Jonathan Safran Foer
Audio-CD
Alles ist erleuchtet
440 Min.
Gesprochen von Aljinovic, Boris; Lukas, Florian
Nicht lieferbar
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Ein junger Amerikaner kommt in die Ukraine. Er heißt zufällig Jonathan Safran Foer. Im Gepäck hat er das vergilbte Foto einer Frau namens Augustine. Sie soll gegen Ende des 2. Weltkrieges seinen Großvater vor den Nazis gerettet haben. Jonathan will Augustine finden und Trachimbrod, den Ort, aus dem seine Familie stammt. Sein Reiseführer ist ein alter Ukrainer mit einem noch älteren klapprigen Auto, sein Dolmetscher dessen Enkel Alex, ein unglaubliches Großmaul und ein Genie im Verballhornen von Sprache. Mit von der Partie ist noch Sammy Davis jr. jr., eine neurotische Promenadenmischung...
Ein junger Amerikaner kommt in die Ukraine. Er heißt zufällig Jonathan Safran Foer. Im Gepäck hat er das vergilbte Foto einer Frau namens Augustine. Sie soll gegen Ende des 2. Weltkrieges seinen Großvater vor den Nazis gerettet haben. Jonathan will Augustine finden und Trachimbrod, den Ort, aus dem seine Familie stammt. Sein Reiseführer ist ein alter Ukrainer mit einem noch älteren klapprigen Auto, sein Dolmetscher dessen Enkel Alex, ein unglaubliches Großmaul und ein Genie im Verballhornen von Sprache. Mit von der Partie ist noch Sammy Davis jr. jr., eine neurotische Promenadenmischung mit einer Leidenschaft für Jonathan, der Angst vor Hunden hat. Die Reise führt durch eine verwüstete Gegend und in eine Zeit des Grauens. Alex berichtet in seiner unnachahmlichen Sprache von den Abenteuern und irrsinnigen Missverständnissen während dieser Fahrt, Jonathan erzählt die phantastische Geschichte Trachimbrods bis zum furchtbaren Ende, und der alte Ukrainer begegnet den Gespenstern seiner Vergangenheit. Alex und Jonathan aber sind zum Schluss der Reise Freunde geworden.
Jonathan Safran Foer wurde 1977 geboren und studierte in Princeton Philosophie und Literatur. Sein erster Roman "Alles ist erleuchtet" war ein sensationeller Erfolg in den USA. Foer lebt und schreibt in New York an seinem zweiten Roman.
Boris Aljinovic, geb. 1967, studierte zunächst Englisch und Französisch an der FU Berlin. Anschließend absolvierte er sein Schauspielstudium an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch. Er spielte in Weimar, Schwerin sowie in Berlin am Renaissance-Theater. 1993 gab Aljinovic sein Leinwanddebüt in dem Episodenfilm 'Flirt', von 1999-2001 gehörte Boris Aljinovic zum Ensemble der Krankenhaus-Soap 'Klinikum Berlin Mitte - Leben in Bereitschaft'. Seit 2001 spielt er im Berliner 'Tatort'. Auf der Kinoleinwand erschien er zuletzt in '7 Zwerge - Männer allein im Wald' (2004). 2007 wurde er mit dem Deutschen Hörbuchpreis als Bester Interpret ausgezeichnet.
Boris Aljinovic, geb. 1967, studierte zunächst Englisch und Französisch an der FU Berlin. Anschließend absolvierte er sein Schauspielstudium an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch. Er spielte in Weimar, Schwerin sowie in Berlin am Renaissance-Theater. 1993 gab Aljinovic sein Leinwanddebüt in dem Episodenfilm 'Flirt', von 1999-2001 gehörte Boris Aljinovic zum Ensemble der Krankenhaus-Soap 'Klinikum Berlin Mitte - Leben in Bereitschaft'. Seit 2001 spielt er im Berliner 'Tatort'. Auf der Kinoleinwand erschien er zuletzt in '7 Zwerge - Männer allein im Wald' (2004). 2007 wurde er mit dem Deutschen Hörbuchpreis als Bester Interpret ausgezeichnet.

Produktdetails
- Verlag: Universal Music; Deutsche Grammophon
- Gesamtlaufzeit: 440 Min.
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783829113496
- Artikelnr.: 12148557
Herstellerkennzeichnung
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Erleuchtung garantiert
Ein Schelmenroman machte den jungen Jonathan Safran Foer über Nacht zum gefeierten Starautor
Bevor er liest, muß er erst noch das Bonbon zu Ende lutschen. Zum Entzücken des Publikums in New Yorks feierlich vertäfelter Kaufmann Hall in der 92. Straße, wo sonst nur die Stars der literarischen Zunft am Rednerpult stehen. Der 24jährige Jonathan Safran Foer hat zwar einen Bestseller geschrieben, hat letztes Jahr mit "Alles ist erleuchtet" ein Debüt hingelegt, wie es seit Norman Mailer oder J. D. Salinger keinem amerikanischen Schriftsteller mehr vergönnt war. Aber zumindest sein Erscheinungsbild und sein Auftreten sind noch frei von jeglicher Starqualität. Dafür hat er sich viel Primanerhaftes
Ein Schelmenroman machte den jungen Jonathan Safran Foer über Nacht zum gefeierten Starautor
Bevor er liest, muß er erst noch das Bonbon zu Ende lutschen. Zum Entzücken des Publikums in New Yorks feierlich vertäfelter Kaufmann Hall in der 92. Straße, wo sonst nur die Stars der literarischen Zunft am Rednerpult stehen. Der 24jährige Jonathan Safran Foer hat zwar einen Bestseller geschrieben, hat letztes Jahr mit "Alles ist erleuchtet" ein Debüt hingelegt, wie es seit Norman Mailer oder J. D. Salinger keinem amerikanischen Schriftsteller mehr vergönnt war. Aber zumindest sein Erscheinungsbild und sein Auftreten sind noch frei von jeglicher Starqualität. Dafür hat er sich viel Primanerhaftes
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bewahrt, und auch das kurzärmelige, gestreifte Polohemd und die Jeans eignen sich nur bedingt dazu, ihm Autorität oder zumindest einen Touch genialischer Exzentrik zu verleihen.
Foer sieht vielleicht aus wie ein Musterschüler, aber er schreibt wie ein subversiver Entertainer. Und so liest er auch vor. Ich bin ganz allein am Rande des Universums, beginnt die Passage, die er im Buch seinem kleinen Bruder Oscar in den Mund legt, und schon geht es im wilden Galopp durch quasiphilosophisches Revier, vorbei an Betrachtungen zu singenden Teekesseln und freiem Willen, Karatetraining, in die Erde versenkten Wolkenkratzern für die Verstorbenen, Flugangst, dem Ursprung der Tränen, Sinn des Leidens, Gefühlsleben der Pflanzen und dem Niesen als Quelle orgasmischer Lust. Locker und lose schwillt der Bewußtseinsstrom an, bis die Heiterkeit des Publikums gefährliche Formen annimmt. Da erhebt der Autor sachte den Zeigefinger und macht seine Fans darauf aufmerksam, daß er ihnen keine Witze vorsetze, sondern sie mit Antworten auf die Unangemessenheit der Welt konfrontiere.
"Alles ist erleuchtet" handelt von einem Amerikaner, der nicht ganz zufällig Jonathan Safran Foer heißt und in die Ukraine reist, um die Frau zu finden, die seinen Großvater vor den Nazis rettete. Die anfangs heitere Atmosphäre trübt sich im Laufe der Geschichte immer dramatischer ein. Ein moderner Schelmenroman mit Ausflügen in die Geschichte, die für den Ort Trachimbrod viele Wunder des magischen Realismus bereithält. Sehr unterschiedliche und auch sehr unterschiedlich orchestrierte Erzählstränge werden schließlich im Holocaust miteinander verknüpft. Die ungelenk formulierten, verballhornten Weisheiten von Alex, dem ukrainischen Reiseführer, mit dem der als Held apostrophierte Protagonist sich die schriftstellerische Arbeit am zeitgenössischen Teil der Story teilt, attackieren anfangs noch das Zwerchfell auch des einsamen Lesers. Doch bald wird klar, daß sich hier keine lustige Person den Zeitgeist mit poppigen Tricks gefügig macht.
Am Morgen nach der Lesung sitzt Foer im Second Street Café in Brooklyn, wo er sich gerade eine Wohnung einrichtet, und läßt sich über einem Bagel mit Lachs noch einmal ausfragen. Nein, die Promotiontour, auf die er seit einem Jahr geschickt wird, ist ihm noch nicht zuwider. Nein, er hat sich noch immer nicht an seinen Ruhm gewöhnt, findet es im Gegenteil völlig verrückt, einem Journalisten aus Europa gegenüberzusitzen. Und, nein, er ist nicht so komisch, wie es die komischen Passagen seines Romans nahelegen.
Er sei sogar eher scheu und zurückhaltend, sagt er, und damit wäre auch schon einer der Gründe genannt, warum er überhaupt schreibe. Während er im wirklichen Leben merklich Mühe hat, seiner Umwelt mitzuteilen, wer er ist und was er fühlt, gibt der Roman ihm die Chance zu erklären, was in ihm vorgeht. Der Bekenntnisdrang aber, den er mit einigen Kollegen aus seiner Generation teilt, ist streng literarisch geformt. Nicht umsonst hat Foer vier Jahre lang bei Joyce Carol Oates in Princeton das Schreiben und Erzählen gelernt. Seine Bezugspunkte sucht und findet er bei den Altmeistern des Fachs, bei Kafka, Grass, Calvino, Roth und Bellow. Mit Rilke glaubt er sich einig, daß ein guter Roman das Leben des Lesers verändern könne. Literatur soll die Dringlichkeit und Brisanz eines Notfalls annehmen. "Ich will nichts beweisen", sagt er, "ich will nicht moralisieren, ich will nicht nur unterhalten - ich will das Leben widerspiegeln und mich ausdrücken, auf ganz altmodische Weise." Wäre jemand geneigt, diese Haltung romantisch zu nennen, hätte er auch nichts dagegen.
Humor, und von ihm aus auch die Tradition des jüdischen Humors, ist dabei das Kunstmittel, das vielleicht einem Köder ähnelt. Mit Humor versucht er den Leser zu fangen und, wichtiger noch, den Charakter einer Figur so schnell wie möglich zu umreißen, um die Geschichte ins Rollen zu bringen. Foer hält Humor für den besten Weg, möglichst schnell möglichst viele Informationen zu transportieren. Am wichtigsten aber ist ihm, daß Humor den Leser verletzlich macht und ihn dazu bringt, seine Abwehrhaltung aufzugeben. Ist das geschehen, wird er für die Story um so empfänglicher.
Foer war neunzehn, als er die Rohfassung seines Romans nach einem Dreitagetrip durch die Ukraine niederschrieb, in Prag, innerhalb von zwei Monaten. Vom Schreiben will er nicht allzu viel verstehen. Das sei doch ohnehin nichts weiter als eine Serie von Zufällen, sagt er. Seine Aufgabe als Schriftsteller: sich darum zu bemühen, Zufälle in Gang zu bringen. Und noch ein Lehrsatz zwischen zwei Bissen Lachs-Bagel: "Man kann nicht vorsätzlich etwas Bedeutendes schreiben."
Als Foer anfing, "Alles ist erleuchtet" zu schreiben, wußte er, daß er nicht nur eine Geschichte von nur einem Standpunkt aus erzählen wollte. Aber wie sich daraufhin der Roman dreiteilte, wie der Plot bald von dem Helden Jonathan Safran Foer, bald vom virtuos radebrechenden Alex illuminiert wurde und die Geschichte sich in ein Sammelbecken für viele talmudisch schillernde, die Jahrhunderte durcheilende Geschichten verwandelte, das stellte sich, sagt Foer, erst nach und nach beim Schreiben heraus. Alex' Kampf mit der englischen Sprache, der natürlich auch in der deutschen Übersetzung ein Kampf mit Sprache ist, enthüllte sich gleichsam als Metapher, als Karikatur des Grundproblems eines jeden Schriftstellers. Wie sein ukrainischer Freund steht Foer als Held und Autor vor der Schwierigkeit, seine innerste Regung in Sprache zu kleiden. Deshalb begegnet er Alex' Sprachproblem, das ihm zunächst nur eine willkommene Gelegenheit für Humor zu bieten schien, am Ende mit tiefer Sympathie.
Neben all den Lobeshymnen für den Roman wartete das Magazin "Atlantic Monthly" mit einer scharfen Attacke auf, in der es um die literarische Behandlung des Holocausts ging. Sollte ein Nachgeborener, noch dazu ein Sohn aus jüdischer Familie, sich die Freiheit nehmen dürfen, historische durch erfinderische Genauigkeit zu ersetzen? Noch, tadelte die Kritikerin, gebe es Überlebende, die sich genau erinnerten. Foer antwortet darauf aus der Distanz der Nachfolgegeneration. Ja, dazu stehe er, auch die historische Genauigkeit werde vom Wandel nicht verschont. Aber der Ersatz des Augenzeugenberichts durch die Fiktion sei ein annehmbarer Preis, um emotional relevant zu bleiben. Im übrigen handle sein Roman nicht vom Holocaust. Foer war vielmehr entschlossen, über den Holocaust im Kontext von Liebe und Schuld und Verantwortung zu schreiben. Das sollte kein Affront gegen die Generation seiner Väter und Großmütter sein, sondern ein Akt der Generosität. Zumal der Humor seines Buches längst versiegt ist, wenn die Zeitreise den Holocaust erreicht.
Nun ist Foer gespannt, wie sein Buch in Deutschland aufgenommen wird. Er weiß natürlich, daß es längst ein Eigenleben angenommen hat, daß er die Kontrolle darüber verlieren mußte. "Ich bin nicht klüger als andere", sagt er, "aber mein Buch könnte es sein, denn die Leser machen es jetzt klüger." In einer solch kommunikativen Zusammenarbeit liegt für ihn der wahre Reiz seines Berufs.
Was er im Alltag nicht immer schafft, nämlich seinem Denken und Fühlen Ausdruck zu verleihen, kann er im Buch gut komponiert und genau formuliert nachholen. Kern der Übung bleibt indes das Gespräch, die Unterhaltung, der Meinungsaustausch. Welche Form dies alles annimmt, ist zweitrangig. Darum steht keineswegs fest, ob Foer in ein paar Jahren immer noch Bücher schreibt. Aber daß es zumindest ein zweites Buch von ihm geben wird, kann er versprechen. Und sicher wird darin auch Jonathan Safran Foer wieder auftreten. Als Held.
JORDAN MEJIAS
Jonathan Safran Foer: Alles ist erleuchtet. Kiepenheuer & Witsch, 2003. 384 Seiten. 22,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Foer sieht vielleicht aus wie ein Musterschüler, aber er schreibt wie ein subversiver Entertainer. Und so liest er auch vor. Ich bin ganz allein am Rande des Universums, beginnt die Passage, die er im Buch seinem kleinen Bruder Oscar in den Mund legt, und schon geht es im wilden Galopp durch quasiphilosophisches Revier, vorbei an Betrachtungen zu singenden Teekesseln und freiem Willen, Karatetraining, in die Erde versenkten Wolkenkratzern für die Verstorbenen, Flugangst, dem Ursprung der Tränen, Sinn des Leidens, Gefühlsleben der Pflanzen und dem Niesen als Quelle orgasmischer Lust. Locker und lose schwillt der Bewußtseinsstrom an, bis die Heiterkeit des Publikums gefährliche Formen annimmt. Da erhebt der Autor sachte den Zeigefinger und macht seine Fans darauf aufmerksam, daß er ihnen keine Witze vorsetze, sondern sie mit Antworten auf die Unangemessenheit der Welt konfrontiere.
"Alles ist erleuchtet" handelt von einem Amerikaner, der nicht ganz zufällig Jonathan Safran Foer heißt und in die Ukraine reist, um die Frau zu finden, die seinen Großvater vor den Nazis rettete. Die anfangs heitere Atmosphäre trübt sich im Laufe der Geschichte immer dramatischer ein. Ein moderner Schelmenroman mit Ausflügen in die Geschichte, die für den Ort Trachimbrod viele Wunder des magischen Realismus bereithält. Sehr unterschiedliche und auch sehr unterschiedlich orchestrierte Erzählstränge werden schließlich im Holocaust miteinander verknüpft. Die ungelenk formulierten, verballhornten Weisheiten von Alex, dem ukrainischen Reiseführer, mit dem der als Held apostrophierte Protagonist sich die schriftstellerische Arbeit am zeitgenössischen Teil der Story teilt, attackieren anfangs noch das Zwerchfell auch des einsamen Lesers. Doch bald wird klar, daß sich hier keine lustige Person den Zeitgeist mit poppigen Tricks gefügig macht.
Am Morgen nach der Lesung sitzt Foer im Second Street Café in Brooklyn, wo er sich gerade eine Wohnung einrichtet, und läßt sich über einem Bagel mit Lachs noch einmal ausfragen. Nein, die Promotiontour, auf die er seit einem Jahr geschickt wird, ist ihm noch nicht zuwider. Nein, er hat sich noch immer nicht an seinen Ruhm gewöhnt, findet es im Gegenteil völlig verrückt, einem Journalisten aus Europa gegenüberzusitzen. Und, nein, er ist nicht so komisch, wie es die komischen Passagen seines Romans nahelegen.
Er sei sogar eher scheu und zurückhaltend, sagt er, und damit wäre auch schon einer der Gründe genannt, warum er überhaupt schreibe. Während er im wirklichen Leben merklich Mühe hat, seiner Umwelt mitzuteilen, wer er ist und was er fühlt, gibt der Roman ihm die Chance zu erklären, was in ihm vorgeht. Der Bekenntnisdrang aber, den er mit einigen Kollegen aus seiner Generation teilt, ist streng literarisch geformt. Nicht umsonst hat Foer vier Jahre lang bei Joyce Carol Oates in Princeton das Schreiben und Erzählen gelernt. Seine Bezugspunkte sucht und findet er bei den Altmeistern des Fachs, bei Kafka, Grass, Calvino, Roth und Bellow. Mit Rilke glaubt er sich einig, daß ein guter Roman das Leben des Lesers verändern könne. Literatur soll die Dringlichkeit und Brisanz eines Notfalls annehmen. "Ich will nichts beweisen", sagt er, "ich will nicht moralisieren, ich will nicht nur unterhalten - ich will das Leben widerspiegeln und mich ausdrücken, auf ganz altmodische Weise." Wäre jemand geneigt, diese Haltung romantisch zu nennen, hätte er auch nichts dagegen.
Humor, und von ihm aus auch die Tradition des jüdischen Humors, ist dabei das Kunstmittel, das vielleicht einem Köder ähnelt. Mit Humor versucht er den Leser zu fangen und, wichtiger noch, den Charakter einer Figur so schnell wie möglich zu umreißen, um die Geschichte ins Rollen zu bringen. Foer hält Humor für den besten Weg, möglichst schnell möglichst viele Informationen zu transportieren. Am wichtigsten aber ist ihm, daß Humor den Leser verletzlich macht und ihn dazu bringt, seine Abwehrhaltung aufzugeben. Ist das geschehen, wird er für die Story um so empfänglicher.
Foer war neunzehn, als er die Rohfassung seines Romans nach einem Dreitagetrip durch die Ukraine niederschrieb, in Prag, innerhalb von zwei Monaten. Vom Schreiben will er nicht allzu viel verstehen. Das sei doch ohnehin nichts weiter als eine Serie von Zufällen, sagt er. Seine Aufgabe als Schriftsteller: sich darum zu bemühen, Zufälle in Gang zu bringen. Und noch ein Lehrsatz zwischen zwei Bissen Lachs-Bagel: "Man kann nicht vorsätzlich etwas Bedeutendes schreiben."
Als Foer anfing, "Alles ist erleuchtet" zu schreiben, wußte er, daß er nicht nur eine Geschichte von nur einem Standpunkt aus erzählen wollte. Aber wie sich daraufhin der Roman dreiteilte, wie der Plot bald von dem Helden Jonathan Safran Foer, bald vom virtuos radebrechenden Alex illuminiert wurde und die Geschichte sich in ein Sammelbecken für viele talmudisch schillernde, die Jahrhunderte durcheilende Geschichten verwandelte, das stellte sich, sagt Foer, erst nach und nach beim Schreiben heraus. Alex' Kampf mit der englischen Sprache, der natürlich auch in der deutschen Übersetzung ein Kampf mit Sprache ist, enthüllte sich gleichsam als Metapher, als Karikatur des Grundproblems eines jeden Schriftstellers. Wie sein ukrainischer Freund steht Foer als Held und Autor vor der Schwierigkeit, seine innerste Regung in Sprache zu kleiden. Deshalb begegnet er Alex' Sprachproblem, das ihm zunächst nur eine willkommene Gelegenheit für Humor zu bieten schien, am Ende mit tiefer Sympathie.
Neben all den Lobeshymnen für den Roman wartete das Magazin "Atlantic Monthly" mit einer scharfen Attacke auf, in der es um die literarische Behandlung des Holocausts ging. Sollte ein Nachgeborener, noch dazu ein Sohn aus jüdischer Familie, sich die Freiheit nehmen dürfen, historische durch erfinderische Genauigkeit zu ersetzen? Noch, tadelte die Kritikerin, gebe es Überlebende, die sich genau erinnerten. Foer antwortet darauf aus der Distanz der Nachfolgegeneration. Ja, dazu stehe er, auch die historische Genauigkeit werde vom Wandel nicht verschont. Aber der Ersatz des Augenzeugenberichts durch die Fiktion sei ein annehmbarer Preis, um emotional relevant zu bleiben. Im übrigen handle sein Roman nicht vom Holocaust. Foer war vielmehr entschlossen, über den Holocaust im Kontext von Liebe und Schuld und Verantwortung zu schreiben. Das sollte kein Affront gegen die Generation seiner Väter und Großmütter sein, sondern ein Akt der Generosität. Zumal der Humor seines Buches längst versiegt ist, wenn die Zeitreise den Holocaust erreicht.
Nun ist Foer gespannt, wie sein Buch in Deutschland aufgenommen wird. Er weiß natürlich, daß es längst ein Eigenleben angenommen hat, daß er die Kontrolle darüber verlieren mußte. "Ich bin nicht klüger als andere", sagt er, "aber mein Buch könnte es sein, denn die Leser machen es jetzt klüger." In einer solch kommunikativen Zusammenarbeit liegt für ihn der wahre Reiz seines Berufs.
Was er im Alltag nicht immer schafft, nämlich seinem Denken und Fühlen Ausdruck zu verleihen, kann er im Buch gut komponiert und genau formuliert nachholen. Kern der Übung bleibt indes das Gespräch, die Unterhaltung, der Meinungsaustausch. Welche Form dies alles annimmt, ist zweitrangig. Darum steht keineswegs fest, ob Foer in ein paar Jahren immer noch Bücher schreibt. Aber daß es zumindest ein zweites Buch von ihm geben wird, kann er versprechen. Und sicher wird darin auch Jonathan Safran Foer wieder auftreten. Als Held.
JORDAN MEJIAS
Jonathan Safran Foer: Alles ist erleuchtet. Kiepenheuer & Witsch, 2003. 384 Seiten. 22,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Uwe Ebbinghaus findet die Wohltemperiertheit dieser Aufnahme zunächst durchaus angenehm. Sprecher Boris Aljinoviv hört er "aufgeräumt und abgeklärt" Jonathan Safran Foers legendenhafte Chronik des Stetls Trachimbrod sprechen. Auch Florian Lukas, dem Sprecher des Ukrainers Alex, hört er gerne zu, und findet auch die Entscheidung richtig, auf einen ukrainischen Akzent zu verzichten. Beide Sprecher verpflichten sich zur Zufriedenheit des Rezensenten "dem trockenen Humor" des Textes, der in seinen Augen ohnehin ein Glücksfall für jeden Hörbuch-Einrichter ist. Denn es handele sich um eine Art Briefroman und schon bei "der stillen Lektüre" hat der Rezensent eigenem Bekunden zufolge gespürt, wie stark der Autor selbst von der gesprochenen Sprache her denke. Die Wohltemperiertheit der Einlesung empfindet Ebbinghaus jedoch zunehmend als routiniertes "gleichförmiges Dahinplätschern". Manchmal will sich die Komik des Textes auf ihn dann auch nicht mehr übertragen. Erst als die ersten deutschen Bomber am Himmel über Trachimbrod erscheinen, vollziehe sich in den Stimmen der Sprecher, so Ebbinghaus, ein Wandel Richtung "verdichtende Beteiligung". Höhepunkt schließlich werde Lukas' Lesung von Foers Schilderung des Pogroms von Kolki.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Ein todkomisches, todlustiges Romandebüt. Es stürzt einen in ähnliche Wechselbäder wie der Film 'Das Leben ist schön' von Roberto Benigni." (Der Spiegel)
"Der neue Superstar der amerikanischen Literaturszene. Das komische und berührende Duett einer Erinnerung, die im Medium Literatur noch einmal erfunden wird. (NZZ)
"Ein Debüt, wie es lange keines gegeben hat: Foer vollbringt das Wunder der erfundenen Erinnerung." (FAZ)
"Jonathan Safran Foer landet einen Geniestreich ... so witzig und gescheit, mit so viel Komik und einem Übermaß an klein verpackter großer Weisheit gemacht, dass man sich gelegentlich fragt, wie das einem so jungen Autor überhaupt passieren konnte." (Die Zeit)
"Der neue Superstar der amerikanischen Literaturszene. Das komische und berührende Duett einer Erinnerung, die im Medium Literatur noch einmal erfunden wird. (NZZ)
"Ein Debüt, wie es lange keines gegeben hat: Foer vollbringt das Wunder der erfundenen Erinnerung." (FAZ)
"Jonathan Safran Foer landet einen Geniestreich ... so witzig und gescheit, mit so viel Komik und einem Übermaß an klein verpackter großer Weisheit gemacht, dass man sich gelegentlich fragt, wie das einem so jungen Autor überhaupt passieren konnte." (Die Zeit)
»Eine wunderbar vielschichtige Chronik ... Selten hat ein so junger Autor solche Virtuosität und Klugheit bewiesen.« (Washington Post Book World)
»Mit seinen verschiedenen Erzählern, den vielfachen Spiralen von Witz und den halsbrecherischen Wechseln zwischen Horror und Heiterkeit, mit seinen Seitenhieben auf den Nach-Wende-Kapitalismus und zeitgenössischen Antisemitismus, mit all dem ist ›Alles ist erleuchtet‹ eine wahre Wundertüte.« (Los Angeles Times Book Review)
»Jonathan Safran Foer, das 25-jährige literarische Wunderkind, entwickelt die Geschichte eines Schtetls, indem er jeden nur denkbaren literarischen Kniff nutzt. So entsteht eine dichte Erzählung aus Geschichte, Erinnerung und Versöhnung.« (New York Magazine)
»Seit Anthony Burgess’ Roman ›Clockwork Orange‹ ist die englische Sprache nicht mehr mit solcher Brillanz und solcher Kraft durcheinander gewirbelt und gestaltet worden.« (New York Times Book Review)
»Mit seinen verschiedenen Erzählern, den vielfachen Spiralen von Witz und den halsbrecherischen Wechseln zwischen Horror und Heiterkeit, mit seinen Seitenhieben auf den Nach-Wende-Kapitalismus und zeitgenössischen Antisemitismus, mit all dem ist ›Alles ist erleuchtet‹ eine wahre Wundertüte.« (Los Angeles Times Book Review)
»Jonathan Safran Foer, das 25-jährige literarische Wunderkind, entwickelt die Geschichte eines Schtetls, indem er jeden nur denkbaren literarischen Kniff nutzt. So entsteht eine dichte Erzählung aus Geschichte, Erinnerung und Versöhnung.« (New York Magazine)
»Seit Anthony Burgess’ Roman ›Clockwork Orange‹ ist die englische Sprache nicht mehr mit solcher Brillanz und solcher Kraft durcheinander gewirbelt und gestaltet worden.« (New York Times Book Review)
»Der neue Superstar der amerikanischen Literaturszene. Das komische und berührende Duett einer Erinnerung, die im Medium Literatur noch einmal erfunden wird.« NZZ
Broschiertes Buch
Welch schräges, witziges aber auch bitterernstes, tieftrauriges und hintergründiges Buch. Zugegebenermaßen kein allzu leicht lesender Roman da die drei unterschiedlichen Erzählstränge zu Beginn recht zusammenhanglos nebeneinander stehen. Da ist einmal Alex, ein ukrainischer …
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Welch schräges, witziges aber auch bitterernstes, tieftrauriges und hintergründiges Buch. Zugegebenermaßen kein allzu leicht lesender Roman da die drei unterschiedlichen Erzählstränge zu Beginn recht zusammenhanglos nebeneinander stehen. Da ist einmal Alex, ein ukrainischer junger Mann, der gemeinsam mit seinem Großvater einen jüdischen Amerikaner bei dessen Suche nach seiner Vergangenheit begleitet. Alex erzählt in einer unnachahmlichen Sprache (er ist noch immer dabei seine Englischkenntnisse zu erweitern), wie diese Reise ablief die auch eine Reise in seine bzw. die Vergangenheit seines Großvaters wird. Der zweite Erzählstrang kommt von dem Amerikaner, der die Geschichte seiner Familie darstellt, beginnend mit der Urururururgroßmutter Brod (sollte ich ein Ur vergessen haben, bitte ich dies zu entschuldigen :-)). Immer wieder zwischen Realität und Phantasie hin und her wechselnd, entsteht ein kunterbuntes Bild des Schtetls in dem die Familie des Amerikaners zuhause war. Der dritte und letzte Teil des Buches stammt wieder von Alex. Er und sein früherer Gast tauschen die jeweils geschriebenen Abschnitte aus und Alex kommentiert sie in seinen Briefen die zudem die Geschehnisse in seiner Familie sowie seine Gedanken im Allgemeinen und im Speziellen beinhalten.
Die Familiengeschichte von Foer (der den Amerikaner darstellt), spannt sich von 1791 bis zum II. Weltkrieg, während dem das gesamte Dorf der Vernichtung anheim fiel. Foers Großvater war der Einzige der sich retten konnte dank der Hilfe einer Frau, auf deren Suche sich nun der Enkel befindet.
Es ist eine anrührende Geschichte über die Suche nach der Vergangenheit, nach Liebe, nach sich selbst, nach dem was zählt. Und irgendwie sind alle auf der Suche.
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Broschiertes Buch
Zum einen schreibt Jonathan Briefe an Alex und Alex Briefe an Jonathan. Die Briefe von Jonathan werden nicht abgedruckt, Alex geht jedoch auf deren Inhalte in seinen Antworten ein. Alex schreibt in seinem schlechten Englisch. Das ist eine hervorragende Idee des Autors, macht das Lesen anfangs …
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Zum einen schreibt Jonathan Briefe an Alex und Alex Briefe an Jonathan. Die Briefe von Jonathan werden nicht abgedruckt, Alex geht jedoch auf deren Inhalte in seinen Antworten ein. Alex schreibt in seinem schlechten Englisch. Das ist eine hervorragende Idee des Autors, macht das Lesen anfangs schwierig, aber wenn man das Verfahren durchschaut hat, durchaus amüsant. Ein paar Beispiele: „Ich sehne, dass dieser Brief gut wird.“ „Ich war sehr schamvoll über die Art…“Wir waren sehr beschäftigt zu reden.“Mit jedem seiner Briefe an Jonathan schickt Alex seine eigenen Schreibereien mit.Diese sind quasi die Wiedergabe der Reise. Aus diesem Handlungsstrang erfahren wir alles über die Reise nach Trachimbrod, die bereits geschehen ist aus der Sichtweise von Alex und mit seinen kuriosen Worten. Durch die kritischen Briefe von Jonathan wird dann deutlich, dass Alex teilweise übertreibt in seinen Darstellungen, was urkomisch ist und auch die Figur Alex näher definiert.Jonathan schickt mit jedem seiner Briefe einen neuen Teil seines Buches mit, das von Trachimbrod handelt. So wird von der Entstehung des jüdischen „Schtelts“ Trachimbrod berichtet.
Das alles hört sich zunächst sehr unübersichtlich und anstrengend an – das ist es auch für mich gewesen. Ehrlich gesagt, hab ich es erst so recht nach den ersten 100 Seiten (insgesamt hat das Buch 383 Seiten) verstanden und dann glatt noch einmal von vorn angefangen, denn ich wollte ja nichts verpassen.Von Beginn an hat man das Gefühl, ein Märchen zu lesen. Die Teile über Trachimbrod sind in der Erzählperspektive eines Ich-Erzählers geschrieben, dessen Identität erst am Ende des Buches verraten wird. Trachimbrod ist ein verrücktes Städtchen mit verrückten Menschen. Es wäre nunmehr müßig, Euch das ausschweifend zu erklären, aber vielleicht reichen folgende Beispiele: ein Mann fliegt mit seinem Pferdewagen aus der Kurve und ertrinkt, seine Tochter jedoch, noch ein Säugling, wird geborgen und die Schtetlbewohner benennen das Mädchen nach dem Fluss „Brod“. Der Mann konnte nicht identifiziert werden, aber man nahm an, dass es sich um Trachim handelte. Da Brod aus dem Fluss hervor ging, in dem ihr Vater Trachim ums Leben kam, steht dann auch der Schtetlname fest. Der Wucherer Jankel (längst über siebzig) bekommt das Kind zur Aufzucht übergeben, da die Bewohner des Schtetls ihm nach seinen früheren Vergehen und seinem eigenen privaten Leid der Meinung sind, dass er eine neue Chance verdient hat. Fortan wird jedes Jahr, in dem sich das Ereignis jährt, ein Fest gefeiert, an dem Brod als die Hauptperson teilnimmt. Fortan geht es hauptsächlich um Brod, die wir Ihr Euch sicherlich denken könnt, die Ur- ur- ur-ur-ur-Großmutter von Jonathan ist.
Meinem Eindruck nach hat Jonathan den persönlichen Bezug zum Buch gewählt, um sich und seinen Generationen eine Vergangenheit zu schenken. Denn laut Wikipedia hat wie schon sein fiktionalisiertes Alter Ego auch der Autor Foer selbst eine solche Reise unter ähnlichem Vorsatz angetreten, fand jedoch die erwähnte Retterin namens Augustine nicht. Allerdings ist das völlig frei von mir interpretiert. Ich will dem Inhalt des Buches nicht allzu viel vorweg nehmen. Aber es ist so, dass es das Städtchen nicht mehr gibt. Somit wird die Suche nach einer Vergangenheit für Jonathan enorm erschwert. Doch nicht nur für Jonathan geht es um die Vergangenheit, sondern auch von Alex Großvater und damit offenbart der Autor fast am Ende des Buches einen völlig anderen Handlungspart, der nebenbei fast untergegangen ist. Dies hat einen Überraschungseffekt, der und die Auflösung des Erzählers der Trachimbrod-Geschichte waren für mich das i-Tüpfelchen für den Roman.Ein anderes Thema neben der Geschichte Trachimbrods und der Familiengeschichte von Jonathan ist die ist die Judenverfolgung im zweiten Weltkrieg, die zum Untergang des Schtetls geführt hat. Der Autor hat diesen Umstand so gekonnt in den Roman eingebunden, dass es nicht überwiegt.
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