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CK
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Raum Stuttgart

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Insgesamt 230 Bewertungen
Bewertung vom 10.10.2025
Dumas, Marti

Secret Society of Rebel Girls. Wie ich wegen Nachsitzen einen Brief von Kleopatra bekam (Band 1)


sehr gut

Girls rule the school: Mit Kleopatras Hilfe den eigenen Weg gehen

Nina, die Protagonistin in „Secret Society of Rebel Girls – Wie ich wegen Nachsitzen einen Brief von Kleopatra bekam“, war mir von Anfang an sympathisch. Man konnte sich super in ihr Leben, ihre Ängste und Gefühle hineinversetzen.
Während ihre beste Freundin Maya unbedingt Sprecherin der sechsten Klassenstufe werden will, hat Nina familiäre Sorgen, denn ihre beiden Mütter streiten in letzter Zeit immer öfter. Und ihre ehemals zweite beste Freundin Zoe will seit den Sommerferien nichts mehr mit Maya und ihr zu tun haben. Als ob der neue Alltag an der Middle School nicht so schon schwer genug wäre ... Als Nina zum Nachsitzen muss und dort einen Brief an eine historische Persönlichkeit schreiben soll, hat sie nicht damit gerechnet, was ihr Brief an die berühmte Pharaonin Kleopatra für Folgen haben wird. Denn am nächsten Tag erhält sie einen Antwortbrief von Kleopatra höchstpersönlich. Nina und Maya können nicht glauben, dass dieser Brief wirklich durch die Zeit gereist ist. Obwohl er immerhin auf einer echten Pergamentrolle geschrieben ist. Ein echtes Abenteuer nimmt seinen Lauf – Können die Mädchen wirklich mit Kleopatras Taktik die Wahl Klassensprecherin zu gewinnen?
Das Buch hat meiner Tochter und mir sehr gut gefallen. Der Schreibstil ist sehr lebendig und unterhaltsam. Die Geschichte ist eine gut gelungene Mischung aus Schulalltag (zwar in den USA, aber das ist nebensächlich), Freundschaftsgeschichte und Magie.
Die Charaktere haben uns sehr gut gefallen, ganz besonders die mutige und neugierige Nina; aber auch ihre beste Freundin Maya, und ebenso Ms. Juniper.
Insgesamt ein unterhaltsames Buch für Mädchen ab ca. 9 Jahren mit der wichtigen Botschaft, sich nicht von seinem eigenen Weg abbringen zu lassen und für seine Träume zu kämpfen.

Bewertung vom 06.10.2025
Kaiblinger, Sonja

Vincent jagt das Phantom (Band 5)


sehr gut

Fledermaus Vincent jagt ein Phantom: Unterhaltsam und toll illustriert

„Vincent jagt das Phantom“ von Sonja Kaiblinger ist der 5. Band einer Kinderbuchreihe rund um die süße Fledermaus Vincent. Wir hatten zugegebenermaßen bisher noch keinen der Bände gelesen, doch das tat dem Lesevergnügen keinen Abbruch.
In diesem gruselig-unterhaltsamen Abenteuer ist Vincent nun offziell „Außenwachhund“ und soll Geisterverbrecher in der Menschenwelt jagen. Aber noch bevor er damit überhaupt anfangen kann, wird er selbst beschudigt, das Phantom zu sein: ein Meisterdieb, der in der Geisterwelt die Reichen ausraubt. Er kann nur einer Verhaftung entkommen, wenn es ihm zusammen mit seinen Freunden gelingen wird, das echte Phantom aufzuspüren und zu f angen. Gar nicht so einfach ... die Spürhunde aus der Geisterwelt sind ihnen nämlich dicht auf den Fersen. Werden die Freunde es schaffen?
Das Buch ist wirklich sehr schön und witzig illustriert, die Geschichte altersgerecht geschrieben, im angesagten Comic-Stil mit Sprechblasen. Ein wirklich unterhaltsames Buch, bei dem wir vor allem von der süßen und witzigen Fledermaus Vincent begeistert sind.

Bewertung vom 06.10.2025
Byford, Annette

Tanzende Spiegel


sehr gut

Gespiegelte Frauenleben: Autofiktionaler Mutter-Tochter-Debütroman


Die Autorin Annette Byford ist genauso wie die Icherzählerin ihres autofiktionalen Debütromans „Tanzende Spiegel“ Anfang der 50er Jahre in Deutschland geboren und absolvierte nach ihrem Umzug nach England eine Ausbildung als Psychotherapeutin.
Ihre Mutter war im Deutschland der frühen Nachkriegsjahre noch eine junge Frau, die unbedingt und intensiv leben wollte, die Glück und Liebe suchte, aber auch unabhängig bleiben wollte. Obwohl sie mit einem Arzt verlobt war, beginnt sie ein heimliches Verhältnis mit ihrem Vorgesetzten. Dieser ist viel älter als sie, verheiratet und Vater von vier Kindern. Als sie schwanger wird, muss sie abwägen, ob sie sich den gesellschaftlichen Normen fügt und sich für ein Leben als Ehefrau eines Arztes entscheidet.
Auf der anderen Seite ist da ihre Tochter, die ein halbes Jahrhundert später in Großbritannien lebt ind arbeitet. Die alternde Psychotherapeutin ist kürzlich Witwe geworden. Diesen Verlust hat sie noch nicht überwunden, sie hadert mit ihrem neuen Alltag, ohne ihren Mann. In Rückblenden analysiert sie das Leben ihrer Mutter, deren Entscheidungen und was diese für Folgen für ihr eigenes Leben hatten und haben.

"Sie hat nämlich später mit mir über all das gesprochen und mich mit ihren Vorstellungen zu Liebe und Leidenschaft gefüttert, zu Kompromissen und der Frage, wie man als Frau Entscheidungen trifft. Ihre Muttermilch war angereichert mit Bildern und Gedanken und Erwartungen, was sich zwischen Männern und Frauen abspielt. So lernen wir Töchter das von unseren Müttern. Wir hören zu, wir beobachten, wir trinken diese Milch, und ohne es zu wissen, lernen wir von Liebe, der Liebe, die etwas mit diesem Blick zu tun hat, mit dem sich ein Mann und eine Frau erkennen, tief in den anderen hineinschauen und sich wirklich sehen. Und in Bezug auf die Ehe lernen wir, dass ich der Blick verändern kann, nicht mehr nur aufeinander gerichtet ist, sondern sich nach außen wendet, auf ein Kind vielleicht, ein Projekt, ein gemeinsames Leben. Das ist es, was wir lernen."

Als sich die Ich-Erzählerin in eine ihrer Patientinnen verliebt, eine junge Cellistin, gerät ihr Leben aus den Fugen. Sie kann ihre Gefühle nur schwer unter Kontrolle halten; sie wünscht sich, die Cellistin auch außerhalb der Praxis zu kontaktieren. Doch damit würde sie ihren Beruf, alles aufs Spiel zu setzen ...

Die Zeitsprünge und Perspektivwechsel vom Nachkriegsdeutschland ins heutige Großbritannien fand ich sehr gelungen. Sprachlich ist das Buch sehr feinfühlig, besonders die Abschnitte über ihre Mutter sind der Autorin sehr liebevoll und berührend gelungen. Insgesamt ist diese Mutter-Tochter-Beziehung, die generationenübergreifend von Schweigen, aber auch emotionalen Parallelen geprägt ist, sehr beeindruckend dargestellt.

„So ist es eben: Du schaust deine Mutter an und siehst dich im Spiegel ihrer Augen.“

Auch die inneren Konflikte der Tochter, ihre Zerrissenheit zwischen zwei Nationen sowie ihr Leben, ihre Arbeit als Psychotherapeutin, waren sehr authentisch dargestellt (was sicher auch am beruflichen wie privaten Hintergrund der Autorin liegt):

"Was auch immer, ich habe dieses seltsame dazwischen immer gemocht, Etablierte und Außenseiterin zugleich. Es hat mich nie gestört; ich hatte immer das Gefühl, dass etwas daran zu mir passt. Ist das nicht genau das, was ich als Psychotherapeutin die ganze zeit bin - zugleich Teil der inneren Welt meiner Patienten und doch eine Außenseiterin in ihrer äußeren Welt, wichtig und unwichtig zugleich?“

Ein Debütroman, der unbedingt Beachtung finden sollte.

Bewertung vom 26.09.2025
Hill, Kai

Mentale Gesundheit durch Yoga


ausgezeichnet

Yoga für Körper, Geist und Seele: Tolles Yogabuch, auch für Anfänger*innen


„Mentale Gesundheit durch Yoga“ von Kai Hill ist neben „Every Body Yoga“ von Jessamyn Hill das zweite Yogabuch, die ich (fast parallel) gelesen habe & die mich beide sehr begeistert haben.
Yoga geistert mir schon länger, immer wieder, im Kopf herum, aber ich hatte mich bisher nie herangewagt. Dank dieser beiden Bücher ist das nun anders.

Kai Hill hat mit „Mentale Gesundheit durch Yoga“ ein sehr schön gestaltetes und praxisorientiertes Yoga-Buch geschrieben, bei dem ich mich auch als Neuling sehr gut abgeholt fühle.

Der Schwerpunkt dieses Buchs liegt auf der mentalen Gesundheit. Wir kennen das ja (fast) alle: Stress und Hektik, Überarbeitung, Mental Load - da braucht man einen Ausgleich. Yoga ist hierfür offenbar hervorragend geeignet. Ich möchte das ab jetzt in meine Alltagsroutine fest mit einbauen.

In 8 Kapiteln gibt es jede Menge Informatoinen rund um Yoga, Achtsamkeitspraktiken, Atemtechniken und Meditationen, Ernährung, Körperbewusstsein, Selbstfürsorge und vielem mehr.

Das 30-Tage Yoga Programm, zu dem es für jeden Tag auch mit QR-Code ein dazugehöriges Video gibt, bietet Übungen, die gut verständlich dargestellt sind.

Das Buch hat mir vom Schreibstil und Aufbau her sehr gut gefallen. Ich fühlte mich direkt abgeholt und von Anfang an wertschätzend angesprochen. Ich habe mir einige Notizen im Buch gemacht und viele Stellen markiert, die für mich besonders wichtig und/oder hilfreich sind; denn ich werde das Buch im Alltag sicher noch öfter zur Hand nehmen, um damit zu arbeiten.
Sehr hilfreich sind neben den zahlreichen, gut verständlichen Fotos auch die Videos, die man online ansehen kann.

Ich bin nach diesem Buch sehr motiviert, Yoga in meine Alltagsroutine zu integrieren und dranzubleiben. Besonder die Atemtechniken lassen sich auch mit wenig Zeit hilfreich einsetzen, um Stress zu reduzieren. Die Yogaübungen kann man morgens und/oder abends machen; hier kann jeder seine eigenen Routinen und Präferenzen für sich finden.

Ein sehr umfassendes, praxisorientiertes und gut verständliches Buch für Yoga-Anfägern*innen und Fortgeschrittene. Eine ganz klare Empfehlung von mir!

Bewertung vom 25.09.2025
Schoeters, Gaea

Das Geschenk


sehr gut

Elefanten in Berlin: Polit-Satire über Klimakrise und Macht

„Das Geschenk“ ist mein erstes Buch von Gaea Schoeters, das mich aufgrund des gleichwohl absurd wie interessant klingenden Plots sofort angesprochen hatte.
Die Geschichte spielt in Berlin und beginnt damit, dass plötzlich Elefanten mitten in der Großstadt auftauchen. Es werden immer mehr von den Dickhäutern gesichtet und schnell ist klar, dass sie nicht aus dem Zoo ausgebrochen sind. Sie sind ein Geschenk des Präsidenten von Botswana. Insgesamt 20.000 Elefangen hat er nach Deutschland geschickt - seine Reaktion auf das Einfuhrverbot von Jagdtrophäen, das die deutsche Regierung gerade beschlossen hat.
„Ihr Europäer wollt uns vorschreiben, wie wir zu leben haben. Vielleicht solltet ihr es einmal selbst versuchen …“
Was folgt, ist ein gelungenes, fiktives Szenario, bei dem sich Politiker*innen und Bürger in einer absurd klingenden Krise befinden, die jedoch überraschend realitätsnah dargestellt ist. Ein politisches Machtspiel vom Allerfeinsten entfaltet sich.

"Was hattest du denn erwartet? Wir schaffen das. Elefanten sind keine Flüchtlinge. Das hier ist kein Problem der Wahrnehmung, sondern an ein echtes Problem. Das kann man nicht mit ein bisschen Propaganda aus der Welt schaffen."

Das Wohl der „einfachen Bürger*innen“ und der Elefanten spielt nur nebenbei eine Rolle, denn alles ist aus Sicht der Mächtigen geschrieben. Ganz wie im wahren Leben …

Gaea Schoeters baut in ihren nur 144 Seiten langen Roman viele aktuelle Themen ein, von Klimakrise/Natur und Globalisierung über Verantwortung, Macht und Rassismus bis hin zu Migration und nationaler/kultureller Identität. Mit den Elefanten schafft die Autorin sehr treffsicher ein Sinnbild für die Angst vor Geflüchteten.

Die Protagonist*innen sind sehr authentisch dargestellt und ich kam nicht umhin, den fiktiven Kanzler Winkler mit Olaf Scholz zu vergleichen; die Ex-Kanzlerin im Roman ist meiner Meinung nach eindeutig ein Bezug auf Angela Merkel.

Für ein Highlight fehlte mir noch etwas; unter anderem hätte ich mir gewünscht, dass das Thema um den rechten Politiker Fuchs noch besser ausgearbeitet worden wäre.

„Wir haben so viel Angst vor dem rechten Vormarsch, dass wir uns nicht mehr trauen, zu regieren, aber das Klima verändert sich schneller als die Politik. Um den Herausforderungen von morgen die Stirn bieten zu können, musst du dich trauen, nicht zu kleckern, sondern zu klotzen. Nicht einen Stein ins Wasser werfen, sondern einen ganzen Felsen. Im Vergleich zu den Klimaproblemen, die auf uns zukommen, ist Fuchs nur eine Kräuselung an der Oberfläche. Fische wählen nicht. Du denkst immer noch in Amtszeiten von vier Jahren, während wir Generationen im Voraus planen müssen. Parteipolitik ist ein Luxus, den wir uns nicht länger leisten können - es wird Zeit, die Verantwortung zu übernehmen. Aber das erfordert Mut.“

Ansonsten ist „Das Geschenk“ ist ein gleichermaßen satirisch-witziger, spannend und tiefgründiger Roman, der uns alle zum Nachdenken anregen sollte. Ich vergebe für diese Satire 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 22.09.2025
Morosinotto, Davide

Greta Grimaldi und der Junge aus dem Schatten


sehr gut

Spannender Jugend-Detektivroman um den Fall „Kaspar Hauser“

„Greta Grimaldi und der Junge aus dem Schatten“ von Davide Morosinotto ist ein Detektivroman für Jungendliche, der sich mit dem berühten Fall um „Kaspar Hauser“ befasst.

Greta reist mit ihrem Vater, dem berühmten sizilianische Arzt und Kriminalisten Dr. Grimaldi, nach Nürnberg. Dort soll ihr Vater Kaspar Hauser beschützen, denn dem weltberühmten, mysteriösen Fremden droht jemand mit dem Tod.
Wurde Kaspar Hauser als Kind tatsächlich in einem dunklen Keller bei Wasser und Brot gefangen gehalten, wie er behauptet? Und wer droht ihm nun mit dem Tod?
Gemeinsam mit ihrem Vater muss Greta sich durch viele Täuschungen und Geheimnisse wühlen.
Werden sie es schaffen, Kaspar zu retten und sein Rätsel zu lösen?

Zum Inhalt möchte ich hier nichts weiter verraten, um nicht zu spoilern.
Von Kaspar Hauser haben die meisten (Erwachsenen) schonmal etwas gehört. Ich fand es interessant, dass das Thema nun für ein Jugendbuch in Form einer Detektivgeschichte aufgegriffen wurde. Dabei baut der Autor Davide Morosinotto historische Fakten um Kaspar Hauser in eine fiktive Detektivgeschichte ein. Spannungstechnisch ist das in weiten Teilen wirklich gelungen; man ist sofort mitten im Geschehen und die Spannung baut sich kontinuierlich auf.
Auch Greta gefällt mir als Protagonistin sehr gut; sie ist ein kluges, starkes Mädchen. Durch ihren sehr liberalen Vater hat sie für damalige Zeiten ziemlich viele Freheiten und ist dadurch sehr selbstbewusst.

Hervorzuheben ist auch die wunderbare Aufmachung des Buches. Nicht nur das Cover, auch die seitenfüllenden, aufwendigen Illustrationen aus dem historischen Nürnberg sind ein echtes Highlight dieses Buchs.

Was mir leider nicht ganz so gut gefallen hat, war dann die Auflösung des Falls und das Ende des Buches. Hier hätte ich mir (gerade für junge Lesser*innen) etwas anderes gewünscht.

Bewertung vom 19.09.2025
Bähr, Julia

Hustle


ausgezeichnet

Hustle: Gelungener Mix aus Unterhaltung und Kapitalismuskritik

Julia Bährs Debütroman „Hustle“ hatte mich zwar vom Cover her nicht unbedingt angesprochen, aber zum Glück bin ich ein Fan der inneren Werte (bei Büchern und Menschen) - denn dieser Roman aus dem Pola-Verlag ist definitiv ein Buch nach meinem Geschmack!

Die 30jährige Pflanzengenetikerin Leonie nimmt einen Job in München an, nachdem sie das Büro ihres ehemaligen Chefts verwüstet hat. Dass sie beim Vorstellungsgespräch nicht ganz die Wahrheit gesagt hat - sei’s drum! Leonie nimmt es mit der Wahrheit nicht so genau, aber ihre Gründe sind immer vertretbar; jedenfalls nach ihrer eigenen Moralvorstellung.
München ist teurer als gedacht, der Job schlecht bezahlt. Zufällig lernt Leonie da drei Frauen kennen, die sich ihr Leben offenbar mit eher zweifelhaften Methoden finanzieren. Leonie ist fasziniert und hat schnell eine eigene Idee, ihre Finanzen aufzubessern: Sie verkauft raffinierte Racheaktionen an Menschen mit Liebeskummer. Das läuft besser als erhofft, Leonies Kontostand klettert in die Höhe. Doch sie muss auch feststellen, dass der Job nicht ohne Risiko ist.

"Ihr war klar, dass Scheitern fast überall dazugehörte. Das lernte man in der Pflanzengenetik schnell. Alles musste man x-mal auf unterschiedliche Weisen versuchen, bis das Ergebnis endlich so war, wie man es sich vorgestellt hatte.
In ihrem neuen Job konnte sie sich das nicht leisten. Kein trial & error. Nur hit & run. Und bloß nichts am Tatort vergessen."

Wow, was für ein Roman! Vom Pola-Verlag bin ich ja schon einiges an guten Romanen gewohnt, aber dieser hier war wirklich ein unerwartetes Highlight!
Schon die Anfangsszene mit der Kresse-Aktion war einfach umwerfend!
So zieht sich das auch durch den gesamten Roman: Einerseits wirklich oft zum Schreien komisch, andererseits aber auch mit gut positionierter Kapitalismus- und Gesellschaftskritik.

"'Konntest du nicht einfach billiges Make-up kaufen?'
'Darum geht es nicht. Ich habe aus Überzeugung geklaut. Wir leben in einer Stadt, in der Menschen mit normalen Jobs die Lebenshaltungskosten nicht decken können. Und politisch interessiert das niemanden. Da ist Klauen doch für viele die einzige Lösung.'
'Oder wegziehen', sagte Leonie.
'Wegziehen ist ein kapitalistischer Verdrängungsprozess. Reiche Menschen verdrängen arme Menschen. Wenn die sich was zurückholen durchs Klauen, ist es nichts weiter als praktische Umverteilung. Viele große Firmen zahlen Überstunden nicht aus, lassen ihre Leute in den Pausen weiterarbeiten. Die machen ihren Gewinn auf Kosten der Menschen, die für sie arbeiten.'
'Aber wir brauchen doch alle Jobs.'
'Du verkaufst deine Firma deine Arbeitskraft und schuldest ihr darüber hinaus keine Loyalität. Es ist sogar gefährlich, Loyalität für den Arbeitgeber zu empfinden. Weil es dich in ein patriarchiales Abhängigkeitsverhältnis führt, in dem dein Arbeitgeber ein netter, väterliche Freund ist, der dir Blumen als Krankenbett schickt, nachdem du dich für ihn kaputt gearbeitet hast.'“

Leonie hat mir als Protagonistin sehr gut gefallen, ebenso ihre Freundinnen in München.
Alle Charaktere waren authentisch und überzeugend dargestellt. Auch Leonies Eltern und deren verkorkste Beziehung konnte ich mir lebhaft vorstellen.

Der Schreibstil von Julia Bähr hat mir sofort sehr gut gefallen: frisch und modern, angenehm zu lesen, pointiert und mit Wortwitz, aber auch mit ordentlich Tiefgang.
Auf unterhaltsame Art und Weise geht Julia Bähr dabei Fragen nach Moral und Gewissen nach, ohne dass es oberflächlich wird. Auch die Freundschaft und Unterstützung unter Frauen macht einen tragenden Anteil an der Geschichte aus.

Ein wirklich sehr unterhaltsamer und vielschichtiger Roman, der von mir eine ganz klare Leseempfehlung bekommt!

Bewertung vom 15.09.2025
Pustet, Julia

Alles ganz schlimm


gut

Alles ganz schlimm? - Vor allem alles ziemlich anstrengend ...


Auf den Debütroman „Alles ganz schlimm“ von Julia Pustet hatte ich mich sehr gefreut, denn sowohl das Cover als auch der Klappentext hatten mich wirklich angesprochen.

Der Roman beginnt mit einem etwas kryptischen Prolog, ohne den man jedoch das Buch wohl gar nicht begreifen könnte.
Es geht hier um Susanne, eine Frau, die immer wieder Konflikte und Probleme im Leben hat, sowohl in ihren Liebesbeziehungen als auch in Freundschaften.

"Ich lebe in meiner eigenen, kafkaesken Welt, in der mir ständig ganz schlimme Dinge zustoßen, die ich gar nicht verdient habe, und Menschen sich abwenden, denen ich gar nichts getan habe, und ich bin zwar offensichtlich zu doof, um zu begreifen, was ich falsch mache, aber nicht doof genug, und nicht zu merken, dass ich hier das Problem sein muss. Bei mir ist einfach immer alles ganz schlimm, und ich habe nichts damit zu tun. Du kannst mir glauben, dass mir das selber am peinlichsten ist."

Und über ein Kapitel in ihrem Leben redet sie gar nicht, sie ha jedoch einen Text darüber geschrieben: Über ihre Zeit als Prostituierte.
Diesen Text hat ihre (ehemalige) Freundin Stella ihr gestohlen und als ihren eigenen ausgegben und sich damit auch Susannes Leben, ihre Erinnerungen angeeignet. Susanne macht den Diebstahl öffentlich, woraufhin sie einem Shitstorm, jeder Menge Hass und Gerüchten ausgeliefert ist. Und Stella begeht Selbstmord. Susanne landet in der Psychiatrie und muss ihr altes Leben hinter sicsh lassen.

"Ich schreibe diesen Text nicht, um mich zu rechtfertigen, weil ich mich dazu verpflichtet fühle oder mir davon irgendeine Form der Erleichterung verspreche. Ich schreibe ihn, weil ich der wahrscheinlich dummen Hoffnung anhänge, dass wenigstens ein paar Menschen begreifen, zu welchem Sturm sich kleine Worte und Handlungen zusammenbauen können und was dieser Sturm anrichten kann."

"Von allen Beteiligten kann ich S. am meisten verzeihen. Sie war ein Mensch, der vielleicht manchmal mehr gescheitert ist als andere. Meine Kritik gilt meinem und ihrem ehemaligen Umfeld und in erster Linie der Öffentlichkeit. Einer Öffentlichkeit, die Menschen objektiviert, wie sie es durch das voyeuristische Beglotzen der Teilnehmenden von Dating Shows und Trash TV jahrelang einüben durfte. Die echte Menschen behandelt wie Figuren in Geschichten, die kurz spannend sind und dann vergessen. Einer Öffentlichkeit, die die Prinzipien der Betroffenheit auf eine Art pervertiert hat, die tatsächlich Betroffene zum Schweigen bringt, wenn sie nicht auf die gewünschte Art betroffen sind. Einer Öffentlichkeit, in der Menschen sich kurzzeitig darüber profilieren, dass sie Menschen langfristig brechen."

Puh, ich muss sagen, dass ich mir mit dem Buch leider sehr schwergetan habe. Damit meine ich nicht die schweren Themen, die haben mich eher fasziniert. Aber der Schreibstil der Autorin war leider sehr, sehr anstrengend zu lesen für mich. Es kam überhaupt kein Lesefluss auf, vieles blieb verworren und unklar. Die Protagonistin war für mich gleichermaßen unsympathisch (sehr ichbezogen) wie unnahbar, nicht greifbar für mich.

Das Buch lässt mich etwas ratlos zurück. Es war nicht wirklich schlecht, aber leider konnte es mich auch nicht wirklich begeistert. Nach einigem Überlegen habe ich mich entschieden, es mit 3 von 5 Sternen zu bewerten.

Bewertung vom 05.09.2025
Steinhöfel, Andreas

Anders


ausgezeichnet

Wenn plötzlich alles ANDERS ist: Tiefgründiger, außergewöhnlicher (Jugend-)Roman

Andreas Steinhöfel kennt man vor allem durch seine beliebte „Rico und Oskar“-Reihe - dieser (schon etwas ältere und leider erst jetzt von mir entdeckte) Roman hier ist aber definitiv ANDERS!

Nach einem tragischen Unfall liebt Felix im Koma, und zwar genau 263 Tage - das ist exakt die Anzahl jener Tage, die seine Mutter vor elf Jahren mit ihm schwanger war. Niemand hatte mehr daran geglaubt, doch das Wunder geschieht und Felix wacht wieder auf. Doch er möchte nun nicht mehr Felix genannt werden, er gibt sich den Namen Anders.

"'Warum hast du dich umbenannt?'
Der Winterjunge zuckte die Achseln. 'Weil ich mich nicht mehr wie ein Felix fühle '
'Und wie fühlt sich ein Felix?'
'Eingesperrt.'"

An die Zeit vor dem Unfall oder den Unfall selbst hat der Junge keine Erinnerung mehr - und es gibt jemanden, der unbedingt möchte, dass das auch so bleibt ...

Nicht nur sein Name, auch sein Verhalten ist anders als vor dem Unfall. Dies stellt auch seine Eltern und deren Ehe auf eine harte Probe. Besonders seine zielstrebige Mutter, die Felix/Anders‘ Zukunft schon fest „geplant“ hatte, kann damit überhaupt nicht umgehen.
Auch seine Mitschüler*innen können mit seinem neuen, merkwürdigen Verhalten nicht umgehen. Er macht ihnen Angst mit seinen Worten und seinem Verhalten.

"Ihn umgibt eine eigene Aura: Er strahlt die Ruhe aus, wie sie unmittelbar vor dem Einschlafen in dir aufkommt, wenn du in den ersten Traum der kommenden Nacht gleitest, er verströmt Trost, wenn Dein Innerstes von etwas erschüttert ist, wenn Angst dich quält oder Unrast dich erfüllt; wo deine Welt verrückt, reicht seine bloße Anwesenheit aus, sie wieder in ein Gleichgewicht zu bringen, und wo sie zerbricht, entgratet sein Lachen die schmerzhaft scharfen Kanten ihrer Bruchstellen."

Gegen Ende hin gibt es noch einige unerwartete Wendungen, auf die ich hier nicht eingehen möchte, um nicht zu spoilern. Erst am Ende offenbart sich die ganze Geschichte.

Der Schreibstil ist anspruchsvoll und die Thematik eher ernsthaft. Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, je nach Blickwinkel wechselt der Schreibstil. Das ist sehr gelungen und authentisch. Die Charaktere hat Andreas Steinhöfel sehr gut getroffen, sehr authentisch und liebevoll dargestellt.

Ich würde das Buch aufgrund seiner Komplexität nicht für zu junge Kinder empfehlen würde, vielleicht so ab 13 Jahren, aber definitiv auch für Erwachsene.

„Anders“ ist ein wirklich ungewöhnliches Buch, ergreifend und erschütternd, fesselnd und bewegend, poetisch und mystisch, wirklich etwas ganz Besonderes. Es steckt viel Symbolik in der Geschichte; ob all das von zu jungen Leser*innen schon begriffen werden kann, weiß ich nicht; aber ich mag es, wenn Jugendbücher anspruchsvoll sind.

Ich als Erwachsene hatte so einen Roman nicht erwartet, wow - ein wirklich besonderes Leseerlebnis!

Bewertung vom 03.09.2025
Schmitt, Caroline

Monstergott


ausgezeichnet

Über Zugehörigkeit und Glauben, Schuld und Selbstbefreiung: 4,5⭐️

Nachdem mir Caroline Schmitts Debütroman „Liebewesen“ sehr gut gefallen hatte, war ich schon sehr gespannt auf ihren neuen Roman mit dem sicher polarisierenden Titel „Monstergott“. Auch der Roman selbst wird gewiss widersprüchliche Gefühle bei den Leser*innen hervorrufen.

Erzählt wird die Geschichte der Geschwister Esther und Ben. Sie wuchsen in einem sehr religiösen Umfeld auf, gehören auch als junge Erwachsene noch derselben konservativen Freikirche an. Der Glauben und die Gemeinde bestimmen seit jeher ihr gesamtes Leben, ihre Freizeitgestaltung, ihren Freundeskreis und ihr soziales Umfeld. In diesem „Safe Space“ ist äußerlich alles hip und modern, der charismatische Pastor trägt teure Sneakers, seine Frau teilt die Highlights der Predigten auf Instagram.
Doch Ben hat ein Problem, ein Geheimnis, von dem noch nicht einmal seine ihm ansonsten sehr nahestehende Schwester weiß. Mit allen Mitteln versucht er, sich aus den „Fängen der Sünde“ zu befreien, doch immer wieder scheitert er daran.
Esther dagegen hat von Klein auf gelernt, dass Frauen fürsorgliche Wesen sind und sich im Leben stets unterordnen muss, so steht es auch in der Bibel geschrieben. Doch sie möchte endlich als eigenständiger Mensch wahrgenommen werden, möchte als Musikerin nicht nur die Gottesdienste gestalten, sondern erfolgreich sein. Als sie ihren früheren Freund Paul wiedersieht, gerät ihre Glaubenswelt ins Wanken und ihr Lebenshunger erwacht.

Die starren Regeln der Glaubensgemeinschaft, der Alltag der Geschwister und ihre Überzeugungen – all das weckte sehr gemischte Gefühle in mir. Ich denke, viele werden solch ein Leben nicht nachvollziehen können. Doch das ist gar nicht nötig, um das Buch gut zu finden.

Caroline Schmitt hat für ihren Roman ein „unbequemes“ Thema gewählt, mit dem eventuell nicht jede*r etwas anfangen kann. Doch auch für nicht-religiöse Menschen ist die Geschichte gut nachfühlbar.

Die Autorin schreibt sehr klug und feinfühlig. Sie schafft es, dass man sich gut in die Gedanken und Gefühle der Protagonist*innen hineinversetzen kann, auch wenn man ihre Ansichten selbst nicht teilt.

Besonders gegen Ende hin überzeugt das Buch durch die gelungene Darstellung der Selbstbefreiung der Geschwister.

„Monstergott“ ist gewiss kein Feel-Good-Roman, keine einfache Lektüre. Es ist ein aufrüttelndes und kluges Buch, das uns einen Blick öffnet in die Strukturen strenger religiöser Gemeinschaften (und auch die Bigotterie, die oft dahinter steht!) - und den Mut bzw. schweren Weg, sich daraus zu lösen.

4,5⭐️