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Benutzername: 
TommyB
Wohnort: 
Trittau

Bewertungen

Insgesamt 48 Bewertungen
Bewertung vom 12.11.2022
Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen
Sträter, Torsten

Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen


weniger gut

Will ich oder lass ich’s?
Torsten Sträter hat wieder zugeschlagen, der Titel seines Buches „Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen“ ist ein typischer Sträter, doppelte Bedeutung in einer eigentlich eindeutigen Aussage.
Er veröffentlicht hier in Buchform Texte der letzten zwei Jahre, die er bereits live bzw. im TV vorgetragen hat. Er beginnt mit einigen „Storys“, fährt mit den „Corona-Papieren“ fort, hier ist klar, dass er als betroffener Künstler durchaus eigene Ansichten hat. Es folgt ein Zwischenspiel. Daran schließt sich „Das Beste vom Schlechten“ an, hier nimmt er Begriffe aus der Sprache aufs Korn, einerseits sehr präzise, andererseits aber unter totaler Ignoranz der Bedeutung dieses Begriffes um des Effektes willen. „Weitere gute Texte“ sind nicht wirklich durchgängig gut. 4 Texte für „7 Tage / Köpfe“ sind bemüht aber wenig erbaulich. Lustig wird es bei seinen Spielzeugbetrachtungen. Allerdings muss man alt genug sein, um diese Spielzeuge zu kennen. Ob seine „Ansprachen ans Volk“ heute, mit mehr als einem Jahr Verspätung noch Sinn machen, sei dahingestellt. So ergeht es leider auch den „Extra 3 -Texten“. Mit „Kammanommakucken“ erklärt er, warum bestimmte alte Filme von ihm so verehrt werden. Hier gilt dasselbe wie beim Spielzeug, wer diese Filme kennt, wird sich wiederfinden, jeder andere aber schüttelt eher den Kopf.
Summa summarum: ein nettes Buch mit einigen wirklich guten Texten, aber auch jeder Menge Füllmaterial. Und das größte Manko dieses Buches ist eben, dass es ein Buch ist. Diese Texte rauchen Torsten Sträter als den, der diese Texte vorträgt, in der ihm eigenen Diktion. Als Hörbuch vielleicht anstrengender, wegen der Fülle, aber eindeutig besser, als es zu lesen.

Bewertung vom 20.10.2022
Die Legenden von Andor: Varkurs Erwachen
Baumeister, Jens

Die Legenden von Andor: Varkurs Erwachen


sehr gut

Durchwachsen
Eine buchstäblich dunkle, weil in schwarz-weiß gehaltene Grafik Novel erzählt einen kleinen Teil der Geschichte von Varkur, dem Schiffbrüchigen. Er treibt in einer Nussschale über das Meer in ein einsames, langweilig ödes Fischerdorf. Die junge Frau Ranja nimmt sich seiner an und gemeinsam versuchen sie, seine Herkunft zu ermitteln, denn außer seinem Namen weiß er so gut wie nichts über sich. Er hat aber magische Kräfte, die ihn zunächst vor den Dorfbewohnern und danach Ranja und ihn vor Monstern schützen.
Im „wachsamen Wald“ erhält einen großen Teil seiner Erinnerungen zurück, aber die sind voller Schuld. Auf der Flucht vor sich selbst und der dunklen Magie, die in ihm steckt, begegnet er Ranja wieder und seine tragische Geschichte wiederholt sich teilweise. Nur dass nicht er die Klinge führt, mit der er aus Versehen, seine Schwester getötet hat und die jetzt Ranja tötet, sondern ein eifersüchtiger Dorfbewohner.
So weit die Story, was ist nun gut, was nicht so gut? Gelungen ist die grafische Umsetzung der Geschichte. Besonders sein Pas-de-deux mit seiner Magie, die Veränderung in seinem Gesicht, je nachdem ob er der nette Varkur oder der gefährliche Magier ist, ist prima. Und das alles in grau-schwarz-weiß. Das sind fette Pluspunkte.
Abstriche gibt es aber auch: irgendwie ist die ganze Geschichte mit der heißen Nadel gestrickt, ständig passiert etwas, weder die handelnden Personen noch der aufmerksame Leser dürfen einmal Luft holen. Und insgesamt will diese Geschichte, die ja wohl noch reichlich Fortsetzungen hat, nicht so recht „aus dem Quark kommen“. Es scheint mehr eine Einleitung zu sein, als eine wirkliche Geschichte.

Bewertung vom 16.06.2022
Ein Leben für das Glück der Kinder / Die Hafenärztin Bd.2
Engel, Henrike

Ein Leben für das Glück der Kinder / Die Hafenärztin Bd.2


sehr gut

Es geht weiter
Der große Vorteil des Buches ist leider auch gleichzeitig sein Nachteil: als Leser des ersten Bandes kennt man die Protagonisten.
Der Vorteil liegt auf der Hand: so ist einfacher für die Autorin neue Aspekte einzuführen. Die Problematik der Auswanderer und ihres Elends, ihres ausgebeutet seins. Und natürlich schildert sie weitere Aspekte der Frauenbewegung vor dem Ersten Weltkrieg, diesmal buchstäblich mit mehr Kampfgeist. Zusätzlich bekommt Helene eine bittere Lektion in Form von Dienstbarkeit durch das ehemalige Dienstmädchen der Familie. Und die Autorin spart sich neue Protagonisten, die erst umfänglich eingeführt werden müssen. Man bleibt in der Welt von Dr. Anne Fitzpatrick, Helene Curtius und Kommissar Reydt. Ihre eigenen Entwicklungen und Beziehungen zueinander werden konsequent weitererzählt und entwickeln sich auch. Anne kommt einem dunklen Familiengeheimnis auf die Schliche, eine zarte Romanze entspinnt sich zwischen Helene und dem Kommissar. Wer weiß, was da die bestimmt folgenden Folgebände daraus machen.
Und es ist auch einfacher für die Leserschaft, sofort zu wissen, wer denn wer ist, mit welcher Vorgeschichte diese Personen hier agieren. Hat man das erste Buch gelesen, ist man sofort mitten drin und freut sich über die neuen Aspekte, von denen es -siehe oben- reichlich gibt.
Der Nachteil liegt auf der Hand: wer den ersten Band nicht gelesen hat, wird überfahren. Hin und wieder werden netterweise kleinere Bezüge zum ersten Teil eingefügt, aber als Erstleser/in könnte man sich schnell überfordert fühlen.
Zum Inhalt: Auf der Veddel hat sich Albert Ballin ein großes Viertel reserviert, in dem er die Auswanderer „zwischenlagert“. Es gibt medizinische Betreuung, Beobachtung und dann bestens organisierte Verteilung auf die Auswandererschiffe Richtung Amerika. Und jetzt sterben auf der Veddel plötzlich Kinder, höchstwahrscheinlich vergiftet. Doch da das nicht sicher nachweisbar ist, arbeitet Kommissar Reydt an dem Fall des ermordeten Mädchenhändlers. Allerdings wird bei diesem ein großer Koffer mit Gift gefunden. So kreuzen sich die Ermittlungen. Helene als zukünftige Lehrerin im Praktikum unterrichtet die Kinder auf der Veddel und ist so ebenfalls involviert.
In diesem Buch beginnt die Autorin zwar wieder recht spät, aber nicht zu spät, das Augenmerk auf die verbrechen und ihre Aufklärung zu lenken, das beginnt deutlich früher als im ersten Band. Zudem wird die Wissenschaft, die spätere Forensik mehr und Teil des Polizeialltags.
Das reicht dann locker für 4 Sterne.

Bewertung vom 20.03.2022
Im Rausch des Aufruhrs
Bommarius, Christian

Im Rausch des Aufruhrs


gut

1923 im Detail
Christian Bommarius führt seine Leser/innen chronologisch durch das Jahr 1923. Aber es ist keine historische Abhandlung, es sind Augenblicke, Schnipsel, die ein Schlaglicht oder auch nur einen kleinen Schatten auf dieses Jahr in Deutschland werfen. Auch wenn es hin und wieder über die Grenzen geht, zu mehr als 90% spielt alles in Deutschland. Ob es eine Zeitungsmeldung über eine Familie ist, die an einer Pilzvergiftung starb, ob es um eine eher unbekannte Person geht, die vor dem Krieg sagenhafte 100.000 Mark für’s Alter zurückgelegt hat und damit jetzt gerade mal einen Fahrschein für die Straßenbahn kaufen kann. Jede Person hat einen Namen und ein Schiksal.
Natürlich passieren auch hin und wieder „echte“ Ereignisse, also solche, die man auch in historischen Abhandlungen findet. Dennoch bleibt der Blick des Autors auf die Nebenschauplätze fokussiert und nimmt uns mit in dieses Schicksalsjahr der Weimarer Republik. Da nimmt die Post einen Brief nicht an, der an den Reichspräsidenten Ebert, Berlin adressiert ist: Adresse unvollständig. So etwas zeigt, wie wenig die Republik im Beamtenapparat verankert war. Noch viel mehr derartige Beispiele aus der damaligen Rechtsprechung gibt es. Monat für Monat und auch innerhalb des Monats chronologisch sortiert zeigt der Autor, was damals so passierte. Ein Schwerpunkt liegt auf Kunst und Kultur.
Er hat offensichtlich ein unglaubliches Quellenstudium (Zeitungen / Tagebücher …) hinter sich gebracht und seine Auswahl getroffen. Bei aller Faszination kann mich das Buch unterm Strich doch nicht begeistern, irgendwann ab Mitte des Jahres fängt es an, langweilig zu werden, zuviel wiederholt sich, zuviele Personen kommen immer wieder vor, und die „großen“ Themen kommen mir einfach zu kurz.

Bewertung vom 22.02.2022
Im Schatten der Wende
Goldammer, Frank

Im Schatten der Wende


sehr gut

Lesenswert
Hier schreibt jemand, der weiß worüber er schreibt. Der Autor war 14-15, als die mauer fiel, er erlebte es also hautnah in Dresden mit. Und er kennt den Verfall dieser Republik. Ohne moralischen Zeigefinger erzählt er die wechselvolle Geschichte des Polizeibeamten Tobias Falck, der zunächst an den Sozialismus glaubte und dachte, etwas Gutes zu tun und der jetzt plötzlich mit einer ganz anderen Realität konfrontiert wurde Gekonnt wird der Umbruch in eine Kriminalgeschichte verwebt, innerhalb der Tobias einige "alte" Fälle aufklären kann, weil niemand mehr die Aufklärung von offizieller Seite behindert. Denn im Sozialismus kommen natürlich keine Leichen weg und sexuelle Belästigung von Frauen oder gar Kindern gibt es auch nicht. In all das platzt dann eine westdeutsche Ermittlerin, die Amtshilfe bei der Suche nach einem Mörder benötigt. Aber irgendetwas ist an der Dame auch nicht ganz astrein. Es gibt ein paar Tote, hier hat der Autor wohl etwas dick aufgetragen, aber es ist ja auch Fiktion. Für jeden, der DDR nicht sofort mit "Der Dumme Rest" übersetzt, aber diesen Spruch noch kennt, ist das ein kurzweiliges und lesenswertes Buch.

Bewertung vom 27.01.2022
Der Mann, der zweimal starb / Die Mordclub-Serie Bd.2
Osman, Richard

Der Mann, der zweimal starb / Die Mordclub-Serie Bd.2


ausgezeichnet

Man(n) stirbt nur zweimal
Eigentlich sagt der Klappentext schon alles, was man zu dem Buch wissen muss. Auch wenn er (der Klappentext) einen Fehler enthält. Denn der dort erwähnte Douglas ist nicht nur ein ehemaliger Kollege von Elisabeth, sondern tatsächlich ihr „Ex“-Ehemann. Auch wenn der der Mafia mal so eben nebenbei Diamanten im Wert von 20 Millionen gestohlen hat, ist das kein Grund, ihn umzubringen. Findet zumindest der Donnerstagmordklub der Seniorenresidenz Coopers Chase.
So sind jetzt Elisabeth und ihre Freundin Joyce, Ron und Ibrahim auf Mördersuche. Da nebenbei Ibrahim von einem Rowdy beraubt und verletzt wurde, gerät auch dieser in die Blick- und Schusslinie der 4 eigenwilligen Ermittler/innen. Auch die Polizeibeamten Chris und Donna werden einbezogen, müssen sich aber meistens mit den Brosamen, die vom Tisch der 4 abfallen, zufriedengeben. Immerhin bekommen sie letztendlich ihre Festnahmen. Alle sind glücklich.
Sehr amüsant zu lesen, ein Pageturner nicht wegen der unglaublichen Spannung oder etwa des rasanten Tempos, denn das kann man bei den betagten Protagonisten nun wirklich nicht erwarten, sondern wegen des Augenzwinkerns, dass auf jeder Seite hervorblitzt. Hier wird sich nicht ernst genommen.

Bewertung vom 25.12.2021
Ein Leben für die Freiheit der Frauen / Die Hafenärztin Bd.1
Engel, Henrike

Ein Leben für die Freiheit der Frauen / Die Hafenärztin Bd.1


ausgezeichnet

Lohnt sich
Mit ihrem Kriminal- und Gesellschaftsroman „Die Hafenärztin“ hat Henrike Engel meiner Meinung nach einen Treffer gelandet. Es gelingt ihr, einerseits ein sehr plastisches, teils drastisches Sittengemälde Hamburgs vor dem ersten Weltkrieg zu malen und auf der anderen Seite eine spannende Kriminalgeschichte zu erzählen. Die drei Protagonistinnen, von denen einer ein Mann ist, laufen sich ständig über den Weg, manchmal zufällig, meistens aber beabsichtigt.
Da ist Dr. Anne Fitzpatrick, die allerdings gar nicht so heißt, eine Kämpferin für Frauenrechte und gleichzeitig engagierte Mitarbeiterin in Frauenhäusern in Hamburg. Auf sie hat es der Hafenmörder letztlich abgesehen. Dann gibt es Helene Curtius, eine höhere Tochter aus gutem Haus, die gegen die strengen Regeln des Vaters rebelliert. Sie will nicht schweigende, duldende Hausfrau und Mutter werden, wie es ihr vorgelebt wird. Sie versucht über Dr. Fitzpatrick in die Hamburger Frauenbewegung zu kommen.
Und es gibt den Kommissar Reydt, ein innerlich zerrissener Mann, der beauftragt wird, den bestialischen Mord an zwei Frauen im Hafen aufzuklären. Dafür ist er dem Polizeichef „gerade gut genug“. Da die Morde in unmittelbarer Umgebung des neu eröffneten Frauenhauses von Dr. Fitzpatrick geschehen und Helene zufällig die erste Leiche gefunden hat, überkreuzen sich die Wege dieser drei immer wieder.
Das richtig Gute an diesem Roman ist die Darstellung des Lebens der Menschen zu dieser Zeit, ihre Ideale, ihre Ängste, und insbesondere ihre teilweise erbärmlichen Lebensumstände. Hier wird so gut wie nichts ausgelassen, schuftende Arbeiter, junge Frauen, die ihren Körper verkaufen müssen, weil es sonst keine Einnahmen gibt, das Hausmädchen der Curtius, die scheinbar eine Freundin von Helene ist, aber tatsächlich nur ihr Trinkgeld braucht und nachts dem Vater zu Diensten sein muss, der Standesdünkel in der Fußballmannschaft, wo man -damals!- als Arbeiter oder einfacher Mann nicht in die Mannschaft der FC St. Pauli kam und noch so vieles mehr. Es lohnt sich zu lesen.
Der einzige Wermutstropfen ist, dass irgendwann, so ca. 30-50 Seiten vor Schluss die Autorin gemerkt hat, dass ihr über lauter Sittengemälde und Gesellschaftsbeschreibung die Auflösung der Mordfälle aus dem Blick geraten ist. Holterdiepolter wird schnell ein dramatischer Schlussplot entworfen, so ganz im Gegensatz zu der vorher so ruhig ausgebreiteten Geschichte steht. Das hätte sie auch langsamer angehen und etwas früher beginnen können. Dennoch alle 5 Sterne.

Bewertung vom 29.10.2021
Wie schön wir waren
Mbue, Imbolo

Wie schön wir waren


ausgezeichnet

Gewaltig
Imbolo Mbue hat uns mit ihrem Roman „Wie schön wir waren“ ein Werk über Afrika geschenkt, das offensichtlich mitten aus dem Leben gegriffen ist. Ein kleines Dorf, in dem die überlieferte Tradition über allem steht, wird mit einem Ölkonzern konfrontiert, der in ihrem Tal Öl fördert. Natürlich ist dem Konzern die Umwelt egal, der Fluss wird verschmutzt, die Böden, der Brunnen, das Sterben beginnt im Dorf. Halbherzige Versprechen, denen keine Taten folgen, werden gegeben.
Was soll das Dorf tun? Und diese Geschichte, die über mehr als ein Jahrzehnt ausgebreitet wird, erzählt Imbolo Mbue in jedem ihrer Kapitel aus der Sicht eines anderen Dorfbewohners. Die Frauen kommen hier nicht zu kurz, obwohl es traditionell doch ihre Rolle ist, ihren Mann glücklich zu machen und mehr nicht Aber dieses Rollenbild beginnt zu bröckeln.
Auch wenn das Mädchen Thula sozusagen der „Rote Faden“ des Buches ist, so kommen dennoch viele andere aus ihrer Familie zu Wort. Sie erzählen die Geschichte weiter, natürlich mit Überschneidungen und geben ihre ganz persönliche Sichtweise, ihre Beweggründe preis. Das ist einfach nur großartig. Aus den Kindern der ersten Kapitel werden die zornigen jungen Kerle, die dann selbst Familie haben und auch andere Sichtweisen erleben, jetzt mit Frau und Kindern. Thula hat inzwischen in den USA studiert und kehrt nach einem Jahrzehnt zurück, einem Jahrzehnt, in dem doch dank internationaler Aufmerksamkeit so viel besser geworden sein soll. Aber nichts ist! Kann Thula den Kampf erfolgreich fortsetzen, mit neuen Ideen, mit ihrem unglaublichen Elan?

Bewertung vom 11.10.2021
Motorlegenden - James Bond 007
Tesche, Siegfried

Motorlegenden - James Bond 007


sehr gut

Ganz starker Hauptteil

Bond-Fan Siegfried Tesche hat mit den „Motorlegenden James Bond – Ein Bond ist nicht genug“ die Lücken geschlossen, die im ersten Buch offengeblieben sind. So werden jetzt weitere Bond-Autos ausführlich vorgestellt, geradezu genüsslich seziert. Wie sie aufgerüstet wurden, was sie von den Serienmodellen noch unterscheidet, wie die Promotion dafür lief, welche neuen Farben kreiert wurden und was letztendlich aus diesen Fahrzeugen wurde.
Da gibt es viel zu Staunen und noch viel mehr zum Schmunzeln. Wenn z.B. Ford sich bereit erklärt hatte, „kostenlos“ ihre Fahrzeuge für den Film Diamantenfieber zur Verfügung zu stellen, dann aber am Ende aber feststellen mussten, dass sie nur noch zu Schrott gefahrene Fahrzeuge zurückerhielten. Da wurde dann doch eine fünfstellige Summe eingefordert. Oder wie sich betuchte Menschen gefakte Wagen andrehen ließen und sich wunderten, dass sie diese nicht mit hohem Gewinn weiterverkaufen konnten. Die erstmalige Zusammenarbeit mit BMW, was ja damals in Großbritannien zu einem Aufschrei der Empörung führte, wird sehr plastisch beschrieben und insbesondere der kommerzielle Erfolg für den Autobauer vorgerechnet.
Viele Wagen werden hier vorgestellt, wer hier nicht vorkommt, ist bestimmt schon in Band 1 ausführlich besprochen worden. Ausführlich werden Stunts beschrieben, wie sie gemacht wurden, wer sie machte, was dabei schwer war. Zum Ende des Buches hin werden dann noch diverse Motorräder aus Bond-Filmen vorgestellt, hier gibt es sogar ein paar Einblicke in den neuesten Film, Drehorte und Teile der Stunts werden hier schon einmal mehr als nur angerissen.
Das ist wirklich ein starker Hauptteil, den Bond-Fans bestimmt lieben werden. Egal wieviel du weißt, hier erfährst du mehr. Doch warum wurde nach den Motorrädern nicht Schluss gemacht? Was sollen diese beiden kurzen Schlusskapitel? 6 reichlich bebilderte Seiten über drei Drehorte, zwei davon waren schon vorher im Hauptteil vorgekommen sind ehrlich gesagt einfach nur überflüssig. Den Schluss machen dann 9 Seiten über „Bond und die Frauen“. Hier wird kurz und knapp der sexistische Teil der Bond-Filme und das noch drastischere Frauenbild in den Romanen thematisiert, der kurze Ruhm, den viele Models als Bond-Girls genießen konnten, wird in Gagen, die sie danach verdienen konnten, verdeutlicht. Die Plakate für die Bondfilme mit den halbnackten Frauen, die sie zu Gespielinnen des Helden machen, werden beschrieben. Erst die Filme mit Daniel Craig beendeten diese Unsitte. Und bei der Produktion, Regie oder dem Drehbuch hatten Frauen so gut wie nichts zu sagen. So ein wichtiges Thema und dann nur 10 bebilderte Seiten, von denen zwei nur ein Foto zeigen? Hier wurde eine Chance verschenkt.
Fazit: ein wirklich gutes Buch, dem am Ende leider die Luft ausgeht.

Bewertung vom 23.09.2021
Flucht nach Patagonien
Revedin, Jana

Flucht nach Patagonien


weniger gut

Spagat
Jana Revedin versucht/begeht mit ihrem Buch „Flucht nach Patagonien“ einen Spagat zwischen den tatsächlichen Lebenslinien des Jean-Michel Frank und ihrem gleichnamigen Protagonisten. So richtig gut gelungen ist ihr das nicht. Ok, die anfänglichen autobiografischen Daten, die ihr Jean-Michel auf der Überfahrt nach Argentinien schreibt, stimmen, alles andere wäre ja auch Unsinn gewesen. Auch seine Förderin und Gönnerin Eugenia Errazuriz ist eine historische Person. Ja, und hier wird der Spagat gefährlich. Wenn es alle diese Personen und die vielen vielen weiteren Prominenten tatsächlich gab, dann muss man sehr aufpassen, keinen Unsinn zu schreiben. Zwei erste Beispiele: der tatsächliche Jean-Michel ist tatsächlich mit Anne Frank verwandt. Aber muss der Jean-Michel in diesem Buch seiner 8jährigen Nichte bereits schriftstellerisches Talent und reife Ausdruckweise bescheinigen? Muss er in Patagonien Walt Disney treffen? Weil „Bambi“ als Realfilm geplant ist?
Und dann wird es richtig ärgerlich in Argentinien, wohin Eugenia ihn 1937 mit einem Großauftrag gelockt hat. Im Kontext des Buches will sie ihn, den homosexuellen, gehbehinderten Juden weit außerhalb der Reichweite der Klauen der Nazis wissen. Doch die sind schon da und es ist Eva Braun, die dort bereits die Fäden zieht. Mal ganz ehrlich: 1937? Eva Braun? Argentinien? Prominente Nazifrau? Das ist eindeutig zu viel des Guten, das ist Blödsinn, da rettet auch keine künstlerische / schriftstellerische Freiheit diesen Unsinn. Schade!