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Luise-21
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Berlin

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Insgesamt 325 Bewertungen
Bewertung vom 10.11.2025
Illies, Florian

Wenn die Sonne untergeht


ausgezeichnet

Der Autor Florian Illies erzählt in seinem neuen Roman „Wenn die Sonne untergeht“ aus unzähligen Briefen und Tagebucheinträgen der Familienmitglieder und verschiedener Persönlichkeiten eine Biografie verknüpft mit Zeitgeschichte über den großen deutschen Schriftsteller Thomas Mann und seiner Familie, die im Jahr 1933 notgedrungen den Gang ins Exil, ins malerische südfranzösische Fischerdorf Sanary-sur-Mer zwischen Bandol und Toulon, wählte.

Sanary sur Mer wird zum Treffpunkt berühmter Schriftsteller und Künstler doch Thomas Mann will eigentlich sofort wieder zurück in seine edle Münchner Villa. Die Trauer um den Verlust seiner Heimat und der Angst vor den Plünderungen seines Besitzes durch die Nazis, lassen Thomas Mann kaum zur Ruhe kommen. Während sein Bruder Heinrich hingegen die Freiheit des Südens genießt.

Die Manns sind eine interessante Familie, die sich in kein Schema pressen lassen. Thomas Mann, wird von seiner Familie als "der Zauberer " betitelt, während seine Kinder um seine Gunst und Aufmerksamkeit, buhlen und kämpfen.
Seine Tochter Elisabeth, genannt Medi war eindeutig seine Lieblingstochter, der er nichts abschlagen konnte. Michael, genannt Bibi spielt Tag und Nacht Geige. Er will ein großer Musiker werden und kämpft gegen seinen Jähzorn und die hohen Ansprüche der Familie. Erika, die älteste, führt Regie und schmuggelt einen Großteil vom Inventar aus der Villa der Manns aus München über die Grenze. Sie trickst geschickt die Nazis aus aber auf einen Dank ihres Vaters, wartet sie vergebens. Selbst als Golo Geld von den Konten in München abhebt und die literarischen Manuskripte des Vaters ins Exil transferiert, wartet auch er vergebens auf ein Dankeschön und Anerkennung. Der sensible und drogenabhängige Klaus Mann gründet eine Exil-Zeitschrift, steht jedoch im Schatten des Vaters, literarisch und persönlich. Und alle lästern über Monika doch sie bleibt einfach am Strand von Sanary liegen.

Thomas Mann wird in Zürich all seine Bücherkisten und all seine geliebten Dinge wiederfinden. Nur seine Heimat, die hat er verloren.

Fazit:
Dem Autor gelingt es trotz mühseeliger Recherchearbeit, aus unzähligen Briefen und Tagebucheinträgen der Familienmitglieder und verschiedener Persönlichkeiten, gekonnt zusammengefast eine wunderbare Biografie. Der Schreibtil passt zur damaligen Zeit, denn er ist distanziert, eher kühl gehalten und manchmal ein wenig ironisch. Es gibt keine durchgehende Handlung, es sind vielmehr aneinandergereihte Szenen und Erlebnisse.
Besonders gut hat mir der Abschnitt „Danach“ gefallen, der diese Biografie hervorragend abrundet.
Von mir 5 Sterne und eine Leseempfehlung allen Thomas Mann-Fans!

Bewertung vom 30.10.2025
Ganeshananthan, V. V.

Der brennende Garten


ausgezeichnet

Im Mittelpunkt des neuen Romans „Der brennende Garten“ von der Autorin V.V. Ganeshananthan, steht die junge Tamilin Sashi, die nur den einen Wunsch hat: Sie will Ärztin werden. Wie ihr Großvater und ihr geliebter ältester Bruder. Und wie K, ein Junge aus der Nachbarschaft, mit dem sie eine besondere Freundschaft verbindet. Doch dann versinkt das Land im Bürgerkrieg, und Sashi ist gezwungen, um ihre Träume und Hoffnungen zu kämpfen, während die Welt um sie herum zerbricht. Mit großer erzählerischer Kraft zeichnet die Autorin das Porträt einer jungen Frau, die zwischen Ideologie und Menschlichkeit, zwischen Heimat und Exil einen eigenen Weg sucht.

Das Cover und die Gestaltung des Buches bieten einen wunderbaren Überblick mit einem detaillierten Inhaltsverzeichnis und einem nachdenklichen Vorwort.

Sashi bereitet sich gerade auf die Zulassungsprüfungen für ihr Medizinstudium vor, als der schwelende ethnische Konflikt zwischen Singhalesen und Tamilen in einen blutigen Bürgerkrieg ausbricht und das Leben der Bevölkerung auf den Kopf stellt. Ausgerechnet zwei ihrer Brüder und K, der Junge aus der Nachbarschaft, schließen sich den „Tamil Tigers“ an und die Gewalt nimmt immer mehr Raum ein.

Den Atem habe ich angehalten, als Sashis Brüder sie auffordern und letztendlich noch dazu drängen, dem Widerstand beizutreten. Doch Sashi greift nicht zur Waffe sondern zeigt ihren Widerstand als Ärztin und diese Szenen sind zum Glück, verharmlost geschildert. Am Ende ist Sashi aber gezwungen ihre Heimat mit gefälschten Papieren zu verlassen um in New York ein neues Leben zu beginnen.

Auch noch in New York holt sie Ihre Vergangenheit ein und da sehe und erkenne ich Sashis plötzliche Stärke, als sie endlich ihrem Bruder die Stirn bietet.

Fazit:
Mit ihrer sehr peniblen Recherche, ist es der Autorin hervorragend gelungen, mir fesselnde Einblicke über die Tragweite und den Verlauf des Bürgerkrieges in Sri Lanka, zu gewähren. Im Jahr 1981 war ich selbst auf einer Rundreise in Sri Lanka und dabei auch in Jaffna. Das es Unruhen gab wurde mir in meinen jungen Jahren, aber erst bewußt, als mir die Präsenz des Militärs klar wurde. Intensiv hatte ich den Bürgerkrieg damals leider nicht verfolgt und deshalb finde ich den bewegenden Roman „Der brennende Garten“ für mich als sehr klar, offen und nachvollziehbar, geschrieben. Er schließt hervorragend meine Lücken der historischen Ereignisse über Sri Lanka.
Von mir 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 27.10.2025
Kaiser, Vea

Fabula Rasa oder Die Königin des Grand Hotels


sehr gut

„Fabula Rasa oder Die Königin des Grand Hotels“ ist mein erster Roman aus der Feder der österreichischen Autorin Vea Kaiser, die mit ihren bisherigen Werken bereits Bestseller landete. Die vielen positiven Lesermeinungen haben mich darin bestärkt, nun endlich mal ein Buch der Autorin kennenzulernen.

„Eine Frau nimmt sich, was ihr zusteht – aber wer entscheidet was das ist?“ klingt doch schon mal sehr charmant …

Angelehnt an einer wahren Geschichte erzählt die Autorin über Angelika Moser, die in Wien, Ende der Achtzigerjahre, als Tochter der Hausbesorgerin Erna Moser in ärmlichen Verhältnissen im Gemeindebau aufgewachsen ist. Während ihrer Freizeit zieht Angelika am liebsten mit ihrer besten Freundin Ingi, tanzend durch Wiens Nachtleben. Sie liebt ihren Job als Buchhalterin, in einer für sie neuen, eleganten Welt im Grand Hotel Frohner.

Angelikas Aufstieg im Hotel beginnt, als sie dem Direktor Frohner aus einer unglücklichen Lage befreit und mit einem Scheck zum Schweigen, gebeten wird. Immer öfter gibt es Sonderaufgaben für Angelika, die gut honoriert werden. Auf dem Hotel Frohner lastet eine unschöne Vergangenheit, die das Familienunternehmen zerstören könnte und wieder bittet der Direktor, Angelika um Hilfe. Schnell lernt sie, wie Zahlen, zu manipulieren sind.

Ob gewollt oder ungewollt, wird Angelika schwanger und bald zur alleinerziehenden Mutter. Das Geld wird knapp und da kommt der Ausfall des Abteilungsleiters genau richtig um die Auszeit ihrer Mutterschaft zu verkürzen. Angelika steigt zur Abteiluingsleiterin auf und möchte damit ihrem Sohn ein schöneres Leben bieten. Schnell merkt sie aber, dass das Geld trotzdem nicht ausreicht und bald sieht sie keine andere Wahl, als sich selbst, an dem Hotel zu bereichern. Gut ausgeklügelt verschafft sie sich Geld mit manipulierten Rechnungen und nennt es geheime Kredite, die sie besonders sorgfältig notiert, denn sie will sie ja alles ihrem Arbeitgeber, zurückzahlen. Nur die Geldsorgen werden nicht kleiner sondern immer größer und dann kommt der Tag, an dem Angelika auffliegt …

Ein plötzliches Ende, dass letztendlich noch Raum für die eigene Fantasie übrig lässt.

Fazit:
Mit einem charmant-ironischen Humor, erzählt die Autorin über den Aufstieg und Fall einer jungen Frau, die ihr Glück selbst in die Hand. Die Geschichte ist zwar abwechslungsreich und unterhaltsam, kommt mitunter aber auch etwas mit zu vielen ausschweifenden Details, daher. Das schöne Cover und die tolle Gestaltung des Buches haben mir besonders gut gefallen.
Von mir 4 von 5 Sternen und eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 22.10.2025
Lewis, Caryl

Wilder Honig


ausgezeichnet

"Wilder Honig " von Caryl Lewis ist eine berührende Geschichte zwischen Liebe und Trauer, Enttäuschung und Dankbarkeit, die vor der malerischen Kulisse der walisischen Landschaft durch seine leisen Töne, überzeugt.

Hannah hat ihr ganzes Leben in Berllan Deg, einem kleinen Ort in Wales, verbracht. Anders als ihre Schwester Sadie, ist sie nie aus ihrem Elternhaus ausgezogen, nicht einmal nach ihrer Hochzeit mit John. Sie ist in diesem Haus und dem dazugehörigen Obstgarten verwurzelt, behandelt die Bäume, als gehörten sie zur Familie.

Als John, der einst Schriftsteller und Imker war und der die Welt durch die Sprache der Bienen zu verstehen lernte stirbt, ist Hannah das erste Mal allein ...

Nach den Feierlichkeiten und der Beisetzung von John, fühlt sich Hannah ausgelaugt und will nur noch schlafen, sich Ruhe gönnen doch am nächsten Tag steht ihre Schwester Sadie vor der Tür. Die Distanz zwischen den Schwestern ist spürbar, doch Sadie ist hier um Hannah zu unterstützen und lässt sich nicht abweisen. Die Schwestern nähern sich langsam an und jede ist beschäftigt mit Aufgaben, die zu erledigen sind. Sadie kümmert sich um die Papiere in Johns Arbeitszimmer und findet neben elf Liebesbriefen an Hannah einen Brief, indem er ein lang verborgenes Geheimnis, offenbart. Hannah ist entsetzt und weigert sich zunächst, die Briefe auch nur anzurühren.

Johns Liebesbriefe sind durch die Sprache der Bienen, die er wie kein anderer versteht, geschrieben und führen Hannah, ihre Schwester Sadie und die junge Megan auf eine Reise durch Erinnerungen und alte Wunden. Es ist eine Reise, die nicht nur die Vergangenheit neu beleuchtet, sondern auch die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft eröffnet.

Abwechselnd zwischen Johns Briefen, erzählen Hannah, Sadie und Megan, aus ihrer Vergangenheit und ihrem Leben und wie es scheint, kommen sie hier in Berllan Deg, in dem kleinen Ort in Wales, zur Ruhe.

Fazit:
"Wilder Honig" ist eine berührende Geschichte mit leisen Tönen erzählt, die mich mit auf die Reise in den heimischen Obstgarten, der Bienenzucht und seiner Bewohner zwischen Liebe und Trauer, Enttäuschung und Dankbarkeit, geführt hat. Mit ihrem Schreibstil und ihrer berührenden Geschichte, ist der Autorin hier eine wunderbare Atmosphäre, mit einem harmonischen Ende gelungen und lässt mich sehr zufrieden das Buch zur Seite legen.
Von mir 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 21.10.2025
Rytisalo, Minna

Zwischen zwei Leben


sehr gut

In ihrem neuen Roman erzählt die finnische Schriftstellerin Minna Rytisalo auf eine sehr originelle Weise eine feministische Emanzipations-Geschichte über eine Frau, die sich zwischen zwei Leben befindet.

In der Mitte ihres Lebens beschließt Jenni Mäki, die lieblose Ehe mit Jussi zu beenden und einen Neustart zu wagen. Ihre Kinder sind aus dem Haus und brauchen sie nicht mehr, finanziell ist alles einvernehmlich geregelt, der untreue Jussi hat schon eine neue Frau, ihrem mutigen Neuanfang nach 24 Ehejahren steht also nichts im Wege. Sie hat sogar einen neuen Namen angenommen und heißt jetzt Jenny Hill, und auch eine neue Wohnung hat sie schon für sich gemietet. In die nimmt sie nur das Allernötigste mit, so wenig wie möglich von dem, was sie an ihr altes Leben erinnern könnte.

Alleine in ihrer Wohnung, werden die „Ajattaras“, den Geistern aus der finnischen Mythologie ersetzt durch die Märchenfiguren „Aschenputtel, Schneewittchen, Dornröschen, Gretel, Rapunzel und Rotkäppchen“, in ihrem Kopf lauter und versuchen sie zu erreichen, indem sie sie ansprechen. Geschickt tauchen die Märchenfiguren immer wieder auf um den gesellschaftlichen Druck zu kommentieren und ihr Ratschläge zu hinterlassen.

Auf Anraten ihrer Psychotherapeutin soll Jenny Briefe schreiben, die sie nicht abschicken soll, sie aber dadurch zwingt, ihre Probleme gründlich zu durchdenken. Nur die Schriftform nämlich bringe Ordnung in das gedankliche Chaos und die unverbindliche Flüchtigkeit der Therapiegespräche. Jenny braucht nicht lange zu überlegen wem sie schreiben will. Und schon fliegen die ersten Zeilen aufs Papier an Brigitte Macron, die fast 25 Jahre ältere Frau des französischen Präsidenten, deren unkonventionelle Ehe nicht nur durch den Altersunterschied, sondern auch durch das skandalträchtige Lehrerin/Schüler-Verhältnis gesellschaftlich vorgeprägt ist.

Jennys Gedankenwelt hat mir sehr gut gefallen. Sie ist eine Frau, die sich selbst wiederfindet, leise, tastend, aber mit wachsender Entschlossenheit.

Fazit:
„Zwischen zwei Leben“ hat mich mit seiner ruhigen, fast unspektakulären Art überrascht. Es ist kein Buch, das mit großen Wendungen oder lauten Momenten auffällt, sondern eines, das sich langsam entfaltet und gerade dadurch Wirkung zeigt. Eine interessante Geschichte, die Mut macht, aber auch zum Nachdenken anregt.
Von mir 4 von 5 Sternen und eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 16.10.2025
Maiwald, Stefan

Alle weg


gut

Das Cover und die Gestaltung des Buches mit Leineneinband und Lesebändchen, wirkt ausgesprochen edel und konnte mich auf den ersten Blick, begeistern.

In seinem neuen Buch „Alle Weg“ schildert Stefan Maiwald, der in der norditalienischen Stadt Grado, ganz in der Nähe von Pinos Bar lebt, Tagebuchartig seine Beobachtungen und Erlebnisse aus der Nebensaison, wenn die Touristen abgereist sind, Ruhe einkehrt und das wahre Leben der Einheimischen, beginnt.
Und in Pinos legendärer Bar beginnt sie exakt dann, wenn der Fernseher endlich wieder läuft. Und die einheimischen Stammgäste den Sommer resümieren, über Politik streiten, die Fußballergebnisse und lokale Kriminalfälle diskutieren, füreinander kochen, Pläne schmieden, lachen, laut diskutieren und am Ende immer auf das Leben anstoßen.

Fazit:
Aus verschiedenen Perspektiven und Blickwinkeln zitiert der Autor querbett seine reichhaltig angesammelten Anekdoten, wobei sich auch Themen in unterschiedlichen Monaten, wiederholen können. Einige Anekdoten fand ich schon recht unterhaltsam aber eben nicht alle. Mir fehlte in dieser Erzählung einfach etwas mehr Spannung und ein Faden, der mich von dem italienischen Flair, hätte überzeugen können.

Im Anhang gibt es noch eine Auflistung über – „Wer wohnt hier eigentlich?“ und mir stellt sich echt die Frage, was nutzt mir zu wissen, wieviele Hausfrauen, Tellerwäscher, Kellner usw. in Grado leben?
Von mir 3 von 5 Sternen!

Bewertung vom 11.10.2025
Rivera Garza, Cristina

Lilianas unvergänglicher Sommer


sehr gut

Das Cover und der Titel „Lilianas unvergänglicher Sommer“ haben mich regelrecht magisch angezogen. In ihrem bewegenden und zugleich vielschichtigen Porträt entfaltet die Autorin Cristina Rivera Garza, die aufwühlende Suche nach den Spuren ihrer geliebten Schwester.

Im Mittelpunkt der Geschichte, steht ihre Schwester Liliana, eine junge Frau voller Leben und die Aussicht einer glänzenden Zukunft. Ihr gewaltsamer Tod, ein Femizid, wird von der Autorin nicht nur als persönlicher Verlust, sondern auch als gesellschaftliche Anklage verarbeitet.

Nach fast über 29 Jahren überwindet die Autorin ihre lähmende Trauer und macht sich auf den Weg zurück nach Mexiko, denn sie will Antworten finden und sich dem Andenken ihrer Schwester Liliana, widmen. Sie rennt dabei von Behörde zu Behörde, wird belächelt, abgewiesen nur weil sie nach all den Jahren, die Akte ihrer Schwester haben möchte. Doch die Ermittlungsakte bleibt unauffindbar. Die Autorin erinnert sich, dass in ihrem Elternhaus noch die Kisten voller Tagebücher, Briefe und Notizen von Liliana, aufbewahrt sind. Akribisch durchforstet die Autorin alle Aufzeichnungen, setzt sich mit Verwandten, Freunden und all jener, die sie geliebt und geschätzt haben in Verbindung, bis sie ein vollständiges Porträt, von Liliana, vor sich hat.

Dieses Porträt stellt einen einmaligen Einblick in das Leben von Liliana, ihren Gefühlen, ihren Entscheidungen und ihren Empfindungen, mit ihrer eigenen Stimme und ihrer eigenen Worte. So wird Liliana greifbar, denn sie ist das Opfer, das durch dieses Buch nicht in Vergessenheit gerät.

Fazit:
Es ist kein leichtes Buch um zwischendurch zu lesen sondern es braucht schon etwas Raum und Zeit um in der Geschichte anzukommen. Der Einstieg mit den vielen fremden Begriffen der Behörden fand ich anfangs anstrengend und verwirrend aber nach den ersten 50 Seiten, konnte mich die Handlung, fesseln.
Besonders berührt hat mich, wie die Autorin das Leben ihrer Schwester Stück für Stück aufrollt und über ihren gewaltsamen Tod kraftvoll erzählt. Eine für mich sehr berührende und zum Nachdenken anregende Geschichte.
Von mir 4 von 5 Sternen und eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 06.10.2025
Specht, Heike

Die Frau der Stunde


sehr gut

Heike Specht ist Deutschlands lässigste Historikerin und erzählt in ihrem neuen Roman "Die Frau der Stunde" eine fiktive Geschichte aus den 70er-Jahre über eine Frau, die nach der Macht greift und die Männerwelt auf den Kopf stellt.

Im Mittelpunkt steht die liberale Politikerin Catharina Cornelius – eine alleinstehende Frau, die in der Bonner Altherren-Elite völlig überraschend nach dem Rücktritt von Helmut Busch, zur Außenministerin und Vizekanzlerin ernannt wird. Die überrumpelten Kollegen in den höchsten Regierungskreisen reiben sich fassungslos die Augen, die Journalisten spitzen die Federn und das ganze Land blickt erstaunt auf die zierliche Frau. Doch Catharina versteht es, sich auf dem Podium und dem Parkett, elegant und souverän zu bewegen.

Als Helmut Busch seinen Posten unter allen Umständen zurückhaben möchte und Catharina darauf nicht eingeht, versucht er, sie vor der Öffentlichkeit bloßzustellen. Als Catharina sein Machtspiel durchschaut, stellt sie sich gelassen den hämischen Kommentaren, während sie im Gegenzug ihr eigenes Machtspiel eröffnet. Catharina weiß sich durchzusetzen …

Macht hat ihren Preis und Catharina muss heimlich ihre Liebe zu einem Jounalisten leben.

Catharinas Internatsfreundinnen bedeuten ihr alles und die drei Frauen bilden eine starke Gemeinschaft, dass sich gegenseitig schätzt und unterstützt.
Als Azadeh Nouri, iranische Regisseurin sich unbedingt an den Frauenaufständen im Iran beteiligt und nach Teheran reist, sind ihre Nerven nicht nur als Außenministerin, angespannt. Sie hat Angst um das Leben ihrer Freundin.
Nach dem Umbruch im Iran, reist auch ihre Freundin Suzanne de Vries, Korrespondentin für die belgische Tageszeitung in Bonn, für Recherchearbeiten nach Teheran.

Fazit:
Der Autorin ist es hervorragend gelungen, mit ihrem leichten und flüssigen Schreibstil ihren fiktiven Charaktere und historischen Ereignissen, einen unterhaltsamem Einblick in die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse der 70er-Jahre, zu geben. Eine lesenswerte Geschichte mit der ich viele schöne Lesestunden hatte.
Von mir 4 von 5 Sternen und eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 30.09.2025
Williams, Hattie

Bittersüß


ausgezeichnet

In ihrem Roman „Bittersüß“ erzählt die Autorin Hattie Williams eine fiktive Geschichte über Abhängigkeiten und toxische Machtverhältnisse.

Die Ich-Erzählerin Charlie, leidet in ihrer Jugend nach dem Tod ihrer Mutter unter schweren Depressionen und fühlt sich nirgends zugehörig. Als ihr Stiefvater eine neue Familie gründet, sucht sie sich in London eine Arbeit. Das Geld ist knapp und so freut sich Charlie, dass sie für eine geringe Miete bei ihrer besten Freundin Ophelia und ihrem Mitbewohner Eddy, einziehen kann. Die drei Freunde werden unzertrennlich.

Seit einem Jahr arbeitet Charlie als Presseassistentin bei einem renommierten Londoner Buchverlag, der bald das neue Buch des preisgekrönten Richard Aveling herausbringt. Bei einer Zigarette im Regen trifft Charlie den dreißig Jahre älteren Richard und ist überwältigt, den zum ersten Mal fühlt sie sich gesehen und ernst genommen. Ihr Traum erfüllt sich noch, als sie mit ihm zusammenarbeiten soll. Aus der Arbeitsbeziehung wird viel zu schnell eine Affäre, die auf Macht, Kontrolle und Schweigen beruht. Charlie, sucht Halt und Liebe, doch der 30 Jahre ältere Richard, ist ihr weit überlegen und nutzt seine Macht aus.
Charlie isoliert sich nach und nach von ihren Freunden und bittet sie um Schweigen über ihre Affäre im Verlag, den diese Verbindungen werden nicht gerne gesehen und führen normalerweise zur Kündigung. Durch das Schweigen entsteht ein geschicktes manipulatives Verhältnis, aus dem Charlie sich kaum befreien kann.

Das vorauszusehende Ende der Beziehung ist wie zu erwarten herzzerreißend und schmerzvoll für Charlie. In dieser Zeit stehen aber nicht nur ihre Freunde ihr zur Seite sondern auch ihr Stiefvater, dem sie sich endlich öffnen kann und seine neue Familie, lieben lernt.

Fazit:
Der Autorin ist es hervorragend gelungen, die toxischen Machtverhältnisse und die innere Zerrissenheit von Charlie, authentisch zu schildern. Sprachlich konnte mich der Roman mit seiner stillen Kraft, welche durch eindrucksvolle Beschreibungen noch mehr emotionalen Tiefgang erhielt, überzeugen. Ein sehr interessanter Roman, den ich gerne gelesen habe.
Von mir 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 30.09.2025
Kloeble, Christopher

Durch das Raue zu den Sternen


ausgezeichnet

Die Ich-Erzählerin Arkadia Fink, genannt Moll, ist 13 Jahre alt, musikalisch hochbegabt und mit reichlich Fantasie gesegnet. In ihrem bayerischen Dorf macht sie das zur Außenseiterin. Dann hat auch noch vor acht Monaten, drei Wochen und sechs Tagen ein einschneidendes Ereignis in ihrem Leben stattgefunden. Ihre Mutter ist „kurz weggegangen“, wie sie es zu sagen pflegt. Seitdem leidet sie unter der bedrückenden Abwesenheit und der quälenden Frage, wann sie endlich zurückkommt. Sie redet sich zeitweise ein, dass sie ohne sie gut klar kommt aber ihr Vater nicht, denn er ist nicht mehr er selbst, hat seitdem nichts mehr in seiner Werkstatt, geschreinert und die offenen Rechnungen stapeln sich.

Geblieben ist der 13jährigen Ihre beste Freundin Bernhardina, die im Seniorendomizil Phoenix lebt und früher Musiklehrerin in Namibia, war. Moll muss Bernhardina jeden Abend anrufen und sich vergewissern, dass sie noch lebt, obwohl sie von Pflegepersonal umgeben ist. Manchmal ist sie zu spät dran, dann ruft Bernhardina sie an.
Bernhardina ist nur dann nicht mehr ihre beste Freundin, wenn sie sagt, dass ihre Mutter vielleicht nicht mehr zurückkommt. Deshalb sind sie sich nicht immer einig.

Der Neo-Bechstein ihrer Mutter, wird für Moll zur absoluten Hingabe zur Musik. Sie kann singen und hat eine Idee, denn wenn der weltberühmteste Knabenchor Deutschlands sie aufnimmt und sie auf der großen Bühne singt, wird ihre Mutter zurückkehren. Die Hürden scheinen zuerst unüberwindbar zu sein, denn noch nie hat ein Mädchen in dem Knabenchor gesungen aber Moll denkt nicht daran aufzugeben. Sie ist sicher, ihr Ziel kann sie nur über die Musik erreichen.

Fazit:
Zuerst wußte ich nicht so recht, wie ich Molls Wut auf der einen Seite und der absoluten Liebe auf der anderen verstehen soll, doch schnell wird klar, dass sie der Realität nicht ins Auge sehen will. Erst zum Ende lösen sich die tragischen Ereignisse auf.
Der Autor hat auf eine berührende Art und Weise eine Geschichte zum Thema Trauer und Verlust, Liebe und Wut und von der Macht der Musik, melancholisch aber dennoch hoffnungsvoll, geschrieben. Der Roman „Durch das Raue zu den Sternen“ von Christopher Kloeble, ist eine gefühlvolle und lebendige Geschichte, die ich allen Literaturbegeisterten gerne weiterempfehle.
Von mir 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung!