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Pink Anemone
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Wien
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www.pinkanemoneblog.wordpress.com

Bewertungen

Insgesamt 69 Bewertungen
Bewertung vom 07.02.2018
Der Nachsommer
Stifter, Adalbert

Der Nachsommer


gut

Wie soll man einem Literaturklassiker gerecht werden, wenn man sich einen Monat lang durchgequält hat? Diese Frage stellte ich mir bereits nach den ersten Seiten dieses Buches.
Ich liebe Klassiker, angefangen bei Shakespeare, über Lessing bis hin zu Tolstoi. Dabei schätze ich vor allem die Sprachgewalt, die Poesie und den bildhaften Erzählstil, inklusive der Detailverliebtheit. Doch gerade diese langatmigen Beschreibungen und die ständigen Abschweifungen ins Detail, machten mir das Lesen von "Der Nachsommer" mehr als schwer.
Die Handlung schreitet nur mit überaus kleinen Schritten voran, nahezu stockend und humpelnd und zwar aufgrund diverser minutiöser Beschreibungen von Gemälden, Pflanzen und selbst von Steinen.

Aber so sehr Stifter auch auf die Darstellung von Natur und Kunst eingeht, die Charaktere bleiben auf den 730 Seiten blass und vor allem langweilig.
Hier fällt kein böses Wort und Missverständnisse gibt es hier ebenso wenig. Selbst als Risachs Geheimnis gelüftet wird, herrscht hier Verständnis und Einigkeit.
Immerzu herrscht hier Harmonie und höchste Idylle, dass es kaum auszuhalten ist. Hinzu kommen die ständigen Wiederholungen der alltäglichen Rituale - die Neurotik des Biedermeier lässt grüßen.

Diese Art des Schreibens ist von Adalbert Stifter jedoch so beabsichtigt. Die Industrialisierung machte zu dieser Zeit auch vor Österreich nicht Halt. Aber wie Franz I. und Metternich, so war auch Stifter gegen diese Modernisierung und versuchte sie, zumindest in diesem Werk, aufzuhalten - den Fortschritt entschleunigen.

Bei mir rief es auch eine Entschleunigung hervor und zwar die des Lesens.
"Der Nachsommer" ist also keineswegs ein Klassiker den man mal schnell zwischendurch lesen kann und auch nicht sollte.
Man muss sich dafür Zeit nehmen, darin eintauchen und diesen wirken lassen. In der heutigen schnelllebigen Zeit mit Sicherheit ungewohnt, aber durchaus nicht verkehrt und eben auch genau das was von Stifter beabsichtigt war. Für mich persönlich war das nichts.

Das Werk enthält aber auch gleichzeitig wunderschöne Zitate, welche zum Nachdenken anregen:

"...der Mensch sei nicht zuerst der menschlichen Gesellschaft wegen da, sondern seiner selbst willen. Und wenn jeder seiner selbst willen auf die beste Art da sei, so sei er es auch für die menschliche Gesellschaft." (S. 15)

Die vorliegende Neuauflage aus dem dtv-Verlag ist jedoch mehr als nur gelungen. Hier wurde nämlich die Urfassung beibehalten, inklusive der etwas ungewöhnlichen Interpunktion Stifters. Ja, selbst hier hatte Adalbert Stifter seine Eigenheiten. Diese spezielle Art Kommas zu setzen, sollte seinen Stil intensivieren. Nun ja, diese Tatsache machte das Lesen nicht unbedingt leichter.
Es wurden aber auch die Laut- und Wortformen , sowie die alten österreichischen Bezeichnungen beibehalten.
Die meisten Verlage scheuen sich davor, solche Eigenheiten beizubehalten und modernisieren Texte, Passagen und ganze Werke. Nicht so beim dtv-Verlag, der aufgrund dessen für mich die erste Adresse bei Neuauflagen von Klassikern ist.
Wie gewohnt erhält man im Nachwort Informationen über das Werk und dessen Entstehung und es beinhaltet eine kleine, aber durchaus ausführliche Biographie des Autors mittel Zeittafel. Ich muss gestehen, diese Anhänge lasen sich spannender als "Der Nachsommer" selbst.

Fazit:
Der Schreib- und Erzählstil von Adalbert Stifter ist sehr speziell.Dies muss man mögen, um das vorliegende Werk vollends genießen zu können. Ein Lob gebührt jedoch dieser Neuauflage aus dem dtv-Verlag, welche die Urfassung, sowie viele interessante Informationen im Anhang enthält.
Für Adalbert Stifter-Fans, Studenten der Germanistik und Literaturwissenschaft absolut zu empfehlen.

Bewertung vom 31.01.2018
In eisiger Nacht / Detective Max Wolfe Bd.4
Parsons, Tony

In eisiger Nacht / Detective Max Wolfe Bd.4


sehr gut

"Als Erstes nahmen sie ihr den Pass ab. Der Mann sprang von der Ladefläche des Lastwagens und schnippte mit den Fingern in ihre Richtung. 'klickklack'. Ein trockenes, forderndes Geräusch" (S. 9 - Anfang)


❆❆❆

Dies ist der 4. Teil der britischen Krimi-Reihe rund um Detective Max Wolfe.
Für mich war es der erste Tony Parsons-Krimi überhaupt und daher hatte ich keinerlei Vorkenntnisse bezüglich der vorherigen 3 Teile. Diese benötigt man meiner Meinung auch nicht.
Ich hatte keinerlei Schwierigkeiten in den Krimi hinein zu finden. Das liegt daran, dass der Autor immer wieder Informationen bezüglich der vergangenen Geschehnisse einfließen lässt. Dies jedoch keineswegs ausschweifend, sondern sehr gut in die Handlung integriert. Immer nur so viel, wie man für den aktuellen Fall benötigt, um der Handlung folgen zu können und gewisse Reaktionen und auch Handlungen der Protagonisten selbst zu verstehen.
Bezüglich der Privatsituationen der Charaktere, allen voran des Hauptprotagonisten Max Wolfe, wird hierbei aber auch gleichzeitig die Neugierde des Lesers geweckt, die mich persönlich dazu anregt mir auch die vorherigen Teile zu zulegen.

Dies ist jedoch nicht der einzige Grund. Es liegt vor allem am flüssigen und sehr bildhaften Schreibstil des Autors. Der Plot ist fesselnd und die Thematik dieses Krimis hochaktuell - Flüchtlinge, Schlepper, Flüchtlingscamps und Menschenhandel. Dies wird hier aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet, sowohl von der polizeilichen, als auch von Flüchtlingen und Schleppern selbst. Hier gibt es kein bloßes schwarz-weiß oder gut-böse Schema.

Der Autor schafft es zudem die entsprechende Atmosphäre an den Leser zu transportieren, ob nun spannungsgeladen oder bedrückend.
Ab dem ersten Drittel nimmt der Krimi dann auch gehörig an Fahrt zu. Es wird spannender, aber auch brutaler und bedrückender, was natürlich auch an der Thematik selbst liegt.
Dieser Krimi hält so viele Emotionen bereit, sodass einem schwindelig werden könnte und doch muss man immer weiter lesen.

Manchmal hätte ich mir jedoch bei gewissen Details und Handlungen mehr Tiefgang gewünscht. Manches wird einfach viel zu schnell abgehandelt oder gar nur am Rande erwähnt.
Leider war in gewisser Weise auch schnell klar wer dahintersteckt. Hier wiederum wäre bei so manchen Erwähnungen weniger besser gewesen.
Trotzdem enthält der Krimi, welchen ich persönlich eher im Thriller-Genre einordnen würde, durchaus auch überraschende Wendungen.

Fazit:
Im Großen und Ganzen hat mich dieser Krimi wunderbar unterhalten, was aufgrund der Thematik vielleicht etwas befremdlich wirken mag. Aber alle Handlungsstränge laufen hier gekonnt zusammen und es kommt zu einem schlüssigen und für mich stimmiges Ende.
Manchmal hätte ich mir mehr Details und manchmal wiederum weniger (bezüglich Auflösung) gewünscht.
Dieser Krimi weist deutliche Merkmale eines Thrillers auf und ist sicher nicht für jeden geeignet. Trotz der angeführten Mankos kann ich eine absolute Leseempfehlung aussprechen. Vor allem auch für Thrillerfans mit einem etwas stärkeren Magen.
Ich persönlich werde mir definitiv auch die vorherigen Teile dieser Max Wolfe-Reihe zulegen.

© Pink Anemone

Bewertung vom 30.01.2018
Mordsschnee
Girardelli, Marc;Grünig, Michaela

Mordsschnee


sehr gut

Obwohl ich Österreicherin bin und 2 Jahre in Kitzbühel lebte, fahre ich weder selbst Ski, noch schaue ich mir Skirennen im Fernsehen an. Die Skirennen sind mir irgendwie zu langweilig und das mit dem Skifahren und mir war immer eine kleine Hass-Liebe.
Hier jedoch wird der Abfahrtslauf aus der Sicht des Skirennläufers Marc so dermaßen spannend beschrieben, sodass selbst ich die Luft beim Lesen anhielt.

"Etwa fünf Tore lang schien seine Strategie aufzugehen, und er fühlte, wie seine Fahrt runder wurde, wie sich endlich der notwendige Rhythmus einstellte. Doch das Herzstück des Rennens hatte er noch vor sich. Rasend schnell glitt er über die Kante und stach in das steil abfallende Stück der Piste..." (S. 12)

Und mit dieser spannenden Abfahrt beginnt es auch mit der Spannung in diesem Ski-Krimi....

Erzählt wird aus der Sicht von Marc, dem Schweizer Ski-Star und aus der Sicht seiner Freundin Andrea, ehemalige Beamtin der Kantonpolizei in Zürich und nun Privatdetektivin.
Marc, extrovertiert, den Ski-Zirkus liebend und obwohl schon über 33 an der Spitze seiner Ski-Karriere.
Andrea - eher introvertiert mit dem Wunsch, dass Marc sich von seiner Ski-Karriere zurückzieht, um ein bodenständiges Leben zu führen. Nach einem Eifersuchtsstreit fährt Andrea zurück nach Zürich, während sich Marc im Training für den Abfahrts-Weltcup in Sankt Moritz befindet. Während jeder seinen eigenen Gedanken zu ihren Beziehungsproblemen und der Lösung derer nachhängt, wird die Ex-Affäre von Marc, die Sportjournalistin Lara Frey, auf brutalste Weise ermordet.

Da Marc dabei beobachtet wurde, als er mit Jana in Streit geriet und auch ihre Leiche gefunden hat, ist nun er der Hauptverdächtige und es gibt keinerlei Hinweise die das Gegenteil beweisen könnten. Im Gegenteil, alles scheint auf Marc als Täter hinzudeuten. Keiner scheint ihm zu glauben und so liegt es in den Händen von Andrea den wahren Täter zu finden. Doch nicht nur sie ist auf der Suche nach dem Mörder von Jana.

Jonas, ein 16-jähriger, hochbegabter Junge, der Probleme mit verschiedenen sozialen Interaktionen hat und daher wohl an einer Form des Asperger-Syndroms leidet (dies wird im Roman jedoch nicht explizit erwähnt), möchte den Mörder ebenfalls finden, jedoch aus ganz anderen Gründen.

Die Einblicke in seine Sicht und Gedankenwelt fand ich besonders interessant und genauso spannend wie den Krimi selbst.
Hier wird diese Art des Asperger-Syndroms von den Autoren sehr gut wiedergegeben und dadurch erhält gerade dieser Handlungsstrang besondere Authentizität.

Der Schreibstil ist flüssig und rasant. Der Plot enthält zudem verschiedene Wendungen, in denen immer wieder neue Verdächtige auftauchen. Bis zur Mitte hin wird man als Leser regelrecht animiert mitzurätseln.
Leider kristallisiert sich im Verlauf immer mehr heraus wohin die ganze Geschichte führen soll und hält dadurch keine allzu überraschende Auflösung parat.

Die enthaltene Thematik, welche die Klimaveränderungen auf die Gletscher und das Entgegenwirken der Winter-Tourismus-Branche beinhaltet, regt zusätzlich zum Nachdenken an.
Man erhält Einblicke, wie sehr die Natur unsere Skigebiete gefährdet ist und das es nun wirklich an der Zeit ist etwas dagegen zu unternehmen.
Manchmal sind die technischen Erklärungen und Informationen jedoch mehr als nur ausführlich und lassen somit die Spannung in den Keller rasseln und die Handlung stocken.

Fazit:
Ein überaus rasanter und spannender Ski-Krimi, der selbst mir wieder Lust machte mich auf die Bretter zu stellen. Aber auch zum Nachdenken regt dieser Krimi an.
Die Auflösung hält jedoch keine allzu großen Überraschungen bereit und auch die technischen Ausführungen waren manchmal zu viel des Guten.
Im Großen und Ganzen konnte mich dieser Krimi jedoch wunderbar unterhalten und erhält daher eine absolute Leseempfehlung.
Ski-Fans werden begeistert sein!

Bewertung vom 19.01.2018
Schmerzflimmern Vol. 2
Kemper, Marc

Schmerzflimmern Vol. 2


ausgezeichnet

Dies ist der 2. Teil der Schmerzflimmern-Reihe und er schließt nahezu direkt an den 1. Teil "Schmerzflimmern" an. Obwohl meiner Meinung nach nicht unbedingt Vorkenntnisse von Nöten sind, würde ich doch empfehlen zuerst den 1. Teil zu lesen. Nur so kommt man in den absoluten Genuß dieses schrägen Fantasy-Thrillers.

Auch in "Schmerzflimmern Vol. 2" begleiten wir wieder Gregor, der eine ganz besondere Gabe hat. Bei bloßer Berührung ist er beim Tod desjenigen hautnah mit dabei. Anders als angenommen sind die meisten Tode alles andere als 08/15 und manchmal an Skurrilität nicht zu überbieten. Somit hatte er aber schon genügend Gelegenheiten einen Blick in die Zukunft zu werfen, die für die Menschheit alles andere als rosig aussieht. Gregor selbst sieht diese Gabe eher als Fluch, da sich dadurch für ihn diverse zwischenmenschlichen Beziehungen zu einem Horrortrip gestalten.

"...Was definitiv ein Vorteil war, denn es machte eine Frau in meinen Augen deutlich attraktiver, wenn ich nicht jedes Mal eine Todesvision von ihrem hundert Jahre alten, faltigen Arsch erdulden muss, während sie mir einen runterholte." (S. 14)

Um endlich Klarheit über diesen Fluch zu erhalten, begibt sich Gregor auf die Suche nach seinem ihm unbekannten Vater. Doch dieser Trip entpuppt sich als Supergau schlechthin.
Nicht nur das seine Visionen nicht mehr das sind was sie einmal waren und sich auch das Auftauchen aus diesen Zeitreisen als kompliziert gestaltet, sondern, dass er in diesen Visionen plötzlich von einer mysteriösen Gestalt gesehen werden kann. Und genau diese ist dabei mehrere Anschläge zu verüben.
Wer ist diese Gestalt und was hat Gregor mit dieser zu schaffen und wie kann er sie aufhalten?
Und so beginnt der rasante Road Trip Gregors durch die Zeit.

Es ist schwer diesen Fantasy-Thriller mit nur wenigen Worten zu beschreiben, aber er ist definitiv skurril, spannend, rasant und so anders - auf jeden Fall mit nichts zu vergleichen.
Ebenso kann man diesen Roman nur schwer in eine Genre-Schublade pressen - Fantasy? definitiv, aber auch Pharma-Thriller und Dystopie. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass ebenso der Inhalt so viel mehr enthält als nur eine schräge Geschichte. Er ist z.B. gespickt mit makaberen und sarkastischem Humor.

Es begegnen einem Skurrilitäten am laufenden Band, gleichzeitig ist der Plot rasant und spannend, manchmal auch brutal mit gleichzeitig morbiden Humor...

"Der Baumstamm begrub den armen Typen so ungünstig unter sich, dass dessen kompletter Hals und Unterkiefer vom Gewicht des Holzes zerquetscht wurden. Es wirkte wie ein fehlgeschlagener Versuch einen menschlichen PEZ-Spender zu erschaffen." (S. 27)

..und doch enthält die Geschichte so manches Tiefsinnige.

Der Schreibstil ist klar und flüssig und die Erzählweise rasant. Zudem gibt es bei Marc Kemper keine unwichtigen Erwähnungen oder Vorfälle. Jede noch so kleine Handlung, welche anfangs als unwichtig erscheint, oder nur als kurzes Randgeschehen stattfindet, trägt zum Verlauf der Geschichte bei und verläuft mit den größeren Handlungssträngen zu einem großen Ganzen. Einfach nur fix darüberlesen ist hier also nicht.

Mit dem Ende, zumindest mit einer Szene davon, bin ich jedoch alles andere als glücklich.
Die actionreiche Schlußszene wirkt nämlich für mich unglaubwürdig und zu aufgesetzt. Hier ist dann auf auf einmal alles too much und wirkt daher etwas unpassend zum restlichen Teil des Romans. Das ist aber Meckern auf hohen Niveau und fällt vermutlich nur jemandem auf, der im Berufsalltag mit chirurgischen Instrumenten zu tun hat.

Fazit:Auch der 2. Teil von Schmerzflimmern ist facettenreich:
Skurrilität trifft auf morbiden Humor und tiefsinnige Gedanken. Fantasy trifft auf Thriller und spannender Plot auf rasanten Schreibstil.
Ein Road Trip nicht nur für den Hauptprotagonisten, sondern auch für den Leser, der erst daraus auftauchen will, wenn das Buch zu Ende ist. Ein Muss für alle die 08/15 satt haben.

Bewertung vom 14.01.2018
Acht Berge
Cognetti, Paolo

Acht Berge


ausgezeichnet

Dieser Roman erzählt die Geschichte von zwei Männern die sich schon seit ihrer Kindheit kennen und so grundverschieden wie Tag und Nacht sind. Doch trotzdem, oder gerade deswegen, verbindet sie eine ganz besonders innige Freundschaft. Eine Freundschaft die oft ganz ohne Worte auskommt und über weite Distanzen bestehen bleibt.

Erzählt wird aus der Perspektive von Pietro und somit seine Reise des Erwachsenwerdens - eine Reise auf den verlassenen Tälern des Lebens und immer eng verbunden mit den Bergen und der Freundschaft zu Bruno.
Jeder geht als Erwachsener seiner eigenen Wege, den einen treibt es fort, der andere bleibt. Jeder sucht auf seine Weise sein Glück und seine Bestimmung, doch in den Bergen kommen sie immer wieder zusammen.

Der Schreibstil ist flüssig und die Erzählweise in ruhigen und melancholischen Tönen gehalten. Und trotzdem fesselt die Geschichte und lässt einen immer weiterlesen.
Zudem enthält der Roman atemberaubende Naturbeschreibungen über Gebirgsbäche, Gletscher und Almen, die einem die Liebe zu den Bergen spüren lässt und die Empfindungen einer Besteigung dieser näher bringt.

"Meine Qualen endeten abrupt. Ich überwand eine letzte Steigung, umrundete eine Felsnase und fand mich auf einmal von einem Turm aus Steinen oder einem von Blitzeinschlägen gezeichneten Eisenkreuz wieder. Der Rucksack meines Vaters lag am Boden, und um uns herum war nichts als Himmel..." (S. 43)

Doch dieser Roman enthält so viel mehr als die bloße Geschichte zweier Jungen und ihr Erwachsenwerden. Er enthält eine Biographie des Lebens mit all seinen Fragen, Hürden und Kämpfen. Und obwohl der Schreibstil einfach gehalten wird, besitzt er so viel Poesie, welche sich durch die Berge zum Ausdruck bringt.

"Die Vergangenheit ist das Tal und die Zukunft der Berg [....]. Was auch immer das Schicksal für uns bereithält - es kommt von den Bergen, die über uns emporragen..." (S. 32)

Dies lässt einem selbst so manches im Leben verstehen oder zumindest über so manches nachdenken.

"Denn ein Ort bewahrt immer auch die eigene Geschichte, damit man sie bei jedem Besuch als neue Revue passieren lassen kann. Und solche Berge kann es nur einmal im Leben geben. Im Vergleich dazu sind alle anderen bedeutungslos, sogar der Himalaja" (S. 230)

Man könnte unendlich aus diesem Roman zitieren, dabei träumen, verstehen und nachdenken.

Fazit:
Ein Roman mit wenig Dialogen, vielen Gedanken und Poesie und noch mehr Liebe zu den Bergen.
Eine Geschichte die einen über das Leben nachdenken und manchmal begreifen lässt. Unglaublich schön, unglaublich intensiv.
Absolute Leseempfehlung!

© Pink Anemone

Bewertung vom 12.01.2018
Das Revier der schrägen Vögel / Kommando Abstellgleis Bd.2
Hénaff, Sophie

Das Revier der schrägen Vögel / Kommando Abstellgleis Bd.2


ausgezeichnet

"Jacques Maire spazierte am Kanal entlang, der quer durch L'Isle-sur-la-Sorgue verlief. Er zählte die Enten. Betrachtete das dahintreibende Grün, dass das Wasser färbte und immer wieder unter dem Glitzern der Sonne verschwand." (S. 7 - Beginn)

Dies ist der 2. Teil der Kommando-Abstellgleis-Reihe und dieser schließt nahezu an den ersten Teil an.

Nach einem kurzen Auffrischen bezüglich der Charaktere, um sich in der Reihe wieder zurechtzufinden, geht es mit den Ermittlungen auch schon los.
Diesmal handelt es sich für Anne Capestan um einen sehr persönlichen Fall. Das Opfer ist nämlich niemand geringeres als ihr Schwiegervater, der auch gleichzeitig ein hohes Tier bei der Polizei ist und einer ihrer Ausbilder war. Obwohl ihre Brigade vom Polizeichef höchstpersönlich zu dem Fall hinzugezogen wurde, werden ihnen von den anderen "normalen" Ermittlern Steine in den Weg gelegt. Seit ihrem letzten Fall werden die Mitglieder der Brigarde Abstellgleis nämlich unter den Polizisten und Kripobeamten als Kollegenschweine angesehen. Doch dies stachelt die Truppe erst so richtig an und sie bedienen sich dabei so mancher unkonventioneller, äußerst schrägen und teil nicht ganz legalen Mitteln, um in dem Fall voranzukommen. Zu verlieren haben sie ja sowieso nichts. Und dann geschieht ein nahezu identischer Mord in der Provence und die Brigarde Abstellgleis hat durch diese Information bei den Ermittlungen auf einmal die Nase vorne.

Durch diese persönliche Komponente des Falls, erhält man diesmal auch Einblicke in Annes Vergangenheit und erfährt wieso ihr diese noch immer zu schaffen macht.
Aber auch der private Alltag der anderen Mitglieder der Brigade wird beschrieben - immer nur kurz und zwischendurch. Dadurch sind diese Einblicke keineswegs aufdringlich und unterbrechen somit auch nicht den Lesefluß. Im Gegenteil - ich fand es interessant und es bringt einem nach und nach die Protagonisten näher.

Der Schreibstil ist, wie schon im ersten Teil, flüssig und packend. Daher liest sich dieser französische Krimi relativ locker-flockig weg. Diesmal werden aber auch teils ruhigere, ja regelrecht poetische Töne angeschlagen.

"Am liebsten wäre er direkt zum Januar übergegangen, ins neue Jahr gekrochen wie ein Schiffbrüchiger am Strand, der sich die ersten Meter des Festlands hochschleppt..." (S. 53)

Doch auch die Situationskomik und der Humor kommen hier nicht zu kurz. Im Gegensatz zu so mancher französischer humoristischen Literatur jedoch keineswegs übertrieben und immer noch im Bereich des Möglichen.

Der Neuzugang der Brigade, Capitaine Henri Saint-Lô, trägt dazu natürlich auch bei. Dieser wurde gerade frisch aus der Psychiatrie entlassen. Der Aufenthalt in dieser scheint jedoch nichts gebracht zu haben. Noch immer ist er der festen Überzeugung er sei ein zeitreisendes Musketier und zwar kein geringeres als D'Artagnon. Dieser neu hinzugekommene Charakter passt mehr als nur gut zu den bereits vorhandenen skurrilen und schrulligen Ermittlern.

Die Spannung ist hier präsenter als im ersten Teil und daher muss man einfach immerzu weiterlesen, bis man endlich weiß wer der Täter ist. Das Ende hält diesbezüglich auch eine große Überraschung bereit.

Einziges Manko, bzw. Tipp an alle die sich dieses Buch zulegen wollen und, wie ich, immer den inneren Klappentext lesen: Verzichtet bitte dieses Mal unbedingt darauf. Dieser enthält nämlich eindeutig zu viele Informationen die einem so manche Überraschung und Komik verderben.

Fazit:
Hat mir schon der 1. Teil der Kommando-Abstellgleis-Reihe gefallen, so konnte mich dieser Teil noch mehr begeistern. Dieser ist spannender und rasanter, inklusive privater Einblicke der jeweiligen Charaktere der Brigade.
Um diesen Krimi jedoch vollends genießen und auskosten zu können, empfehle ich zuvor den 1. Teil "Kommando Abstellgleis" zu lesen. Von mir gibt es jedenfalls eine absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 26.11.2017
Am Abgrund / Der Bozen-Krimi Bd.2
Falcone, Corrado

Am Abgrund / Der Bozen-Krimi Bd.2


sehr gut

Alles beginnt mit einem tragischen Autounfall mit Fahrerflucht, der die Komissarin Sonja Schwarz wieder einmal auf die Spur der Kellers führt.
Dieser Fall verlangt einiges von Sonja und auch Laura, ihrer Tochter, ab, denn diesmal hat ein Fall auch Einfluß auf ihr Privatleben und zwar mit ungeahnten und schwerwiegenden Folgen.
Dieser Fall zieht regelrecht einen Rattenschwanz an weiteren Fällen hinter sich her und überall scheint die Mafia ihre Hände im Spiel zu haben.
Ist Sonja dem Ganzen gewachsen? Und wieso wird gegen Matteo intern aus Rom ermittelt?

Dies ist der 2. Teil der Krimi-Reihe aus Bozen, der nahtlos an den 1. Teil "Herz-Jesu-Blut" anschließt. Es ist daher von Vorteil mit dem 1. Teil zu beginnen, da man sonst gewisse Zusammenhänge nicht versteht und dadurch das Lesevergnügen getrübt werden könnte.

Dieser 2. Teil weist wesentlich mehr Tempo auf als der 1., wobei es auch schon bei "Herz-Jesu-Blut" hoch hergeht.
Es beginnt mit zwei Fällen, wobei dem Leser beim ersten Fall der Täter scheinbar von Anfang an bekannt ist. Auch hier jagt wieder eine überraschende Wendung die nächste und diesmal geben sich auch die Fälle die Klinke in die Hand.
Mord und Totschlag, Korruption und Mafia. Von wegen in den Bergen Südtirols geht es ruhig und gemütlich zu.

Der Schreistil ist angenehm und flüssig. Diesmal gibt es auch keine Probleme mit der Übersetzuung, die im ersten Teil zu grammatikalischen Schnitzern und Satzstellungsfehlern führte.

Die Charaktere sind gut und authentisch gezeichnet - mit all ihren Zweifeln, Gedanken und daraus resultierenden Handlungen. Hier ist keiner perfekt.
Die Beschreibung des Settings entführt den Leser wieder einmal in das wunderschöne Südtirol und lässt einem Bilder von Bergen, Almen und Weinreben vor Augen entstehen. Ich glaub ich muss wirklich mal Urlaub in Südtirol machen.
Und der Plot - spannend und rasant, wie schon im ersten Teil. Das Ende war dann jedoch etwas zu vorhersehbar. Man wusste wer hier Täter ist und wie das Ganze ausgehen wird. Der Weg dorthin war trotzdem spannend zu lesen.

Fazit:
Auch den 2. Teil dieser Bozen-Krimi-Reihe konnte ich nur schwer aus der Hand legen - spannend, rasant und mit vielen überraschenden Wendungen, wenn auch vorhersehbarem Ende.
Man muss die Fernsehserie nicht kennen, um diese Krimi-Reihe zu lieben.
Ich für meinen Teil freue mich schon auf den 3. Teil, daher eine absolute Leseempfehlung meinerseits.

© Pink Anemone

Bewertung vom 26.11.2017
Kommando Abstellgleis Bd.1
Hénaff, Sophie

Kommando Abstellgleis Bd.1


sehr gut

Mit dieser Lektüre eröffnet sich dem Leser mal ein Krimi der anderen Art - keine perfekten oder hart gesottenen Ermittler, sondern eine Schwammerltruppe sondergleichen. Einzig aus dem Grund von der Obrigkeit des Kommissariats zusammengestellt da diese Ermittler unkündbar sind und man sie so trotzdem weit ab vom Schuß irgendwie beschäftigen kann.
Ihr "Revier" ist eine ausrangierte Altbauwohnung mit ebenso ausrangierten Möbeln und mit Kisten voller ungelöster Mimimi-Fällen, jedoch ohne Waffen und ohne irgendwelche Befugnisse.

Die Leitung erhält Anne Capestan - einst eine Polizistin mit guten Aufstiegschancen, jedoch mit einem sehr locker sitzendem Abzugsfinger, die einmal zu oft abgedrückt hat. Weiters besteht diese Brigade aus:

Torrez - mit ihm will absolut keiner arbeiten, da er scheinbar Unglück bringt. Jeder seiner Partner wurde bei einem Einsatz entweder schwer verletzt oder ist gar tot. Jeder ist davon überzeugt, dass ein Fluch auf ihm liegt.
Eva Rosières - eine Krimiautorin und Diva, welche sich eine Zeit lang vom Polizeidienst beurlauben ließ, um Krimis und Drehbücher zu schreiben. Da ihr nun langsam die Ideen ausgehen, wollte sie wieder in den Dienst, wobei sie natürlich jedem auf die Nase bindet wie reich sie nun ist und es im Grunde gar nicht nötig hat zu arbeiten.
Merlot - der Alki in der Truppe. Immer am Saufen, Reden schwingen und Klugscheißen
Lebreton - einst bei der Dienstaufsichtsbehörde, der selbst vor der Obrigkeit nicht Halt machte und daher auf das Abstellgleis katapultiert wurde.
Evrard - eine unscheinbare Maus mit einem Spielproblem, die immer eine Wette am laufen hat.
Orsini - der verdammt gute Beziehungen zur Presse hat und nicht nur einmal zu oft etwas an diese weitergegeben hat.
Dax & Lewitz - zwei Kumpels, einer davon IT-Spezialist, sofern er sich daran erinnert nach was er suchen muss. Beide sind nicht die hellsten Kerzen auf der Torte

Und zusammen versuchen sie zwei Cold Cases aufzuklären, welche sich zufällig in den Kisten befunden haben. Dabei stechen sie in ein Wespennest mit ungeahnten Ermittlungsergebnissen.

Aufgrund der ständigen Hervorhebung der vorhandenen Komik, hatte ich schon gewisse Befürchtungen, da mir der französische Humor irgendwie so gar nicht liegt. Ich wurde jedoch eines besseren belehrt, da dieser Humor keinesfalls kitschig oder übertrieben wirkt. Eher eine leichte und auch authentische Situationskomik, die diesem Krimi die gewisse Würze verleiht.

Die Fälle sind durchaus interessant und immer wieder unterbrochen von einem Erzählstrang aus dem Jahr 1991 und einem aus der Sicht eines Burschen, die scheinbar nichts damit zu tun haben. Am Ende führen jedoch alle Fäden zusammen und beinhalten auch noch eine überraschende Wendung.

Dieser Krimi lebt weniger von der Spannung, als viel mehr von seinen Protagonisten. Daher verläuft es, auch aufgrund des locker-leichten Schreibstils, eher ruhig und gemütlich. Für meinen Geschmack etwas zu ruhig. Etwas Biss und Spannung hätte dem Krimi durchaus gut getan.

Fazit:
Dieser Krimi ist eine leichte Lektüre für den ein oder anderen entspannten Leseabend. Auch wenn es für mich schon fast zu unspannend war, so fühlte ich mich trotzdem gut unterhalten. Mal etwas anderes zwischen all den Thrillern. Von mir gibt es daher eine gemütliche aber absolute Leseempfehlung.

© Pink Anemone

Bewertung vom 14.11.2017
Herz-Jesu-Blut / Der Bozen-Krimi Bd.1
Falcone, Corrado

Herz-Jesu-Blut / Der Bozen-Krimi Bd.1


ausgezeichnet

Zu Beginn muss ich gleich mal sagen, dass ich weder ARD noch deutsche Krimis im Allgemeinen gucke. Dementsprechend unvoreingenommen nahm ich das Buch also zur Hand.
Das Erste was mir jedoch auffiel war die Werbung des Romans, welche sich auf diese "erfolgreiche ARD-Reihe mit über 5 Millionen Zuschauern pro Folge" bezieht. Dies hatte ein skeptisches Hochziehen meiner Augenbraue zur Folge und die Fragen "Muss ich diese TV-Serie kennen, um dem Inhalt folgen zu können? Ja, und muss ich allgemein Liebhaberin solch deutscher TV-Krimis sein, um auch Gefallen an dem Buch zu finden?".... so eine Liebhaberin bin ich nämlich definitiv nicht und ich hatte schon die Befürchtung, dass sich der Verlag in mir die falsche Zielperson für eine Rezension gesucht hat. Tja, diese Bedenken waren völlig unbegründet, denn nach den ersten gelesenen Seiten hatte mich der Krimi schon völlig von sich eingenommen, aber seht selbst:

Sonja Schwarz, leitende Ermittlerin aus Frankfurt, zog aus Liebe und Pflichtbewusstsein ihrem Mann Thomas gegenüber mit ihm und ihrer gemeinsamen Tochter Laura in seine Heimat Bozen. Nach dem Tod seines Vaters erbte Thomas das Weingut und mit Hilfe seiner Mutter möchte er dies wieder auf Vordermann bringen. Sonja stellte sich schon darauf ein, ein langweiliges Ermittler-Leben in der Provinz zu führen, doch weit gefehlt. Schon an ihrem ersten Arbeitstag wurde sie zu einem Mord gerufen. Der Sohn des erfolgreichsten Winzers der Gegend ist das Opfer. Am selben Tag entdeckt ihre Tochter bei einem Schulausflug ein Skelett in einer Höhle. Nun hat Sonja gleich zwei Fälle auf einen Schlag und einer verzwickter als der andere. Vor allem der zweite Fall bringt sie auch emotional an ihre Grenzen, denn alle Spuren führen auf irgendeine Weise zu ihrem Mann Thomas. Was geschah wirklich kurz vor seiner scheinbar überstürzten Auswanderung nach Deutschland und wieso hat sie ständig das Gefühl, als würde er ihr etwas verheimlichen?

Schon nach wenigen Seiten ist man mitten im Geschehen und ab dem ersten Mord geht es hier Schlag auf Schlag. Es ist also von Anfang an Spannung vorhanden.
Doch dieser Krimi kann auch durch ruhigere Töne punkten, welche unglaublich atmosphärische und bildhafte Beschreibungen des Settings beinhalten. Der Autor lässt wunderschöne Bilder im Kopf des Lesers entstehen, Bilder von grünen und satten Almwiesen, sonnenbeschienenen Bergen und süß duftenden Weinreben. Südtirol wird also auf sehr schöne Art in den Krimi eingebaut, wobei man richtig Lust auf a gmiatliche Almhittn und Südtirol allgemein bekommt.
Zusätzlich kommt es zwischen dieser Alm- und Bergatmosphäre, immer wieder zu überraschenden Wendungen, sodass die Grundspannung stets erhalten bleibt. Der Schreibstil ist zudem flüssig, der Plot ausgereift und die Charaktere sind gut ausgearbeitet und ebenso authentisch.

Etwas habe ich jedoch zu beanstanden und zwar so manchen grammatikalischen und Satzstellungs-Fehler. Manchmal scheint es nämlich so, als wäre der Krimi aus dem Italienischen durch Google-Translate übersetzt worden und dies beeinträchtigt an so manchen Stellen den Lesefluß. Dies ist jedoch meckern auf hohem Niveau, kostet dem Buch jedoch einen Stern.

Fazit:
Wer hätte gedacht, dass ich jemals einen Krimi zu einer ARD-Krimiserie lesen würde? Absolut keiner und am wenigsten ich. Und doch konnte mich dieser Alpenkrimi von sich überzeugen.
Er beinhaltet einen ausgereiften Plot mit ebensolchen Charakteren, Spannung und wunderbar atmosphärisches und bildhaftes Setting. Einzig an der Übersetzung (falls es daran liegen sollte) hapert es manchmal.
Meiner Meinung nach benötigt dieses Buch in keinster Weise eine Werbung, welche sich auf die TV-Serie bezieht, denn der Krimi in Buchform spricht ganz für sich alleine und erhält von mir eine absolute Leseempfehlung!

© Pink Anemone