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solveig

Bewertungen

Insgesamt 471 Bewertungen
Bewertung vom 18.02.2024
Der Wortschatz
Gugger, Rebecca

Der Wortschatz


ausgezeichnet

Stillverliebt ...

… habe ich mich in dieses wunderschöne Buch. Rebecca Gugger und Simon Röthlisberger haben ein Kunstwerk geschaffen, fröhlich, farbenfroh, fantasievoll, das mit wenig Text auskommt, dem Leser aber eine immense Menge an (Eigenschafts-)Wörtern beschert. In großformatigen Bildern voller Witz und ebenso humorvollen kurzen Textpassagen begleiten wir den Jungen Oscar auf seinem Weg; wir erleben seine Verwirrung zu Beginn seines Fundes - eine Schatztruhe voller Wörter! - und deren recht wahllose Verwendung - bis er ganz „wortlos" dasteht. Zum Glück gibt es die poetische Louise, die ihn zum Entdecken und Sammeln neuer Wörter anleitet.
Und tatsächlich macht dieses quietschvergnügte, lebendige Bilderbuch Lust darauf, sich mehr auf eine ausdrucksvolle, schöne Sprache zu konzentrieren, aus ihrem Reichtum zu schöpfen und sie mit allen Sinnen zu erleben, so wie Oscar.
Doch das Buch des Autoren- und Illustratorenpaares hebt nicht nur den Spaß an Wörtern hervor, sondern macht ebenso darauf aufmerksam, wie wichtig ein vernünftiger, behutsamer Umgang mit Sprache ist.
Übrigens gibt es für Pädagogen zusätzlich Begleitmaterial für den Schulunterricht, das kostenlos erhältlich ist.

Bewertung vom 17.02.2024
Lil
Gasser, Markus

Lil


sehr gut

Über Generationen hinweg

Ein Hilferuf in Briefform, vor mehr als hundert Jahren verfasst und danach verschwunden, taucht bei einer Baumaßnahme wieder auf. Er gibt der krebskranken Sarah neue Energie und Lebensmut; denn sie fühlt sich in der Pflicht, über das Schicksal der einstigen Briefschreiberin zu berichten.
Im Zwiegespräch mit ihrer Dobermannhündin Miss Brontë erzählt sie die Geschichte ihrer Urahnin Lil, einer erfolgreichen Unternehmerin, die - von ihrem Sohn Robert entmündigt und weggesperrt - mit Hilfe der resoluten Anwältin Colby Sandberg rehabilitiert wird. Wird sie ihrem Sohn vergelten, was er ihr angetan hat? Und wie wird ihre Rache aussehen?
Gassers Roman gewährt einen spannenden Einblick in die gesellschaftlichen Verhältnisse der 1880er Jahre der Vereinigten Staaten von Amerika. Packend schreibt er über die Situation und gesellschaftliche Stellung der Frau in jener Zeit, über Vorurteile, Intoleranz und Inkompetenz. Dabei verliert er nie den Bezug zu unserer Gegenwart und zeigt Parallellen zwischen den Generationen auf. In eigenwilligem, angenehm lesbarem Stil und mit hintergründigem Humor schildert er Lils Erlebnisse und Erfahrungen und läßt geschickt ein Band zwischen ihr und ihrer Urururenkelin Sarah entstehen. Gassers Sprache passt sich den jeweiligen Charakteren an und macht die einzelnen Personen unverwechselbar.
Ob die Missstände, Vorurteile und Anmaßungen, die in Lils Generation vorherrschten, der Vergangenheit angehören? Das mag der Leser selbst entscheiden.

Bewertung vom 14.01.2024
Das Philosophenschiff
Köhlmeier, Michael

Das Philosophenschiff


ausgezeichnet

Atmosphärisch dicht

Ausgerechnet einem Schriftsteller, „dem man nicht glaubt, was er schreibt“, vertraut die berühmte Architektin Anouk Perlemann-Jacob ihre Geheimnisse an, Ereignisse aus ihrem immerhin hundert Jahre währenden Leben, die sie keinem ihrer Biografen bisher erzählt hat.
Und genau darauf darf sich der Leser dieses Romans auch einstellen: Was an Anouks Bericht entspricht der Wahrheit, was ist Fiktion?
In seiner gewohnt virtuosen Art verflicht Köhlmeier die fesselnde Biografie einer erfolgreichen Frau mit historischen Geschehnissen in Russland aus einhundert Jahren. Sie reichen vom Sturz des letzten Zaren bis in die Gegenwart. Allerdings konzentriert sich die Erzählung hauptsächlich auf die Begebenheiten auf einem der sogenannten „Philosophenschiffe“, mit denen Lenin 1922 unbequeme Intellektuelle, die dem Bolschewismus kritisch gegenüber standen, deportieren ließ. So auch die Perlemann-Jacobs und die damals 14jährige Anouk.
Der Autor versteht es wunderbar, die Stimmung auf dem Schiff, die Gedanken und Ängste der erwachsenen Exilanten und der jungen Anouk wiederzugeben. Er tut das auf so intensive Weise, dass der Leser hautnah und sehr intensiv etwas von der düsteren Atmosphäre jener Zeit selbst miterlebt, den Schrecken und Terror des Regimes. Und ohne sich nur auf die Berichte Perlemann-Jacobs zu verlassen, recherchiert der (fiktive) Autor/Köhlmeier auf eigene Faust und konfrontiert die Erzählerin mit weiteren Fakten…

Bewertung vom 04.01.2024
Endling
Schreiber, Jasmin

Endling


gut

Weinbergschnecke und Taubenschwänzchen

… gehören zu den Tieren, die im Jahr 2041 so gut wie ausgestorben sind. Jedenfalls in Jasmin Schreibers neuem Roman „Endling“.
Es ist eine düstere - aber durchaus vorstellbare - Welt, in der Zoe, eine junge Biologin, lebt und arbeitet: das Artensterben ist in vollem Gange, die Menschen werden von Pandemien heimgesucht, es gibt staatliche Repressalien und frauenfeindliche Gesetze. Als Zoes Mutter eine Kur macht, um ihr Alkoholproblem in den Griff zu bekommen, beginnt für Zoe eine neue Zeit. Sie muss sich um ihre junge Schwester Hanna und ihre Tante Auguste kümmern, die ebenfalls beide nicht unproblematisch sind; Hanna steckt in einer Pubertätskrise, Auguste, ebenfalls Wissenschaftlerin, leidet unter panischer Angst vor Viren. In dieses Szenario platzt die Nachricht, dass Tante Augustes Freundin Sophie verschwunden ist, und die drei Frauen fassen einen folgenschweren Entschluss …
Der Roman ist sehr unterhaltend geschrieben, teilweise mit leisem Humor unterlegt. Die Autorin lässt den Ton zwischen Alltagssprache und wissenschaftlichen Betrachtungen wechseln, was mir recht gut gefällt.
Es sind schwerwiegende Themen, die Jasmin Schreiber hier aufgreift, allerdings werden sie nur angerissen, manches nur angedeutet. Hier habe ich ein wenig mehr Deutlichkeit vermisst. Trotz düsterer Prognosen zeigt Schreiber aber auch Rückzugsorte auf - um etwas Licht ins Dunkel zu bringen? Leider bleiben sie äußerst nebelhaft, mystifiziert, was mir nicht zum Gesamtkonzept des Romans zu passen scheint. Schade!

Bewertung vom 10.12.2023
Der Pastor und das letzte Hemd / Ewig währt am längsten Bd.2 (1 MP3-CD)
Orths, Markus

Der Pastor und das letzte Hemd / Ewig währt am längsten Bd.2 (1 MP3-CD)


ausgezeichnet

Ein echter Hörgenuss

Alles beginnt mit einer furiosen Sonntagspredigt in der kleinen Kapelle eines Altenheimes in Niederkrüchten. Pastor Kasper, eigentlich bereits Ruheständler, lässt es sich nicht nehmen, seine verbliebenen treuen „Schäfchen“ mit einer fantasievoll ausgeschmückten Version von Moses´ Flucht aus Ägypten zu erfreuen, während der er sich allerdings immer mehr in Rage redet und am Ende gar ohne Hemd dasteht - zur großen Verblüffung seiner Zuhörer: Klärchen, zwei Damen aus dem Altersheim, Bennos Eltern Irma und Paul und Benno selbst. Benno, der diese Geschichte erzählt, ist nur noch auf Wochenendbesuch im Schwalmtal. Ein kurioser Kriminalfall, den Irma und Klärchen aufklären wollen, gerät etwas in den Hintergrund durch die Todesnachricht von Tante Erna (zum dritten Mal und nun endgültig) und einige durchaus überraschende Erklärungen von Pastor Kasper. Auch die Liebe kommt in diesem munteren Durcheinander nicht zu kurz.
Der Roman sprüht vor Wortwitz. Untermalt vom speziellen Lokalkolorit des ländlich abgelegenen Niederkrüchten schildert Orths seine Einwohner mit viel Humor und ebenso viel Ironie, und stets spürt der Hörer dabei des Autors Zuneigung zu den "kleinen Leuten" , die er mit all ihren Eigenarten und Schwächen so liebenswert und echt schildert, dass man sie gewissermaßen vor sich sieht (und hört).
Hier liegt auch die Stärke des Hörbuchsprechers Bjarne Mädel. Es gelingt ihm mühelos, die einzelnen Charaktere für den Zuhörer glaubhaft zu veranschaulichen und lebendig werden zu lassen. Er bringt den Humor des Autors treffend zum Ausdruck - aber auch Orths Kritik, die - bei allem Humor - absolut nicht zu überhören ist, weiß er treffend zu artikulieren.
Fast denke ich, es ist schöner, das Buch zu hören als es zu lesen …

Bewertung vom 03.12.2023
Die Polidoris und der Fluch aus dem Eismeer / Die Polidoris Bd. 2
Fislage, Anja

Die Polidoris und der Fluch aus dem Eismeer / Die Polidoris Bd. 2


sehr gut

Bändige deine Angst!


… lautet ein Wahlspruch der Familie Polidori. Und gegen Angst und Grauen ankämpfen muss sie auch in diesem zweiten Teil der Geschichte.
Gemeinsam mit ihren Großeltern starten die Geschwister Roberta, Petronella und Pellegrino eine Suchexpedition nach Oscar, ihrem Vater. Während Roberta allerdings aus einem Impuls heraus das Familienschiff verlässt, reisen die anderen Familienmitglieder an Bord der Polidoria in die Arktis, wo es zahlreiche Gefahren zu bestehen gilt. Aber auch Roberta wird daheim im Polidorium mit risikoreichen Aufgaben konfrontiert, die ihr viel Mut und Kraft abverlangen. Werden sie gemeinsam die Finsternis besiegen können?
Auch im zweiten Teil der Polidori-Romane gelingt es Anja Fislage spielend, ihre Leser von Anfang an in Spannung zu halten. In ihrem lockeren, wirklich angenehm zu lesenden Schreibstil erzählt sie temporeich die packenden, gruseligen Abenteuer der Familie.
Verena Wugeditsch setzt die fantasiereichen Einfälle der Autorin in zahlreichen Vignetten und teils klein-, teils großformatigen schwarz-weißen Illustrationen um. Dabei gelingt es ihr überzeugend, die angespannte, etwas düstere Atmosphäre wiederzugeben. Und wer die Bilder auf den Vor- bzw. Nachsatzblättern ganz genau betrachtet, wird feststellen, dass auf dem Nachsatzblatt im „Museum der Toten" zwar einige "Seelengefäße" verschwunden sind, aber auch noch etliche lagern …
Der Roman über die Polidori-Familie und ihre Begegnung mit dem „Fluch aus dem Eismeer" sorgt garantiert für fesselnde Lesestunden!

Bewertung vom 19.11.2023
Der Weg nach Hause
Nordqvist, Sven

Der Weg nach Hause


ausgezeichnet

Zeitloses Lesevergnügen
Sven Nordquist überrascht auch in dem neuen Buch „Der Weg nach Hause“ seine kleinen und großen Leser mit einer fantasievoll ausgestalteten Geschichte. Aus einer schlichten Idee - wie findet ein kleiner Junge den Weg zurück zu seinem Zuhause? - macht Nordquist ein großes Vergnügen für alle Betrachter. Zahlreiche fantastische Geschöpfe bevölkern das großformatige Buch: winzige Leute und Tiere; Trolle; ein Riese, der Kathedralen aus Legosteinen baut; lebendige Spielzeuge. Viele von ihnen sind dem Kind behilflich, den Heimweg zu zeigen. Vor allem ein Rucksack, den ihm die kleinen Leute schenken, erweist sich als nützlich für die Reise.
Ganzseitige Bilder illustrieren die kurzen Textpassagen, farbenfroh und märchenhaft. Teilweise eingestreut sind auch kleinere, comicartige Bildsequenzen. Mit viel Liebe zum Detail stellt Nordquist ganz unterschiedliche Landschaften dar, von exotisch bis heimatlich - wie eine bunte Patchworkdecke.
Viele Nebenfiguren und –handlungen, die in den wunderschönen Illustrationen zu entdecken sind, laden zum längeren Betrachten ein und fordern geradezu zum Weitererzählen und Ausschmücken der Geschichte auf, so dass dieses Buch auch bei mehrmaliger Betrachtung nie langweilig wird. Das Thema und vor allem die fantasiereichen Bilder empfinde ich als „alterslos": es ist ein Buch, das auch Kinder viele Jahrzente später noch gerne in die Hand nehmen werden.

Bewertung vom 05.11.2023
Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Lebens sein sollte
Hacke, Axel

Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Lebens sein sollte


sehr gut

Nachdenklich

Auf seine gewohnt lockere Art beschäftigt sich Axel Hacke in diesem sonnengelben Büchlein mit der Frage, ob Heiterkeit in problematischen Zeiten angebracht ist. Und was ist Heiterkeit überhaupt?
Dass es sich um kein einfaches Thema handelt, zeigt die umfassende Literatur, die er heranzieht. Schließlich gab es zu allen Zeiten Krisen und Probleme. Wie sind die Menschen damit umgegangen? Zitate von zeitgenössischen, aber auch antiken Künstlern und Philosophen, zeigen, dass Menschen sich immer schon Gedanken darüber gemacht haben, ob die Heiterkeit von außen an Menschen herangetragen werden kann oder ob sie nicht eigentlich ein innerer Wert ist, „eine Seelenstimmung."
So führt Hacke uns - nicht ohne Humor - auf eine recht abwechslungsreiche Reise durch das Thema, bei dem aber durchaus ernste Seiten anklingen. Er hat hier ein Buch geschrieben, das sich zwar vergnüglich lesen, aber nicht einfach „konsumieren“ lässt, und uns nachdenklich zurücklässt.

Bewertung vom 11.09.2023
Mein großes Wimmelbuch Natur

Mein großes Wimmelbuch Natur


sehr gut

Wo steckt die Schnirkelschnecke?

Groß, griffig, bunt - so präsentiert sich Svenja Doerings Wimmelbuch Natur und motiviert Kinder wie Eltern, das Buch sofort aufzuschlagen.
In klaren Formen und Farben stellt Doering Pflanzen und Tiere vor, wie sie der kleine Betrachter sicher schon einmal in seiner Umwelt gesehen hat. Hier hat er die Möglichkeit in Ruhe zu betrachten, was er in natura normalerweise nicht so genau und intensiv beobachten kann.
Obwohl die Illustrationen nur so vor Leben wimmeln, folgt das Buch doch einer Systematik. Es ist in Kategorien unterteilt, wie etwa die Darstellung der Lebewesen im Wasser, an Waldrändern und Wasserläufen, auf der Wiese, im Garten und schließlich das Leben nachtaktiver Tiere. Auf den großen Doppelseiten tummeln sich deutlich dargestellte Tiere aller Arten, in ihrer natürlichen Farbgebung und klar wieder erkennbar für die kleinen Leser. Am rechten Seitenrand findet das Kind die Pflanzen und Tiere, die es jeweils suchen soll.
Die letzte Doppelseite schließlich gibt Erklärungen zu einzelnen Tieren, kurz und prägnant, aber für Kinder im Kleinkindalter völlig ausreichend.
Mein Fazit: ein schönes Bilderbuch, das auf unterhaltsame und spielerische Weise Kindern in großzügig gezeichneten und natürlich kolorierten Abbildungen die heimische Flora und Fauna nahebringt.

Bewertung vom 04.09.2023
Vom Himmel die Sterne
Walls, Jeannette

Vom Himmel die Sterne


ausgezeichnet

Mitreißend bis zum Schluss


„Vom Himmel die Sterne“ ist eines der Bücher, die man - einmal angefangen - nur schwer wieder zur Seite legen kann.
Walls siedelt ihren Roman in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts an. In den Südstaaten der USA, im Bundesstaat Virginia, wächst Sallie Kincaid in einer Welt auf, in der nur die Männer das Sagen haben. Das Frauenwahlrecht ist zwar bereits durchgesetzt, aber ansonsten müssen Frauen noch hart kämpfen, wenn sie etwas erreichen wollen. So hat es auch die junge Sallie nicht leicht, sich einen Job zu erkämpfen, der nicht „ladylike" ist, obwohl sie als Tochter des Duke privilegiert ist. Doch die junge Frau - soeben aus dem Exil zurückgekehrt, in das ihr Vater sie lange Jahre verbannt hat - zeigt Willensstärke und Durchhaltevermögen; sie ist eine echte Kincaid, wie ihr Vater zugeben muss.
In einer packenden wechselvollen Familiengeschichte zeigt Jeannette Walls Sallies Entwicklung vom Kind und jungen Mädchen, das seinen Vater vergöttert, bis zur jungen Frau, die ihren eigenen Vorstellungen folgt und ihr eigener „Herr" bleiben will. Mit ihrem wunderbar leichten, mitreißenden Schreibstil lässt Walls uns in die Zeit der Prohibition eintauchen, in der Schwarzbrennen und Alkoholschmuggel an der Tagesordnung sind; in der Rassenvorurteile herrschen und Frauen meist vollkommen abhängig vom Ehemann sind. Sehr lebendig vermittelt sie die Atmosphäre jener Zeit, in der absolut nicht zimperlich mit den Menschen verfahren wird, wenn es um Geld und Einfluss geht.
Jeannette Walls ist wieder einmal ein Roman gelungen, der den Leser bis zum Schluss in Atem hält.