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Lillith
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Berlin

Bewertungen

Insgesamt 60 Bewertungen
Bewertung vom 24.11.2023
Schwarzvogel / Fredrika Storm Bd.1
Skybäck, Frida

Schwarzvogel / Fredrika Storm Bd.1


sehr gut

Ein angenehm zu lesendes Familiendrama, jedoch kein Krimi in meinen Augen.

Fredrika Storm ist nach einem tragisch missglückten Einsatz in Stockholm heimgekommen, in die Gegend, in der sie aufwuchs und in der ihre gesamte Familie immer noch lebt – bis auf ihre Mutter, die verschwand, als sie noch ein kleines Mädchen war.

Ihr erster Fall scheint zunächst ein reiner Unglücksfall zu sein, denn eine junge Frau rennt panisch auf einern zugefrorenen See, dessen Eisfläche noch nicht trägt. Sie bricht ein und ertrinkt vor den Augen von Fredrikas Großmutter. Diese berichtet, dass das Mädchen verfolgt wirkte – und Fredrika wittert einen Fall.

Sie beginnt, nach den Ursachen zu suchen und buddelt immer tiefer, leider kommen dabei auch immer wieder unschöne Dinge über ihre eigene Familie zum Vorschein...

Ihr Partner bei den Untersuchungen ist Henry, ein interessanter Charakter, aus sehr wohlhabendem Hause und hoch gebildet macht ihm seine Ermittlungsarbeit mehr Spaß als das von seiner Mutter angestrebte Fortkommen auf der Karriereleiter.

Soweit zum Inhalt.

Das Buch ist sehr angenehm zu lesen, die Charaktere in meinen Augen recht gut herausgearbeitet. Die kurzen Kapitel ermöglichen einen zügigen Lesefluss.

Fredrika ist eine anstrengende Protagonistin, nicht unsympathisch, aber recht dickköpfig und uneinsichtig. Sie bringt sich selbst in Gefahr – trotz ihrer Vorgeschichte, oder vielleicht ist diese auch gerade der Grund für ihre Alleingänge ?

Da ihre Familie von Beginn an involviert scheint wäre es normalerweise eigentlich nicht möglich, dass sie weiter ermittelt. Jedoch schreckt sie nicht vor peinlichen Untersuchungen innerhalb ihrer Familie zurück, stößt diese oft vor den Kopf – und erntet doch immer wieder Schweigen auf ihre drängendsten Fragen. Denn der Kernpunkt des Buches und der Story liegt eigentlich darin, dass Fredrika einen Zusammenhang zwischen dem toten Mädchen und dem Verschwinden ihrer Mutter wittert und darum so hartnäckig ist...

Wie gesagt, das Buch liest sich gut, für einen rasanten Krimi ist es jedoch zu auschweifend erzählt. Die vielschichtige Verwandtschaft von Fredrika stellt die Leser ebenfalls auf eine harte Probe – wer ist jetzt wie mit wem verwandt fragt man sich fast bis zuletzt und muss sich arg konzentrieren.

Und auch wenn der Fall schließlich aufgeklärt wird, so gibt es für das Verhalten einiger Protagonisten nicht wirklich einen Grund – es ist eher so was wie „und der Berg gebar eine Maus“. Will sagen, der Schluss war dann nach all den ausschweifenden Vorentwicklungen für mich zu hastig und ohne großes Aha-Erlebnis.

Ich gebe dem Buch 3,5 Sterne, aufgerundet auf 4, weil es einfach ein nettes Buch ist. Empfehlenswert eher für Freunde von Familiendramen, nicht unbedingt für Fans von Skandinavien-Krimis. Da es der erste Band einer Serie sein soll werden ja weitere Geschichten folgen. Ich bin mir noch unschlüssig, ob ich der Reihe weiter folgen werde.

Bewertung vom 14.11.2023
Der sonderbare Fall der Rosi Brucker
Seel, Tina

Der sonderbare Fall der Rosi Brucker


ausgezeichnet

„Alles hängt mit allem zusammen“

Bereits mit ihrem Debütroman „Der Tod der dreckigen Anna“ hat mich die Autorin Tina Seel total geflasht, darum war ich sehr gespannt auf ihr neuestes Werk.

Worum geht es dieses Mal? Harald Hasenbach, genannt Hasel, ein 15jähriger Lehrling, der wegen seiner Hasenscharte einen Sprachfehler hat und im Dorf ziemlich gemobbt wird, findet durch Zufall die Leiche der geistig zurückgebliebenen Rosi. Daraufhin hat er die geniale Idee, eine Entführung vorzutäuschen, um das Geld für sein ersehntes Mofa zu erpressen. Gesagt – getan. Es funktioniert! Was er damit ins Rollen bringt, das muss man einfach selbst lesen.

Tina Seel gelingt es wieder in unnachahmlicher Weise die Gestalten und Typen in diesem kleinen Ort lebendig werden zu lassen. Man hat beim Lesen fortwährend Kopfkino, sieht jeden einzelnen ihrer skurrilen Charaktere deutlich vor sich. Dazu benutzt sie eine authentische, teilweise recht derbe Sprache, so dass ich mir das ganze Szenario tatsächlich auch sehr gut verfilmt vorstellen könnte – als rabenschwarze Krimikomödie. Ja, Komödie, obwohl es auch etliche tragische Verwicklungen gibt, so überwiegt für mich der lakonische Humor, der das Buch durchzieht.

Die Verwicklungen sind wahnsinnig gut miteinander verwoben, manche Handlungen ergeben förmlich einen Dominoeffekt – und das Ende, die Auflösung des Todesfalls, verblüfft dann trotz alledem.

Da das Buch in den 70er Jahren spielt – was durch eingestreute Liedererwähnungen oder andere Hinweise auch als Hintergrund stimmig ist – musste sich die Autorin zum Glück auch nicht an political correctness halten. Dann würde das Buch auch so nicht funktionieren, denn einige der Protagonisten weisen mehr oder weniger große Handicaps auf und auch das Rollenverständnis von Mann und Frau erscheint uns aus heutiger Sicht recht „machohaft“.

Tina Seel ist wieder ein kleines Juwel gelungen, was aus der Masse der Krimis heraussticht. Ich weiß gar nicht, ob ich es der Gattung Kriminalroman zuordnen oder eher eine eigene Rubrik finden sollte.

Jedenfalls gibt es von mir 5 Sterne und eine Leseempfehlung für eine spannende, schwarzhumorige und unterhaltsame Geschichte.

Bewertung vom 07.11.2023
Unfollow Stella
Dunne, Ellen

Unfollow Stella


ausgezeichnet

Die dunklen Seiten von Social Media

Dieses Buch ist Band 4 einer Reihe um die Deutsch-Irin Patsy Logan. Ich bin bei Band 3 eingestiegen. Die Bücher sind problemlos auch einzeln zu lesen, der Charakter von Patsy erschließt sich jedoch besser, wenn man der Reihe folgt.

Patsy, die ja eigentlich unter anderem in Dublin ihre Wunden lecken wollte, nach einer gescheiterten Ehe und einem verpatzten Karrieresprung bei der Kripo in München, lässt sich immer wieder in komplizierte Fälle hineinziehen, die ihre Ermittler-Instinkte wecken.

Dieses Mal bittet sie ihr Bekannter und seit dem letzten Fall guter Freund Sam Feurstein, Angestellter der österreichischen Botschaft, inoffiziell bei der Suche nach Stella Schatz, einer verschwundenen jungen Österreicherin, zu helfen. Der Bruder macht sich Sorgen, da er sie nicht erreicht. Liegt ein Verbrechen vor oder ist sie freiwillig untergetaucht? „Unfollow Stella?“ Nicht mit Patsy, sie versucht, sich an deren Fersen zu heften, so gut es geht...online und offline.

Wider besseres Wissen erklärt sich Patsy bereit, Sam zu helfen. Stella arbeitete als Content-Moderatorin bei einer IT-Firma, so dass man davon ausgehen kann, dass sie Schlimmes gesehen hat. Dazu kommt, dass sich Patsy bei ihren Nachforschungen bald selbst verfolgt fühlt. Und tatsächlich bringt sie sich ob ihrer wie immer impulsiven und unorthodoxen „Ermittlungsweise“ in große Gefahr...

Ellen Dunne begeistert wieder einmal mit ihrem einzigartigen, flapsig-schnoddrigen Erzählstil. Wir erleben das Buch aus Patsys Sicht und somit auch mit deren Worten. Selbstironisch, witzig, frisch - amüsant, selbst bei dunkleren Abschnitten.

Die Story wird aufgepeppt durch etliche Chatprotokolle, die zum einen dem Leser Aufschluss über einige Verbindungen geben, zum anderen super mit der behandelten Materie verflochten sind. Auch einige von Stella notierte Anmerkungen zum Konsum und zur Verbreitung von Social Media sind durchaus überdenkenswert. Zudem betätigt sich Patsys Cousine Sinéad derzeit recht erfolgreich als „Gute-Laune-Influencerin“ - das Buch ist also quasi ein gelungener Rundumschlag!

Die Figuren sind gut gezeichnet, man sieht sie vor sich. Ich habe dieses Mal auch Patsy etwas besser kennengelernt, da es einige Rückblicke in ihre Vergangenheit gibt. Ich verstehe jetzt die sie umgebende Düsternis und ihre oft sehr selbstironischen Gedanken besser. Denn zu allem Überfluss möchte sie ja eigentlich in Dublin herausfinden, ob ihr Vater sich tatsächlich in der irischen See vor vielen Jahren das Leben genommen hat...

Doch bis sie und wir Leser*innen das erfahren wird es hoffentlich noch viele weitere Bände dieser Reihe geben!
Ich möchte mehr von Patsy lesen und vergebe sehr gern 5* für das tolle, runde Buch und kann nur empfehlen, es zu lesen!

Bewertung vom 03.11.2023
Frau Morgenstern und der Abgrund
Huwyler, Marcel

Frau Morgenstern und der Abgrund


ausgezeichnet

Wortakrobatik und ein Feuerwerk an originellen Ideen – unübertroffen! Der Verbalzauberer Marcel Huwyler hat wieder zugeschlagen

Frau Morgenstern hadert, mit dem Alter, mit der Gesundheit, mit ihrer verlorenen Liebe... Dies macht sie in manchen Situationen nicht nur dünnhäutig, sondern auch anfällig. Und gar leichtsinnig – denn einen leichten Sinn vermisst sie tatsächlich...

Und Miguel, der Haderlump, geniesst zwar seine Quartalsliebe mit Leena, vermisst jedoch ein geordnetes Leben – wer hätte das gedacht?

Beider Schicksal ist ja auf Gedeih und Verderb miteinander verbunden, jedoch gehen sie dieses Mal teilweise getrennte und gefährliche Wege... Geheimnisse vor dem Partner sind auf der Flucht und im Untergrund nicht eben von Vorteil.

Aber oarum geht es überhaupt?
Man soll es zwar kaum glauben, aber nicht alle Leser'innen kennen diese überragende Buchreihe. Dies ist bereits der 5. Band um Violetta Morgenstern und Miguel Schlunegger, das ungleiche und unvergleichliche Duo, Hauptberuf Eliminator. Früher von Staats wegen, im Auftrag eines Geheimministeriums, nachdem sie in Ungnade gefallen sind nun jedoch auf der Flucht und selbstständig. Rent a Killer sozusagen.

Man kann das Buch sicher für sich allein lesen, jedoch würde ich jedem Interessenten dringend anraten, die Vorgänger auch zu genießen, denn viele Zusammenhänge sind so klarer – und außerdem ist jeder Band ein Lesegenuss! Für mich gibt es auf dem deutschsprachigen Markt derzeit keinen anderen Autor, der solche Schreibgewandtheit besitzt und derart mit Worten jongliert wie Marcel Huwyler. Mir gehen bei Band 5 nun aber bald die Superlative aus, darum nun zum aktuellen Buch:

Natürlich werden wir wieder Zeuge eines sehr originellen Auftragsmords und ebenfalls macht sich unser Duo quasi pro bono an die Aufklärung eines anderen, völlig unfantasievoll und brutal geschehenen Mordes, weil Miguels Liebste sie darum gebeten hat. Was hierbei zu Tage kommt könnte die Weltgeschichte erschüttern, wenn es denn ans Licht der Welt käme, doch soweit wird es nicht kommen...

Eine aberwitzige Story, bestens gespickt mit fantasievollen Wortgebilden, eingestreuten Schwyzer Begriffen und verbalen Spitzfindigkeiten, gewohnt flüssig zu lesen, doch nicht ganz so federleicht wie gewohnt, eine gewisse Melancholie schwebt über dem Ganzen, insbesondere in den Gedanken von Violetta... Die Protagonisten haben sich weiter entwickelt – dies bleibt bei einer Serie ja nicht aus.

Herrn Huwyler gelang es nicht nur, mich wieder einmal prächtig zu unterhalten und zu amüsieren, er führte mich bisweilen auch auf falsche Fährten.

Und – liebe Mitlesende: Schaut bitte auf gar keinen Fall zuerst in das letzte Kapitel!!! Hört Ihr? Auf gar keinen Fall! Was da geschieht ist so unglaublich, dass einem der Mund offenbleibt und man Marcel Huwyler mit vorgehaltenem Revolver zwingen möchte sofort, aber wirklich subito, am Band 6 zu feilen und diesen zu veröffentlichen...

Nun denn – was soll es anderes geben als 5* und eine absolute Leseempfehlung für Freunde skurriler Geschichten, mit Wortspielereien garniert und mit gehörig schwarzem Humor serviert!

Bewertung vom 28.09.2023
Nebel über der Uckermark
Brandes, Richard

Nebel über der Uckermark


ausgezeichnet

Packender dritter Teil der Brandenburg-Reihe! Gibt es Hellseherei? Oder alles Scharlatanerie? Kein Esoterik-Kram sondern ernsthafter Krimi!

Dies ist bereits der dritte Brandenburg-Krimi von Richard Brandes, den ich gelesen habe und ich wurde auch dieses Mal nicht enttäuscht.

Maria, die Wirtin der Gaststätte, in der gerade noch Kommissarin Carla ausgelassen ihren 60.Geburtstag gefeiert hat, berichtet, dass sie in einer Vision die Ermordung einer jungen Frau voraussah. Carla hält bekanntlich nichts von Hokus-Pokus. Als jedoch eine Vermisstenmeldung für Jeta, eine junge Albanerin, hereinkommt, deren Beschreibung bis ins kleinste Detail mit der Vision übereinstimmt, wird selbst Carla stutzig.
Zufall? Insiderwissen? Oder tatsächliche hellsichtige Begabung?
Julia und Carla beginnen zu ermitteln, beide haben allerdings höchst unterschiedliche Auffassungen von Wahrsagerei und Hellsichtigkeit...
Carla wird jedoch ebenfalls ein wenig unruhig, als Maria auch ihr eine warnende Vision mitteilt.

Das ganze Buch bewegt sich etwas im mystischen Rahmen, ohne jedoch in Esoterik abzugleiten. Man merkt, dass der Autor gut recherchiert hat. Er zeigt sowohl Möglichkeiten der Hellsichtigkeit, deren Bedeutung in anderen Kulturen (Julias Vater) auf, nimmt aber auch die Scharlatanerie aufs Korn, die oft mit derlei Weissagerei und verzweifelt nach jedem Strohhalm greifenden Menschen betrieben wird.
Bis zum Schluss weiß man nicht genau, was Trug und was Wahrheit ist...

Das Buch liest sich gewohnt flüssig, die Gegend wird anschaulich beschrieben, was ich als Kennerin der Uckermark sehr gut beurteilen kann. Die bereits bekannten Charaktere haben sich weiter entwickelt und wachsen dem Leser immer mehr ans Herz. Maik, um den wir uns bereits im letzten Band sorgen mussten, befindet sich in einem sehr gefährlichen Undercover-Einsatz, so dass dem Leser des Öfteren der Atem stockt.

Jedoch – hier kommt mein einziger Minuspunkt des Buchs: Das Umfeld dieses Undercover-Einsatzes ist mir zu plakativ gewählt. „Klimaleugner“, Reichsbürger, ein unehrenhaft entlassener Oberst, rechte Schlägertypen, hier wurde wirklich alles versammelt, was zum typischen Klischee der rechten Szene passt, und dann über das Klima und „Querdenker“ versucht, einen aktuellen Bezug herzustellen. Ich habe zwar keinen Verbesserungsvorschlag – Mafia in der Uckermark wäre vielleicht ungewollt komisch geworden - aber wie gesagt, dieser Handlungsstrang hat mir sehr missfallen. Glücklicherweise hat der Autor aber ein Händchen dafür, solche Themen relativ gut in den Gesamtkontext einzubinden, so wie er es ja auch mit anderen Themen wie z.B. Alltagsrassismus tut.

Und dass ich dennoch die volle Punktzahl – ebenso eine absolute Leseempfehlung!!! - gebe liegt daran, dass es einfach ein unglaublich guter und spannender Kriminalroman, fast schon ein „Uckermark-Thriller“, geworden ist. Die kurzen Kapitel, oft am Ende mit Cliffhangern versehen, lassen einen das Buch nicht aus der Hand legen – und am Ende werden alle Fäden zusammengeführt, mit einer Wendung, mit der ich nicht gerechnet hätte, die aber sehr stimmig war.

Ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Band und auf ein Wiedersehen mit den mir nun schon so vertrauten Protagonisten!

Bewertung vom 16.09.2023
Nach der Zeit
Johannsen, Anna

Nach der Zeit


sehr gut

Ruhiger, angenehm lesbarer Krimi mit sympathischem Ermittler-Team

Dies ist mein erster Krimi dieser Autorin, ich habe also auch Band eins der Serie nicht gelesen. Das war aber für den Fall auch nicht unbedingt nötig, vielleicht aber für das Verständnis der beiden Hauptcharaktere.

Jan, ein Psychologe, der momentan vor lauter privaten Problemen (bevorstehender Scheidung mit Kind in England) manchmal schwer ins Tagesgeschehen findet und Hanna, junge, toughe Kommissarin, deren Innenleben uns noch etwas verborgen ist, die aber wohl schon mal eine Schulter zum Anlehnen bräuchte.

Beide ermitteln nicht zum ersten Mal miteinander und das Miteinander geht auf jeden Fall dienstlich sehr gut, denn sie ergänzen sich sowohl in ihren Schlussfolgerungen als auch bei den Vernehmungen und Beobachtungen. Und sind letztendlich oft dergleichen Ansicht - im Gegensatz der Polizeibeamten, denen sie beratend zur Seite stehen sollen, denen sie aber öfter als Wichtigtuer und Störfaktor erscheinen.

Der Fall selbst – zwei vorgetäuschte Selbstmorde, deren einzige gemeinsame Spur weit in die Vergangenheit führt – wird minutiös und ruhig aufgeklärt. Der Leser weiß nie mehr als die ermittelnden Teams und die Spannung erzeugt sich somit mehr durch das Mitermitteln. Mir persönlich war diese Art des Erzählens sehr angenehm.

Zwischendurch kommen sich Jan und Hanna ab und zu etwas näher, was beiden gut tut, aber die Angst vor Verletzungen sitzt bei beiden sehr tief. Diese Segmente fand ich sehr schön und nachvollziehbar geschildert.

Am Ende kommt auch noch wirkliche Spannung auf, als – fast zu spät – erkannt wird, wer hinter diesen und weiteren zumindest geplanten Morden steckt. Das Motiv war nachvollziehbar, wenn auch vielleicht für solch akribische Morde fast etwas dünn. Es blieben nur ganz wenige offene Fragen für mich und da ich Jan und Hanna beide sehr sympathisch fand, werde ich den nächsten Band auch lesen.

Was mir ein wenig fehlte: Die Beschreibung der Personen, ich konnte mir rein optisch vor meinem inneren Auge kein Bild machen. Die Schilderung der Lüneburger Heide dagegen kam ganz gut rüber.

Da in meinen Augen noch Luft nach oben ist vergebe ich 4 gute Sterne und eine Lese-Empfehlung für Freunde eines ruhigen, unblutigen Krimis mit viel Augenmerk auf den Ermittlungen.

Bewertung vom 28.08.2023
Canaria Criminal
Verano, Daniel

Canaria Criminal


sehr gut

Solider Krimi mit etwas zu wenig Kanarenflair

Es handelt sich um den 2. Band einer Reihe. Ich hatte jedoch nicht das Gefühl, dass mir zum Verständnis dieses Buches etwas fehlt, da ich Band 1 leider nicht gelesen habe.

Handlung:

Felix Faber, deutscher Auswanderer und Mitarbeiter einer Zeitung auf Gran Canaria, wird zufällig Augenzeuge, wie ein umstrittener Politiker bei einem Fallschirmsprung auf Gran Canaria zu Tode kommt. Gemeinsam mit seiner Kollegin-Freundin Candela versucht er, die Hintergründe heraus zu finden.

Gleichzeitig begleiten wir Ana Montero und ihren Kollegen Ruiz bei den polizeilichen Ermittlungen in diesem Fall.

Es gibt natürlich verschiedene Varianten, Verdächtige und mögliche Motive. Schließlich führt dann eine Zufallsentdeckung auf die richtige Spur und alles wird schlüssig aufgeklärt.

Dazwischen gibt es ein paar nette kanarische Szenen, das Flair wird jedoch überwiegend durch eingestreute spanische Redewendungen erzeugt. Dies hat bei mir ganz gut funktioniert, da ich die Sprache spreche. Jedoch sollte dem Autor jemand mal sagen, dass es einen Cortado (spanische Kaffeespezialität, die im Buch ohne Unterlass getrunken wird) ohne Milch nicht gibt, denn dann ist es kein cortado mehr. Das hat mich fast verrückt gemacht.

Die Protagonisten sind recht sympathisch, die Ermittlungsarbeit wird glaubhaft dargestellt.

Resume: Ein gut zu lesender, flüssig geschriebener Urlaubskrimi.
Dafür gibt es von mir 4* und eine Leseempfehlung als Urlaubslektüre.

Bewertung vom 23.08.2023
One for the Rock
Major, Kevin

One for the Rock


ausgezeichnet

Spannende Lektüre mit authentischem Neufundland-Flair

Das Cover dieses Buchs sprang mir wegen des Ahornblatts sofort ins Auge – Krimis, die in Kanada spielen, interessieren mich immer. Noch erfreuter war ich, einen Neufundland-Krimi vorzufinden, denn diese Ecke von Kanada habe ich selbst kennen- und lieben gelernt.
Am Anfang war ich noch nicht ganz überzeugt, ob mich der Krimi packen würde, in Ich-Form, von einem männlichen Erzähler geschrieben, und recht „betont lustig“...hm.

Aber dieser Eindruck hatte sich bald verflüchtigt, denn die Story des ehemaligen Lehrers, Whisky-Freunds und neuerdings Reiseleiters Sebastian ist so witzig und unterhaltsam geschrieben, dass man das Buch fast in einem Rutsch durchliest.

Zum Inhalt nur ganz kurz:
Auf der ersten Wanderung seiner neuen Tour stürzt einer der Teilnehmer ab und kommt zu Tode...Unfall oder Mord? Sebastian ist neugierig und wird bald vom ermittelnden Officer in die Ermittlungen mit eingespannt, was er nicht unbedingt toll findet, ist der Cop doch der „Neue“ seiner Ex.

Das Buch ist spannend, die Story ein wenig skurril, aber auch das passt nach Neufundland. Ich hatte meine Freude nicht nur an den unterschiedlichen und gut geschilderten Typen der Reisegruppe, sondern ebenso an den Beschreibungen der Orte und Gegebenheiten, worin ich vieles wiedererkannte.
Dazu ist der Erzähler stets schön selbstironisch und auch die Nebenhandlungen um seinen Sohn und seinen Hund sind sehr liebenswert erzählt.
Auch wenn ich relativ früh eine Ahnung hatte, in welche Richtung Tat und Motiv laufen, blieb die Storyline spannend bis zuletzt.

Ich hatte großen Lesespaß, freue mich auf Band 2 und vergebe sehr gern 5*.
Eine Leseempfehlung nicht nur für Kanadafreunde und Whyskyliebhaber, sondern für alle, die eine turbulente Story mit viel Witz und Spannung zu schätzen wissen.

Bewertung vom 21.08.2023
Der lila Seeteufel / Eliza Roth-Schild Bd.2
Huwyler, Marcel

Der lila Seeteufel / Eliza Roth-Schild Bd.2


sehr gut

Einleitend möchte ich erwähnen, dass für mich die „Frau Morgenstern...“-Reihe von Marcel Huwyler in den letzten Jahren das Lese-Highlight überhaupt war. Somit war ich auf die neue Reihe sehr gespannt, deren ersten Teil ich bisher noch nicht gelesen habe.
Das Cover sprach mich auch hier sofort an.
Man braucht keine Vorkenntnisse aus Band 1, um in die Reihe einzusteigen.
Eliza Roth-Schild, die für ihre Diskretion bekannte Privatermittlerin, stürzt sich hier mit ihrem neuen Auftrag kopfüber (manchmal buchstäblich) in ein Abenteuer, welches ihr einiges abverlangt. Eliza kann zwar nicht schwimmen, ist aber sonst mit allen Wassern gewaschen.

Wer Marcel Huwyler kennt weiß, dass den Leser ein wahres Feuerwerk an Wortspielereien, irrwitzigsten Ideen und jede Menge Situationskomik erwartet. So wird man auch hier nicht enttäuscht. Man wird verwöhnt mit schweizerdeutschen Begriffen, die für deutsche Ohren oft so niedlich klingen, mitunter nicht immer sofort verständlich aber aus dem Zusammenhang zu erraten sind, und genießt brillante Worteigenschöpfungen des sprachgewaltigen Autors, die einen fortwährend schmunzeln lassen.
Besondere Freude machte mir die Figur des Taxifahrers Wölti mit seinen modischen Auftritten und seinen kühnen Ideen – ich könnte mir vorstellen, dass er in weiteren Bänden eine Art Kompagnon für Elizas Business werden wird.

Das Büchlein ist nicht dick, die 190 Seiten sind im Nu durchgelesen und man hat von Anfang bis Ende einen großen Lesespaß dabei. Vom Inhalt sei hier nicht viel erwähnt, das sollte man selbst lesen.

Obwohl ich nicht vergleichen wollte und auch nicht sollte – die feingeistige Violetta Morgenstern ist eine Protagonistin, die mir sehr ans Herz gewachsen ist. Diese Reihe hat mir also um einiges besser gefallen. Hier bei Frau Roth-Schild erschien mir der Humor manchmal ein wenig derb, und die Figuren gerieten mitunter zu holzschnittartig.
Dennoch vergebe ich gern 4* für ein großes Lesevergnügen, denn das Büchlein ragt immer noch aus dem Gros anderer Romane weit heraus.
Unbedingte Leseempfehlung für kurzweilige Schmunzellektüre.

Bewertung vom 18.08.2023
Im Sturm / Lilly Hed Bd.2
Ericson, Pernilla

Im Sturm / Lilly Hed Bd.2


gut

Nach der Leseprobe hatte ich mich auf einen spannenden Schweden-Krimi gefreut, der zudem in einer Gegend spielt, die ich gerade bereist habe.
Aber meine Erwartungen wurden nicht ganz erfüllt.

Worum geht es?
Die „toughen“ Kommissarinnen Liv und Lilly werden als „Spezialistinnen“ zur Verstärkung in die nordschwedische Provinz geschickt, wo die örtlichen Polizeikräfte in einem bislang unaufklärbaren Mord keine Fortschritte zu erzielen scheinen. Voller Elan beginnen sie mit ihren Ermittlungen, als ein schwerer Sturm das Dorf von der Außenwelt abschneidet.

Pernilla Ericson gelingt es sehr gut, die Situation „plötzlich ohne Strom“ zu beschreiben und man denkt unwillkürlich darüber nach, wie abhängig man davon ist, dass einfach alles funktioniert, und sei es bei der Supermarktkasse... Das hat mir ganz gut gefallen. Allerdings hat die Autorin für meinen Geschmack die „Klimakrise“ zu plakativ in den „Krimi“ mit eingebracht, ich las erst später, dass es eine Herzensangelegenheit von ihr ist. Das war mir an manchen Stellen ein wenig too much.
Auch sonst war das Buch gut gemeint ein wenig überfrachtet – Stalking, Gewalt gegen Frauen, unerfüllter Kinderwunsch, Pflegekinder, Adoptivkinder...es gibt jede Menge Rahmenhandlung, aber viel zu wenig Krimi.

Die eigentliche Krimihandlung – es gibt weitere Tote – kann man schnell durchschauen und ich fand die Auflösung plausibel, aber bis auf eine Kleinigkeit auch recht vorhersehbar. Das wäre aber nicht so schlimm, wenn mir die Personen in irgendeiner Form ans Herz gewachsen wären, aber dem war leider auch nicht so.

Das Buch ist in einem einfachen Schreibstil gehalten und lässt sich gut und flüssig lesen.Man erfährt viel – im Grunde zuviel - über das Privatleben der Ermittlerinnen und eine Hausgeburt mitten im Sturm muss auch noch für Spannung herhalten.
Für mich las es sich mehr wie ein Roman für Frauen, junge Frauen, die sich wohl in den beiden Kommissarinnen – deren Toughheit sich überwiegend in Selbstverteidigungskünsten zeigt - wiederfinden sollen ? Keine Ahnung.
Mir blieben die Protagonistinnen sehr fern, ich konnte zu keiner von beiden eine Beziehung aufbauen.

Die Mordserie an sich wurde schlüssig und nachvollziehbar aufgeklärt, ich hatte sogar Verständnis für die Taten.
Das Buch kann man gut so vor sich hinlesen. Ich werde aber keine weiteren Bände der Serie lesen, dazu fehlte mir der Funke, der leider nicht übersprang.
Ich kann mir hingegen durchaus eine Verfilmung des Buchs vorstellen.

Ich vergebe gerne 3* - und durchaus eine Leseempfehlung, aber nicht für einen Krimi, sondern für das Genre „Spannungsromane für Frauen“.