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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Annika
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 19 Bewertungen
12
Bewertung vom 23.02.2023
Serious Shit
Knobloch, Marlene

Serious Shit


ausgezeichnet

Dieses Essay beschäftigt sich mit einer Welt, die durch den Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine ins Schwanken gekommen ist und wie die bis dato eher unpolitische Generation Y damit umgehen kann.

Ich stimme nicht in allen Punkten mit der Autorin überein, aber das muss ich auch gar nicht. Denn genau das "Sich-gegenseitig-aushalten" müssen wir wieder lernen, argumentiert sie. Um von der individualisierten Gesellschaft wieder zu einem funktionierenden Diskurs zu kommen, ist genau das nötig. Nur so können die Chancen der Demokratie genutzt werden.

Mir hat das Essay von Marlene Knobloch so einige Denkanstöße mitgegeben, und ich habe definitiv mitgenommen, "dass wir niemals aufhören dürfen, uns füreinander zu interessieren".

Bewertung vom 03.02.2023
Young Mungo
Stuart, Douglas

Young Mungo


ausgezeichnet

Dieses Buch gehört definitiv zu solchen, die man unter harte Kost einordnet. Es fällt nicht leicht, zu lesen wie sich der 15-jährige Mungo in Glasgow durch sein Leben manövriert, das geprägt ist von Armut, Gewalt, Aussichtslosigkeit und Schwulenfeindlichkeit. Seinen Familienalltag bestreitet er mit seiner alkoholkranken Mutter, seinem großen Bruder, der eine Gang anführt und seiner großen Schwester. Dabei sind diese Charaktere mal mehr, mal weniger präsent.
Die Kapitel machen Zeitsprünge und erst nach einigen Seiten ist es möglich, Mungos Situation zu erfassen. Dadurch kann es etwas dauern, bis man sich ganz eingefunden hat, allerdings sorgt der Aufbau gleichzeitig für Spannung.
Mich hat das Buch ziemlich gepackt, obwohl es an einigen Stellen wirklich schmerzhaft zu lesen ist. Mungo ist ein Sympathieträger, sodass man mit ihm und für seine Beziehung zu James hofft.
Das Ende fand ich etwas abrupt, dennoch eine große Leseempfehlung.

TW: Sexueller Missbrauch, Alkoholismus

Bewertung vom 22.01.2023
Ohne mich
Schüttpelz, Esther

Ohne mich


ausgezeichnet

Den Debütroman von Esther Schüttzpelz habe ich fast in einem Rutsch durchgelesen, ich denke das sagt schon mal einiges! Durch den schnellen und rasanten Schreibstil rast man durch das Buch und das Leben der Mitte zwanzig jährigen Erzählerin. Anfangs herrscht eine Distanz zwischen der Hauptfigur und ihrem Leben und ihren Gefühlen, weshalb es sich etwas oberflächlich angefühlt hat. Dann ging der Roman aber doch tiefergehend als ich erst dachte, als Spuren von Selbstreflexion bei der Protagonistin erkennbar wurden.
Unterhaltsam fand ich auch die Schilderungen vom Jurastudium und Referendariat, genau wie die Bezüge zur Stadt Münster.
Ich habe mich so eingedacht, dass ich mir eine Fortsetzung wünschen würde!
Insgesamt empfehle ich das Buch gerne weiter, besonders an Personen im gleichen Alter, da es einfach gut einfängt, wie sich das Leben Mitte zwanzig nach Abschluss des Studiums und bei der Selbstfindung anfühlt.

Bewertung vom 08.01.2023
Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?
Weber, Sara

Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?


ausgezeichnet

Der griffige Titel hat mich direkt angesprochen, da das Thema Arbeit allgegenwärtig ist und uns alle betrifft. Ich setze mich schon länger mit dem Thema der Arbeit auseinander und denke ebenfalls, dass uns kürzere Arbeitszeiten gut tun würden. Daher habe ich einige Fakten schon gekannt, aber der lockere Schreibstil von Sara Weber lässt sich gut lesen und doppelt hält ja bekanntlich besser. Interessant waren besonders einige ihrer Beispiele wie Schichtsysteme bei der Polizei. Generell hat es mir gut gefallen, dass auch andere Tätigkeiten als Bürojobs betrachtet wurden und Möglichkeiten dargestellt, wie auch hier flexibles Arbeiten funktionieren kann. Insgesamt mochte ich es, dass die Autorin nicht nur den aktuellen Zustand aufzeigt und Tatsachen benennt, sondern auch wirklich Lösungsansätze findet.
So hat mir besonders das Kapitel zur Organisation in Gewerkschaften und dem Zusammenfinden in Kollektiven, wie der Notruf NRW Mut gemacht und Hoffnung gegeben.
Ich empfehle das Buch gerne weiter, vor allem an Neulinge in diesem Bereich!

Bewertung vom 18.12.2022
Liebewesen
Schmitt, Caroline

Liebewesen


ausgezeichnet

Dieses Buch hat wirklich Spaß und süchtig beim Lesen gemacht. Durch das hohe Erzähltempo rast man förmlich durch den Roman und verfolgt die Beziehung von Lio und Max. Ich musste mich manchmal etwas stoppen und Sätze erneut lesen, um mich zu bremsen und nichts zu verpassen. Denn der Schreibstil ist so toll, dass man jeden Satz aufsagen möchte. Der Autorin gelingt es, urkomisch aber gleichzeitig oft tragisch zu erzählen. Man fiebert mit und wünscht sich, dass Lio und Max es endlich schaffen, vernünftig und ehrlich miteinander zu kommunizieren und sich ihren Dämonen zu stellen. Es bleibt vieles ungesagt, dennoch fühlt es sich sehr intensiv an.
Ich denke, dass dieses Buch viele Leser*innen in ihren Zwanzigern und Dreißigern begeistern wird. Besonders Sally Rooney-Fans werden auch diesen Roman mögen. Ich werde es jedenfalls weiterempfehlen!


TW: Sexueller Missbrauch, Abtreibung

Bewertung vom 18.11.2022
Die Kraft der Reue
Pink, Daniel H.

Die Kraft der Reue


sehr gut

In diesem Sachbuch geht es um neue psychologische Erkenntnisse zum Thema Reue.
Daniel H. Pink schafft mit verschiedenen Anekdoten zum Motto "No regrets" einen angenehmen Einstieg und nimmt danach eine Einteilung von Reue in verschiedene Kategorien vor. Er beschreibt Forschungsergebnisse seiner World Regret Survey und des American Regret Project und geht dabei auf Vor- sowie Nachteile von Reue ein. Dabei kommen immer wieder Menschen zu Wort mit ihren individuellen Dingen, die sie bereuen, was mir gut gefallen hat.
Nachdem ich aber in den ersten beiden Teile des Buches manchmal den roten Faden etwas vermisst habe, wurden die Erkenntnisse im dritten und letzten Teil des Buches toll zusammengeführt. Konkreten Handlungsempfehlungen und Strategien für den Alltag sollen zu einem neuen Umgang mit Reue führen. Ich konnte definitiv etwas aus diesem Buch mitnehmen, was ich von nun an umsetzen möchte, wie zum Beispiel die Reue mit wenigstens-Aussagen vermindern und Entscheidungen satisfizieren statt maximieren.
Insgesamt ist das Buch nicht lebensverändernd, aber enthält interessante, forschungsbasierte Anregungen, dessen Umsetzungen die eigene Lebensqualität erhöhen können.

Bewertung vom 18.10.2022
Miss Kim weiß Bescheid
Cho, Nam-joo

Miss Kim weiß Bescheid


sehr gut

Das Buch besteht aus verschiedenen Kurzgeschichten, in denen jeweils eine andere koreanische Frau die Hauptrolle spielt. Trotzdem hat man das Gefühl, die Frauen und ihre wichtigsten Meinungen und Gefühle kennenzulernen.
Bei manchen Geschichten wusste ich nicht so ganz, worauf die Autorin hinauswill, andere fand ich dafür umso eindrücklicher.
Ich konnte auch einiges über Korea lernen, zum Beispiel war mir nicht bewusst, dass oft die ganze Familie mit Großmutter, Schwiegermutter usw. stark in die Kinderbetreuung eingebunden ist. Auch der extreme Leistungsdruck für Schüler*innen mit Nachhilfe und endlosen Lerneinheiten ist deutlich geworden.
Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen und zum Nachdenken angeregt. Manchmal hat mir die Tiefe etwas gefehlt und ich brauchte zum Teil etwas, um die Familienkonstellation in der jeweiligen Geschichte zu verstehen.Ich empfehle das Buch trotzdem gerne weiter und denke, jede*r kann etwas davon mitnehmen!

Bewertung vom 18.10.2022
Carrie Soto is Back
Reid, Taylor Jenkins

Carrie Soto is Back


sehr gut

Wie schon bei den vorherigen Büchern von Taylor Jenkins Reid, taucht man auch hier wieder komplett ein und vergisst, dass es die Tennisspielerin Carrie Soto nicht gegeben hat. Die Geschichte ist spannend und man fiebert mit, ob Carrie es noch einmal zum Titel schafft und auch bei ihren persönlichen Beziehungen.
Dabei spiegelt das Buch auch negative Seiten des Erfolgs wider und was es bedeutet, als Frau in der Öffentlichkeit zu stehen. Da ist der Druck, den Frauen in der Öffentlichkeit spüren: ehrgeizig und erfolgreich wollen sie sein, dabei sollen sie aber stets charmant und süß auftreten. Die Siege sollen „Glück“ sein, und Frauen sollten eher weniger zeigen, dass sie gewinnen wollen. Auch der Umgang der Presse wird beschrieben: es hagelt negativen Schlagzeilen für Carrie, auch wenn es um ihre Liebesbeziehungen geht oder ihr Verhalten auf dem Tennisplatz. Männliche Reporter zeigen keinen Respekt vor ihr und beleidigen sie sogar im Fernsehen. Neben Sexismus wird auch Rassismus im Buch thematisiert, den einige Tennisspielerinnen erleben, die nicht dem blonden Ideal aus der entsprechen.
Glücklicherweise macht Carrie was sie will und ihr wichtig ist, entgegen den Erwartungen der Gesellschaft. Sie versucht nicht zu gefallen.
Insgesamt vergebe ich 4 Sterne, da die Handlung doch sehr von der Beschreibung von Tennisspielen dominiert wurde und ich mir mehr zwischenmenschliches gewünscht hätte. Aber wahrscheinlich spiegelt es einfach Carries Leben wieder, das sich eben einfach nur um Tennis dreht. Als ein Streit zwischen Carrie und ihrem Vater eskaliert, empfand ich das als sehr erleichternd, dass sie endlich ihre Gefühle rauslassen und nicht nur auf Distanz miteinander umgehen. Solche Stellen echter Emotionen hätte ich mir mehr im Buch gewünscht.
Ich kann das Buch für kurzweilige Unterhaltung mit einer starken weiblichen Hauptperson weiterempfehlen!

Bewertung vom 05.10.2022
Unsre verschwundenen Herzen
Ng, Celeste

Unsre verschwundenen Herzen


ausgezeichnet

Schon die Serie "Little Fires Everywhere" nach dem Buch von Celeste Ng habe ich verschlungen, und genauso ging es mir bei diesem Buch.
Im Groben geht es um den Jungen Bird, der mit seinem Vater in den USA in einer Dystopie in nicht allzu ferner Zukunft lebt. Doch er vermisst seine Mutter, die vor drei Jahren scheinbar aus dem Nichts die Familie verlassen hat.
Anfangs schien es etwas geheimnisvoll und schwer zu fassen, wie es zu dieser großen Veränderung im Leben der Familie kam. Genauso sind die beschriebenen Aufständen schwer einzuordnen, die sich immer auf "Unsre verschwundenen Herzen" beziehen.
Das Buch hat mich dennoch schnell in den Bann gezogen und durch die wunderschöne Schreibweise überzeugt. Seite für Seite lernt man mehr über die entworfene Welt, die unserer heutigen leider gar nicht so weit entfernt ist, wie man es sich wünschen würde. Das Schützen der amerikanischen Werte ist das oberste Ziel, und alles und jeder, der anders zu sein scheint, eine Bedrohung. Auch heute ist Rassismus gegenüber Menschen mit asiatischen Wurzeln ein Problem, und nicht nur in den USA.
Es ist daher packend zu sehen, wie der Spruch der verschwundenen Herzen, der aus einer Gedichtszeile von Birds Mutter stammt, Kräfte für den Widerstand mobilisiert und zur Parole des Protests wird.
Ein spannender Roman, der auf die gefährliche Richtung aufmerksam macht, in die unsere Gesellschaft sich bewegt und daher ein dumpfes Gefühl zurücklässt und nachdenklich macht.

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