Regina Porter
MP3-CD
Die Reisenden
688 Min.. Lesung. Ungekürzte Ausgabe
Übersetzung: Handels, Tanja;Gesprochen: Reinecke, Ruth; Sadler, Benjamin; Seck, Falilou; Hrdina, Lisa
Nicht lieferbar
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Zwei Familien und die gemeinsame Sehnsucht nach VersöhnungDie 1960er Jahre: Martin Luther King marschiert auf Washington, Amerika hat einen Traum. Der junge James will seine ärmliche irische Herkunft hinter sich lassen und träumt von einer strahlenden Zukunft als Anwalt. Nur wenig später wird die junge, schöne Afroamerikanerin Agnes auf der Heimfahrt von ihrem ersten Date von einem weißen Polizisten angehalten. Schreckliche Momente folgen. Agnes zweifelt, ob sie überhaupt eine Zukunft hat. James und Agnes ahnen nicht, auf welch unerwarteten Wegen die Geschichte der nächsten Jahrzehnte ...
Zwei Familien und die gemeinsame Sehnsucht nach Versöhnung
Die 1960er Jahre: Martin Luther King marschiert auf Washington, Amerika hat einen Traum. Der junge James will seine ärmliche irische Herkunft hinter sich lassen und träumt von einer strahlenden Zukunft als Anwalt. Nur wenig später wird die junge, schöne Afroamerikanerin Agnes auf der Heimfahrt von ihrem ersten Date von einem weißen Polizisten angehalten. Schreckliche Momente folgen. Agnes zweifelt, ob sie überhaupt eine Zukunft hat. James und Agnes ahnen nicht, auf welch unerwarteten Wegen die Geschichte der nächsten Jahrzehnte sie und ihre Familien zusammenführen wird.
Von den Bürgerrechtsbewegungen bis zur Obama-Ära spannt Regina Porter ein schillerndes Zeitpanorama und verdichtet die Geschichte zweier Familien - die eine weiß, die andere schwarz - zu einem unvergesslichen Familienepos.
Die 1960er Jahre: Martin Luther King marschiert auf Washington, Amerika hat einen Traum. Der junge James will seine ärmliche irische Herkunft hinter sich lassen und träumt von einer strahlenden Zukunft als Anwalt. Nur wenig später wird die junge, schöne Afroamerikanerin Agnes auf der Heimfahrt von ihrem ersten Date von einem weißen Polizisten angehalten. Schreckliche Momente folgen. Agnes zweifelt, ob sie überhaupt eine Zukunft hat. James und Agnes ahnen nicht, auf welch unerwarteten Wegen die Geschichte der nächsten Jahrzehnte sie und ihre Familien zusammenführen wird.
Von den Bürgerrechtsbewegungen bis zur Obama-Ära spannt Regina Porter ein schillerndes Zeitpanorama und verdichtet die Geschichte zweier Familien - die eine weiß, die andere schwarz - zu einem unvergesslichen Familienepos.
Regina Porter kennt die Konflikte ihrer Figuren aus ihrem eigenen Leben. Seit sie schreibt, beschäftigt sie sich mit den grundlegenden Fragen unserer gespaltenen Gesellschaft: Rassismus, Gender und Identität. In Zusammenarbeit mit mehreren Theaterproduktionen wurde sie dafür mehrfach ausgezeichnet. Ihre bisherigen Texte wurden in der Harvard Review veröffentlicht. Porter studierte am renommierten Iowa Writer's Workshop und erhielt viele Schreibstipendien. Geboren in Savannah, im US-Bundesstaat Georgia, lebt sie heute in Brooklyn.
Tanja Handels, geboren 1971 in Aachen, lebt und arbeitet in München, übersetzt zeitgenössische britische und amerikanische Romane, u. a. von Zadie Smith, Anna Quindlen, Pamela Moore und Elizabeth Gilbert, und ist auch als Dozentin für Literarisches Übersetzen tätig.
Ruth Reinecke prägte über vier Jahrzehnte in unzähligen Rollen bei vielen namhaften Regisseuren das Gesicht des Berliner Maxim Gorki Theaters. Sie arbeitet regelmäßig für Film und Fernsehen und liest Hörbücher ein. Für ihre Gestaltung der Marlene Kupfer in Weissensee erhielt sie 2016 den Grimmepreis.
Benjamin Sadler erhielt seine Ausbildung an der Royal Academy of Dramatic Art in London. Er spielte in internationalen Filmproduktionen wie Luther und Krieg und Frieden und war in zahlreichen Fernsehfilmen wie Contergan und München 72 - Das Attentat zu sehen.
Tanja Handels, geboren 1971 in Aachen, lebt und arbeitet in München, übersetzt zeitgenössische britische und amerikanische Romane, u. a. von Zadie Smith, Anna Quindlen, Pamela Moore und Elizabeth Gilbert, und ist auch als Dozentin für Literarisches Übersetzen tätig.
Ruth Reinecke prägte über vier Jahrzehnte in unzähligen Rollen bei vielen namhaften Regisseuren das Gesicht des Berliner Maxim Gorki Theaters. Sie arbeitet regelmäßig für Film und Fernsehen und liest Hörbücher ein. Für ihre Gestaltung der Marlene Kupfer in Weissensee erhielt sie 2016 den Grimmepreis.
Benjamin Sadler erhielt seine Ausbildung an der Royal Academy of Dramatic Art in London. Er spielte in internationalen Filmproduktionen wie Luther und Krieg und Frieden und war in zahlreichen Fernsehfilmen wie Contergan und München 72 - Das Attentat zu sehen.
Produktdetails
- Verlag: Argon Verlag
- Gesamtlaufzeit: 688 Min.
- Erscheinungstermin: 28. Januar 2020
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783839817537
- Artikelnr.: 56523323
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
© BÜCHERmagazin
Ein Füllhorn vom Reißbrett
Regina Porters Roman "Die Reisenden" ist gebaut wie ein Film von Tarantino. Alles ist wichtig, nichts ist ohne Bedeutung: eine Springflut an Details.
Von Hubert Spiegel
Dieser Roman ist das Werk einer sorgfältig arbeitenden Ingenieurin. Unzählige kleine Rädchen greifen ineinander, jedes ist an seinem Platz, jedes funktioniert klaglos und wie geschmiert. Hier stockt und stottert nichts. Im Mittelpunkt stehen zwei Familien, die Vincents und die Christies, deren Geschicke über drei Generationen und sechs Jahrzehnte hinweg verfolgt und geschildert werden. Rassismus im amerikanischen Alltag, häusliche Gewalt, soziale Ungleichheit, Familientragödien wie Ehebruch und Suizid, dazu noch
Regina Porters Roman "Die Reisenden" ist gebaut wie ein Film von Tarantino. Alles ist wichtig, nichts ist ohne Bedeutung: eine Springflut an Details.
Von Hubert Spiegel
Dieser Roman ist das Werk einer sorgfältig arbeitenden Ingenieurin. Unzählige kleine Rädchen greifen ineinander, jedes ist an seinem Platz, jedes funktioniert klaglos und wie geschmiert. Hier stockt und stottert nichts. Im Mittelpunkt stehen zwei Familien, die Vincents und die Christies, deren Geschicke über drei Generationen und sechs Jahrzehnte hinweg verfolgt und geschildert werden. Rassismus im amerikanischen Alltag, häusliche Gewalt, soziale Ungleichheit, Familientragödien wie Ehebruch und Suizid, dazu noch
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ein kleiner Exkurs zu den antisemitischen Pogromen im Osten des alten Europa - alles wird eingepasst, verarbeitet, integriert, erhält sein eigenes kleines Plätzchen im Romangefüge, wo es gut aufgehoben ist, nicht stört, sondern seinen Beitrag leistet.
Für eine Debütantin ist das eine erstaunliche dramaturgische Leistung. Es ist aber auch ein wenig zum Fürchten. Denn hier ist eine stählerne Hand am Werk, die sich alles, wonach sie greift - Figuren, Schicksale, historische Ereignisse -, unterwirft und verfügbar macht. Dass Regina Porter das Motto, das sie ihrem Roman voranstellt, selbst verfasst hat, dürfte kein Zufall sein.
"Die Reisenden" ist das Musterbeispiel eines Romans, der mit viel Ambition, noch mehr Kontrollbedürfnis und hohen technischen Fähigkeiten geschrieben wurde und an einem Mangel an Ökonomie und Bescheidenheit scheitert. Es ist ein Zeit- und Familienroman, der authentisches historisches Material verarbeitet, ein großes Panorama entwirft und zugleich detailversessen in Markennamen und zahllosen anderen Kleinigkeiten schwelgt. Hier geht niemand essen, ohne dass die Adresse des Restaurants, die Spezialitäten der Küche, die Eigenheiten des Besitzers, die soziale Zusammensetzung der Kundschaft und die besondere Atmosphäre an diesem Abend benannt würden. Keine Familienzusammenkunft kann stattfinden, ohne dass erwähnt würde, welche Tante welches Gericht besonders gut zubereiten kann, woher das Rezept stammt und welche Zutaten besonders wichtig sind. Jeder wird gehört, jeder hat eine Stimme, jeder ist wichtig. Vielleicht sieht so die erzählende Literatur aus, nach der die Gesellschaft der Singularitäten verlangt. Aber ist wirklich jedes Detail gleich bedeutsam? Ganz sicher ist nach spätestens zweihundert Seiten jedes zweite Detail eines zu viel.
Dieser Roman gleicht einem Füllhorn, das am Reißbrett entworfen und am Reißbrett geschrieben wurde. Es wäre wohl das Beste, das Buch auch am Reißbrett zu lesen, wobei das Personenverzeichnis am Romanende sowie die etwa fünfzig Einträge umfassende Liste der Bildhinweise fleißig konsultiert werden sollten. Denn obwohl der Roman bis ins letzte Detail durchkonstruiert ist, kann von Übersichtlichkeit keine Rede sein. Das liegt vor allem an der Erzählweise Regina Porters, die den Iowa Writer's Workshop absolvierte und bislang vor allem für die Bühne geschrieben hat. Wie in den Filmen Tarantinos macht die Chronologie der Romanhandlung wilde Sprünge. Oft wird der Leser erst mit der Wirkung eines Geschehens oder einer Handlung konfrontiert, bevor er viele Seiten später ihrer Ursache begegnet. So verschachtelt wie die Chronologie sind auch die Beziehungen der Figuren untereinander.
Ein Beispiel: Das erste Kapitel setzt im Jahr 1946 ein, als James Vincent Senior, eine der weißen Hauptfiguren, vier Jahre alt ist. Auf der dritten Seite ist er bereits 31, auf der fünften fünfzig und auf der sechsten sechzig Jahre alt. Auf den Zeitraffer folgt auf der siebten Seite der Sprung ins Jahr 2009 und mit ihm die erzählerische Entschleunigung: "An einem sonnigen Nachmittag im August spielte James draußen im Garten mit Elijah Softball." Elijah ist der Enkel von James. Die kleine Winona, seine Enkelin, dümpelt derweil träge im Pool. Aber bevor die Katastrophe passiert, Winona beinahe ertrinkt, was die Kleine traumatisiert, Vater und Sohn entzweit und die Ehe zwischen Rufus und Claudia fast zerstört, lässt Regina Porter eine andere Katastrophe ihren Lauf nehmen.
Agnes Christie, eine der schwarzen Hauptfiguren, wird im Jahr 1966 von zwei weißen Polizisten vergewaltigt. In der Folge bricht sie die Beziehung zu ihrem Verlobten Claude ebenso ab wie die Freundschaft zu ihrer lesbischen Freundin Eloise, die sich als die Liebe ihres Lebens herausstellen wird, während Claude verhältnismäßig umstandslos entsorgt wird. Er stirbt zwei Jahre nach der Trennung von Agnes einen gewaltsamen Tod, bleibt aber auf sehr indirekte Weise präsent, weil Agnes ihre zweite Tochter Claudia nennen wird.
Im nächsten Kapitel folgt ein Monolog von Beverley, der älteren Tochter von Agnes, die selbst bereits Kinder hat, denn seit der Vergewaltigung von Agnes sind mehr als vierzig Jahre vergangen. Beverley ist Krankenschwester und sitzt während ihres Monologs zufällig am Krankenhausbett von James Vincent, der im nächsten Kapitel infolge der starken Medikamente, die ihm verabreicht wurden, in seine Kindheit zurückkehrt. Da sind wir aber erst auf Seite 43 und haben noch mehr als dreihundert Seiten dieser wild hakenschlagenden und tollkühn Verknüpfungen schaffenden Erzählweise vor uns. Die Ermordung von Martin Luther King, der Vietnam-Krieg, der Fall der Mauer, die glücklichen Jahre von Eloise in Berlin und vieles andere mehr müssen noch zurechtgefräst und eingepasst werden. Regina Porter arbeitet hart dafür. Sie schuftet Seite um Seite. Unermüdlich zeigt sie, was sie alles kann. Was sie noch lernen muss, ist nicht leicht: weniger zu wollen.
Regina Porter: "Die Reisenden". Roman.
Aus dem Amerikanischen von Tanja Handels.
Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2020. 384 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Für eine Debütantin ist das eine erstaunliche dramaturgische Leistung. Es ist aber auch ein wenig zum Fürchten. Denn hier ist eine stählerne Hand am Werk, die sich alles, wonach sie greift - Figuren, Schicksale, historische Ereignisse -, unterwirft und verfügbar macht. Dass Regina Porter das Motto, das sie ihrem Roman voranstellt, selbst verfasst hat, dürfte kein Zufall sein.
"Die Reisenden" ist das Musterbeispiel eines Romans, der mit viel Ambition, noch mehr Kontrollbedürfnis und hohen technischen Fähigkeiten geschrieben wurde und an einem Mangel an Ökonomie und Bescheidenheit scheitert. Es ist ein Zeit- und Familienroman, der authentisches historisches Material verarbeitet, ein großes Panorama entwirft und zugleich detailversessen in Markennamen und zahllosen anderen Kleinigkeiten schwelgt. Hier geht niemand essen, ohne dass die Adresse des Restaurants, die Spezialitäten der Küche, die Eigenheiten des Besitzers, die soziale Zusammensetzung der Kundschaft und die besondere Atmosphäre an diesem Abend benannt würden. Keine Familienzusammenkunft kann stattfinden, ohne dass erwähnt würde, welche Tante welches Gericht besonders gut zubereiten kann, woher das Rezept stammt und welche Zutaten besonders wichtig sind. Jeder wird gehört, jeder hat eine Stimme, jeder ist wichtig. Vielleicht sieht so die erzählende Literatur aus, nach der die Gesellschaft der Singularitäten verlangt. Aber ist wirklich jedes Detail gleich bedeutsam? Ganz sicher ist nach spätestens zweihundert Seiten jedes zweite Detail eines zu viel.
Dieser Roman gleicht einem Füllhorn, das am Reißbrett entworfen und am Reißbrett geschrieben wurde. Es wäre wohl das Beste, das Buch auch am Reißbrett zu lesen, wobei das Personenverzeichnis am Romanende sowie die etwa fünfzig Einträge umfassende Liste der Bildhinweise fleißig konsultiert werden sollten. Denn obwohl der Roman bis ins letzte Detail durchkonstruiert ist, kann von Übersichtlichkeit keine Rede sein. Das liegt vor allem an der Erzählweise Regina Porters, die den Iowa Writer's Workshop absolvierte und bislang vor allem für die Bühne geschrieben hat. Wie in den Filmen Tarantinos macht die Chronologie der Romanhandlung wilde Sprünge. Oft wird der Leser erst mit der Wirkung eines Geschehens oder einer Handlung konfrontiert, bevor er viele Seiten später ihrer Ursache begegnet. So verschachtelt wie die Chronologie sind auch die Beziehungen der Figuren untereinander.
Ein Beispiel: Das erste Kapitel setzt im Jahr 1946 ein, als James Vincent Senior, eine der weißen Hauptfiguren, vier Jahre alt ist. Auf der dritten Seite ist er bereits 31, auf der fünften fünfzig und auf der sechsten sechzig Jahre alt. Auf den Zeitraffer folgt auf der siebten Seite der Sprung ins Jahr 2009 und mit ihm die erzählerische Entschleunigung: "An einem sonnigen Nachmittag im August spielte James draußen im Garten mit Elijah Softball." Elijah ist der Enkel von James. Die kleine Winona, seine Enkelin, dümpelt derweil träge im Pool. Aber bevor die Katastrophe passiert, Winona beinahe ertrinkt, was die Kleine traumatisiert, Vater und Sohn entzweit und die Ehe zwischen Rufus und Claudia fast zerstört, lässt Regina Porter eine andere Katastrophe ihren Lauf nehmen.
Agnes Christie, eine der schwarzen Hauptfiguren, wird im Jahr 1966 von zwei weißen Polizisten vergewaltigt. In der Folge bricht sie die Beziehung zu ihrem Verlobten Claude ebenso ab wie die Freundschaft zu ihrer lesbischen Freundin Eloise, die sich als die Liebe ihres Lebens herausstellen wird, während Claude verhältnismäßig umstandslos entsorgt wird. Er stirbt zwei Jahre nach der Trennung von Agnes einen gewaltsamen Tod, bleibt aber auf sehr indirekte Weise präsent, weil Agnes ihre zweite Tochter Claudia nennen wird.
Im nächsten Kapitel folgt ein Monolog von Beverley, der älteren Tochter von Agnes, die selbst bereits Kinder hat, denn seit der Vergewaltigung von Agnes sind mehr als vierzig Jahre vergangen. Beverley ist Krankenschwester und sitzt während ihres Monologs zufällig am Krankenhausbett von James Vincent, der im nächsten Kapitel infolge der starken Medikamente, die ihm verabreicht wurden, in seine Kindheit zurückkehrt. Da sind wir aber erst auf Seite 43 und haben noch mehr als dreihundert Seiten dieser wild hakenschlagenden und tollkühn Verknüpfungen schaffenden Erzählweise vor uns. Die Ermordung von Martin Luther King, der Vietnam-Krieg, der Fall der Mauer, die glücklichen Jahre von Eloise in Berlin und vieles andere mehr müssen noch zurechtgefräst und eingepasst werden. Regina Porter arbeitet hart dafür. Sie schuftet Seite um Seite. Unermüdlich zeigt sie, was sie alles kann. Was sie noch lernen muss, ist nicht leicht: weniger zu wollen.
Regina Porter: "Die Reisenden". Roman.
Aus dem Amerikanischen von Tanja Handels.
Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2020. 384 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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dieses Romandebüt ist wirklich fulminant. Es fordert den sehr aufmerksamen Leser und ist zugleich ein Pageturner, eigentlich ein Widerspruch in sich. Jochen Schimmang taz 20200422
Gebundenes Buch
Es ist eine komplexe US-amerikanische Familiengeschichte, darunter auch der weiße Rufus, der die afroamerikanische Claudia heiratet. Beide Familienzweige werden ausgiebig betrachtet. Die abgebildete Zeit geht von 1950 bis 2010 und zeigt überwiegend die Schauplätze Georgia und New …
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Es ist eine komplexe US-amerikanische Familiengeschichte, darunter auch der weiße Rufus, der die afroamerikanische Claudia heiratet. Beide Familienzweige werden ausgiebig betrachtet. Die abgebildete Zeit geht von 1950 bis 2010 und zeigt überwiegend die Schauplätze Georgia und New York, zeitweise auch Vietnam.
Viele, viele Figuren wirken mit. Manche tauchen nur kurz auf. Es gefällt mir aber auch gut, wie die Nebenfigur einer Episode später dann selbst im Mittelpunkt steht. Regina Porter gibt jeder Figur eine individuelle Persönlichkeit und Sprache.
Virtuos konstruiert ist es für den Leser nicht immer einfach zu folgen und Figuren und Zeiten korrekt zuzuordnen. In dieser Herausforderung liegt aber auch ein Reiz des Buches. Viele kleine Episoden ergeben ein Gesamtbild, das die Gesellschaft der USA über Jahrzehnte spiegelt.
Für mich bisher DER Roman des noch jungen Jahres!
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Gebundenes Buch
In ihrem Debütroman „Die Reisenden“ schreibt die US-Amerikanerin Regina Porter über zwei Familien, die auf ihre Weise das Lebensgefühl des Landes von den 1950ern bis 2010 wiederspiegeln. Protagonisten der Geschichte sind Rufus und Claudia und ihre Eltern, aber auch viele …
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In ihrem Debütroman „Die Reisenden“ schreibt die US-Amerikanerin Regina Porter über zwei Familien, die auf ihre Weise das Lebensgefühl des Landes von den 1950ern bis 2010 wiederspiegeln. Protagonisten der Geschichte sind Rufus und Claudia und ihre Eltern, aber auch viele weitere Bekannte, Freunde, Familienangehörige und Geliebte.
Der Roman beginnt im Jahr 2009. Rufus und Claudia führen eine gemischtrassige Ehe und haben zwei Kinder im Kindergartenalter. James Samuel Vincent ist der Vater von Rufus, geschieden und wieder neu verheiratet. Claudia Mutter Agnes hat in den 1960ern ein traumatisierendes Ereignis gehabt, aufgrund dessen sie sich von ihrem damaligen Freund trennte, wenig später Eddie traf und heiratete. Beverly ist Claudias Schwester, hat vier Kinder und übernimmt in einigen Kapiteln die Erzählerrolle. Der inzwischen verstorbene Vater der beiden verpflichtete sich nach seiner Hochzeit zur Navy und wurde im Vietnamkrieg auf einem Flugzeugträger eingesetzt.
Eddie litt unter den Rassenspannungen auf dem Schiff sowie den Kampfangriffen und deren Auswirkungen und lenkte seine Gedanken und Gefühle mit Lesen ab. Der Text des komödiantischen Schauspiels „Rosenkrantz und Güldenstern“ von Tom Stoppard begleitet ihn schließlich überall hin. Mit seinen Kindern spielte er den Inhalt später häufig nach. Wie Rosenkrantz und Güldenstern sind die Figuren in diesem Roman Reisende, die arglos sind im Spiel der politischen Gegebenheiten. Das Foto auf dem Cover ist nicht das Einzige, das die Erzählung unterstützt, sondern es finden sich zu Beginn jeden Kapitels wie auch im Text von der Autorin ausgesuchte illustrierende Bilder in schwarz-weiß.
Regina Porter nimmt sich Zeit für jede ihrer Charaktere. In den Kapiteln fokussiert sie auf jeweils eine Figur. Sie beschreibt einen Lebensabschnitt der im Mittelpunkt stehenden Person, der als solcher mit einer Kurzgeschichte vergleichbar ist. Die erzählten Situationen stattet sie mit etlichen weiteren Personen aus, von denen viele in anderen Szenerien wieder eine kleine Rolle übernehmen. Das ist nicht immer einfach nachzuvollziehen, hilfreich dabei ist eine Übersicht im Buch, die die Querverbindungen der Charaktere untereinander visualisiert.
Über den Kapiteln findet sich ein Zeitrahmen, in den man das Geschehen einordnen kann, denn die Autorin blickt zurück, sieht nach vorn und schildert aktuelle Ereignisse des Jahrs 2010, wobei sie die Szenarien immer umrahmt mit geschichtlich bedeutenden und kulturellen Begebenheiten, gleich in welcher Zeit. Sie erzählt abwechslungsreich und ändert dabei auch die Erzählform. Ihre Figuren sind vielschichtig, lernen aus ihrem Verhalten und entwickeln sich dadurch weiter. Sie sind weiß, farbig, gemischtrassig, alt, jung und verschieden sexuell orientiert. Sie haben ihre Ängste und Sorgen, doch viele sind neugierig auf das Leben und getrieben, das beste für sich daraus zu schöpfen.
Regina Porter zeigt in ihrem bunt gestalteten Roman „Die Reisenden“, dass wir einfach alle Menschen sind, nicht perfekt, sondern mit Fehlern und gleich welcher Hautfarbe, welchen Alters oder Orientierung und das wir sehr unterschiedliche Gefühle, Erwartungen und Wünsche haben, die nach Respekt und Anerkennung verlangen. Ein großartiges, vielgestaltiges Buch, das ich gerne empfehle.
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