Mareike Krügel
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Ungekürzte Lesung. 494 Min.
Sprecher: Beglau, Bibiana
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Man kann doch nicht einfach so verschwinden, wenn alles unklar ist. Das denkt Katharina, seit sie vor Kurzem das Etwas in ihrer Brust entdeckt hat. Niemand weiß davon, und das ist auch gut so. Denn an diesem Wochenende soll ein letztes Mal alles wie immer sein. Und so entrollt sich das Chaos eines ganz normalen Freitags vor ihr. Während sie aber einen abgetrennten Daumen versorgt, ihren brennenden Trockner löscht und sich auf den emotional nicht unbedenklichen Besuch eines Studienfreundes vorbereitet, beginnt ihr Vorsatz zu bröckeln, und sie stellt sich große Fragen: Ist alles so geworden...
Man kann doch nicht einfach so verschwinden, wenn alles unklar ist. Das denkt Katharina, seit sie vor Kurzem das Etwas in ihrer Brust entdeckt hat. Niemand weiß davon, und das ist auch gut so. Denn an diesem Wochenende soll ein letztes Mal alles wie immer sein. Und so entrollt sich das Chaos eines ganz normalen Freitags vor ihr. Während sie aber einen abgetrennten Daumen versorgt, ihren brennenden Trockner löscht und sich auf den emotional nicht unbedenklichen Besuch eines Studienfreundes vorbereitet, beginnt ihr Vorsatz zu bröckeln, und sie stellt sich große Fragen: Ist alles so geworden, wie sie wollte? Ihre Musik, ihre Kinder, die Ehe mit dem in letzter Zeit viel zu abwesenden Costas? Erst als der Tag fast zu Ende ist, beschließt sie, ihr Geheimnis zu teilen– mit jemandem, den sie tatsächlich liebt.
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Mareike Krügel, 1977 in Kiel geboren, erhielt zahlreiche literarische Auszeichnungen, u.a. den Förderpreis der Stadt Hamburg und den Friedrich-Hebbel-Preis. Nach 'Die Witwe, der Lehrer, das Meer' (2003), 'Die Tochter meines Vaters' (2005) und 'Bleib wo du bist' (2010) ist dies ihr vierter Roman. Sie lebt mit ihrer Familie an der Küste Schleswig-Holsteins.
Produktdetails
- Verlag: OSTERWOLDaudio
- Erscheinungstermin: 1. August 2017
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783844916591
- Artikelnr.: 48768563
© BÜCHERmagazin, Ann-Kathrin Maar (akm)
»Mareike Krügel sehr lesenswerter Roman ist feinsinnig und witzig zugleich.« Nürnberger Nachrichten 20180108
Zwischen Alltag und Todesangst
Mareike Krügel erzählt in ihrem Roman "Sieh mich an" von einer Mutter, die nur scheinbar alles unter Kontrolle hat
Eine Decke im Kofferraum, zwei Müsliriegel und eine kleine Tüte mit frischer Unterwäsche und Socken im Handschuhfach, bunte und neutrale Pflaster, eine kleine Flasche Desinfektionsspray, Taschentücher, Rescue-Tropfen, Hustenbonbons und ein Schweizer Taschenmesser in der Handtasche: Von außen betrachtet wirkt Katharina wie eine dieser Frauen, die immer alles unter Kontrolle haben. Wie eine Super-Mom.
Doch als Leser des Romans "Sieh mich an", dem vierten Roman der an der Ostsee lebenden 40-jährigen Autorin Mareike Krügel, betrachten wir Katharina nicht von außen.
Mareike Krügel erzählt in ihrem Roman "Sieh mich an" von einer Mutter, die nur scheinbar alles unter Kontrolle hat
Eine Decke im Kofferraum, zwei Müsliriegel und eine kleine Tüte mit frischer Unterwäsche und Socken im Handschuhfach, bunte und neutrale Pflaster, eine kleine Flasche Desinfektionsspray, Taschentücher, Rescue-Tropfen, Hustenbonbons und ein Schweizer Taschenmesser in der Handtasche: Von außen betrachtet wirkt Katharina wie eine dieser Frauen, die immer alles unter Kontrolle haben. Wie eine Super-Mom.
Doch als Leser des Romans "Sieh mich an", dem vierten Roman der an der Ostsee lebenden 40-jährigen Autorin Mareike Krügel, betrachten wir Katharina nicht von außen.
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Der 255-seitige Alltags- und Gefühlsbericht der zweifachen Mutter zeigt, dass Katharinas Kontrolle nur eine Oberflächenerscheinung ist. Ihre elfjährige Tochter Helli hat ADHS, stets pendelt sie "zwischen Wut und Eifer, höchster Freude und tiefster Verzweiflung, guten Absichten und finsteren Racheplänen" hin und her. Ihren Mann sieht Katharina seit einem Jahr nur noch am Wochenende, weil er eine Stelle in Berlin angenommen hat - rund dreihundert Kilometer entfernt von ihrem Wohnort Lübeck. Und als wäre das nicht schon genug, hat sie vor kurzem auch noch ein "Etwas" in ihrer Brust entdeckt. "Die Lücke, die der Trockner hinterlassen hat, sieht wüst aus. Wie ein leeres Grundstück zwischen Waschmaschine und Badewanne, voller Staub und Schmutz, Fussel und zerknüllten Lappen, die das Löschwasser aufgesogen haben. Jede Ordnung ist stets nur eine Oberfläche, schaut man darunter, entdeckt man den Dreck und die Krümel", stellt Katharina fest, als sie ihr Badezimmer betrachtet. Das Gleiche, was für ihre Haushaltsgeräte gilt, scheint auch auf sie selbst zuzutreffen.
Was an Katharinas innerem Monolog angenehm ist, ist die Ehrlichkeit, mit der sie von ihrem Leben als Mutter und Hausfrau erzählt. Indem sie den "Overkill der Berührungen" beschreibt, der entsteht, wenn alle Familienmitglieder meinen, ein Recht auf ihren Körper zu haben, indem sie gesteht, dass sie den Impuls, ihre Kinder zu schlagen, kennt, oder indem sie von dem einen Mal berichtet, an dem sie ernsthaft daran gedacht hat, ihrem Dasein ein Ende zu setzen, gewährt sie uns einen Einblick in die dunklen, aber realen Momente des Mutterseins. Angenehm ist außerdem der Erzählton der Ich-Erzählerin - obwohl Katharina sich mit ihrem bevorstehenden Tod, dem künftigen Verlust ihrer Familie auseinandersetzt, wird sie nicht pathetisch, sondern betrachtet die Situation mit Nüchternheit.
Was allerdings nicht so angenehm ist, sind die Passagen, in denen sich zeigt, wie verbittert und pessimistisch Katharina hinter ihrer nüchternen Fassade wirklich ist. Ursprünglich war es der Plan der studierten Musikwissenschaftlerin, zu promovieren und danach an einer Musikhochschule zu lehren - sie wollte "etwas erschaffen oder bewirken". Doch ihre häuslichen Verpflichtungen haben sie immer wieder davon abgehalten, ihre Dissertation zu Ende zu schreiben. Zwar unterrichtet sie nebenher tatsächlich Musik, jedoch nicht an der Universität, sondern im Kindergarten. Immer wieder mault sie darüber, dass sie sich nicht selbst verwirklichen konnte, bezeichnet sich selbst zynisch als "Kindergarten"- oder "Musiktante mit integriertem Kinder-Fahrdienst" und überlegt sich Grabinschriften wie "Katharina Theodoroulakis - Sie wollte sowieso nicht an die Uni", "Das hab ich mir alles ganz anders vorgestellt" oder "Hätte, hätte, Fahrradkette".
Oft geht es Katharina auch gar nicht mehr nur um ihr persönliches Schicksal: Den Unmut über ihre eigene Situation weitet sie auf die Geschlechterverhältnisse im Allgemeinen aus. Doch Kritik, die aus Ressentiment entsteht, kann nie besonders gehaltvoll sein. So wird ihre Kritik am Sexismus oft selbst zweifelhaft, zum Beispiel wenn sie sich fragt, ob die ewige Männerherrschaft schuld an der Ausbeutung und Zerstörung der Erde sei, weil Männer, im Unterschied zu Frauen, keine Ahnung von Zyklen und Rhythmen hätten.
Man kann einfach nicht anders. Obwohl man von ihrer unglücklichen Lage weiß, ärgert man sich über die Protagonistin. Man denkt: Jetzt reiß dich doch mal zusammen. Ändere was, anstatt immer nur rumzuheulen. Die Möglichkeiten, dass das "Etwas" auch kein Brustkrebs sein könnte, dass der Tumor gutartig oder dass sie geheilt werden könnte, zieht die Protagonistin gar nicht erst in Betracht. Sie geht von vorneherein davon aus, dass sie sterben wird. Angesichts ihrer Situation mögen ihr Pessimismus und ihre Verbitterung zwar authentisch und nachvollziehbar sein, nerven tun sie trotzdem.
Ähnlich verhält es sich mit der Sprache des Romans. Wiederholt schleichen sich schiefe Bilder in Katharinas Erzählung ein: "Manchmal denke ich, ich bin eine Art Spinne im Netz, dessen Fäden zu all den Leuten reichen, die ihr wichtig sind. Sobald sich einer von ihnen bewegt, zittert oder ruckt der Faden, und ich zittere oder rucke mit. Das Bild ist allerdings schief; Spinnen haben Netze, um Beute zu machen. Wenn es irgendwo ruckt, bedeutet das, es gibt etwas zu essen." Die sprachlichen Schwächen, auf die uns die Ich-Erzählerin an dieser Stelle selbst hinweist, erzeugen ebenso wie ihre verbitterte Haltung Authentizität. Die Kehrseite der Authentizität ist allerdings, dass der Roman in sprachlicher Hinsicht uninteressant ist.
Sprachlich reizvolle Stellen, wie diese, sind in "Sieh mich an" Ausnahmeerscheinungen: "Ich schicke ihr Bilder von den Kindern und mir, auf denen ich stets unscharf wirke, weil ich damit beschäftigt bin, Helli abzulenken, bis das Foto geschossen ist." Die Unschärfe Katharinas ist als Metapher zu verstehen, die verbildlicht, dass sie sich durch ihre mütterliche Aufopferung von ihren eigenen Bedürfnissen sowie von ihren ursprünglichen Wesenszügen und Zielen so weit entfernt hat, dass ihr Ich fast gänzlich seine Form verloren hat. Bei dieser Metapher handelt es sich um eine geglückte, weil die Autorin sie ausnahmsweise nicht der Ich-Erzählerin in den Mund gelegt hat - sie funktioniert auf einer Metaebene.
Die Höhen und Tiefen in Mareike Krügels Roman "Sieh mich an" stellen Alltäglichkeiten wie blutende Nasen, kleine Reitunfälle und Haustierfluchten dar; der Wendepunkt der Erzählung lässt rund 192 Seiten auf sich warten und kommt so leise daher, dass man fast über ihn hinwegliest; Kapitel gibt es in dem Roman nicht, wodurch die fehlende Differenz zwischen den einzelnen Abschnitten noch mehr hervorsticht; und Katharinas häufige Rückblenden verlangsamen das Tempo des Romans, der insgesamt von nur einem einzigen Tag in dem Leben der Mutter erzählt, so sehr, dass man manchmal befürchtet, die Handlung käme vorzeitig zum Stehen. Es zeigt sich, dass man als Leser nicht nur durch das verbitterte Gemaule der Ich-Erzählerin, sondern auch durch den Handlungsaufbau des Romans das Gefühl bekommt, auf der Stelle zu treten. Im Fall "Sieh mich an" ist der Weg zur Einsicht nicht gerade ein leichtfüßiger Spaziergang. Wie so oft.
JACQUELINE THÖR
Mareike Krügel: "Sieh mich an". Roman. Piper, 256 Seiten, 20 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Was an Katharinas innerem Monolog angenehm ist, ist die Ehrlichkeit, mit der sie von ihrem Leben als Mutter und Hausfrau erzählt. Indem sie den "Overkill der Berührungen" beschreibt, der entsteht, wenn alle Familienmitglieder meinen, ein Recht auf ihren Körper zu haben, indem sie gesteht, dass sie den Impuls, ihre Kinder zu schlagen, kennt, oder indem sie von dem einen Mal berichtet, an dem sie ernsthaft daran gedacht hat, ihrem Dasein ein Ende zu setzen, gewährt sie uns einen Einblick in die dunklen, aber realen Momente des Mutterseins. Angenehm ist außerdem der Erzählton der Ich-Erzählerin - obwohl Katharina sich mit ihrem bevorstehenden Tod, dem künftigen Verlust ihrer Familie auseinandersetzt, wird sie nicht pathetisch, sondern betrachtet die Situation mit Nüchternheit.
Was allerdings nicht so angenehm ist, sind die Passagen, in denen sich zeigt, wie verbittert und pessimistisch Katharina hinter ihrer nüchternen Fassade wirklich ist. Ursprünglich war es der Plan der studierten Musikwissenschaftlerin, zu promovieren und danach an einer Musikhochschule zu lehren - sie wollte "etwas erschaffen oder bewirken". Doch ihre häuslichen Verpflichtungen haben sie immer wieder davon abgehalten, ihre Dissertation zu Ende zu schreiben. Zwar unterrichtet sie nebenher tatsächlich Musik, jedoch nicht an der Universität, sondern im Kindergarten. Immer wieder mault sie darüber, dass sie sich nicht selbst verwirklichen konnte, bezeichnet sich selbst zynisch als "Kindergarten"- oder "Musiktante mit integriertem Kinder-Fahrdienst" und überlegt sich Grabinschriften wie "Katharina Theodoroulakis - Sie wollte sowieso nicht an die Uni", "Das hab ich mir alles ganz anders vorgestellt" oder "Hätte, hätte, Fahrradkette".
Oft geht es Katharina auch gar nicht mehr nur um ihr persönliches Schicksal: Den Unmut über ihre eigene Situation weitet sie auf die Geschlechterverhältnisse im Allgemeinen aus. Doch Kritik, die aus Ressentiment entsteht, kann nie besonders gehaltvoll sein. So wird ihre Kritik am Sexismus oft selbst zweifelhaft, zum Beispiel wenn sie sich fragt, ob die ewige Männerherrschaft schuld an der Ausbeutung und Zerstörung der Erde sei, weil Männer, im Unterschied zu Frauen, keine Ahnung von Zyklen und Rhythmen hätten.
Man kann einfach nicht anders. Obwohl man von ihrer unglücklichen Lage weiß, ärgert man sich über die Protagonistin. Man denkt: Jetzt reiß dich doch mal zusammen. Ändere was, anstatt immer nur rumzuheulen. Die Möglichkeiten, dass das "Etwas" auch kein Brustkrebs sein könnte, dass der Tumor gutartig oder dass sie geheilt werden könnte, zieht die Protagonistin gar nicht erst in Betracht. Sie geht von vorneherein davon aus, dass sie sterben wird. Angesichts ihrer Situation mögen ihr Pessimismus und ihre Verbitterung zwar authentisch und nachvollziehbar sein, nerven tun sie trotzdem.
Ähnlich verhält es sich mit der Sprache des Romans. Wiederholt schleichen sich schiefe Bilder in Katharinas Erzählung ein: "Manchmal denke ich, ich bin eine Art Spinne im Netz, dessen Fäden zu all den Leuten reichen, die ihr wichtig sind. Sobald sich einer von ihnen bewegt, zittert oder ruckt der Faden, und ich zittere oder rucke mit. Das Bild ist allerdings schief; Spinnen haben Netze, um Beute zu machen. Wenn es irgendwo ruckt, bedeutet das, es gibt etwas zu essen." Die sprachlichen Schwächen, auf die uns die Ich-Erzählerin an dieser Stelle selbst hinweist, erzeugen ebenso wie ihre verbitterte Haltung Authentizität. Die Kehrseite der Authentizität ist allerdings, dass der Roman in sprachlicher Hinsicht uninteressant ist.
Sprachlich reizvolle Stellen, wie diese, sind in "Sieh mich an" Ausnahmeerscheinungen: "Ich schicke ihr Bilder von den Kindern und mir, auf denen ich stets unscharf wirke, weil ich damit beschäftigt bin, Helli abzulenken, bis das Foto geschossen ist." Die Unschärfe Katharinas ist als Metapher zu verstehen, die verbildlicht, dass sie sich durch ihre mütterliche Aufopferung von ihren eigenen Bedürfnissen sowie von ihren ursprünglichen Wesenszügen und Zielen so weit entfernt hat, dass ihr Ich fast gänzlich seine Form verloren hat. Bei dieser Metapher handelt es sich um eine geglückte, weil die Autorin sie ausnahmsweise nicht der Ich-Erzählerin in den Mund gelegt hat - sie funktioniert auf einer Metaebene.
Die Höhen und Tiefen in Mareike Krügels Roman "Sieh mich an" stellen Alltäglichkeiten wie blutende Nasen, kleine Reitunfälle und Haustierfluchten dar; der Wendepunkt der Erzählung lässt rund 192 Seiten auf sich warten und kommt so leise daher, dass man fast über ihn hinwegliest; Kapitel gibt es in dem Roman nicht, wodurch die fehlende Differenz zwischen den einzelnen Abschnitten noch mehr hervorsticht; und Katharinas häufige Rückblenden verlangsamen das Tempo des Romans, der insgesamt von nur einem einzigen Tag in dem Leben der Mutter erzählt, so sehr, dass man manchmal befürchtet, die Handlung käme vorzeitig zum Stehen. Es zeigt sich, dass man als Leser nicht nur durch das verbitterte Gemaule der Ich-Erzählerin, sondern auch durch den Handlungsaufbau des Romans das Gefühl bekommt, auf der Stelle zu treten. Im Fall "Sieh mich an" ist der Weg zur Einsicht nicht gerade ein leichtfüßiger Spaziergang. Wie so oft.
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Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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eBook, ePUB
[Vorab: Ein Rezensionsexemplar war mir unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]
An diesem Roman scheiden sich ja durchaus die Geister: ich zähle zu den Fans dieser Ich-Erzählung, an der ich teils ganz besonders jene Aspekte schätzte, die mitunter bemängelt werden, …
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[Vorab: Ein Rezensionsexemplar war mir unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]
An diesem Roman scheiden sich ja durchaus die Geister: ich zähle zu den Fans dieser Ich-Erzählung, an der ich teils ganz besonders jene Aspekte schätzte, die mitunter bemängelt werden, wie z.B. das offene Ende. Persönlich empfinde ich jenes aber gar nicht als besonders offen; die Kurzbeschreibung verrät ja bereits, dass „Sieh mich an“ im Grunde genommen nur einen einzigen Tag behandelt und dass dieser zu einem Zeitpunkt stattfindet, an dem Katharina sich bereits des „Dingens“ in ihrer Brust bewusst ist, von diesem aber noch keinem erzählt hat und gleich zu Beginn des Buchs wird klar, dass dieser eine Freitag quasi das letzte krebslose Wochenende einläuten soll, ehe sie in der Folgewoche den Arzt konsultiert. Für Katharina ist klar, dass das Ding bösartig ist und dass sie sterben wird; in dieser Hinsicht mag sie resigniert wirken, aber später wird immer deutlicher, dass sie genetisch vorbelastet ist und in ihrer Familie noch niemand diese Erkrankung überlebt hat. Deswegen gehört sie nicht nur zur physischen Risikogruppe, sondern man merkt ihren kreisenden Gedanken auch an, dass sie als Kind völlig damit überfordert war, eine Krebserkrankung bis zum bitteren Schluss zu begleiten und Angst davor hat, dass es ihren Kindern ebenso gehen wird. Die Tochter ist zudem ADHS-diagnostiziert und eh schnell überfordert, während der ältere Sohn bislang eher als ein äußerst gelassener Ruhepol nebenherlief und Katharina mit ihren eigenen Gedanken konfrontiert zu befürchten beginnt, dass ihr Sohn von ihr zu unbeachtet blieb und bereits jetzt auch im Zusammenleben mit der Schwester von dieser schon sehr beansprucht wird. In ihrem Sohn erkennt Katharina sich ohnehin wieder: Wird sich an ihm nun ihre eigene Jugend wiederholen?
Der Roman verfolgt eine hohe Geschwindigkeit, in dem Sinne, dass an diesem einen Tag eben alles geballt auf Katharina einprasselt, und behält bis zuletzt diese gemächliche Melancholie bei, in der Katharinas Gedanken immer wieder abschweifen, in der sie gedanklich immer wieder erörtert, wo sie nun eigentlich steht und was aus all ihren früheren Träumen und Lebenszielen geworden ist. Ist sie glücklich? Und sind Diejenigen, die Katharinas ehemalige Zukunftsvisionen für sich tatsächlich wahrgemacht haben, damit glücklich geworden? Ich mochte diese „was wäre, wenn“-Mutmaßungen und damit verbunden die immer klarer hervortretenden Erkenntnisse, dass auch in ihrem „Traumleben“ nicht alles eitel Sonnenschein gewesen wäre und das Nachdenken darüber, inwiefern sie bereit wäre, ihr jetziges Leben noch zu ändern bzw. zu tauschen.
Das Ende war mir zwar auch ein wenig zu drastisch; da platzte alles aus Katharina heraus, was sich so lange in ihr angestaut hatte und im Prinzip passte es zu ihren von Sorge, und auch Fürsorge, wiedergegebenen Gedanken, aber da dort nun Menschen anwesend waren, die ihr sehr nahe standen, fand ich es irritierend, dass von diesen niemand Katharina in jenen Momenten abschottete, sondern einfach alle ihren nervlichen Zusammenbruch lediglich begafften. Von daher fand ich den Schluss auch ein wenig erschreckend.
Generell bildet dieser kleine Einblick in Katharinas (Seelen)Leben aber in meinen Augen sehr schön ab, wie sich wohl die meisten Menschen an diesem Punkt fühlen würden und mit welchen Gedanken sie sich plagen, wenn sie auf Untersuchungsergebnisse warten bzw. Untersuchungen und medizinische Therapien, die über Tod und Leben mitentscheiden können, erst noch unmittelbar bevorstehen. Ich empfand „Sieh mich an“ als sehr eindrücklich, etwas philosophisch und definitiv auch nachdenklich machend. Toll!
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eBook, ePUB
Das Buch beinhaltet die Beschreibung eines Tages mit zig Rückblenden auf ein nicht wirklich spannendes Leben. Die Strukturierung der Geschichte ist genauso chaotisch wie die Hauptperson. Da der Roman in Ich-Form geschrieben ist, passt es ja auch irgendwie.
Mitten während der Handlung …
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Das Buch beinhaltet die Beschreibung eines Tages mit zig Rückblenden auf ein nicht wirklich spannendes Leben. Die Strukturierung der Geschichte ist genauso chaotisch wie die Hauptperson. Da der Roman in Ich-Form geschrieben ist, passt es ja auch irgendwie.
Mitten während der Handlung (beim Autofahren, beim Telefonieren, beim Löschen des Trockners, beim Suchen des Daumes usw.) verfällt das „Ich“ in Grübelei und man erfährt wieder etwas aus ihrem Leben, leider auch das ziemlich durcheinander: Studienzeit, Kindheit, 3. Schwangerschaft, erste Liebe, 1. Schwangerschaft usw. Irgendwann „wacht sie wieder auf“ und hat einen Laternenpfahl gerammt oder erinnert sich, dass sie ja eigentlich ihrer Tochter was zu essen holen wollte. Das ist in manchen Situationen recht spaßig, nervt aber auf Dauer.
Der Titel des Buches macht erst ganz zum Schluss einen Sinn, das Cover mit dem Fuchs habe ich leider nicht verstanden.
Der Schreibstil war flüssig und gut zu lesen, nur der Inhalt sagte mir leider überhaupt nicht zu.
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