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MaWiOr
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Insgesamt 3681 Bewertungen
Bewertung vom 01.10.2025
Schenkel, Elmar

Nietzsche global


ausgezeichnet

Friedrich Nietzsche (1844-1900) war einer der wirkungsmächtigsten Denker des 19. Jahrhunderts. Mit seiner scharfen Moral-, Religions- und Kulturkritik legte er den Grundstein für postmoderne philosophische Ansätze, die bis in die Gegenwart hinein wirken. Seine Werke werden bis heute global rezipiert. Doch Nietzsche ist mehr als ein Philosoph; immer wieder hat er Künstler, Literaten, Aussteiger oder einfach Neugierige inspiriert.

Elmar Schenkel, der an der Nietzsche-Gedenkstätte in Röcken tätig ist und schon mehrfach über den Philosophen publiziert hat, geht in seinem neuen Buch „nietzsche global“ der Anziehungskraft nach, die Nietzsche nun schon seit über einem Jahrhundert ausübt. Ausgangspunkt der Publikation waren die vielen Begegnungen mit Besucher*innen in der Gedenkstätte. Und so erkundet Schenkel auf 280 Seiten, wie weit die Gedanken des berühmten Denkers über Generationen, über Länder- und Kulturgrenzen hinweg getragen worden sind und welchen Einfluss sie auf unterschiedliche Menschen ausgeübt haben.

Dabei geht er chronologisch vor und hat für jedes Jahr irgendeinen (mitunter fast nebensächlichen) Einfluss ausfindig gemacht. So entstand 1896 Richard Strauss‘ Tondichtung „Also sprach Zarathustra“, 1919 erschien in Estland die erste vollständige Übersetzung eines Nietzsche-Titels, 1983 reflektierte der 85-jährige Religionsphilosoph Martin Huber sein Nietzsche-Erlebnis in der Jugend oder 1998 erschien „Zarathustra“ erstmals in der Sprache seiner Heimat, nämlich auf Farsi/Persisch. Obwohl Pippi Langstrumpf keine Schöpfung Nietzsches ist, sahen viele in Pippi bei ihrer Veröffentlichung eine Figur, die sich ähnlich wie Nietzsche allen etablierten Normen widersetzt.

Über Jahre Schenkel diese Begebenheiten und Einflüsse gesammelt, wobei ihm auffiel, dass Kunst, Dichtung und Ästhetik eine größere Rolle spielten als philosophische Auseinandersetzungen. Er verzichtet dabei auf akademische Interpretationen, sodass eine umfassende Kenntnis von Nietzsches Werk keine Voraussetzung für die Lektüre ist.

Bewertung vom 01.10.2025
Wolf, Norbert

Romantik


ausgezeichnet

Die Romantik war (vor allem) eine europäische Kulturströmung des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts, die eine Gegenbewegung zur Aufklärung und Klassik darstellte und das Gefühl, das Individuelle sowie das Mystische betonte. Sie umfasste Kunst, Literatur, Musik und Philosophie. Wie kaum eine andere Gedankenwelt bewegt sie die Menschen bis heute.

Die Prestel-Neuerscheinung „Romantik“ des renommierten Kunsthistorikers Norbert Wolf stellt die Malerei und die bekanntesten Künstler dieser Epoche in einem fulminanten Prachtband vor. Zunächst gibt er einen Überblick über den Geist der Romantik und die Experimentierfreude des 18. Jahrhunderts jenseits der Aufklärung. Dann widmet er sich der romantischen Malerei in Deutschland und beleuchtet ihre wichtigsten Vertreter – von Philipp Otto Runge über Caspar David Friedrich und den Nazarenern bis hin zu den Grenzgängern wie Karl Friedrich Schinkel, Carl Blechen und Carl Rottmann.

Es folgt eine Vorstellung der romantischen Malerei in Frankreich (u.a. Eugéne Delacroix) und in Großbritannien (u.a. William Blake und William Turner). Ergänzt wird die Darstellung durch einen Blick auf einige europäische Nebenschauplätze (Skandinavien, Russland, Spanien und Italien) sowie nach Nordamerika. Im Abschlusskapitel „Zur Aktualität der Romantik“ widmet sich der Autor den Berührungspunkten späterer Kunstrichtungen mit der Romantik und ihrer erstaunlichen Langzeitwirkung.

Neben den informativen und ausführlichen Beschreibungen punktet der Bild-Text-Band vor allem mit seiner opulenten und brillanten Illustration mit teilweise großformatigen Gemäldeabbildungen. Fazit: Die äußerst empfehlenswerte Neuerscheinung ist aber mehr als ein Übersichtswerk, sie hat das Zeug zu einem Standardwerk über die Malerei der Romantik.

Bewertung vom 01.10.2025
Thiébaut, Philippe

KLIMT


ausgezeichnet

Der österreichische Maler Gustav Klimt (1862-1918) war ein Vertreter des Wiener Jugendstils und eine der wegweisenden Künstlerfiguren der Jahrhundertwende. Seine Kunst erfreut sich bis heute international großer Beliebtheit und zieht durch Ausstellungen Besucher bis heute in seinen Bann. Klimts Stil ist unverwechselbar. Neben den Bildern seiner „goldenen Periode“ sind es besonders seine Landschaftsbilder, die großen Anklang finden.

Der im Prestel Verlag erschienene Bild-Text-Band macht mit dem Schaffen und dem visionären Talent von Gustav Klimt bekannt. Er bietet die Gelegenheit, seine Kunst anhand von über 90 beeindruckenden reproduzierten Werken zu erkunden, darunter sind sechs ausklappbare Doppelseiten mit seinen ikonischen Werken wie „Der Kuss“, „Die drei Lebensalter der Frau“, „Judith I“ und „Porträt von Adele“. Diese großformatigen Ausklappseiten machen Details von Farben, Mustern und Ornamenten sichtbar – fast als würde man vor dem Original stehen.

Der Kunsthistoriker Philippe Thiébaut erläutert in seinen Texten den historischen Kontext von Klimts Werk, wobei er auch neueste Forschungsergebnisse einbezieht. Der elegant gestaltete Band punktet außerdem mit einem Leineneinband, farbigen Kanten und einer außergewöhnlichen Druckqualität. Damit erweckt die Neuerscheinung Klimts künstlerische Welt zum Leben und veranschaulicht, wie er Porträts und Landschaften in symbolträchtige Meisterwerke verwandelte, die häufig zu Ruhe und Meditation anregen.

Bewertung vom 30.09.2025
Mende, Jan

Karl Friedrich Schinkel


ausgezeichnet

Karl Friedrich Schinkel war eine bekannte und vielseitig talentierte Persönlichkeit in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts. Er trat nicht nur als Architekt, Baubeamter, Denkmalpfleger und Stadtplaner hervor, sondern auch als Maler, Zeichner, Bühnenbildner und Designer.

Der Ausstellungsmacher und Programmkurator Jan Mende beleuchtet in seiner neuen Publikation neben diesen künstlerischen Arbeiten und Leistungen auch Schinkels Persönlichkeit. Basierend auf den Äußerungen seiner Zeitgenossen entwirft er ein lebendiges Porträt des bedeutendsten deutschen Architekten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Schinkel war kein Gesellschaftsmensch wie Alexander von Humboldt, eher eine „einsame Seele“. Er zeigte sich stets bescheiden, zurückhaltend, gemütvoll, aber schnell aufbrausend und zum Zorn geneigt. Eine echte Künstlernatur. Er war ein Getriebener, der unermüdlich und mit einem enormen Arbeitspensum immer neue Entwürfe und Zeichnungen produzierte. Schon früh kam er zu dem Schluss, ein Leben reiche nicht aus, um das alles zu vollenden, was noch zu tun sei.

Neben Schinkels Charakter widmet sich der Autor auch seinem Alltagsleben, seinen Wohnverhältnissen oder dem Umgang mit den Künstlerkollegen. Daneben werden auch seine wichtigsten künstlerischen (vor allem architektonischen) Arbeiten behandelt. Ihre Entstehung und Durchsetzung war häufig von den jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Situationen abhängig, die während seiner Lebensspanne oft stagnierte. Die reiche Illustration ergänzt die informative Darstellung.

Bewertung vom 30.09.2025

Queere Moderne - Queer Modernism


ausgezeichnet

Queere Kunst, die sich mit Identität, dem Körper und nicht-normativen Lebensweisen auseinandersetzt, ist keine Erfindung der Gegenwart. Sie kann sowohl zeitgenössische Werke als auch historische Kunst umfassen. Die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen zeigt „Queere Moderne 1900 bis 1950“ die erste umfassende Ausstellung zu diesem Thema in Europa. Sie versammelt über 100 Werke von queeren Künstler*innen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Im Hirmer Verlag ist der Katalog zu dieser bemerkenswerten Ausstellung erschienen. Neben den Abbildungen der ausgestellten Werke informiert er in sechs umfangreichen Essays (gerahmt von einem Prolog und einem Epilog) von renommierten Kunsthistoriker*innen u.a. über den Einfluss und die Perspektiven von queeren Künstler*innen auf die Stile, Bewegungen und Programme der modernen Kunst. Themen sind z.B. „Queere Lesarten von Abstraktion“, „Queere Avantgarden und intime Netzwerke“ oder „Queerer Widerstand seit 1933“.

Ausstellung und Katalog zeigen, wie aktuell und gesellschaftspolitisch relevant die in den Werken aufgeworfenen Themen und die Lebensläufe der Künstler*innen sind. Sie unterstreichen gleichzeitig das Bestreben nach fortwährend neuen Erkenntnissen und Perspektiven. Ergänzt wird die Neuerscheinung durch einen Anhang u. a. mit Werkverzeichnis und Leihgeber*innen. Fazit: Ein wichtiger Beitrag zum Thema „Queere Kunst“.

Bewertung vom 29.09.2025
Carter, David A.

VAN GOGH


ausgezeichnet

Der niederländische Maler und Zeichner Vincent van Gogh (1853-1890) schuf fast 900 Gemälde und über 1000 Zeichnungen, mit denen er die moderne Malerei begründete. Seine Bilder sind weltweit in Museen ausgestellt. Noch heute sind sie äußerst bekannt und man findet sie als Kunstdrucke auch in vielen Privatwohnungen. Besonders seine intensive und kontrastreiche Farbpalette begeistert. Mit seinen Gemälden hat er die Welt in Farben erklärt. Sie können z.B. dreißig verschiedene Gelbtöne enthalten und offenbaren seine Sehnsucht und Leidenschaft.

Das Pop-up Buch aus dem Prestel Verlag präsentiert fünf seiner bekanntesten Gemälde in einer aufklappbaren Version: „Blühende Mandelzweige“ (1890), „Caféterrasse am Abend“ (1888), „Die Sternennacht“ (1889), „Das Schlafzimmer“ (1889) und „Weizenfeld mit Zypressen“ (1889).

Neben den Abbildungen, die einen räumlichen Eindruck vermitteln, erläutern informative Texte die Besonderheiten der einzelnen Werke. So waren die „Blühenden Mandelzweige“ durch japanische Holzschnitte inspiriert, während in der „Sternennacht“ und bei „Weizenfeld mit Zypressen“ van Goghs kräftige Pinselführung erkennbar ist. Von seinem „Schlafzimmer“-Gemälde fertigte van Gogh insgesamt drei Versionen an und für „Caféterrasse am Abend“ verwendete er Lila, Dunkelblau und Violett anstelle von Schwarz- und Grautönen, um die nächtliche Szene emotionaler darstellen zu können. Fazit: Ein Kunstband und Papierkunstwerk, das sicher nicht nur van Gogh-Fans begeistert.

Bewertung vom 29.09.2025

Wunderkammer


ausgezeichnet

Der Berliner Fotograf und Fotodesigner Leo Seidel führt in seinem neuen Bildband in seine Wunderkammer. Voller Fantasie, surrealer Erzählfreude und Mut zur Opulenz präsentiert er seine fotokünstlerischen Arbeiten. Das Cover mit der Blauracke und dem alten Korbstuhl bildet den Auftakt zu einer großen Serie von Stillleben, die oft barocke Ausmaße annehmen – von Tierskeletten und Totenschädeln bis zu Detailaufnahmen von Blüten, kombiniert mit Kunstwerken.

Seidel experimentiert dabei gern mit Bild- und Brennweite oder mit Licht, Fotopapier und Polaroid. Was überrascht, sind immer wieder die außergewöhnlichen Perspektiven seiner Motive. Der Bildband, der vor allem Fotoarbeiten aus den letzten fünf Jahren versammelt, zeigt außerdem Seidels Vorliebe für die Schwarz-Weiß-Fotografie, die besonders in seinen Fotogrammen zum Ausdruck kommt.

Fazit: Ein bemerkenswerter Fotoband mit zwei kurzen Vorworten, der vergangene Zeiten mit modernen fotografischen Mitteln heraufbeschwört.

Bewertung vom 29.09.2025
Cipriani, Lorenzo

Am Meer der Zeit


ausgezeichnet

Der Segler und Historiker Lorenzo Cipriani unternimmt in seinem neuen Buch „Am Meer der Zeit“ eine mediterrane Segelreise auf den Spuren alter Kulturen. Er folgt denselben Routen wie unsere Vorfahren, ankert in denselben Buchten und steuert vertraute Häfen an. Er orientiert sich nachts an den Sternen und lässt sich von Leuchttürmen, Landzungen und Klippen leiten. Bei seiner fünfmonatigen Entdeckungsreise durch das Mittelmeer gingen ihm immer wieder die antiken Epen durch den Kopf. Das Mittelmeer der antiken Welt war für ihn wie der Urknall in der Zivilisations- und Menschheitsgeschichte.

Ciprianis Reiseroute verlief durch Italien nach Griechenland bis nach Istanbul, die Ägäischen Insel und die Türkische Küste, um nach Hause durch Kreta, Malta, Sizilien, Sardinien und die Balearen-Inseln zu gelangen. Bei seinen Stationen erzählt er Legenden und Anekdoten von den Protagonisten der antiken Welt. Daneben werden auch Kunst, Geschichte, Poesie und Musik behandelt und eingebunden. Das Buch ist jedoch nicht auf diese kulturelle Ausrichtung beschränkt, es ist auch eine Anleitung für das persönliche Reisen.

"Am Meer der Zeit" ist mehr als eine Segelreise, es ist eine Zeitreise zu den Wurzeln unserer westlichen Kultur. Gleichzeitig diente sie der wissenschaftlichen Forschung. Sehr lesenswert!

Bewertung vom 27.09.2025
Kessler, Judith

Kann denn Liebe Sünde sein?


ausgezeichnet

Einst waren es Gassenhauer – Schlager wie „Kann denn Liebe sein?“ oder „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n“. Für unsere Großeltern waren es Ohrwürmer, von der heutigen Generation kaum noch gekannt. Noch weniger bekannt ist jedoch, dass sie alle einen einzigen Textdichter hatten: Bruno Balz, der vor allem Texte für zahlreiche bekannte Hits des deutschen Films schrieb.

Die Sozialwissenschaftlerin und Journalistin Judith Kessler, die sich schon zahlreich mit jüdischen Lebensläufen beschäftigt hat, begibt sich in ihrer neuen Publikation auf die Spuren von Bruno Balz. 1902 in Berlin geboren, ist über seine frühen Jahre wenig bekannt. Bereits 1923 veröffentlichte er erste Liedtexte. Seine Karriere begann mit der Filmvertonung Ende der 1920er Jahre. In den nächsten vier Jahrzehnten lieferte er für ca. 200 Filme die passenden Liedtexte. Zarah Leander, Heinz Rühmann und Johannes Heesters wurden mit seinen Liedern zu unvergesslichen Stars.

Als homosexueller Hitschreiber während der Nazizeit stand Balz jedoch immer mit einem Bein im KZ, denn er setzte sich auch öffentlich für die Rechte der Homosexuellen ein. Außerdem schrieb er Opern, Operetten und musikalische Komödien. Nach 1945 wurde er zunächst als „Durchhaltetexter“ des NS-Regimes angeklagt, war dann aber bis Anfang der 60er Jahre noch weiter aktiv und erfolgreich. Danach zog er sich ins Privatleben zurück und starb 1988.

Die biografische Spurensuche wird ergänzt durch historische Aufnahmen und Dokumente. Eine umfangreiche (22 Seiten) Liste der Liedveröffentlichungen von Bruno Balz dokumentiert noch einmal die ungeheure Produktivität des Liedtexters Bruno Balz. Fazit: Eine interessierte Neuerscheinung zur deutschen Musik- und Filmgeschichte.

Bewertung vom 27.09.2025
Grüne, Hardy;Zeitspiel

Kult-Stadien


ausgezeichnet

Für den wunderbaren und informativen Bild-Text-Band ist die Redaktion von „Zeitspiel – Magazin für Fußball-Zeitgeschichte“ in ganz Deutschland ausgeschwärmt und hat zahlreiche Fußballstadien und –plätze aufgesucht. Darüber hinaus hat man in Archiven alte Artikel und Fotoaufnahmen aufgestöbert. In der Neuerscheinung stellen sie über achtzig Fußballsportstätten vor – von der Fußballarena bis zum historischen Regionalplatz.

So reicht das Spektrum vom Münchner Olympiastadion, dem Bremer Weserstadion, dem Hamburger Millerntorstadion oder dem Dortmunder Westfalenstadion bis zu den zugewachsenen Zuschauerrängen im rheinländischen Herdorf oder dem Tiefenorter „Kaffeetälchen“. Alle sind Kultstätten des Fußballs. Lobenswert ist auch, dass zahlreiche ostdeutsche Fußballstadien in die Auswahl aufgenommen wurden, nicht nur das Leipziger Zentralstadion oder die Alte Försterei in Berlin, sondern z.B. auch das Stadion am Fellberg im thüringischen Steinach.

Jedes Fußballstadion wird auf zwei oder vier Seiten vorgestellt, mit meist einer ganzseitigen Farbaufnahme und historischen Informationen. Hier erfährt man z.B. wie die Bielefelder „Alm“ zu ihrem Namen kam oder warum das Kölner Müngersdorfer Stadion manchmal zur Schunkel- und Gesangsmeile wird. Fazit: Ein bemerkenswerter Bild-Text-Band nicht nur Fußballfreunde.