Buch ist im wahrsten Sinne des Wortes generationenübergreifend: Klaus Willbrand ist es vor allem ein Anliegen, die junge Generation zum Lesen anzuregen, und um sie zu erreichen, hat er sich mit Daria Razumovych, einer jungen Germanistin und Social-Media-Expertin, zusammengetan. Da das Buch bei seinem Tod im Januar 2025 noch nicht beendet war, hat sie es alleine weitergeschrieben, wobei sie Ton- und Videoaufnahmen und lange Gespräche mit Klaus Willbrand als Grundlage hatte.

Das Buch besteht aus zwei Teilen: in einigen Kapiteln erzählt Klaus Willbrand aus seinem Leben, in dessen Mittelpunkt immer die Bücher standen, und er erklärt, was Bücher und Literatur für ihn ausmachen und ihm bedeuten. Diese Kapitel haben mir sehr gut gefallen. Am eindrucksvollsten fand ich jedoch die Einleitung und die „Worte zum Schluss“, die Daria Razumovych geschrieben hat. Durch sie hatte ich den Eindruck, Klaus Willbrand tatsächlich kennenzulernen.

Der zweite Teil des Buches besteht aus kurzen Kapiteln zu einzelnen deutschen, angloamerikanischen und französischen Schriftstellern. Das hat mich interessiert, da ich bisher wenig Zugang zu „Literatur“ gefunden habe, aber leider wurde ich etwas enttäuscht. Mit einigen deutschen Autoren befasst Klaus Willbrand sich ausführlicher, weil sie ihm entweder viel bedeuten („Der Zauberberg“ von Thomas Mann war sein Abitur-Thema) oder weil er sie persönlich kannte, wie z. B. Heinrich Böll oder den mir unbekannten Rolf Dieter Brinkmann. Bei einem Großteil der Autoren stehen aber nur Fakten und Listen ihrer Buchtitel, so wie man sie auch in einem Literaturlexikon finden kann. Vielleicht war es ja gedacht, dass dort auch noch persönliche Gedanken hinzugefügt werden und es war durch Klaus Willbrands Tod nicht möglich, aber für mich fehlt in diesem sonst sehr persönlichen Buch dadurch etwas.

Bewertung vom 04.07.2025
Runcie, Charlotte

Standing Ovations (eBook, ePUB)


sehr gut

Alex Lyons ist ein Journalist, dessen Theaterkritiken gefeiert und gefürchtet werden. Er sieht keinen Grund, Dinge schönzureden, und 1-Sterne-Kritiken sind bei ihm keine Seltenheit. Natürlich schickt ihn seine Londoner Zeitung zum Edinburgh Fringe, einem der weltweit größten Kunst- und Kulturfestivals, wo er am ersten Abend die Show von Hayley Sinclair sieht, der er sofort eine 1-Sterne-Kritik verpasst. Doch dann trifft er Hayley in einer Bar und die beiden verbringen die Nacht zusammen, bis Hayley am nächsten Morgen die Kritik von Alex in der Zeitung sieht…

Die Geschehnisse werden aus der Sicht von Sophie erzählt. Sie ist eine Kollegin von Alex und die beiden teilen sich während des Festivals eine Wohnung. Als Hayley Alex öffentlich anprangert und eine virale Sensation wird, erfahren wir durch Sophie, wie Alex darauf reagiert und auch, was für ein Mensch er eigentlich ist und was ihn geprägt hat.

Der Anfang des Buches hat mir sehr gut gefallen und Hayleys Reaktion auf Alex‘ Kritik fand ich genial – damit hatte ich nicht gerechnet. Was mich gestört hat, ist, dass nach einer Weile Sophie und ihre eigenen Probleme immer wichtiger werden und die Hayley/Alex-Story oft seitenlang nicht erwähnt wird.

Und nach dieser Lektüre soll ich nun selbst Sterne vergeben, obwohl es in dem Buch darum geht, wie schwierig und oft subjektiv oder gedankenlos diese Art der Bewertung ist. Ich gebe vier Sterne, weil das Buch mit unerwarteten Wendungen interessant und unterhaltsam geschrieben ist und viele Probleme der modernen Welt und der Kulturszene beleuchtet. Allerdings schweift die Autorin am Ende mit Sophies Geschichte – die zwar auch interessant ist, aber nicht so richtig zum Thema passt – zu sehr ab.

Bewertung vom 05.03.2017
Ferrante, Elena

Die Geschichte eines neuen Namens / Neapolitanische Saga Bd.2


sehr gut

Hin- und hergerissen...

… zwischen ihren Gefühlen und ihrer Freundschaft zu Lila ist nicht nur Lenù in diesem zweiten Band der neapolitanischen Saga, sondern hin-und hergerissen war auch ich beim Lesen und bin es jetzt beim Bewerten.

Nachdem der erste Band mit einem Cliffhanger zu Lilas Hochzeit geendet hat, geht es nahtlos mit Lilas und Stefanos Hochzeitsreise weiter. Dann folgt der Ehe-Alltag, für den Lila absolut nicht geeignet ist, und Lenù lernt immer weiter, geht aufs Gymnasium, später zur Uni. Lila ist eifersüchtig auf Lenù, was zu einigen sehr hässlichen Szenen führt, aber selbst Lenù versteht irgendwann, wie schlecht es Lila in ihrer Ehe geht. In Lenùs Leben geht es weiterhin hauptsächlich darum, beim Lernen immer die Beste zu sein, da alles über Stipendien geht und sich in einer Welt zurechtzufinden, die weiter vom Rione entfernt ist, als sie es sich je vorgestellt hätte…

Im Gegensatz zum ersten Band, der relativ dünn war, hat dieses Buch über 600 Seiten, was Fluch und Segen zugleich ist. Einerseits taucht man als Leser dadurch völlig ins Geschehen ein und hat wirklich das Gefühl, die beiden Frauen gut kennenzulernen; andererseits zieht die Autorin einige Dinge künstlich in die Länge und es gibt sehr viele Wiederholungen, vor allem was Lenùs Gedanken und Gemütszustand betrifft.

Die Handlung an sich finde ich interessant und es ist sehr informativ die italienische Gesellschaft der 60er Jahre aus Lenùs und Lilas Sicht zu sehen. Manchmal gingen mir die beiden total auf die Nerven, wenn sie sich mal wieder monatelang ignoriert haben, aber dann gab es auch wieder sehr schöne Freundschaftsmomente.

Ich bin definitiv nicht im Ferrante-Fieber und habe lange zwischen 3 und 4 Sternen geschwankt. Aber letztendlich habe ich mich für 4 Sterne entschieden, da es trotz aller Längen und Wiederholungen einige wunderschöne Stellen und Gedanken gibt und weil ich zugeben muss, dass das Buch eine ganz eigene besondere Atmosphäre hat, wie sie nur wenige Romane haben.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.01.2017
Tremayne, S. K.

Stiefkind


weniger gut

Ein Psychothriller, der in Cornwall spielt – diese Beschreibung lässt mein Leserherz höherschlagen. Dann die ersten Kapitel: Rachel, eine junge Frau aus zerrütteten Verhältnissen (die sie verheimlicht), hat gerade einen älteren reichen Mann geheiratet. Die erste Ehefrau von David ist vor nicht allzu langer Zeit unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen, wobei ihre Leiche nie gefunden wurde, es gibt einen 8-jährigen Sohn Jamie und Davids Mutter wohnt auch in dem großen alten Anwesen Carnhallow House. Mehr als eine Anspielung auf DuMauriers "Rebecca" also, aber auch das hat meine Erwartungen eher noch gesteigert.

Rachel zieht ins Carnhallow House und versucht, die Arbeit von Davids erster Frau Nina fortzuführen, nämlich das Haus historisch korrekt zu restaurieren. Bei ihren Nachforschungen zum Haus trifft sie auch auf Ungereimtheiten mit Ninas Tod. Dass Jamie davon überzeugt ist, dass seine Mutter noch lebt, vertieft Rachels Unbehagen. Gleichzeitig ist es David nicht recht, dass Rachel sich mit Ninas Tod befasst, so dass sie bei ihm keine Unterstützung findet.

Nach den ersten vielversprechenden Kapiteln, als Rachel nach Cornwall zieht und sich einlebt, war es das dann auch schon für mich. Die eigentliche Handlung war konfus und konstruiert (vom Ende ganz zu schweigen), die Charaktere waren nicht nur durchweg unsympathisch, sondern auch hölzern und wandelnde Klischees. Dazu kamen endlose Beschreibungen der Landschaft und vor allem der Minen und ihrer Geschichte, wo ich irgendwann nur noch dachte "ja, ja, ich weiß es jetzt, danke, ich kann es mir vorstellen…!"

Ich habe das Buch bis zum Ende gelesen, denn ich hoffe bei schlechten Büchern ja immer noch, dass vielleicht noch irgendetwas Interessantes kommt, aber dieses Buch war leider bis zur letzten Seite eine Enttäuschung.

Bewertung vom 28.01.2017
Callaghan, Helen

DEAR AMY - Er wird mich töten, wenn Du mich nicht findest


weniger gut

"Dear Amy" ist wieder mal ein sogenannter "Psycho-Thriller" im Stil von "Gone Girl", "Girl on the Train" und "Boy in the Park". Gehören die Bücher in dieses Genre, weil die Protagonisten psychisch krank sind? Denn ein Thriller ist dieses Buch nicht, stattdessen muss sich der Leser durch Seite um Seite von Gedanken einer psychisch kranken Frau quälen, die es nicht für nötig hält, ihre Medikamente zu nehmen…

Das Buch fängt gut an: die 16-jährige Katie verschwindet, aber da sie Probleme mit ihrem Stiefvater hatte, ist die Polizei nicht sicher, ob es sich um ein Verbrechen handelt oder ob sie weggelaufen ist. Der Fall beschäftigt auch Katies Lehrerin Margot. Margot ist nebenher Kummerkastentante einer Zeitung und erhält einen Brief von einem Mädchen, das vor 20 Jahren verschwunden ist. Sie ist davon überzeugt, dass die beiden Fälle miteinander in Verbindung stehen. Ein Kriminologe von der Universität interessiert sich für auch für die Fälle und bezieht Margot in die Ermittlungen ein, wodurch sie sich immer mehr in die Fälle hineinsteigert und auch selbst in Gefahr gerät.

Am Anfang wirkt Margot sehr kompetent und sympathisch, aber das ändert sich leider schnell. Ich habe selten eine Protagonistin erlebt, die so wenig weiß, was sie tut und was sie will und was sie überhaupt denkt. Nach etwa der Hälfte des Buches erfährt der Leser, dass Margot schon mehrmals wegen psychischer Probleme im Krankenhaus war und eigentlich regelmäßig Medikamente nehmen muss. Sie behauptet aber, das wären "Schlaftabletten", die sie im Moment nicht braucht.

Zusätzlich zu den Ermittlungen lebt Margot in Scheidung von ihrem Mann und verliebt sich sofort in den nächstbesten Mann, den sie kennenlernt (und er natürlich auch in sie, obwohl er es schon aufgrund seines Berufes besser wissen sollte).

Nach dem guten Anfang wird die Handlung völlig konstruiert und die Auflösung ist wie in den oben erwähnten Büchern an den Haaren herbeigezogen. Jeder Leser, der in seinem Leben schon ein paar gute Krimis und Thriller gelesen hat, muss sich einfach langweilen. Im Prinzip geht es nur um die psychisch labile Margot, die ihre Krankheit nicht eingestehen will – die Handlung ist nur schmückendes Beiwerk.

Bewertung vom 29.11.2016
Felenda, Angelika

Wintergewitter / Kommissär Reitmeyer Bd.2


ausgezeichnet

Die Ermittlungen in Kriminalfällen gingen in den 20er Jahren in München zwar sehr langsam voran, aber die Menschen waren immer in Bewegung. Das Geld war jeden Tag weniger wert, es herrschte Wohnungsnot und es gab kaum Nahrungsmittel. Die wenigen vorhandenen waren von schlechter Qualität - für normale Leute jedenfalls, wie man in diesem Roman schnell merkt. Diebstahl war das vorherrschende Kriminaldelikt und das, was die Menschen am meisten bewegte, da geriet ein Mord, zumal an einer namenlosen Schauspielerin, schnell mal ins Hintertreffen…

In diesen Zeiten werden Kommissär Reitmeyer und seine Kollegen zu einem Wirtshaus gerufen, in dessen Keller die Leiche einer jungen Frau gefunden wurde. Sie ist leicht angezogen und die Kneipengäste und der Kellner bestätigen, dass sie viel getrunken hat. Für sie ist klar, dass die Frau betrunken die Treppe hinuntergefallen und da sie ganz offensichtlich eine Prostituierte war, war es das. Doch Reitmeyer sieht das anders. Nicht nur, weil ihre Verletzungen nicht mit einem Sturz übereinstimmen, sondern auch, weil er sich plötzlich erinnert, die Frau schon einmal in einer Bar getroffen zu haben, wo sie ihm sagte, dass sie Angst habe und Schutz brauche. Da die Frau auch an jenem Tag angetrunken war, hatte Reitmeyer sie nicht weiter beachtet.

Auf der Suche nach dem Täter lernt Reitmeyer eine junge Frau kennen, die selbst ihre Schwester sucht. Die Wege der beiden kreuzen sich in der nächsten Zeit öfter, da sie sich im selben Milieu bewegen. Zum Teil helfen sie sich gegenseitig, zum Teil behindern und verdächtigen sie sich aber auch.

Wie schon der erste Band um Kommissär Reitmeyer "Der eiserne Sommer" hat auch dieses Buch eine ganz besondere Atmosphäre. Reitmeyer ist ein sehr sympathischer und menschlicher Ermittler. Gerade als weibliche Leserin schließt man ihn schnell ins Herz und wünscht ihm, dass er bald sein Glück findet. Nach dem Krieg leidet er an Panikattacken, die er zu verbergen versucht, um nicht als verrückt abgestempelt zu werden und vielleicht seinen Dienst aufgeben zu müssen. Sein "Team" besteht aus dem pessimistischen Steiger und Rattler, der nun nach dem Krieg wieder Polizeischüler ist und den beiden älteren Kollegen, vor allem Steiger, mit "modernen" Ermittlungsmethoden auf die Nerven geht.

Auch dieser Band ist für mich mehr ein historischer Roman als ein Krimi, was aber nicht abwertend gemeint ist. Hier steckt nur einfach so viel mehr drin als in einem normalen Krimi. Man merkt, dass die Autorin Geschichte studiert und sehr gut recherchiert hat, denn sie lässt den Leser diese schwierige Zeit mit dem aufkommenden Nationalsozialismus hautnah miterleben. Wie schon im ersten Band erkennt man die Macht des Militärs in allen Bereichen des Lebens und durch die Schilderungen der Lebensumstände versteht man viel besser als aus jedem Geschichtsbuch, wie Hitler an die Macht kommen konnte.

Diese Reihe um Kommissär Reitmeyer ist eine sehr gelungene Mischung aus sympathischen Figuren, polizeilichen Ermittlungen und historischen Fakten, die von der Autorin lebensnah beschrieben wird. Ich hoffe doch, dass es einen nächsten Band geben wird!

Bewertung vom 28.11.2016
Raabe, Melanie

Die Wahrheit


gut

2,5 Sterne für die gute Idee und den guten Anfang

Obwohl ich das erste Buch von Melanie Raabe nicht gelesen habe, war ich sehr gespannt auf dieses, da sich die Inhaltsangabe so gut angehört hat: Sarahs Mann Philipp ist vor sieben Jahren auf einer Südamerikareise verschwunden, wahrscheinlich wurde er entführt. Sarah ist gerade an dem Punkt angelangt, an dem wieder neu anfangen will mit einer neuen Frisur, vielleicht auch einem neuen Mann in ihrem Leben, denn mit einem Kollegen versteht sie sich sehr gut … da kommt die Nachricht: Philipp lebt und wird in wenigen Tagen zurückkehren! Sarah ist völlig verstört und weiß gar nicht, wie ihr geschieht. Noch verstörter ist sie, als sie am Flughafen merkt, dass dieser Mann, der sich als Philipp ausgibt, nicht ihr Mann ist. Doch niemand glaubt ihr…

So weit, so gut. Die Idee für die Handlung ist toll und der Anfang des Buches hat mich auch völlig überzeugt. Ich konnte Sarah gut verstehen, dass sie so lange gebraucht hat, um mit der (nicht abgeschlossenen) Vergangenheit abzuschließen. Ihre Erinnerungen an ihr Leben mit Philipp und wie sie sich kennengelernt haben, waren schön zu lesen und ich hatte den Eindruck, sie wären das ideale Paar gewesen.

Auch das erste Wiedersehen am Flughafen beschreibt die Autorin noch auch auf sehr beeindruckende Weise, aber ab dann werden alle Handlungen und Charaktere immer unverständlicher und unglaubwürdiger. Sarahs Gedanken wiederholen sich ständig und ihre Handlungen kann ein vernünftiger Mensch nicht nachvollziehen. Ab und zu werden Erinnerungen des "Fremden" beschrieben, die aber in keinen verständlichen Kontext gebracht werden. Die Rolle von Philipps ehemaligem Geschäftspartner ist nicht durchschaubar, das Verhalten ihres Kollegen, der in sie verliebt ist, ist völlig überflüssig, und die Äußerungen von Philipps Mutter sind einfach nur die Krönung der Verwirrung, denn das alles bräuchte viel mehr Kontext, damit es in die Handlung passt.

Das Ende ist in meinen Augen eine absolute Frechheit dem Leser gegenüber. Dem Leser wird plötzlich ohne Erklärung eine Tatsache präsentiert, die das ganze Buch hindurch bestritten wurde. Ich habe das Buch nach der letzten Seite in eine Ecke geschmissen, weil ich mich so getäuscht gefühlt habe und mich darüber geärgert habe, das Buch bis zum Ende gelesen zu haben, obwohl mich der größte Teil gelangweilt und/oder verstimmt hat, aber ich hatte wenigstens auf ein nachvollziehbares Ende gehofft, dass mich mit dem Buch wieder versöhnt…

Bewertung vom 19.11.2016
Sweeney, Cynthia D'Aprix

Das Nest


ausgezeichnet

Leonard Plumb Sr. hat etwas Geld in einem Treuhandfonds für seine vier Kinder angelegt. Auf Englisch nennt man so ein finanzielles Polster für schlechte Zeiten "nest egg" und schon bald war dieser Fonds für seine Familie nur noch "das Nest". Eigentlich war es ein eher bescheidener Betrag, aber er konnte den Immobilienboom nach seinem Tod ja nicht voraussehen und hatte auch einen sehr umsichtigen Treuhandverwalter ausgesucht, so dass seine Kinder nun viel mehr Geld erwarten können, als er geplant hatte. Er wollte nie, dass sich seine Kinder auf den zukünftigen Geldsegen verlassen, sondern sich alles selbst erarbeiten, daher soll das Geld auch erst nach dem 40. Geburtstag von Melody, der Jüngsten, an alle verteilt werden.

Melodys 40. Geburtstag naht. Wie ihre drei Geschwister Leo, Bea und Jack braucht sie das Geld dringend. Doch dann benutzt ihre Mutter das Geld aus dem "Nest", um Leo zu helfen, der sich in ernst zu nehmende Schwierigkeiten gebracht hat. Vereint in der Sorge um ihr Geld fangen die Geschwister wieder an zu kommunizieren und sich zu treffen…

Ich habe das Buch mit einiger Skepsis begonnen, da ich mir nicht vorstellen konnte, wie Gezanke um Geld unter Geschwistern lesenswert sein könnte. Die ersten Seiten haben meine Bedenken dann erst mal verstärkt, weil die vier Geschwister alle nicht besonders sympathisch sind und den typischen New Yorker Lebenswandel zu haben schienen. Doch ich hatte nicht mit dem Schreibtalent der Autorin gerechnet. Sie hat mich in die Geschichte und das Familienleben hineingezogen und ich kam nicht wieder heraus!

Beim ersten Treffen der Geschwister verspricht Leo, sich etwas einfallen zu lassen, damit das "Nest" bis zu Melodys Geburtstag vier Monate später wieder aufgefüllt ist. Leo ist der Älteste und die anderen drei wollen ihm glauben und vertrauen – obwohl sie ihn dafür eigentlich zu gut kennen – und sie hoffen und schieben ihre Geldsorgen vor sich her. Dabei lernt der Leser alle vier Geschwister besser kennen, ihre aktuelle Lebenssituation und wie sich ihr Leben entwickelt hat, und fragt sich, was Leo wohl tun wird und welche Auswege es für die anderen drei gibt.

Am Ende hatte ich fast alle Charaktere irgendwie liebgewonnen, egal wie verkorkst sie waren, und war richtig traurig, dass das Buch zu Ende war. "Das Nest" ist eine interessante Familiengeschichte über die Beziehung zwischen Geschwistern und die Autorin erzählt so, dass man als Leser den Eindruck hat, mittendrin zu sein. Die Atmosphäre und die Denkweisen sind sehr amerikanisch, darauf muss man sich einstellen.

Da ich intelligente, gut geschriebene Familiengeschichten sehr mag, hat mir das Buch sehr gut gefallen und ich hoffe, dass die Autorin weitere Bücher schreiben wird.