Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Gerd @ Literatunten
Wohnort: 
Berlin
Über mich: 
Die "Literatunten" diskutieren an jedem letzten Mittwoch im Monat um 20 Uhr im Mann-O-Meter Berlin über ein Buch mit schwulem Bezug. Mitmachen erwünscht! Näheres unter http://literatunten.de

Bewertungen

Insgesamt 35 Bewertungen
Bewertung vom 15.12.2014
Das Bildnis des Dorian Gray
Wilde, Oscar

Das Bildnis des Dorian Gray


ausgezeichnet

Am 30. Juli 2014 haben sich die Literatunten mit dem Klassiker “Das Bildnis des Dorian Gray” von Oscar Wilde befasst. Die Anwesenden zählen den Roman durch die Bank weg zu den immer noch äußerst lesenswerten Texten. Er ist gut geschrieben, spannend bis zum letzten Buchstaben und hat einen kribbelnd unheimlichen Touch.
Das Strickmuster des Romans entspricht dem klassischen Faust-Stoff: ein anfänglich naiver Protagonist wird durch einen Verführer in die Geheimnisse der Gesellschaft eingeführt und dadurch verdorben. Als literarischer Kniff ganz neu und regelrecht genial ist, dass die zunehmende charakterliche Verderbtheit Dorians nicht an ihm selbst, sondern an seinem Bildnis sichtbar wird.
Etwas unheimlich mutet auch an, dass Wilde im Roman Begebenheiten beschreibt, die verblüffende Parallelen zu seinem späteren Leben aufweisen. Als hätte der Autor in genialer Hellsichtigkeit selbsterfüllende Prophezeihungen von sich gegeben.
Mehr wird nicht verraten – selber lesen!

Bewertung vom 15.12.2014
Schneespuren gibt es nicht
Wallenda, Wolfgang T.

Schneespuren gibt es nicht


gut

Ja, liebenswürdig sind die beiden Hauptfiguren des Romans. So weit so gut. Leider aber ist das Buch nicht sehr sorgfältig lektoriert. Es kommt immer mal wieder zu Wortdopplungen, machmal fehlen (zumindest beim eBook) Zeilenenden, dieser oder jener Schreibfehler ist stehen geblieben. Wenn der Autor es ausdrücklich nicht darauf abgesehen hat, einen literarisch ausgereiften Roman zu schreiben, wenn er also in dem Groschenromanschreiber Konrad Wels sich selbst porträtiert hat, dann hat er eine ganz passable Arbeit abgeliefert. Wenn man nicht weiter nachdenken will, das Buch sozusagen als Hintergrundbrummen für einen schläfrigen Strandkorb-Nachmittag nutzt, ist es durchaus lesbar. Das ändert aber nichts daran, dass die Story hahnebüchener Unsinn ist, Charaktere und Situationen klischeehaft, comicartig, meilenweit überzeichnet sind. Das funktioniert vielleicht als Vorabend-Serien-Schmonzette, vielleicht sogar als Kinofilm à la “Der bewegte Mann”. Aber bei weitem nicht als Agatha-Christie-Ersatz.
Fazit: Kann sein, muss nicht sein. Ist lesbar, mehr nicht.

Bewertung vom 15.12.2014
Wir Tiere
Torres, Justin

Wir Tiere


gut

Vielleicht bin ich ja zu altmodisch für diesen Text. Jedenfalls fand ich ihn nur schwer lesbar. Der Autor versucht in einem Staccato kurzer Sätze das kindlich-jugendliche Rebellentum, das raubtierartige Niegenug, die animalische, unreflektierte Begierde, den unstillbaren Lebenshunger der drei Brüder wiederzugeben. Diese Stimmung kommt ganz gut rüber. Für meine Begriffe leidet jedoch der Lesefluss und damit die Lesbarkeit unter dieser bemühten Kurzsatzprosa. Die Lektüre ist mir zu sehr Arbeit, weniger Vergnügen. Und für diese Arbeit ist mir der Gewinn zu gering.
Ein anderer ist sicher anderer Meinung. Mir hat das Buch nicht gefallen – kann man lesen, muss man aber nicht.

Bewertung vom 15.12.2014
Der Tag des Königs
Taïa, Abdellah

Der Tag des Königs


sehr gut

An den Stil musste ich mich erst etwas gewöhnen: sehr kurze Sätze, häufige Wiederholungen. Wenn man sich jedoch darauf einlässt, ein sehr lesenswertes Buch. Das letzte Kapitel allerdings finde ich überflüssig.

Bewertung vom 15.12.2014
Promises - Nur mit dir (eBook, ePUB)
Sexton, Marie

Promises - Nur mit dir (eBook, ePUB)


sehr gut

Kann eine Frau einen guten schwulen Coming-Out-Roman schreiben? Nach der Lektüre von “Promises” muss ich das wohl mit einem eindeutigen “Ja” beantworten. Ich fand es schon erstaunlich, wie treffend die Autorin das Gefühlschaos schildert, dass man bei der Bewusstwerdung des eigenen Schwulseins durchlebt. Hut ab vor ihrer Fähigkeit, einfühlsam die wachsende Zuneigung der beiden Protagonisten zu schildern, ohne in Kitsch abzugleiten. Alle Achtung, wie sie es schafft, erotische Szenen einzustreuen, ohne Pornografie zu schreiben. Wunderbar auch ihre Art, ein Happy End an den Schluss des Romans zu setzen, ohne fade zu werden. Ein durchaus auch sprachlich gelungenes Buch, dem zum Glück eine gute Übersetzung zuteil geworden ist, und das ich gerne weiterempfehle.