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SternchenBlau

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Insgesamt 164 Bewertungen
Bewertung vom 30.04.2024
A Dark and Hollow Star - Nichts ist gefährlicher als ein Märchen (Hollow Star Saga 1) (Erstauflage mit Farbschnitt)
Shuttleworth, Ashley

A Dark and Hollow Star - Nichts ist gefährlicher als ein Märchen (Hollow Star Saga 1) (Erstauflage mit Farbschnitt)


gut

Tolle Protagonist*innen mit queerer Repräsentation, die mir ans Herz gewachsen sind. Zieht sich am Ende, trotzdem möchte ich weiterlesen.

Multiperspektivisch mit tollen Protagonist*innen

Oh, die Protagonist*innen sind mir richtig ans Herz gewachsen. Das multiperspektivische Erzählen funktionierte für mich supergut, erst recht, weil sich die meisten erst an ihr Held*innen-Dasein gewöhnen müssen. Besonders hat mir gefallen, wie selbstverständlich Ashley Shuttleworth queere Aspekte einflicht und auch Neopronomen total organisch verwendet. In their Urban Fantasy mischt they gekonnt verschiedene Aspekte aus Fay-Welten, Gött*innen-Sagen, den verschiedensten magischen Wesen oder moderner Technik. Das Worldbuilding wird sehr ausführlich erklärt, und das hat mir auch bis maximal zur Mitte Spaß gemacht. Danach wurde das zu viel. Immer wieder wurden Plot- und Zeitaspekte aus dem Blick verloren, die Dialoge schwächelten und das Korrektorat hat auch ab und an was übersehen. Darum hatte ich dann beim Lesen immer wieder kleine Durchhänger. Beim Showdown hat mich z.B. kirre gemacht, dass zwar immer wieder erwähnt wird, dass sie vom Gegenspieler belauscht werden können, aber leider haben sie dann doch seeehr viel gequasselt. Das Buch hat sich irgendwann wirklich gezogen, besonders – da ein Hintermensch schon seit längerem so klar war und dieses Wissen dennoch für die Protagonist*innen wie in Zeitlupe aufgedeckt wurde. Trotzdem: Ich finde die Welt spannend und vor allem mag ich die Protagonist*innen. Ich möchte wissen, wie es mit ihnen weitergeht, dass ich plane den nächsten Band auch noch zu lesen .
Ich schwankte zwischen 3 und 3,5 von 5 Sternen. Pro: die Protagonist*innen sind wirklich toll und ich werde der Reihe noch eine Chance geben. Contra: Am Ende war es schon ein arges Geziehe. Lande bei 3,25 Sternen.

Bewertung vom 30.04.2024
Drei Magier und eine Margarita
Marie, Annette

Drei Magier und eine Margarita


ausgezeichnet

Fetzige, cosy Fantasy, die Spaß macht!

Tori hat ein Bisschen Probleme mit ihrer Impulskontrolle, obwohl ich ihre Gründe wirklich nachvollziehen kann. Deswegen hat sie schon den xten Job als Kellnerin verloren. Darum verschlägt sie ein ominöses Flugblatt mit Stellenausschreibung in ein etwas gefährlicheres Viertel, aber das ist nicht das wirklich Besondere am „Crow and Hammer“, das mehr ist als eine schrabelige Bar…

„Ein Batzen Crushed Ice glitt über Aarons Gesicht und fiel in seinen Schoß. »Nicht cool, Neuli…«
»Nicht cool?«, brüllte ich und knallte die Hände auf die Theke. »Ich arbeite mir hier den Arsch ab, ohne dass auch nur eine gottverdammte Person dafür Danke sagt, und du veralberst mich wie ein Fünfjähriger ohne Impulskontrolle. Wenn du noch ein Mal den Mund aufmachst, stopfe ich dir meine Schankpistole in den Hals. Wollen wir doch mal sehen, ob du dann noch Witze reißen kannst.“

Wer schon etwas länger bei mir mitliest, weiß vielleicht, dass ich immer wieder auf der Suche nach leichten Büchern bin, die mich einfach flott in der Geschichte mitnehmen und dabei gut unterhalten. Doch meist versuche ich das, um die Bücher kurz darauf nach vierzig, fünfzig Seiten genervt in die Ecke zu schmeißen, weil mich die Klischees, toxischen Tropen oder schlechter Schreibstil einfach fix und alle machen. Bei „Drei Magier und eine Margarita“ haben mich schon der charmanteTitel und das gelungene Cover trotzdem so neugierig gemacht, um mal wieder einen wagen Versuch zu wagen. Und was soll ich sagen: Diese Magier haben sich bei mir das Prädikat „Charmante Unterhaltung“ absolut verdient!

Das „Crow and Hammer“ ist nämlich eine Gilde für magische Wesen und obwohl Tori ein Mensch ist, kann sie mit dem Haufen beherzt mithalten. Dabei entwickelt sie nicht etwa Superkräfte (und wird auch nicht zu einer Chosen One oder ähnlichem), sondern ihr Mut ergibt sich immer total aus der Geschichte und den Figuren. Ich konnte jedes Mal wirklich gut nachvollziehen, warum und wie sich Tori wie genau einmischt. Aus ihrer Ich-Perspektive kommt das mit Schwung und Charme rüber, und dass ich ihre Chuzpe auch gerne hätte, ließ mich so richtig gut in die Geschichte eintauchen. Und auch die Love Interest-Abteilung lässt die attraktiven Jungs zwar mit den Klischees spielen, Autorin Annette Marie tritt dabei aber in keine nervigen Fallen. Drei kleine misogyne Beleidigungen (B*stard, T*ssy, Shoppen als Girlie-Beschäftigung) gab es dann zwar doch, aber ansonsten haben wir hier ein sehr gleichberechtigtes Bild (wenn auch keine queeren Charaktere, die explizit erwähnt werden).
Eine kleine Content Note für Gewalt/Vernachlässigung in der Kindheit, aber ohne explizite Ausführungen.

Fazit: Fetzige, cosy Fantasy, die mir wirklich Spaß gemacht hat. 4,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 29.12.2023
Die Rosa-Hellblau-Falle
Verlan, Sascha;Schnerring, Almut

Die Rosa-Hellblau-Falle


ausgezeichnet

„Die Rosa-Hellblau-Falle“, dieser Begriff ist so naheliegend für das gesellschaftliche Phänomen, in dem wir stecken: Der Sexismus, der alle Geschlechter einschränkt. Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass erst das Autor*innen-Duo Almut Scherring und Sascha Verlan mit ihrem gleichnamigen Buch von 2014 diesen Begriff geprägt haben. Ich habe in den letzten Jahren viel von den beiden gehört und gelesen und bin nun auch endlich dazu gekommen, ihr Buch zu lesen.

Es sind eben nicht nur Farben, wie das Buch zeigt, sondern ganz bestimmte Rollenerwartungen, die damit verknüpft werden. Mädchen und Frauen sollen anschmiegsam sein, Jungs und Mädchen hart und stark. Und die Falle wirkt sich auf viele Bereiche aus: Ernährung und Über- bzw. Untergewicht, Adultismus von Kindern, Stringtangas und Push-up-BHs in Größe 116, ungerechte Bezahlung, Schulerfolg oder -misserfolg. Den Kindern wird da wenig Spielraum gelassen und im Klamottenladen kommt man auch als Eltern der Falle kaum aus. Andere Länder gehen da längst aktiv dagegen vor:
„In Norwegen gibt es bereits seit 1978 ein Verbot von geschlechtsdiskriminierender Werbung, auch in Irlang Norwegen, Schweden, Dänemark und Finnland, Kroatien, Griechenland, Portugal und Spanien. Doch für Deutschland ist keine gesetzliche Regelung in Aussicht.“

Das ist 2020 leider immer noch so. Im Werberat sitzen nicht mal Pädagogen oder Entwicklungspsychologen, so verwundert es nicht, dass mit „Ironie“ argumentiert wird. Aber wie sollen die 5-, 7- oder 11jährige Kinder dechiffrieren, wenn wir das als Erwachsene nicht immer schaffen? Das Autor*innen-Duo ist auch privat ein Paar und greift immer wieder auf ihre persönlichen Erfahrungen mit den drei Kindern zurück und zeigen damit, dass es eben nicht reicht, wenn man als Eltern bewusste Kaufentscheidungen trifft oder gegen diese Genderbilder ankämpft, wenn Marketing und Gesellschaft die immer gleichen rosa-hellblauen Bilder reproduzieren.

Das Buch bringt immer wieder Meinungen und Sätze aus der Hölle, wie vom Leiter eines international erfolgreichen Marktforschungsinstituts oder von einer Münchner Mutter, die ihre 5jährige Tochter bei einem Beautysalon speziell für Kinder angemeldet hat:

„Ich find’ das schön, dass man das auch mal gemeinsam machen kann und die Mädels an das Thema so sanft herangeführt werden, also sich zu pflegen und hübsch zu machen.“

Inhaltlich ist das Buch leider immer noch aktuell, manches hat sich aber sogar meiner Meinung nach seit 2014 noch verschärft. Die feministische Antithese „Germany’s next Topmodel“ wird zwar stark beleuchtet, Instagramer und Influencer aber noch kaum.

Das Sachbuch lässt sich schnell und unkompliziert lesen, obwohl die Autor*innen oftmals Bezug zur Forschung nehmen. Ihr toller Schreibstil macht auch immer wieder die Absurdität der Rosa-Hellblau-Falle deutlich. Lässt sich schnell lesen. Ich persönlich habe jetzt nicht so viel Neues mitgenommen – und das Buch dennoch sehr gerne gelesen.

Als Grundlagenwerk für das Thema Gendersensibilität vergebe ich 4,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 29.12.2023
Ein Baum für Tomti
Blazon, Nina

Ein Baum für Tomti


ausgezeichnet

Erst kürzlich wurde ich mal wieder nach einem Weihnachtsgeschenktipp für Kinder gefragt, und irgendwie fällt mir da oft zuerst dieses Buch ein. Zum Vorlesen geht es sicherlich schon ab 5, lässt sich aber auch noch später ganz toll selber lesen.
Wir hatten zuerst die wundervolle Lesung von Katharina Thalbach gehört (da war mein Sohn vielleicht. 5 oder 6). Danach haben wir das Buch aber zweimal noch gelesen und auch mit 10 fand er das Buch ganz wundervoll. Dieses wundervolle Buch mit Sinn für Naturschutz können wir nur wärmstens weiterempfehlen. Denn auch in Buchform mit den tollen Illustrationen von Karin Lindermann ist die Geschichte ein echtes Kleinod.
Der kleine Baumgeist Tomti taucht in der Zimmerpalme von Maja und ihrer kleine Schwester Fini auf. Er braucht dringend einen neuen Baum zum Wohnen und die beiden Mädchen und ihr Freund helfen ihm bei der Suche. Gemeinsam mit den Held*innen reisen wir direkt ins Herz der Bäume hinein. Denn auf der Suche nach einer neuen Wohnung nimmt Baumgeist Tomti die Kinder mit in die Bäume hinein.
Nina Blazon schafft eine zauberhafte Mischung aus modernem und klassischen Erzählen. Klassisch ist die Konstellation mit dieser Kindergruppe, die zwar einem fantastischen Wesen begegnen, diesem aber mit sehr kindtypischen Mitteln helfen. Und gleichzeitig siedelt Blazon die Geschichte um Tomti in unserer modernen Welt an, und kritisiert geschickt in die Geschichte verwoben die Umweltverschmutzung unserer Gesellschaft. Diese Kritik ist nie didaktisch, sondern sehr stimmig in diese warmherzige, witzige Geschichte integriert. Wissen und Moral wird hier nebenbei vermittelt.
Zusätzlich flicht Blazon viele echte Informationen und Besonderheiten der Baumarten ein, wie z.B. dass Linden immer ganz viel Blütennektar verlieren, macht sie für Tomti als Heimstatt ziemlich ungeeignet. Oder, dass die Bäume über Netzwerke verbunden sind und so sogar miteinander kommunizieren. Auch die Kinder zeigen sich empathisch und hilfsbereit. Besonders hat mir gefallen, dass die Mädchen und der Junge gleichberechtigt geschildert werden und ohne Klischees.
Absolute Leseempfehlung und 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 29.12.2023
Der gelbe Vogel
Levoy, Myron

Der gelbe Vogel


ausgezeichnet

Das wichtigste Buch meiner Kindheit

Als Kind habe ich viele Bücher über die Shoah und den zweiten Weltkrieg gelesen. Als Ausdruck eines „Nie wieder“, das in meiner Familie immer klar war, und auch, um irgendwie das Grauen zu verstehen, eben, dass Antisemitismus und Faschismus NIE WIEDER geschieht.

„Der gelbe Vogel“ hat mich als Kind am allermeisten von all diesen Kinderbüchern berührt. Die Geschichte zeigt nämlich, dass das Grauen nicht einfach mit der Befreiung der KZs oder dem Kriegsende endete. Die Überlebenden haben überlebt, aber trugen und tragen diese Erlebnisse mit sich weiter in ihren weiteren Lebensweg. Das Buch liegt mir so am Herzen, dass ich es nachgekauft habe, als es bei einem Umzug mal verloren geglaubt ging. Und dennoch habe ich nach mehrfacher Lektüre im Alter von vielleicht 10 bis 19 seit meiner Jugend nicht noch einmal gelesen. Dieses Buch hat mich so sehr bewegt, dass ich fürchtete, es würde meinem Blick als Erwachsene nicht mehr standhalten. Ich war mir dann nicht einmal mehr sicher, ob es ein Buch über die Shoah war, oder diesen Teil ausklammert, weil Naomis Vater bei der Résistance war. Das Buch tut das zum Glück nicht, aber das war mir nicht einmal mehr bewusst.

Als dann dieses Hörbuch erschien, habe ich mich endlich an eine erneute Lektüre getraut. Und erneut hat mich das Buch tief bewegt. Die Lesung von Jeremias Koschorz passt einfach wundervoll. Die Geschichte ist von Myron Levoy wirklich klug gebaut: Hauptfigur ist nicht Naomi selbst, sondern der US-amerikanische, jüdische Junge Alan (quasi die Own-Voice des Autors selbst). Alan er ist der Beobachter, den seine Eltern sanft überreden, sich um das schwer traumatisierte Mädchen zu kümmern. Stark sind dabei die Gespräche mit seinem Vater, der ihm letztendlich die moralische Entscheidung völlig überlässt. Hier wird auf Augenhöhe argumentiert, was für ein positives Bild von Kindern und Jugendlichen schon 1977 vermittelt wird. Auch ansonsten hielt für mich das Buch (fast komplett) einer heutigen Sichtweise stand. Einzig das teilweise etwas klischierte Bild von Jungen und Mädchen fand ich nicht immer ganz passend, aber selbst dies bricht der Autor selbst wieder auf. Das ist etwas, das Alan lernen muss. Und er wird auch nicht zum glorreichen Retter von Naomi, sie rettet sich mit seiner Hilfe selbst. Bis…. und bis, und da wird es bitter und traurig und deutlich, dass wir den Dämonen des Traumas nicht immer entfliehen können. Ein Moment der Unachtsamkeit kann eine Kaskade von Ereignissen in Gang setzen. Ich habe, wie schon als Kind und als Jugendliche, nun auch als Erwachsene geweint. Geweint, um die Toten und geweint um die Überlebenden.

Ich werde es demnächst mit meinem Sohn lesen. Ich scheue mich noch davor, weil ich weiß, wie sehr mich das Buch als Kind mitgenommen hat. Aber es ist so geschrieben, dass es Kinder verkraften können, weil sie spüren können, dass Menschen auch aus dem Trauma wieder ins Leben kommen können.

Ein wundervolles Buch, das sehr einfühlsam zeigt, was Trauma bedeutet. Das wichtigste Buch meiner Kindheit empfehle ich auch nach meiner Lektüre als Erwachsene von ganzem Herzen weiter. Wir müssen alle dazu beitragen, dass „Nie wieder“ auch „Nie wieder“ heißt. Gegen jeden Antisemitismus und gegen jede Menschenfeindlichkeit.

Bewertung vom 29.12.2023
Nimalia

Nimalia


ausgezeichnet

Von „Nimalia“ sind wir echt angefixt. Das Spielprinzip ist so simpel und gleichzeitig müsst ihr beim Spielen schon ganz schön ums Eck denken und vorausschauend spielen. Da man gleich vier Legeaufgaben in unterschiedlichen Kombinationen hintereinander erfüllen muss, ist Strategie wichtig. Wenn ihr gewinnen wollt, ist das Spiel komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Trotzdem seid ihr mit einer Spielzeit von 20 Minuten gut dabei.

Es gibt vier unterschiedliche Reservate – Wüste, Eis, Wald und See – die jeweils angelegt werden müssen. Beim anlegen muss immer mindestens eines der Felder mit bereits ausgelegten Feldern überlappen, ihr könnt aber auch eine komplette Karte abdecken, wenn ihr das wollt. Denn eines geht nicht, ihr könnt keine Karte überspringen, sondern müsst alle gezogenen Karten zwingend anlegen. Punkte gibt es einzig für die Aufgaben, die in der aktuellen Runde gerade ausliegen. Anhand der Piktogramme auf den Karten kann ich manche Aufgabe nicht immer gleich sofort zuordnen, aber dafür gibt es ja die Anleitung, in der wir dann schnell nachgeschlagen haben. Drei paar Beispiele für die Aufgaben: 1. Ihr bekommt zwei Punkte je Wüstenfeld für eure größte zusammenhängende Wüste. 2. Ihr bekommt zwei Punkte für jeden Gorilla, der an einer Seefläche liegt. 3. Ihr bekommt drei Punkte pro Pinguin, wenn er der einzige in der Spalte ist. Die unterschiedlichen Tiere oder auch die Flussabschnitte bekommen so alle eine Bedeutung. Und weil die Kombination der Aufgaben nach jeder Runde wechselt und die Aufgaben aber zudem wiederkehren, kriegt ihr beim Anlegen sicherlich auch witzige Knoten ins Gehirn. Die Spielanleitung gibt eine Aufgaben-Kombination für den Einstieg vor. Diese Kombination hat sich bislang mit allen Neueinsteigenden ins Spiel sehr gut bewährt – kürzlich auch für meine 81jährige Mutter.

Und was für mich den Spielspaß perfekt macht: Das simple und doch ansprechende Design. Ich freue mich richtig, wenn ich z.B. dem Gorilla zu einem Platz am Wasser verhelfen kann. Funktionalität und Gestaltung gehen so Hand in Hand! Ein tolles Spiel, das wir jetzt auch schon mehrfach verschenkt haben.

Bewertung vom 11.12.2023
Der Weg der Wünsche
Rothfuss, Patrick

Der Weg der Wünsche


ausgezeichnet

Für Fans ein Muss!
Bei Patrick Rothfuss habe ich aufgehört zu warten, ob und wann es weitergehen wird Erwarte nichts, dann wirst du nicht enttäuscht! Immerhin geht der Autor sehr transparent damit um, dass er aus diversen Gründen einfach nicht so weiterschreiben kann, wie er gerne möchte.
Und dann kam diese Novelle. Ich hatte überlegt, ob ich sie überhaupt lesen soll, denn: Wird die Sehnsucht nach dieser Welt danach nicht wieder so unendlich groß sein? Dazu habe ich die Novelle um Auri zwar gerne gelesen, „Die Musik der Stille“ kam aber für mich nicht an die Hauptbände heran. Und dann Bast als Hauptcharakter… ja, ich fand Bast immer sehr charmant. Aber eine letzte Lektüre der Königsmörder-Chroniken (drei waren es insgesamt) liegt schon wieder so lange zurück (circa sieben, acht Jahre), dass ich schon gar nicht mehr genau wusste, was Bast so eigentlich ausmachte. Sollte ich erstmal einen Re-Read starten? Zugegebenermaßen blieb ich neugierig: Was hat sich Rothfuss nach so langer Pause wohl ausgedacht?
Und als das (zugegebenermaßen) sehr schmale Büchlein dann hier lag, da wurde die Neugierde dann zu groß. Und ich las die ersten Seiten – und da ging mir schon das Herz auf, nämlich schon bei Rothfuss Vorwort, in dem er ganz offen und ehrlich mit uns als Lesenden umgeht. Und dann die Geschichte selbst: Nach wenigen Sätzen tauchte ich schon wieder ganz in dieser Welt ein. Dabei passiert erstmal gar nicht viel: Bast webt ein Trugbild eines Taugenichts, der den Tag verstreichen lässt. Und während dieses Nichts passiert so unglaublich viel. Ohne, dass ich mich an viele Plotgegebenheiten bewusst erinnern konnte, konnte ich die Funktionsweise der Magie wieder richtig spüren, obwohl es dazu nur wenige Schilderungen gibt. Hier wird nur ein Tag geschildert, aber die Protagonist*innen kamen mir in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit wieder so nah. Rothfuss’ Kunst besteht darin, dass seine Charaktere nie rein gut oder rein böse sind. Sie changieren in unterschiedlichen Graustufen und werden daher so lebensecht, liebenswürdig, aber auch gefährlich. Was hast du alles noch nicht von ihnen enthüllt, Patrick Rothfuss?
Ich bleibe weiter gespannt.
Für alle Fans definitiv ein Muss! Macht Sehnsucht nach dieser Welt ohne darüber verzweifeln zu müssen. 4,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 11.12.2023
Die Märchenbahn
Krenzer, Rolf

Die Märchenbahn


sehr gut

Wer sich (und vielleicht noch seine Kinder) auf die Weihnachtszeit einstimmen möchte, kann gerne zu diesem märchenhaften Bilderbuch greifen. Nun ja, die Geschichte ist kein echtes Märchen, sondern die Protagonist*innen sind alle realistisch, ein echter Straßenbahnfahrer, seine Frau und ein paar Kinder. Aber ihnen passiert etwas ziemlich märchenhaftes.
Der Zauber des Märchens kommt über die Märchenbahn, die in der Vorweihnachtszeit täglich ihrer Runden dreht. Und dann geht es noch um Gerechtigkeit, denn der Sohn des Straßenbahnfahrers, der in dieser Bahn als Nikolaus am Steuer sitzt, sollte nicht bevorzugt fahren dürfen. Und das ist ja absolut nachvollziehbar! Aber wie sieht es mit einem kleinen Nikolaus aus? Der darf doch mitfahren, oder?
Es geht um Regeln und warum wir sie vielleicht machmal auch etwas großzügiger auslegen können. Bei dem Gerechtigkeitsaspekt müsste man allerdings vielleicht etwas länger mit den Kindern sprechen. „Die Märchenbahn“ zeigt auch, wie sich eine schöne Idee verbreitet und andere begeistert (viral gehen könnte man auch dazu sagen.) Denn daraus entsteht eine ganz einzigartige – nur dann und nie wieder – Märchenbahn.
Das Bilderbuch von Rolf Krenzer und Sita Jucker ist erstmals bereit 1990 erschienen. Ich habe mich sofort in die irgendwie nostalgischen Bilder verliebt, habe aber überlegt, ob sie bei heutigen Kindern noch so ziehen. Mein Sohn ist mit 11 nun zwar jetzt etwas älter als die eigentlich Zielgruppe, aber ihm haben die Bilder ebenfalls total gut gefallen, genauso wie die Geschichte. Einzig die Wiederholung, welche Stimmen hinter den Nikoläusen stecken, hat ihn etwas gelangweilt. Aber kleinere Kinder brauchen das vermutlich, meinte er.
Bei uns fährt auch eine Weihnachtsbahn herum. Ich habe die allerdings noch nie ausprobiert, weil ich mir die eher ziemlich voll und hektisch vorstelle. Aber vielleicht probiere ich die nach der Lektüre dieses Buches doch einmal aus.
Bist du schon mal mit einer Märchenbahn gefahren?

Bewertung vom 11.12.2023
Komm in meine Küche!
Khorschied, Aveen;Birinci, Mehmet Ismail

Komm in meine Küche!


ausgezeichnet

Welche zauberhafte Idee, welch schöne Umsetzung! In diesem Kochbuch finden sich authentische Rezepte von ganz vielfältigen Menschen. Und es ist eine Freude Rezepte und Menschen so kennenlernen zu dürfen. Die Vielfalt, wegen derer ich sehr gerne in Deutschland lebe, und die sich schon in der kleinen Stadt Puchheim bei München zeigt.

Der Verlag schreibt in der Beschreibung von der Kleinstadt Puchheim, stimmt zwar auch, aber damit man sich das etwas besser vorstellen kann: Puchheim hat tatsächlich viel 70er Jahre Plattenbauten. Ich denke, es ist eines der Probleme unseres Landes, dass der kulturelle Reichtum, der hinter diesen Wänden schlummert, viel zu oft übersehen wird. Umso mehr freut mich, dass Aveen Khorschied und Mehmet Ismail Birinci, die beide u.a. als Quatiersmanager:in in Puchheim arbeiten, mit diesem Buch hinter diese Wände und in die Kochtöpfe dort schauen.

„Wenn Deutschland ein Gericht wäre, wäre es für mich ein Obstsalat – bunt, vielfältig und lecker.“

Sagt Elenora Stefanova, geboren in Teteven, Bulgarien.

Die Kochenden aus 21 Nationen und eine bunte Mischung der Geschlechter werden toll in Szene gesetzt. Sie bekommen ein Gesicht und eine Stimme, mit knappen, aber herzlichen Zitaten. Dort erzählen sie vom Essen in ihrer Heimat, welches Essen ihnen in Deutschland schmeckt, was sie an ihrer Heimat vermissen, wie sie in Deutschland zurecht kommen und was für sie hier typisch ist.

„Meine Muttersprache ist viel bildhafter als die deutsche Sprache. Früher war ich irritiert, wenn jemand einfach nur ‚Nein‘ sagte.“

Sagt Mohammad Maruan Saef, geboren in Damaskus, Syrien.

Die Gerichte sind hausgemacht und sehen für mich dadurch irgendwie noch leckerer aus, als wenn sie von fancy Fooddesignern zig Mal in Szene gesetzt wurden. Obwohl: In Szene gesetzt sind sie auch ganz hervorragend. In das Quabeli Palau, ein würziges Reisgericht mit Rosinen aus Afghanistan, würde ich mich am liebsten reinlegen.

Jasmin-Reis, Lammfleisch, Weißkohl, Möhren, Zwiebeln, Knoblauch, Ingwer, Öl, Brühe, Tomaten, Salz, Pfeffer oder Mehl, Hefe, Zucker, Salz, Öl, damit können wir kulinarisch nach Togo reisen. Viele Rezepte lassen sich mit den Bordmitteln zuhause zubereiten, hin und wieder braucht es ein besonderes Gewürz, das Meiste lässt sich aber im gut sortierten Supermarkt finden. Die Rezepte selbst sind – ganz wie ich es von von G+U gewohnt bin – verständlich und gut strukturiert.

Dieses Buch werde ich sicherlich noch ganz oft zur Hand nehmen. Ein für Diversity in Deutschland ist übrigens auch „Mama Superstar“ (hier meine Rezi), dass ich allen, die dieses Buch möchten, sehr gerne noch gleich empfehlen möchte. Dort gibt es allerdings nicht ganz so viele Kochrezepte (aber auch), dafür mehr Geschichten von den Köchinnen (dort sind es ausschließlich Frauen).

Fazit
Authentische Gericht von Menschen, die mit großer Vielfalt in einer Kleinstadt bei München leben. Eine zauberhafte Idee und eine tolle Umsetzung! 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 11.12.2023
Lucky!
Offill, Jenny;Appelhans, Chris

Lucky!


sehr gut

„Du kannst jedes Tier der Welt haben, solange es nicht ausgeführt, gebadet oder gefüttert werden muss.“

Manche Sätze sollte man als Eltern wohl besser nie im Leben sagen. Die Ich-Erzählerin lässt sich nämlich die zitierte Aussage von Mutter schriftlich geben – denn auf ein Faultier treffen all diese Dinge zu. Also darf nach dieser schriftlichen Zusicherung ein Faultier als Haustier einziehen.

Als ganze Familie lieben wir Faultiere, sind sie doch die Antithese zu unserer hektischen Welt und auch, wenn wir gerne unterwegs sind (was uns durch Corona schon deutlich fehlt), faulenzen wir total gerne zuhause rum. Mein 8jähriger Sohn fand „Lucky“ daher auch total witzig und mochte Aussage, dass jede*r goldrichtig ist.

Mir haben die Illustrationen sehr gut gefallen, aufs Wesentliche reduziert, die Farben meist in warmen Braun- und Rottönen mit Blau als Kontrast, lenken den Blick immer wieder auf die beiden Protagonist:innen Faultier und Mädchen. Obwohl ich gerade den Anfang und auch viele andere Ideen total charmant fand, war ich dennoch insgesamt nicht ganz so begeistert wie mein Sohn. Hauptsächlich liegt das wohl daran, dass ich nicht ganz genau weiß, was mir die Geschichte eigentlich sagen möchten. Klar, am Ende steht das: „‚Du bist goldrichtig, Lucky.“ Aber immerhin hat ihn das Mädchen für diese Erkenntnis aus seinem natürlichen Lebensraum rausgenommen. Um danach ganz lange sich danach zu richten, was eine Freundin sagt. Da war mir die Erkenntnis dann etwas zu knapp geraten. Meine Wertung wären daher 3 Sterne: Nett, aber könnte besser sein.

Mein Sohn liegt bei 5 Sternen, mein Lebensgefährte bei 4. Das Buch liest sich wirklich sehr hübsch, aber ich hatte mir bei eine Faultiergeschichte mehr erwartet. Im Mittel komme ich dann auf 4 Sterne.