Benutzer
Benutzername: 
Luise-21
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 304 Bewertungen
Bewertung vom 12.05.2025
Pásztor, Susann

Von hier aus weiter


sehr gut

Als ich den Titel „Von hier aus weiter" von Susann Pastor und die Inhaltsangabe gelesen hatte, habe ich mich auf eine traurige Geschichte eingestellt, doch trotz des ernsten Themas lauert zwischen den Zeilen immer wieder ein skurriler Humor, der einem zum Schmunzeln oder Lachen bringt.

Nach dreißig Jahren Ehe ist Marlene plötzlich Witwe, doch statt zu trauern, ist sie vor allem wütend. Die Mitglieder ihrer angeheirateten Großfamilie wundern sich über ihr Verhalten, aber Marlene lässt niemanden an sich heran. Ihr schwer krebskranker Mann Rolf hat Suizid begangen, denn er wollte in Würde sterben, sich nicht der Pflegebedürftigkeit und der Schmerzen unterwerfen. Für Marlene war das soweit in Ordnung, nur nicht, dass Rolf sie hintergangen hat, denn gemeinsam wollten sie aus dem Leben scheiden.

Wütend auf sich und die ganze Welt sitzt Marlene in ihrem Haus, lässt sich gehen und überlegt, auf welchem Weg sie Rolf folgen soll. Die resolute junge Ärztin Ida Polanski, die Rolfs Arztpraxis übernommen hatte, versucht Marlene aus der Reserve zu locken, doch vergebens. Selbst Rolfs Söhne, die ihr immer wieder Unterstützung und Kontakte anbieten, lehnt sie ab. Erst der schwache Wasserstrahl beim Duschen bringt sie dazu, endlich einen Klemptner anzurufen und dann öffnet sich die Tür …

Hereinspaziert kommt Jack, ein ehemaliger Schüler von ihr aus der Grundschule und schon hat Marlene, ein vertrautes Gesicht vor Augen. Jack, der selbst mit Problemen zu kämpfen hat, wird von Marlene kurzerhand im Gästezimmer untergebracht. Schnell stellt sich heraus, dass Jack nicht nur ein begnadeter Koch ist sondern er es hervorragend versteht, Marlene auch die richtigen Fragen zu stellen. Zwischen Marlene und Jack entsteht bald eine ungewöhnliche und fürsorgliche Freundschaft.

Marlene reist nach Wien um bei ihrer ehemaligen Freundin Wally, einen hinterlegten Brief von Rolf, abzuholen. Sie erwartet in den Zeilen eine Erklärung von Rolf zu finden, warum sie überlebt hat, doch es kommt anders als erwartet …

Marlenes Geschichte endet mit einer veränderten Lebenseinstellung, das macht Hoffnung und zeigt, dass Trauerbewältigung immer seine Zeit braucht, sowie Menschen, die einem hilfreich zur Seite stehen.

Fazit:
„Von hier aus weiter“ ist keine Geschichte, die auf die Tränendrüse drückt, ganz im Gegenteil. Es gibt viele humorvolle und skurrile Situationen, die mich zum Schmunzeln und Lachen gebracht haben aber durchaus zum Nachdenken anregen.
Auch wenn ich eine etwas andere Vorstellung von der Geschichte hatte, hat sie mir sehr gut gefallen.
Von mir 4 von 5 Sternen und eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 11.05.2025
Arth, Julius

Die Brücke von London


sehr gut

Während eines Englandbesuchs stieß der Autor (Pseudonym) Julius Arth auf ein Bild der alten London Bridge und war fasziniert von der dargestellten Stadt auf der Brücke. Seine Liebe für die englische Literatur des 18. Jahrhunderts inspiriten ihn zusätzlich zu seinem neuen Roman „Die Brücke von London".

London 1749: Die London Bridge ist die längste bewohnte Brücke auf der die besten Händler der Stadt ihre Waren anbieten. Die frisch verwitwete Tuchhändlerin Juliana Hamley muss mit allen Mitteln um ihren Tuchladen mitten auf der London Bridge kämpfen. Die Geschäfte gehen schlecht, sie ist hoch verschuldet, und der Bau einer zweiten Brücke über die Themse bedroht die Existenz aller eingesessenen Geschäfte. In ihrer Not steigt sie ins Schmuggelgeschäft ein, tatkräftig unterstützt von dem gewieften Straßenjungen Alder und dem neuen Gehilfen des Brückenmeisters. Oliver Morris zieht es immer mehr in Julianas Nähe und sie kann ihn sich gut an ihrer Seite vorstellen, wären da nicht die Gefahren, die überall auf sie lauern!

London 1202: Im zweiten Handlungsstrang dreht es sich um den Bau der Brücke und wird aus der Perspektive von Estrid erzählt, deren Schwester Sibilla als Kräuterkundige in einer Hütte im Wald leben muss, weil sie dem alten Glauben anhängt. Bei einem Besuch in der Hütte, warnt Sibilla ihre Schwester Estrid vor einem Unglück am nächsten Tag und bittet sie inständig, ihren Mann Stephen, nicht aus dem Haus gehen zu lassen. Und dann passiert am nächsten Tag ein Unglück! Schnell wird klar wer Stephan, von seiner Arbeit und weshalb, abgehalten hat. Der verantwortliche Geistliche Peter de Colechurch und dem Baumeister Gilbert sind Sibillas Prophezeiungen ein Dorn im Auge, und als Stephen sich auch noch gegen sie stellt, gerät sie in Gefahr, als Hexe angeklagt zu werden. Kann Estrid ihre Schwester retten?

Der Zusammenhang zwischen den beiden Zeitebenen sind auf überraschender Weise erst zum Ende deutlich und lassen keine Fragen offen..

Fazit:
Die Geschichte hat mich tief in die historischen Epochen eintauchen lassen. Besonders interessant fand ich die historischen Fakten, die bildhaft dargestellt sind, während die fiktiven Charaktere und deren Handlungen, mich nicht ganz so überzeugen konnten.
Von mir 4 von 5 Sternen!

Bewertung vom 10.05.2025
Peters, Amanda

Beeren pflücken


ausgezeichnet

In ihrem Debüt „Beeren pflücken“ erzählt die Schriftstellerin mit Mi'kmaq- und Siedlerabstammung Amanda Peters, eine eindringliche fiktive Geschichte über eine ungebrochene Hoffnung, die unerschütterliche Liebe und den Zusammenhalt einer indigenen Familie.

Im Juli 1962 ist es wieder soweit und die Mi'kmaq-Familie aus Nova Scotia macht sich mit ihren fünf Kindern Mae, Ben, Charlie, Joe und der kleinen Ruthie auf den Weg nach Maine, um den Sommer über Blaubeeren zu pflücken. Sie leben ein einfaches, aber zufriedenes Leben, bis die vierjährige Ruthie spurlos verschwindet. Zuletzt wird sie von ihrem sechsjährigen Bruder Joe gesehen, als sie auf ihrem Lieblingsstein am Rande eines Beerenfeldes sitzt. Die Tage- ja Wochenlange Suche wirft Rätsel auf, denn Ruthie bleibt spurlos verschwunden. Hilfe von Außenstehenden erhält die Familie nicht und reist schließlich ohne Ruthie, wieder nach Hause. Die Hoffnung Ruthie je wiederzusehen, ist das Einzige was ihnen bleibt.

Ein Mädchen namens Norma wächst in Maine in einer wohlhabenden Familie als Einzelkind auf. Während ihr Vater ihr gegenüber emotional distanziert ist, wird sie von ihrer Mutter erdrückend fürsorglich umsorgt. In der Nacht begleiten Norma Träume, in der sie ein fürsorgliches und glückliches Leben hat, doch woher kommen all diese Bilder? Ihre Mutter versucht sie zu trösten, lässt Norma kaum aus den Augen und riegelt sie von der Außenwelt ab. Den kleinsten Versuch von Norma, sich frei zu bewegen löst bei ihrer Mutter sofort Kopfschmerzen aus und bei ihr, Schuldgefühle. Mit zunehmendem Alter ahnt Norma jedoch, dass ihre Eltern ihr etwas verheimlichen. Da sie nicht bereit ist, von ihrem Gefühl abzulassen, wird sie Jahrzehnte damit verbringen, dieses Geheimnis zu lüften.

Nach Jahren kehrt der schwerkranke Joe endlich zu seiner Familie zurück, obwohl er weiß, dass seine Zeit auf Erden nur noch begrenzt ist. Seine Gedanken und Erinnerungen schweifen im stätigen Wechsel zwischen der Gegenwart und den vergangenen 50 Jahren immer wieder hin und her. Joe hat sich ein Leben lang schuldig am Verschwinden seiner Schwester Ruthie gefühlt obwohl er damals selbst kaum älter war als sie!

Fazit:
Eine durchweg emotionale aber auch traurige Geschichte, der ich gerne gefolgt bin. Die Autorin hat in flüssig wechselnden Handelsträngen, das Leben von Joe und Norma/Ruthie geschickt der Reihe nach, aufgeblättert. Das Ende kam viel zu schnell! Ich konnte das Buch bis zum Ende nicht aus der Hand legen.
Von mir 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 01.05.2025
Winter, Claire

Die Erbin


ausgezeichnet

Mit „Die Erbin“ ist der Autorin Claire Winter, ein packender Spannungs- und berührender Famlienroman, der bis in die dunkle Vergangenheit einer großen deutschen Industriellenfamilie führt, voller Atmosphäre und unverhoffter Wendungen, gelungen.

Im Jahr 1957: Ein Unbekannter kommt auf tragische Weise ums Leben und stellt einige Tage später, das Leben der jungen Miterbin Cosima Liefenstein, die einer angesehenen und erfolgreichen Industriellenfamilie angehört, auf den Kopf.

Nach einem Reitunfall trifft Cosima im Krankenhaus auf die alleinerziehende Lisbeth und ihre drei Kinder. Ihr Schicksal berüht sie, denn als Witwe bekommt Lisbeth so gut wie keine Hilfe vom Staat. Was für Frauen dieser Zeit unmöglich erscheint, gelingt Cosima, eine Stiftung für bedürftige Frauen und Witwen zu gründen. Auf der Feier macht Cosima, eine seltsame Beobachtung, denn ein Mann schüttet ihrem Onkel ein Glas Sekt ins Gesicht und Tage später, ist er tot. Als sie ihren Onkel darauf anspricht, reagiert er etwas sonderbar und die feinfühlige Cosima steht plötzlich vor einer Mauer des Schweigens.

Cosima lernt den Journalisten Leo Marktgraf kennen, der über ihre Stiftung berichten möchte, aber im Stillen, Nachforschungen über den Tod seines Freundes macht und hofft, mehr über die Liefensteins zu erfahren. Nach einem überraschenden Fund auf dem Dachboden, ist sich Cosima sicher, dass ihr Vater Edmund eine Geliebte hatte doch auch hier leugnet ihr Onkel Theodor und ihre Mutter erzählt ihr sogar wie groß die Liebe zwischen ihr und ihrem Vater war. Gerade die vielen Ungereimtheiten und offenen Fragen im Umfeld ihrer Familie, machen Cosima neugierig und besonders warum ihre Familie unbedingt verhindern will, dass sie in der Vergangenheit herumstöbert? Wird sie herausfinden, was die Familie vor ihr zu verbergen versucht?

Berlin, im Jahr 1929 kommt die junge Waise Elisa als Dienstmädchen in die Familie der schwerreichen Liefensteins und lernt dort nicht nur ein völlig neues Leben kennen, sondern begegnet auch ihrer großen Liebe.
Wilhelm Liefenstein, Großvater von Cosima, Vater von Theodor, Albert und Edmund, kauft Beteiligungen und Firmen auf um seinen Reichtum und Einfluss zu vermehren. Liefenstein-Batterien oder Liefenstein-Stahl sind bald international zu einem Namen geworden. Theodor soll die Nachfolge seines Vaters antreten, Albert ist willens aber es fehlt im an Fantasie und Führungskraft für ein Unternehmen. Von seinem jüngsten Sohn Edmund ist er grenzenlos enttäuscht besonders wegen seiner mangelnden Ambitionen der zunehmend engeren Beziehungen zu den Nationalsozialisten. Erst durch die standesgemäße Heirat mit Rita und der Geburt ihrer Tochter Cosima, wird Edmunds Leben, etwas leichter. Während Edmund seine Tochter über alles liebt, entfernt er sich immer mehr von Rita. Trotz des großen Standesunterschiedes, zieht es Edmund immer mehr in Elisas Arme, denn bei ihr findet er sein Glück.

Die Autorin fächert geschickt die Vergangenheit aus unterschiedlichen Perspektiven auf und lässt dazwischen immer wieder Raum für Cosimas Entdeckungen. Der Kreis schließt sich und die grausame Wahrheit der Vergangenheit kommt ans Tageslicht.

Besonders hervorheben möchte ich den ausführlichen Anhang der Autorin, mit den fiktiven und realen Fakten sowie der Angabe mit einer Bücherauswahl für Interessierte.
Die Industriellenfamilie Liefenstein ist fiktiv, während die Geschichte der Liefensteins und ihre Verstrickungen in den Nationalsozialismus angelehnt an wahre Begebenheiten sind. Erschreckend in welchem beträchtlichen Maße, die deutsche Industrie und Wirtschaft im „Dritten Reich“ von den Arisierungen, den Enteignungen und dem Raub jüdischer Betriebe und Firmen und von der Zwangsarbeit profitierten.

Fazit:
Die Autorin hat eine wunderbare Gabe, Geschichte lebendig zu erzählen und ihre gut recherchierten historischen Fakten, wie ganz nebenbei zu schildern. „Die Erbin“ ist ein packender und absolut glaubwürdiger Roman mit unverwechselbaren Figuren, voller Atmosphäre und unverhoffter Wendungen, den ich sehr gerne gelesen habe.
Von mir 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 30.04.2025
Menz, Lars

Die Schanze


sehr gut

„Ein nächtliches Dorf, nur die beleuchtete Skischanze ragt empor. Mit einem elektrischen Viehtreiber wird ein Mann zur Schanze getrieben. Am höchsten Punkt stößt ihn sein Peiniger hinab – ein Seil um den Hals.“

Nach der Trennung von Christoph bricht die junge Ärztin Ellen Roth ihre Zelte in Hamburg ab und kehrt zurück in ihre alte Heimat am Rande der Alpen, die sie vor Jahren verlassen hat. Ihre Schwester hat sie dazu überredet um die alte Arztpraxis von Dr. Schwarz zu übernehmen. Bei ihrer Ankunft ist Ellen sofort klar, wie heruntergekommen die Arztpraxis und das ganze Haus, samt Inventar sind. Hat sich Dr. Schwarz deshalb vor einer Übergabe wie geplant und abgesprochen, entzogen? Um einen klaren Gedanken zu finden, muss Ellen erst mal eine Runde joggen gehen und trifft auf zwei Männer, die ihr wie selbstverständlich, ein Fernglas reichen. Als Ellen den Toten an der Schanze hängen sieht, erstarrt sie in Panik. Sie kennt das Opfer. Der grausame Fund reißt ihre alten Wunden aus der Vergangenheit wieder auf. Ist es Zufall, dass der Mord ausgerechnet jetzt geschieht?

Aus unterschiedlichen Perspektiven kommen immer mehr Details und Wahrheiten über die verschwiegene Dorfgemeinschaft ans Tageslicht, denn irgendwie scheint jeder eine Verbindung zu dem zu haben, was Ellen vor vielen Jahren hier passiert ist. Hier vor Ort scheint die Vergangenheit für Ellen gegenwärtig zu sein und legt ihre alten Wunden offen. Dann passiert ein zweiter Mord und wieder könnte der Verdacht auf Ellen fallen, doch wer steckt dahinter? Ellen beschließt zu kämpfen, denn noch einmal, lässt sie sich nicht vertreiben!

Der Autor zeichnet seine Charaktere vielschichtig und undurchsichtig, so dass gleichzeitig mehrere Dorfbewohner, verdächtig sein könnten.
Wie ein Puzzle wird die Vergangenheit, Stück für Stück aufgerollt und erst zum Ende, wird Ellen tief in ihren Erinnerung die bittere Wahrheit erkennen ...

Fazit:
Der Autor hat in einer klaren Sprache, einen leicht angehauchten Thriller mit einigen überraschenden Wendungen erzählt, der durch seinen ständigen Perspektivwechsel sehr angenehm zu lesen ist.
Von mir 4 von 5 Sternen!

Bewertung vom 23.04.2025
Höflich, Sarah

Maikäferjahre


ausgezeichnet

Nach dem gelungenen Debüt „Heimatsterben“ der Drehbuchautorin Sarah Höflich, war ich sehr gespannt auf ihren neuen Roman „Maikäferjahre“, der eine Geschichte über Hoffnung und Vergebung in dunklen Zeiten, erzählt und ich wurde nicht enttäuscht.

Annis Vater Gottlieb Baumgartner ist Violinist bei der Sächsischen Staatskapelle und ein begnadeter Musiker, der sich immer schon mit der Herrschaft der Nationalsozialisten schwergetan hat. Besonders hart trifft es Gottlieb Baumgartner, als sein „Jahrhundertgeiger“ wie er seinen Protegé den Halbjuden Adam Loewe nennt, in Gefahr schwebt. Er muss eine schwere Entscheidung treffen, will er Adams Leben retten und zahlt einen hohen Preis.

Bereits seinen ältesten Sohn Siegfried hat Gottlieb Baumgartner, im Russlandfeldzug verloren und sein Sohn Tristan ist im Krieg und jagd als Kampfpilot über dem Ärmelkanal während seine Hochschwangere Zwillingsschwester Anni in Dresden bei den Eltern lebt und auf ihren in Russland vermissten Mann Fritz, wartet.

In den Wirren des Zweiten Weltkriegs getrennt, in Gedanken immer verbunden: Nie hören die Geschwister Anni und Tristan auf, sich Briefe zu schreiben – in der verzweifelten Hoffnung, der jeweils andere möge noch leben.
Aus wechselnden Perspektiven unterteilt in Kapiteln, die jeweils mit einem Brief entweder von Anni oder Tristan beginnen, erzählen beide über ihre Ängste und Erlebnisse während des Krieges, der Flucht und der Hoffnung sich wieder zu sehen.

Gegen Ende des Krieges wird Dresden von den Alliierten schwer bombardiert und bevor Anni mit ihrer Tochter in den Luftschutzkeller flieht, nimmt sie den Violinenkoffer mit der geliebten Geige ihres Vaters, etwas Geld und ein paar wichtige Unterlagen aus dem Safe mit. Annis Leben liegt in Scherben. Ihr Bruder Tristan ist vermisst, Mutter und Vater haben die letzten Kriegstage nicht überlebt. Einzig ihre Tochter Clara gibt ihr Hoffnung. In Annis dunkelsten Stunden trifft sie den halbjüdischen Geiger Adam wieder und gemeinsam fliehen sie aus dem brennenden Dresden, quer durch das besetzte Deutschland – auf der Suche nach einem sicheren Ort.
Bald hat Adam nicht nur die kleine Clara ins Herz geschlossen, auch für Anni schlägt längst sein Herz, doch eines Tages steht Fritz vor der Tür …

Tristan ist nur knapp dem Tod entronnen und in englische Kriegsgefangenschaft geraten. Einzig die Hoffnung, dass seine Zwillingsschwester Anni überlebt haben könnte, lässt ihn für seine Genesung kämpfen. Und noch etwas hält ihn am Leben. Die Liebe zur britischen Krankenschwester Rosalie, eine Liebe, die vom Gesetz verboten und heftigen Anfeindungen ausgesetzt ist.
Rosalie, fühlt sich gegen jede Vernunft zu Tristan hingezogen und kämpft für ihre Liebe.

Zum Abschied von Adam überreicht Anni ihm die Geige ihres Vaters mit den Worten: „Sie gehörte meinem Vater. Er hätte es so gewollt. Glaub mir. Du spielst sie schöner, als ich es je können werde.“ – „Hör nicht auf, an dich zu glauben!“ – „Versprich mir das.“

Der Autorin ist es hervorragend gelungen, mit ihren fiktiven Charaktere und Ereignissen, eine sehr bewegende und emotionale Geschichte über das Leben in schwierigen Zeiten zu erzählen. Besonders die Anfeindungen und der Hass zwischen den Deutschen und Engländern werden anschaulich beschrieben. Die Protagonisten sind im Handlungsverlauf bildhaft und hervorragend ausgearbeitet. Das Ende der Geschichte, wartet fast auf eine Fortsetzung …
Von mir 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 15.04.2025
Schünemann, Christian

Bis die Sonne scheint


sehr gut

Der Autor versteht sein Handwerk, denn er weiß genau, was er erzählen will und geht diesen Weg zielsicher. In seinem neuen Roman „Bis die Sonne scheint“ erzählt Christian Schünemann, von seinen eigenen Kindheitserinnerungen.

Im Mittelpunkt der Geschichte, steht der 14jährige Daniel mit seinen Kindheitserinnerungen und Wahrnehmungen, die das verstörrende Familienverhältnis der Hormanns in den 80er Jahren wiederspiegelt.

Daniel freut sich auf seine Konfirmation und träumt von einem blauen Samtsakko und grauer Flanellhose. Danach soll er mit dem Schüleraustausch nach Frankreich reisen. Oh, wie freut er sich, Philip wieder zu sehen und eine schöne Zeit mit ihm zu verbringen! Daniel kann es kaum erwarten und freut sich im Stillen auf seine Konfirmation und besonders auf die Geldgeschenke.
Doch sein Traum zerplatzt aus heiterem Himmel, als er seine Eltern belauscht, die völlig pleite sind. Seine Eltern wissen nicht mehr, wie sie die sechsköpfige Familie über die Runden bringen sollen. Ideen haben sie viele aber nichts will so recht gelingen, denn kaum haben sie ein wenig Geld in der Hand, ist es auch schon wieder für unnötige Dinge ausgegeben. Selbst den Gerichtsvollzieher und die aufgeklebten Kuckkucks, nehmen sie nicht Ernst, sondern eher mit Humor!

Zwischendurch zweifen Daniels Gedanken zu seinen Großeltern ab, die eigentlich zu der Generation des Schweigens gehören und trotzdem weiß er erstaunlich viel über deren hartes Leben während der Kriegszeiten. Seine Erinnerungen an seine Großeltern, erzählt er nüchtern und ungeschont offen.

Währenddessen versucht Daniels Mutter mit Handarbeiten, die Familie über Wasser zu halten, doch das bisschen Geld ist schnell verpufft und reicht nicht mal fürs Nötigste. Sein Vater ist Architekt und nach seiner misslungenen Selbständigkeit, nicht mehr flexibel genug, um sich eine Arbeit zu suchen. Schade um die verlorenen Chancen!

Trotz ihrer vier Kinder, verschließen die Hormanns leider immer wieder die Augen vor der Realität und leben nach dem Motto, es wird schon irgendwie weitergehn.

Fazit:
Der Autor hat mit einer klaren Sprache, die äußeren und inneren Familienverhältnisse seiner eigenen Kindheitserinnerungen locker und angenehmn, erzählt. Mein einziger Kritikpunkt ist, dass mir teilweise die Emotionen fehlen, wodurch die Geschichte leider etwas kühl wirkt.
Von mir 4 von 5 Sternen!

Bewertung vom 10.04.2025
Kinkel, Tanja

Im Wind der Freiheit


sehr gut

Tanja Kinkel gehört zu den interessantesten deutschen Unterhaltungsautorinnen. Sie legt sich nicht auf eine historische Epoche fest, sondern lädt dazu ein, an ihrer Seite in die unterschiedlichsten Zeiten zu reisen und faszinierende Persönlichkeiten kennenzulernen.

Mit diesem historischen Roman entführt die Autorin ins Jahr 1848/1849, als die Menschen im Deutschen Bund gegen die autoritäre Herrschaft der Fürsten und die drückende Zensur revoltieren.

Während Deutschland die Morgendämmerung der Demokratie erlebt, finden in den Wirren der Zeit zwei ungleiche Frauen zueinander:
Die mutige Schriftstellerin und unbeirrbare Demokratin Louise Otto, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, mit ihren sozialkritischen Schriften für Freiheit und Selbstbestimmung zu kämpfen und die arbeits- und mittellose Susanne Grabasch.

Beide Frauen könnten nicht unterschiedlicher sein, denn Louise Otto, stammt aus einer wohlhabenden Familie, wollte nie heiraten, sondern schon immer Schriftstellerin werden, während Susanne für sich und ihre Mutter ums nackte Überleben kämpfen muss.

Im Rahmen einer ihrer Recherchen trifft Louise auf Susanne, die in dieser Tuchfabrik arbeitet und von deren Besitzer ausgebeutet wird. Als Susanne sich für eine verletzte Freundin einsetzt, gibt sie Louise, die Hinweise, die diese für ihren Artikel benötigt woraufhin Susanne und ihrer Mutter gekündigt wird. Ihr bleibt nichts anderes überig als sich der Prostitution hinzugeben und lernt einen mystheriösen charismatischen Mann kennen, der sie als Spionin anwirbt. Das von diesem Mann nichts Gutes zu erwarten ist, bleibt Susanne vorerst verborgen. Ihr geht es ums Überleben!
Von nun an mischt Susanne in der Bewegung mit und ausgerechnet sie und Luoise kommen sich näher. Ihre Spionagetätigkeit führt sie zu der Frauenrechtlerin Amelie Struwe, doch bald verbindet die beiden Frauen ein enger Umgang miteinander.

Die fiktive Susanne ist interessant und als mutiger Charakter gut ausgearbeitet, obwohl ich oft nicht so recht wusste, auf welcher Seite sie steht. Ihre ständigen Reisen haben wohl dazu beigetragen. Schön fand ich, wie eindrücklich Louise und Amalie, die beiden historischen Persönlichkeiten, dargestellt wurden.
Schon alleine wegen der vielen historischen Persönlichkeiten, hätte ich mir hier ein Personenregister, recht gut gefallen.

Fazit:
Von der Autorin habe ich schon einige Bücher gelesen und finde ihr Talent, historische Fakten gut recherchiert mit fiktiven Handlungen auf eine leichte Art zu vermitteln, ausgesprochen angenehm. In diesem Roman „Im Wind der Freiheit“ wird der geschichtliche Hintergrund zwar anschaulich dargestellt aber irgendwie fehlte mir etwas mehr Tiefe in der ganzen Handlung.
Von mir 4 Sterne!

Bewertung vom 07.04.2025
Stern, Anne

Wenn die Tage länger werden


sehr gut

In ihrem neuen Roman „Wenn die Tage länger werden“ erzählt die Autorin Anne Stern, eine leise Geschichte über die alleinerziehende Musiklehrerin Lisa Fischer, die das erste Mal nach sechs Jahren ohne ihren Sohn ihre Sommerferien verbringt.

Lisas Freude auf die lang ersehnte Freiheit lösen in ihr immer mehr Zweifel an sich selbst aus. Ihr Sohn ist mit seinem Vater verreist und Lisa grübelt warum diese Beziehung auseinanderbrach, ja was sie falsch gemacht hat. Schnell erkennt sie selbst, dass sie überfordert war und sich hat gehen lassen aber nur warum, ist ihr unklar. Ihre Gedanken kreisen auch um ihre Mutter, mit der sie ein sehr kühles Verhältnis pflegt. Liegt es an ihrer Kindheit und der Geige ihres Vaters, mit der sie so einige kleine Erfolge hatte! Warm ums Herz wurde es Lisa nie mit der Geige, weiß aber nicht so recht, warum und weshalb ihre Mutter so großen Wert darauf legte, dass Lisa damit Erfolg haben sollte.

Nach all diesen Überlegungen ist Lisa auf der Suche nach einem Geigenbauer, denn warum sollte sie nicht wieder spielen, jetzt wo sie etwas Zeit hat. Letztendlich trifft sie bei ihrer Suche auf die Obstbäuerin Ute in ihrem Kirschgarten, einer Frau, die keine Zeit mehr für Kompromisse hat. Utes Bruder Heinrich ist der Geigenbauer und macht eine Entdeckung, die Lisas Leben verändern wird …

Es braucht Zeit bis Lisa sich bewußt wird, dass ihre Selbstzweifel eng in der Vergangenheit ihrer Familie, liegen. Der frühe Tod des Vaters, der nie ganz geklärt wurde und das schwierige Verhältnis zur Mutter, die selbst mit ihrer Vergangenheit kämpft.

Lisa erlebt einen Sommer zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart, findet endlich zu sich selbst und einer ungeahnten Freiheit.

Fazit:
Mit ihrem Schreibstil verbindet die Autorin geschickt ernste Themen mit einer Leichtigkeit, die gut verknüpft sind. Schade fand ich nur, dass manche Handlungsstränge im Sand verlaufen und nicht auserzählt wurden, besonders das Geheimnis um die Geige. Hier wäre ich gerne noch etwas länger in der Vergangenheit geblieben.
Eine ruhige Geschichte zwischen Vergangenheit und Gegenwart mit der ich schöne Lesestunden hatte.
Von mir 4 Sterne und eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 07.04.2025
Andrea, Jean-Baptiste

Was ich von ihr weiß


sehr gut

Dem französischen Autor Jean-Baptiste Andrea, gelingt es mit seinem neuen historischen Roman „Was ich von ihr weiß“ auf eine eindrucksvolle Weise, die Lebensgeschichte von Michelangelo Vitaliani und seiner einzigartigen Liebe zu Viola Orsini, atmoosphärisch dicht zu erzählen.

Im Jahr 1986 liegt der Sterbende 82jährige Mimo – Michelangelo Vitaliani - in der Abtei, ein Bruder der als Einziger kein Gelübde abgelegt hat und trotzdem durfte er vierzig Jahre an dieser Stätte bleiben. Der Sterbende kämpft, öffnet die Augen, schließt sie wieder. Die Brüder, die ihn umgeben sind ratlos und als er sich erneut regt, sind sie sich diesmal alle einig – Er will etwas sagen -.

Alle warten auf Padre Vincenzo. doch bevor er zu dem Sterbenden eilt, steigt er erst hinab in das Gewölbe, denn er möchte vorher die geheimnisvolle Statue sehen, die ihm manchmal einen ungemütlichen Schlaf bereitet.

Eine Frage von Stunden umgibt den 82jährigen Mimo und er denkt, dass ich nicht lache, denn ich bin schon lange tot aber seit wann können Tote ihre Geschichte nicht mehr erzählen und so schaut er rückblickend auf sein Leben und seiner einzigartigen Liebe zu Viola.

Mimo wird 1904 in Frankreich als Kleinwüchsiger in Armut geboren und hat einen schweren Stand im Leben. Als sein Vater ums Leben kommt, schickt seine Mutter den 12jährigen nach Italien in den Ort Pietra d´Alba in Ligurien, zu einem entfernten Onkel, um das Handwerk eines Bildhauers zu erlernen. Nur ist dieser entfernte Onkel nicht gerade von dieser Situation begeistert, nimmt aber das Geld von Mimos Mutter und lässt Mimo dann ohne Lohn in seiner Bildhauerwerkstatt schuften und hungern. Bald zeigt sich Mimos Talent als Bildhauer, aber der angebliche Onkel, setzt seine Signatur unter die Skulpturen und steckt den Lohn dafür in seine Tasche.
In dem kleinen ligurischen Dorf, begegnet Mimo bald Viola, Tochter aus gutem Hause und jüngstes Kind der Orsinis, einer angesehenen Adelsfamilie. Viola ist hochintelligent, vergisst nie etwas Gelesenes und bringt Mimo die Welt der Literatur und der Wissenschaft nahe.
Von ihrer ersten Begegnung an durchleben Viola und Mimo Seite an Seite die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, den Aufstieg des Faschismus und die Unruhen der Weltkriege.

Mimo, der ungewöhnlich kleine Bildhauer, wird ein von der Elite gefeierter Künstler; sie versucht unermüdlich, ihre Träume als emanzipierte Frau zu verfolgen. Beide werden sich immer wieder verlieren und finden, als Verbündete oder Gegner, ohne ihre Freundschaft jemals aufzugeben.

Fazit:
Der Einstieg in die Geschichte ist mir schon etwas schwer gefallen, da es keine Kapitelüberschriften mit Zeitangaben gibt und der Autor im ständigen Wechsel von der Gegenwart in die Vergangenheit und umgekehrt, springt.
Mit Mimos künstlerischer Entwicklung und Violas Streben nach Unabhängigkeit, hat der Autor seinen Figuren ein Leben eingehaucht, das mich nach der anfänglichen Schwierigkeit, fesseln und emotional berühren konnte.
Von mir 4 Sterne für diese anspruchsvolle Literatur!