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Bella von www.bellaswonderworld.de
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Karlsruhe
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Ich bin 31 Jahre alt und mein größtes Hobby ist das Lesen. Ich verschlinge alle möglichen Titel querbeet durch die verschiedensten Genres. Meine Leseleidenschaft teile ich mit anderen Lesebegeisterten auf meinem Blog www.bellaswonderworld.de

Bewertungen

Insgesamt 1143 Bewertungen
Bewertung vom 10.09.2021
Unter Freunden
Sweeney, Cynthia D'Aprix

Unter Freunden


sehr gut

Beschreibung

Alles könnte so schön sein. Flora und Julian Mancini sind seit über zwanzig Jahren verheiratet, haben eine wundervolle Tochter und mit einer festen Anstellung als Synchronsprecherin und Serien-Schauspieler endlich genügend Einkommen, um sich ein schönes Leben zu gestalten. Doch als Flora bei der Suche nach einem Foto auf den seit Jahren verloren geglaubten Ehering ihres Mannes, sicher verwahrt in einem Kuvert, stößt und ein gut gehütetes Geheimnis entlüftet, wird nicht nur die Beziehung der Eheleute auf den Prüfstand gestellt, sondern auch die langjährige Freundschaft zu Floras bester Freundin Margot.

Meine Meinung

Die Schriftstellerin durchdringt mit ihrer scharfen Beobachtungsgabe die Geflechte von zwischenmenschlichen Beziehungen auf eine emotional mitreißende Art und Weise und bedient sich dabei authentischer Charaktere, die sich sehr real anfühlen.

Hinter dem farbenfrohen Cover im floralen Design von »Unter Freunden« verbirgt sich eine nicht ganz so heile Welt, wie man zu Beginn des Romans erwarten würde, und genau deshalb passt es auch so perfekt zur Geschichte.

Cynthia D’Aprix Sweeney zeichnet das Bild einer perfekten Ehe, glücklichen Familie und dem engen Freundeskreis in der Künstlerszene, die von Unsicherheiten und den daraus hervorgehenden wackeligen Finanzen geprägt ist. Als junge Familie war es für Flora und Julian in New York nicht immer leicht sich mit ihren unregelmäßigen Engagements als Schauspieler über Wasser zu halten. Doch als in Los Angeles sichere Jobs winken und sie mit dem Umzug auch wieder mit ihrer besten Freundin Margot zusammenkäme, hält sie nichts mehr in der Metropole.

Das strahlende Bild von Flora, die mit ihrem Mann Julian von allen für das perfekte Paar gehalten werden und nun ihre erwachsen gewordene Tochter Ruby nach ihrem Highschool-Abschluss in die Welt entlassen, strotzt nur so vor Glück. Auch Margot mit ihrem perfekten Chirurgen-Ehemann und ihrer glanzvollen Arbeit als Darstellerin einer beliebten Serie, verströmt ihren Glamour. Doch der Schein trügt und Cynthia D’Aprix Sweeney beweist mit Bravour, wie leicht sie die schöne heile Welt mit ihrem durchdringenden Blick dekonstruierten kann und dabei gleich mehrere Beziehungen auf den Prüfstand stellt. Sei es die Liebesbeziehungen, die freundschaftlichen Beziehungen oder die familiäre Beziehung zwischen Eltern und Kind.

Der Anstoß gibt die Aufdeckung eines Geheimnisses, dass das bisher glückliche Leben von Flora in Frage stellt und in Rückblenden auch die verklärte Sicht auf die Vergangenheit mit einbezieht. Denn das scheinbar unzertrennliche Paar hatte auch schon zuvor schwierige Phasen und auch die perfekte Margot hat ihr Päckchen zu tragen. »Unter Freunden« bietet durch die spannenden Verstrickungen ein vielschichtiges und unterhaltsames Lesevergnügen, dass einen gewissen Humor nicht entbehrt. Außerdem regt die Betrachtungsweise zum Nachdenken über Beziehungen an, welchen Wert sie haben und welchen Dingen man die Macht überträgt, dieses Glück zu zerstören.

Fazit

Ein einfühlsamer Roman über Ehe, Familie und Freunde und das Geheimnis, um einen wiedergefundenen Ring, dass nicht nur eine Liebesbeziehung in Frage stellt.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 11.08.2021

Bewertung vom 10.09.2021
Zwischen brennenden Welten / Die Rebellion der Sterne Bd.2
Brody, Jessica;Rendell, Joanne

Zwischen brennenden Welten / Die Rebellion der Sterne Bd.2


sehr gut

Beschreibung

Nach der Ermordung des Premier Enfant Marie, der Hinrichtung ihrer Nanny und der Einstellung der Lotterie, droht die Stimmung gegenüber den Machthabern auf Laterre zu kippen. Eine neue Gruppierung gegen die Regierung bildet sich und Die rote Narbe hält nichts von einer friedlichen Revolution, sie will Blut fließen sehen.

Während sich die Lage immer weiter zuspitzt, sitzt Chatine in der Bastille auf dem Mond fest, Alouette versucht ihren eigenen Wurzeln auf den Grund zu gehen und Marcellus spielt ein gefährliches Spiel als Spitzel der Vangarde. Wird es ihm gelingen seinen strategisch versierten Großvater hinters Licht zu führen und dessen schrecklichen Plan zu verhindern?

Meine Meinung

Das Autorinnen-Duo Jessica Brody und Joanne Rendell haben mit »Die Rebellion von Laterre« einen starken Auftaktband zu einer fesselnden Science-Fiction-Trilogie vorgelegt, in der sie eine faszinierende Mischung aus dystopischer Saga mit Einflüssen aus dem Victor Hugos »Les Misérables« kreiert haben.

Während im ersten Band die Charaktere sowie die gesellschaftlichen und politischen Zusammenhänge die größte Aufmerksamkeit erhielten, werden im Fortsetzungsroman »Zwischen brennenden Welten« vor allem die Handlungsbögen vorangetrieben. Hierbei begleitet man als Leser*in abwechselnd die Hauptprotagonisten Marcellus, Chatine und Alouette auf ihren abenteuerlichen Wegen, entdeckt mit ihnen Geheimnisse und hofft, dass sich zum Ende doch noch alles zum Guten wenden wird. Die politischen Verstrickungen sind jedoch komplexer als von den jungen Held*innen erahnt und so bleibt es in gewisser Weise bis zum Ende spannend.

Die Stärke von Brody und Rendell liegt beim bildhaften und mitreißenden Worldbuilding und den abwechslungsreichen Charakteren. Die Erzählfäden sind vielseitig und ermöglichen somit ein weites Spektrum an Möglichkeiten, die zu einem großen Teil auch ausgeschöpft wurden. Dennoch waren für mich viele Wendungen einfach zu vorhersehbar und wirkten sehr konstruiert. Das ist jetzt natürlich Meckern auf hohen Niveau, aber ich bin mir sicher, dass die talentierten Autorinnen noch an ihrem Finetuning wachsen können.

Das Schicksal von Marcellus, Chatine und Alouette hat mich jedoch zu keiner Zeit losgelassen und so hoffe ich, dass mich der finale Abschlussband mit ein paar überraschenden Wendungen vom Hocker fegen wird!

Fazit

Ein mitreißender Mittelband der ›Rebellion der Sterne‹-Trilogie, der an manchen Stellen vielleicht ein bisschen zu vorhersehbar konstruiert wurde, aber dennoch aufreibende Spannung garantiert.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 10.08.2021

Bewertung vom 10.09.2021
Meine erste Naturkunde - Beeren und Pilze
Jansson, Emma

Meine erste Naturkunde - Beeren und Pilze


sehr gut

Meine Meinung

Schon als Kind liebte ich Waldspaziergänge, denn es gibt so vieles zu entdecken und natürlich auch etwas zum Sammeln, dass man zum Basteln verwenden oder auch einfach essen kann.

Die schwedische Autorin und Illustratorin Emma Jansson hat in ihrem Sachbilderbuch »Meine erste Naturkunde – Beeren und Pilze« wissenswertes über Beeren und Pilze kindgerecht in kurzen Abschnitten zusammengefasst und veranschaulicht mit ihren farbenprächtigen Illustrationen, wie die Leckereien aussehen und in welcher Umgebung sie zu finden sind.

Zuerst stellt Emma Jansson die fruchtigen Beeren vor und erklärt, dass es sich bei Erdbeeren und Himbeeren eigentlich um sogenannte Sammelnussfrüchte handelt. Natürlich werden neben weiteren gängigen Sorten wie Brombeeren, Johannisbeeren und Heidelbeeren auch noch die etwas unbekannteren Moosbeeren sowie die selten vorkommenden Moltebeeren vorgestellt.

Nach diesen ersten Entdeckungen, die Kinder im Frühjahr und Sommer mitnehmen können, wird es Herbst und das heißt: Pilzzeit. Auf wunderschön gestalteten Seiten werden einige der bekanntesten Pilze beschrieben und gleich dazu erklärt, mit welchen ungenießbaren teils giftigen Verwandten man sie auf keinen Fall verwechseln darf.

Die Kapitel sind jeweils mit zwei thematisch passenden Rezepten abgeschlossen, die einem den Mund ganz schön wässrig machen. Emma Janssons Buch lädt dazu ein, die Natur ganz genau zu betrachten und dabei leckere Beeren und Früchte zu entdecken. Manchmal hätte ich mir allerdings ein paar Erklärungssätze mehr gewünscht, doch für einen ersten Einblick, und um die Neugier bei Kindern zu wecken ist es genau das Richtige!

Fazit

Ein illustrierter erster Ausflug in die Welt der Beeren und Pilze.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 09.08.2021

Bewertung vom 10.09.2021
VOLLGAS und andere Erzählungen
Hill, Joe;King, Stephen

VOLLGAS und andere Erzählungen


sehr gut

Meine Meinung

Das hochwertige Hardcover aus der ›Festa Must Read‹ Reihe enthält dreizehn Kurzgeschichten des talentierten Schriftstellers, sowie ein einführendes Vorwort, dass einem Hills Weg zu seiner Autorentätigkeit teilhaben lässt und einen kleinen familiären Einblick auf das Heranwachsen im Haushalt der Kings gewährt. Besonders toll ist auch das Nachwort, denn hier wird verraten, wie es zu den einzelnen Geschichten kam, von denen die zwei Titel ›Vollgas‹ und ›Im hohen Gras‹ in Zusammenarbeit mit seinem berühmten Vater Stephen King entstanden.

Die titelgebende Biker-Jagd ›Vollgas‹ mit ihrer horrormäßig guten Vater-Sohn-Thematik soll sogar von HBO verfilmt werden und liefert einen rasanten Einstieg in diesen äußerst abwechslungsreichen Erzählungsband, den man am besten in aller Ruhe mit einem Getränk seiner Wahl genießt.

Ein abgefahrener Trip über den Vergnügungsmarkt ist mit ›Das Karussell‹ sicher, in dem man sich zwischen moralischen Fragen in einer äußerst bizarren Geschichte wiederfindet. Aber genau solch kuriose Stories unterhalten mich ungemein und bleiben mir lange im Gedächtnis haften. Wie gut, dass Joe Hill gleich mehr davon auf Lager hat! Denn in ›Wolverton Station‹ wird die Bahnfahrt eines erfolgreichen Geschäftsmannes zu einem gefährlichen Spiel mit Wölfen, die ihn genauso gern zu fressen haben, wie er kleine Unternehmen, die er mit Leichtigkeit vom Markt drängt, oder es wird ein Dinosaurier in ›An den silbernen Wassern des Lake Champlain‹ an den Strand geschwemmt und in ›Faun‹ öffnet sich ein Türchen in eine Welt voller Fabelwesen, auf die reiche Leute gegen eine entsprechend hohe Bezahlung Jagd machen dürfen.

Mein Highlight dieser Sammlung ist das übersinnliche Erlebnis, welches einen in ›Überfällig‹ erwartet. Hier fährt ein besonderer Bibliotheksbus seine Runden, der ein Portal für Menschen ist, deren Ende naht und durch den sie im Gegenzug zu der Rückgabe eines überfälligen Buchs das einzigartige Geschenk erhalten, ein Buch auszuleihen welches erst in ihrer Zukunft erscheinen wird. Diese hat mich mit ihrer Magie unheimlich berührt und ist neben ›Meine Welt dreht sich nur um dich‹ eine der ruhigeren Stories.

Themen wie posttraumatische Belastungsstörungen nach einem Einsatz im Kriegsgebiet werden in (›Daumenabdruck‹) behandelt und die Fabel ›Der Teufel auf der Treppe‹ nimmt sich eine heiße Darstellung der Lebensleiter vor, bei der ein rasanter Aufstieg – quasi vom Tellerwäscher zum Millionär – ein rücksichtsloses Verhalten zugrunde liegt, das voraussetzt für den eigenen Machterhalt und Erfolg über Leichen zu gehen.

Mit erfrischendem Zombie-Horror beschert Joe Hill schließlich in ›Tweets aus dem Zirkus der Toten‹ eine Gänsehaut, welches vor allem durch den eigensinnigen Tweet-Stil hervorsticht und in ›Mums‹ kommt das subtile Grauen in einer sektenähnlichen Gemeinschaft daher, in Neid, Liebe und eine Sohn-Mutter-Beziehung mit kreativen Wendungen den Leser zum Erschaudern bringt.

Natürlich darf auch ein blutiges Horror-Szenario nicht fehlen, dass Hill & King mit der Erzählung ›Im hohen Gras‹ aus einer gewöhnlichen Situation entstehen lassen. Hilferufe aus einem Feld locken hilfsbereite Menschen auf der Durchreise an und werden so in ihr Verderben geführt. Hitze und Durst quellen aus den Zeilen mindestens ebenso erlebbar, wie die verzweifelte Suche nach einem Ausweg.

Lediglich die letzte Geschichte mit dem Titel ›Wir geben sie frei‹, die auf einen Flug mitnimmt während ein dritter Weltkrieg ausbricht, konnte mich nicht so ganz mit sich mitreißen. Hier hat sich die dramatische Spannung für mich in zu viele Kleinteile aufgelöst.

Fazit

Eine verstörend gute Mischung diverser Kurzgeschichten die mit ihrer unheimlichen Intensität zu fesseln wissen. Bizarre, gruselige, spannende, brutale und emotionale Geschichten, die unter die Haut gehen – hier wird für jeden Geschmack etwas geboten!

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 08.08.2021

Bewertung vom 10.09.2021
Nordische Mythen und Sagen (Graphic Novel). Band 1
Gaiman, Neil

Nordische Mythen und Sagen (Graphic Novel). Band 1


ausgezeichnet

Meine Meinung

Basierend auf dem gleichnamigen Roman hat P. Craig Russell eine Comicadaption aus Neil Gaimans neu erzählten »Nordischen Mythen und Sagen« gezaubert, die von der ersten Seite an in ihren magischen Bann zieht. Insgesamt sind drei Comicausgaben geplant, der frisch erschienene erste Band beinhaltet die ersten sechs Geschichten des Romans und führt leichtfüßig in die mystische Welt der nordischen Götter ein.

Für die künstlerische Umsetzung ist ein Team aus begabten Zeichnern verantwortlich, die jeweils eine Geschichte mit ihrem Stil geprägt haben. Darunter P. Craig Russell, Mike Mignola, Jerry Ordway, Piotr Kowalski, David Rubin, Jill Thompson und einige mehr.

Man erfährt beispielsweise, wie Odin sein Auge verlor, Thor zu seinem Hammer kam und Loki immer wieder mit seinem Schabernack für Unruhe sorgt. Die Stärken und Schwächen der Götter werden auf lehrreiche Weise beleuchtet – und doch kommt der Spaß nicht zu kurz.

So ist ein abwechslungsreiches Stück Comickunst entstanden, dass die alten Sagen auf unterhaltsame Weise näher bringt. Ein Werk, das zudem tiefer in die Hintergründe der beliebten Marvel Superhelden vordringt und dabei mit Zeichnungen besticht, die von einem klassisch anmutenden Retrostil über minimalistisches Design bis hin zu detaillierten und wunderschön aquarellierten Bildern für jeden Geschmack etwas bereithalten.

Besonders Fans des durchtriebenen Loki kommen auf ihre Kosten, denn man sollte kaum glauben, worin dieser Schlingel überall seine Hände im Spiel hat. Aber auch Thor und die schöne Freya sowie der Göttervater Odin bekommen ihren Auftritt. Meine Lieblingsgeschichte dieser Sammlung ist ›Freyas ungewöhnliche Hochzeit‹, die die Lachmuskeln ordentlich beansprucht.

»Nordische Mythen und Sagen« ist ein richtiges Kleinod, eine Hommage an die legendären Götter-Geschichten aus längst vergangenen Tagen, in einer ansprechend modernen Neuerzählung, in der die epische Stimmung mit einer humorvollen Note angereichert wurde. Ein mitreißender Ausflug durch die nordische Mythologie, der sich wunderbar als Einstiegspunkt in den Sagenschatz aus einer antiken Zeit in einer weit entfernten Welt eignet.

Fazit

Kurzweilig und in facettenreichen Bildern wird die Geschichte der nordischen Götter erlebbar gemacht.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 07.08.2021

Bewertung vom 10.09.2021
Sweet Tooth: Die Rückkehr
Lemire, Jeff

Sweet Tooth: Die Rückkehr


sehr gut

Meine Meinung

Die Mini-Serie »Sweet Tooth: Die Rückkehr« von Jeff Lemire ist eine Neuinterpretation der Original-Comic-Serie des Comicautors und Illustrators selbst und unter dem DC Black Label in einer Softcover-Ausgabe bei Panini erschienen.

Die Geschichte knüpft 300 Jahre nach den Ereignissen in »Sweet Tooth« an und kann aufgrund der in sich abgeschlossenen Erzählung auch von Neueinsteigern gelesen werden. Allerdings war ich froh, zumindest die Netflix-Serie gesehen zu haben, denn so konnte ich auf jeden Fall mehr aus dem Comic herausziehen und auch die Unterschiede erkennen.

Gus ist in dieser Neuerzählung etwas älter und lebt beschützt von Vater und drei Nannies unterirdisch in einem abgeschotteten Waldstück. Das Virus hat die Menschen von der Erdoberfläche in den Untergrund gedrängt und die Welt wird von Hybriden beherrscht. Der fanatische Wissenschaftler, der sich als Gus Vater ausgibt, beherrscht das unterirdische Reich mit repressiver Macht, die wirkt wie die Kraft einer religiösen Sekte.

Der jugendliche Gus wird von Visionen aus einem anderen Leben geplagt und so treibt ihn seine Neugier über die Grenzen seines Reichs. Schon bald entdeckt er, dass er nicht alleine ist und auch noch andere Menschen und Hybride in seiner Welt leben. Er ist nicht bereit, die Rolle die ›Vater‹ für ihn vorgesehen hat zu erfüllen und schließt sich mit einem Menschenmädchen und einem Elefant-Hybride zusammen, um ihren eigenen Weg zu beschreiten.

An sich hat es mir gefallen, wie Jeff Lemire seine eigene Geschichte auf den Kopf stellt und von einer anderen Seite beleuchtet. Erzählung und Bilder gehen Hand in Hand und erzeugen schnell einen mitreißenden Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Dennoch hat sich mir der Sinn dieses Spin-Offs nicht ganz erschlossen und ich glaube, dass ich bei der Original-Serie einen Ticken besser aufgehoben sein werde.

Fazit:

Eine verquere Neuinterpretation mit Sogkraft.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 28.07.2021

Bewertung vom 12.08.2021
Das Jahr der Hexen
Henderson, Alexis

Das Jahr der Hexen


sehr gut

Meine Meinung

Ein vielschichtiges Debüt über eine wahnhafte Sekte, Sexismus und Rassismus ist der jungen Autorin Alexis Henderson mit ihrem Roman »Das Jahr der Hexen« gelungen. Die Autorin hat ihre Geschichte nicht genau datiert, doch aufgrund der puritanischen Gesellschaftsform und den geschilderten Lebensumständen trägt sie sich wohl irgendwann zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert in einer kleinen Ortschaft namens Bethel zu.

Der Erzählstil ist mit seinen langen in sich verschachtelten Sätzen an die Zeit angepasst und lässt erst langsam ein Bild entstehen, dass einen dann aber immer tiefer in die bizarre Glaubensrichtung der Gemeinde und die unterdrückte Stellung der Frauen hineinzieht.

An oberster Stelle ihres Glaubens steht der allmächtige Vater, vertreten durch einen gottähnlichen Propheten, der sich in einem blutigen Ritual eine junge Frau, nach der Anderen zum Eheweib nimmt und mit seinen Predigten über Sünde und Sühne seine Schäfchen in einem machtvollen Gespinst von Angst und Schrecken gefangen hält. Die strengen Glaubenssätze repräsentieren ein intolerantes Gesellschaftskonstrukt, dass Menschen mit anderer Hautfarbe als Menschen zweiter Klasse vor die Stadttore verbannt und gegen den ketzerischen Glauben an die Mutter des Waldes und ihre Hexen mit brennenden Scheiterhaufen begegnet.

Alexis Henderson hat mit Immanuelle eine unglaublich starke Heldin zu Papier gebracht, die es aufgrund ihrer sündhaften Herkunft nicht leicht hat. Der unwürdige Vater, dessen Hautfarbe sie als seine Nachfahrin zeichnet und auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde und die bei ihrer Geburt verstorbene Mutter als Hexe verschrien. Immanuelle wird zwar aufgrund ihrer gläubigen Erziehung zwar in Bethel geduldet, aber mit Freundlichkeit begegnen ihr nur ihre Blutsverwandten und einzige Freundin Leah.

Spannend wird es als Immanuelle und Ezra, der künftige Erbe des Propheten, aufeinandertreffen und sich die verquere Dynamik der Geschichte zu entfalten beginnt. Während Immanuelle noch an den Glaubenssätzen des Vaters festhält, sieht Ezra den schändlichen Machtmissbrauch seines Vaters. Je mehr Immanuelle über die Vergangenheit ihrer Eltern herausfindet, desto mehr bröckelt ihr Weltbild und dann sind da auch noch die Flüche ihrer Mutter, die sie entfesselt hat und um jeden Preis aufgehalten werden müssen…

Aufgrund des Buchtitels hatte ich ein wenig mehr Raum für die Hexen und deren Werk erwartet, doch die Handlung trägt sich fast ausschließlich in Bethel zu und Dialoge mit Hexen bzw. Hexenkundigen kann man an einer Hand abzählen. Die Geschichte ist erfüllt vom herrschenden Patriarchat, welches unter dem Deckmantel der heiligen Religion missbraucht, opfert und unterdrückt. Somit ist die Atmosphäre durch eine bedrückende Stimmung geprägt und nur ab und zu blitzt die mystische Macht der Hexen auf.

Die Hauptcharaktere sind präzise ausgearbeitet, was es einem leicht macht in ihre Situation einzutauchen und dem spannenden Handlungsbogen zu folgen. Jedoch konnte ich nicht ganz nachvollziehen, warum die Autorin interessante Figuren kurz einführt und danach nie wieder erwähnt. Dadurch wirkt es manchmal nicht ganz durchdacht und sicherlich hätte man so noch mehr Nervenkitzel herausholen können. Auch zum Finale hin, sind leichte Schwächen bemerkbar, da die langsam aufgebaute Story sehr schnell zu Ende gebracht wird und dabei etwas von ihrem bedrohlichen Charme einbüßt.

Fazit

»Das Jahr der Hexen« ist trotz kleiner Abstriche ein absolut lesenswerter Debütroman, in dem Hexenmystik mit Spannung und gefährlichem Sektenwahnsinn vermischt und Themen der gegenwärtigen Zeit (Feminismus, Rassismus) zum Tragen kommen.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 27.07.2021

Bewertung vom 12.08.2021
Das Damengambit
Tevis, Walter

Das Damengambit


ausgezeichnet

Beschreibung

Ein Autounfall beraubt die achtjährige Beth Harmon ihrer Mutter und macht sie zur Vollwaise. Im Kinderheim versucht Beth der lauten und beängstigenden Realität zu entfliehen, was ihr durch die grünen Beruhigungspillen, die den Kindern tagtäglich ausgegeben werden, leicht fällt. Eines Tages sieht sie den Hausmeister Mr. Shaibel vor einem Brett mit schwarzen und weißen Figuren sitzen und beginnt sich für das Spiel zu interessieren. Das junge Mädchen beweist ein außergewöhnliches Talent und spielt schon bald gegen die erfolgreichsten Männer auf dem Gebiet. Auf dem Weg vom Wunderkind zur Weltmeisterschaft droht die einsame Beth jedoch eine Schlucht aus Drogen und Alkohol zu verschlucken.

Meine Meinung

Die Romanvorlage von Walter Tevis zur erfolgreichen Netflix-Serie »Das Damengambit« wurde 1983 erstveröffentlicht (»The Queen’s Gambit«) und ist nun zum ersten Mal in einer deutschen Übersetzung im Diogenes Verlag erschienen. Die Lektüre des Romans hielt noch ein viel intensiveres Erlebnis für mich bereit, als es die grandiose Serie vermochte.

Walter Tevis schreibt in einem mitreißenden und ergreifenden Erzählstil über das bewegende Leben des Waisenmädchens Beth Harmon, sodass man kaum glauben kann, dass es sich nur um eine rein fiktive Geschichte handelt. Dem bedrückenden Gefühl alleine in der Welt zu sein, entflieht die Achtjährige mit den vom Heim ausgegebenen Beruhigungspillen und als sie durch den Hausmeister Mr. Shaibel ihre Liebe zum Schach entdeckt, kann sie an nichts anderes mehr denken, als an das Spiel mit Bauern, Springer, Läufer, Turm, Dame und König.

Beths herausragende Fähigkeiten als Schachspielerin beginnen sich zu entwickeln und schon bald spielt sie besser als Mr. Shaibel, doch ihr Talent wird in keinster Weise von der Heimleiterin gefördert, sondern vielmehr versucht im Keime zu ersticken als Beth nach einem Vorfall ein Schachverbot erhält. Als Beth mit dreizehn Jahren schließlich doch noch adoptiert wird, lockt sie das Preisgeld der Schach-Turniere mindestens ebenso sehr wie der Reiz des Spieles. Ihr Talent wird von ihrer Adoptivmutter nur zu gerne unterstützt, denn sie bekommt kaum Unterhalt von ihrem Mann und ist durch den Kauf diverser Suchtmittel immer knapp bei Kasse, sodass die Siegprämien im Schach gut gelegen kommen.

Die Entwicklungen und sozialen Hintergründe in Beths Leben sind so spannend miteinander verwoben, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Walter Tevis ist ein rundes Gesamtkunstwerk von Settig und Protagonisten gelungen, in dem nicht nur eine starke Frau in einer von Männern geprägten Welt in den Vordergrund rückt, sondern auch der Missbrauch von Alkohol und Beruhigungsmitteln und dann werden durch Beths farbige Freundin Jolene auch noch Rassismusproblematiken ins Spiel gebracht. Ich habe wirklich jede einzelne Seite über den selbstbestimmten Weg von Beth Harmon genossen!

An den ausführlichen Schilderungen von Spielzügen und nervenaufreibenden Turnieren werden Schachspieler bestimmt noch eine etwas eine größere Freude haben, als jemand, der sich mit dem Spiel nicht auskennt. Aber auch ohne diese Kenntnisse weiß Walter Tevis mit seinem imaginären Ausflug in die Schachwelt eine unheimliche Sogwirkung aufzubauen. Ich konnte mich dem Zauber von »Das Damengambit« nicht entziehen und kann den Roman (auch in Kombination mit dem Serien-Soundtrack) nur allerwärmstens empfehlen.

Fazit

Ein durch und durch bewegender Roman über ein weibliches Wunderkind in einer Männerdomäne, der sich liest, wie eine Erzählung, die so nur das Leben schreibt.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 26.07.2021

Bewertung vom 12.08.2021
Die Chroniken von Peter Pan - Albtraum im Nimmerland / Die Dunklen Chroniken Bd.4
Henry, Christina

Die Chroniken von Peter Pan - Albtraum im Nimmerland / Die Dunklen Chroniken Bd.4


ausgezeichnet

Beschreibung

Jamie folgte als erster Junge den verheißungsvollen Versprechungen, eines Lebens voller Abenteuer und Spaß, Peter Pan auf seine Insel. Die Jahre brachte viele verlorene Jungen nach Nimmerland, doch Peters Auffassung von Spaß ist gefährlich und brutal und so entstehen im Band der jahrzehntelangen Freundschaft zwischen Jamie und Peter langsam erste Risse. Aus Freundschaft erwächst ein tiefer Hass und Feinschaft für die Ewigkeit…

Meine Meinung

Der magische Roman von James M. Barrie über Peter Pan, den Jungen der niemals erwachsen wird, zählt wohl zu den bekanntesten Klassikern, und fast jedes Kind kennt die Geschichte über Nimmerland, Tinker Bell, die Meerjungfrauenlagune und die Piratenbucht. Doch welche Geheimnisse verbergen sich zwischen den Zeilen? Dieser Frage fühlt Christina Henry in ihrer düsteren Fantasyadaption »Die Chroniken von Peter Pan – Albtraum im Nimmerland« auf den Zahn.

Jamie wurde als erster Junge von Peter Pan auserwählt, mit auf seine Insel zu kommen, dort niemals Erwachsenwerden zu müssen und ein besseres Leben voller Spaß und Abenteuer zu verbringen. Doch Peters Vorstellung von Spaß hat scharfe Zähne und Krallen, die im Laufe der Zeit etliche Jungen das Leben gekostet hat. Die Reihen der ›Verlorenen Jungen‹ lichten sich im Kampf gegen die Piraten, durch Schlachten untereinander und den Bluthunger der monströsen Vieläugigen.

Durch Jamies Augen erblickt man die Schattenseiten Peter Pans, der als Puppenspieler die Fäden zieht und dabei kaum etwas anderes als Eifersucht empfindet, schon gar nicht Verantwortung gegenüber den verlorenen Jungen. Im Gegensatz dazu kümmert sich Jamie um die Bande und macht sich zunehmend Sorgen und stellt ihre bedingungslose Liebe zu Peter in Frage.

Mit Fingerspitzengefühl hat Christina Henry ihre ganz eigene Vorgeschichte zu den Anfängen Nimmerlands gewebt und diese perfekt in den Rahmen von Barries Roman über Peter Pan eingebettet. Dieses großartige Puzzlespiel hat eine große Faszination von der ersten bis zur letzten Seite auf mich ausgeübt. Bitte mache aber nicht denselben Fehler wie ich und lies den Klappentext, denn hier wird leider schon etwas zu viel verraten und es geht die Magie der Überraschung verloren, die Henry für ihre Leserinnen und Leser bereithält.

Der Roman lebt nicht nur von der Umkehrung der verheißungsvollen Vorstellung des Nimmerlands mit seinen Meerjungfrauen, Feen und Abenteuern in ein gefährliches Inselreich, von dem es kein Entkommen gibt, sondern vor allen Dingen von der Weiterentwicklung des Hauptprotagonisten Jamie, der, nachdem er schon einigen Jahrzehnten mit Peter auf der Insel verbracht hatte, die Dinge zu hinterfragen beginnt. Jamie macht sich Sorgen um die anderen Jungen, besonders um den Jüngsten unter ihnen, der nicht bereit ist für so viel Schrecken und Blut vergießen. Peter stört es jedenfalls kaum, denn stirbt ein verlorener Junge, wird dieser im Handumdrehen durch einen neuen ersetzt.

Die Differenzen der einstmals besten Freunde werden größer und der Graben zwischen ihnen erreicht eine Tiefe, die schließlich nicht mehr so einfach überbrückt werden kann.

So ist »Albraum im Nimmerland« ein tiefgründiges Werk über einen Peter Pan, der durch die realistische Ausarbeitung seiner bereits vorhandenen narzisstischen Charaktereigenschaften eine entzauberte, sogar gewaltsame und verschlagene Seite zeigt. Christina Henrys Adaption dieses Kinderklassikers ist ein absolutes Highlight, jedoch im Gegensatz zum Original nichts für schwache Gemüter, denn es gibt einige detailliert geschilderte Kämpfe, bei denen es äußerst brutal zugeht.

Fazit

Ein absolutes Highlight aus Christina Henrys dunklen Chroniken, denn in »Albtraum im Nimmerland« erzählt sie die fesselnde Vorgeschichte zu Barries Klassiker »Peter Pan«, die tief unter die Haut geht und alles auf den Kopf stellt.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 25.07.2021

Bewertung vom 12.08.2021
Der französische Gast
Whipple, Dorothy

Der französische Gast


ausgezeichnet

Beschreibung

Das Familienglück von Ellen und Avery North ist perfekt. Sie leben in der ländlichen Umgebung von London und haben zwei wunderbare Kinder, Anne besucht ein Mädcheninternat und Hugh leistet seinen Wehrdienst ab. Die Besuche bei ihrer Schwiegermutter in London sind mehr Pflicht als Vergnügen und so wird die junge Französin Louise als Gesellschafterin eingestellt. Die elegante junge Frau erobert das Herz der alten Dame und beginnt auch den erfolgreichen Verleger Avery mit ihrem bestechenden Charme und einer ordentlichen Portion Unverschämtheit zu betören.

Meine Meinung

Ich liebe literarische Wiederentdeckungen und Dorothy Whipple zählt definitiv zu jenen, die man sich nicht entgehen lassen sollte, wenn man sich Gesellschaftsromanen mit Biss und scharfer Beobachtungsgabe nicht entziehen kann.

Die englische Schriftstellerin veröffentlichte erfolgreich Romane und Kinderbücher, bis sie in der Nachkriegszeit des Zweiten Weltkriegs in Vergessenheit geriet. »Der französische Gast« war ihr letzter Roman und ist nun die erste deutsche Veröffentlichung eines ihrer Werke überhaupt. In ihrer Geschichte über die gefährliche Bedrohung einer langjährigen und glücklichen Ehe zieht sie aus einer trivialen Situation einen unterhaltsamen und mitreißenden Roman, der mich von der ersten Seite an zu fesseln vermochte.

Mit feinsinnigem Gespür zaubert Dorothy Whipple ein Ensemble mitreißender Persönlichkeiten auf ihre Romanbühne, die im Zusammenspiel eine hervorragende Energie verströmen und sich durch geschickte Verquickung der Erzählfäden eine kribbelnde Grundspannung aufbaut. Zwar erzählt Whipple ihre Geschichte nicht aus der Ich-Perspektive ihrer Protagonisten, dennoch gelingt es ihr mit einer geschickten Betrachtungsweise den Leser mitten ins Geschehen zu ziehen. Schließlich lässt sich die Situation der verheirateten Hausfrau und Mutter nur allzu gut nachvollziehen, deren für die Zeit typisch Stolzen und starrsinnigen Mann sich in die Fänge einer reizenden jungen Dame wiederfindet.

Ellen North ist dabei eine bodenständige Frau in den 40ern, die sich nichts aus Fashion und Geld macht und in ihrer glücklichen Familienblase Erfüllung findet und vielleicht gerade aufgrund dieser sicheren Stellung viel zu naiv im Umgang mit ihrem französischen Gast ist. Ganz im Gegensatz zu Ellen hat Louise aufgrund ihrer niederen gesellschaftlichen Stellung ihre große Liebe verloren und ist aus ihrer Heimat geflohen. Mit ihrem angekratzten Ego will die selbstsüchtige Louise unbedingt das Glück anderer an sich reißen, um ein Stück vom Kuchen der Wohlhabende abzubekommen.

Das gegenwärtige Geschehen steigert sich zusehends zu einem dramatischen Finale während man mit den einzelnen Charakteren mitfiebert. Klar hat Ellen mit ihrer liebenswürdigen Persönlichkeiten die Sympathie auf ihrer Seite, doch Dorothy Whipple ist es mit ihrem einfühlsamen Erzählstil gelungen, dass man sogar mit der affektierten und zerstörerischen Louise und Avery Mitgefühl empfinden kann. Auf jeden Fall darf man bis zuletzt gespannt sein, was Dorothy Whipple für ihre Figuren im Sinn hat!

Fazit

Ein mitreißendes und dramatisches Possenspiel, dass sich auch über 60 Jahre nach der Erstveröffentlichung unheimlich gut lesen lässt!

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 24.07.2021